Was mich diese Seminararbeit zu schreiben bewegte, wurde in dem von
Professor Dr. Fackiner an der Westfälischen Hochschule im Institut für
Journalismus und Public Relations geleiteten Seminar „Presseclub“ gesät. Für die Sitzung am 26. April 2012 wurde Günter Grass‘ Gedicht „Was gesagt werden muss“ als Diskussionsgegenstand festgelegt, welches Grass am 4. April 2012 unter anderem in der „Süddeutschen Zeitung“ veröffentlicht hatte. Da dieses Gedicht vor die Kulisse des derzeitigen Iran-Israel-Konflikts gesetzt ist, setzte ich mich im Rahmen meiner Vorbereitung für die oben angesprochene Sitzung mit jenem Konflikt auseinander.
Rasch bemerkte ich eine einseitige Berichterstattung zugunsten Israels, welche an einer Stelle sogar so weit geht, dass das ZDF eine falsche Übersetzung, welche dem iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad zugeschrieben wird, verbreitet.
Über diesen Missstand beschwerte ich mich beim ZDF-Fernsehrat. Da die
Antwort des ZDF-Intendanten Dr. Bellut hinsichtlich meiner Beschwerde wenig
einsichtig und somit auch nicht zufriedenstellend war, beschloss ich den
Gegenstand meiner Beschwerde im Rahmen dieser Arbeit zu untersuchen.
Die Ergebnisse möchte ich nun veröffentlichen.
Inhalt
Vorwort
1 Einleitung
2 Journalistische Sorgfaltspflicht
2.1 Wahrheit im Rahmen journalistischer Arbeit
2.2 Objektivität im Rahmen journalistischer Arbeit
3 Ahmadinedschads Äußerung vom 26. Oktober 2005
3.1 Übersetzung der Äußerung vom Persischen ins Deutsche
3.2 Falsche Übersetzungen ins Deutsche
3.3 Beispiele falscher Übersetzungen im ZDF aus dem Jahr 2012
3.3.1 ZDF-Sendung „Markus Lanz“ vom 13. März 2012
3.3.2 Sendung „Roche und Böhmermann“ auf ZDF.kultur vom 25. März 2012
3.3.3 „heute-show“ im ZDF vom 13. April 2012
3.3.4 ZDF-„Mittagsmagazin“ vom 19. März 2012
3.4 Reaktion des ZDF hinsichtlich der falschen Übersetzungen im eigenen Programm 2012
4 Fazit
Quellen- und Literaturverzeichnis
1 Einleitung
In dieser Arbeit werde ich zunächst auf die Sorgfaltspflicht des Journalisten eingehen, dies unter den Aspekten Wahrheit und Objektivität. Sodann ich deutlich gemacht habe, was unter Wahrheit und Objektivität im journalistischen Kontext zu verstehen ist, werde ich mich jener Äußerung des iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschads vom 26. Oktober 2005 bezüglich der „Vernichtung Israels“ zuwenden. Ich möchte untersuchen, was Ahmadinedschad sagte und falsche Übersetzungen dieser Äußerung kenntlich machen. Dazu liegen unterschiedliche Übersetzungen vor, auch Eingeständnisse deutscher Medien bezüglich der falschen Wiedergabe der Äußerung.
Ich werde dann untersuchen, ob das ZDF gegen jene journalistische Sorgfaltspflicht verstoßen hat. Weiter möchte ich begründen, warum es wichtig ist, eine Sorgfaltspflicht aufrechtzuerhalten.
In der Hauptsache beschäftige ich mich mit dem eben angesprochenen Übersetzungsfehler der Ahmadinedschad-Äußerung bezüglich der „Vernichtung Israels“ vom 26. Oktober 2005 und dessen Wiedergabe im ZDF.
Ich denke hinsichtlich des sich zunehmend zuspitzenden Iran-Israel-Konfliktes und einer möglichen Eskalation dieser Kontroverse ist es von äußerster Relevanz genau hinzuschauen, was Ahmadinedschad in jener Rede sagte, aus welcher er doch so häufig zitiert wird. Dies lässt schließlich darauf schließen wie über Ahmadinedschad und so auch den Iran berichtet wird und wo ein bestimmtes Bild Ahmadinedschads und des Irans dargestellt wird.
2 Journalistische Sorgfaltspflicht
2.1 Wahrheit im Rahmen journalistischer Arbeit
Vom Journalisten fordert das Landespressegesetz Wahrheit: „Journalisten müssen alle Nachrichten vor ihrer Verbreitung mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf Wahrheit, Inhalt und Herkunft prüfen.“1 Die Sorgfaltspflicht ist in allen Landespressegesetzen mit Ausnahme des hessischen niedergeschrieben.2 Hier drängt sich gleich der Wunsch nach einer Definition von „Wahrheit“ auf, einer Definition nicht im philosophischen, sondern im journalistischen Sinne. Was bedeutet der Begriff „Wahrheit“ bezogen auf die Arbeit eines Journalisten? Zweifelsohne hilft eine Definition von Wahrheit, wie bei Thomas von Aquin als „Angleichung von Verstand und Ding“3 hier nicht weiter, da der Journalist häufig keinen direkten Zugriff zum Gegenstand des zu Berichtenden hat und auch nicht erlangen kann, sodass das zu Berichtende sich für den Journalisten aus verschiedenen Aspekten, Bruchstücken, zusammensetzt und er in diesem Fall gar nicht die Möglichkeit hat seinen Verstand mit der Sache in Übereinstimmung zu bringen, das wahre Wesen der Gegebenheiten zu erkennen. Daher kann der Journalist Wahrheit nur als Näherungswert geben.4 Auch Haller redet daher in diesem Zusammenhang von einer Sorgfaltspflicht im Sinne „größtmöglicher Richtigkeit“.5 Doch wie ermittelt der Journalist die „größtmögliche Richtigkeit“? Deussen nennt hier als Messlatte der Darstellung von Wirklichkeit die Wahrhaftigkeit.6
Dies bedeutet also, dass nicht wahrhaftiges Berichten, eine Vorspiegelung falscher Tatsachen oder das Weglassen von Informationen im Journalismus niemals zulässig ist und einen direkten Angriff auf das Wahrheitsgebot darstellt.7
2.2 Objektivität im Rahmen journalistischer Arbeit
Weiter wird vom Journalisten eine objektive Berichterstattung verlangt und eine klare Abtrennung von Meinung und Darstellung. Denn genauso wie Wahrhaftigkeit in der Recherche und Wiedergabe von Informationen Voraussetzung dafür ist, Ungenauigkeiten zu vermeiden und die Darstellung so der Wirklichkeit so nah wie möglich kommt, also möglichst wahr ist, ist auch die klare Trennung zwischen Darstellung und Meinung notwendig, um dem Publikum ein möglichst wahres Bild liefern zu können.8 Dies ist beispielsweise auch in den Rundfunkgesetzen niedergeschrieben, welche von den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten „bei der Auswahl und Sendung der Nachrichten […] Objektivität und Unparteilichkeit“ verlangen.9
Dies ist wichtig, da Personen ein Recht auf Selbstentfaltung haben. Dies bedeutet ein Anrecht darauf zu haben, ohne Bevormundung von Außenstehenden eine eigene Weltanschauung bilden zu können. Diese Freiheit einer jeden Person ist unabdingbar eine eigene Identität bilden zu können. Die individuelle freiheitliche Entstehung einer Weltanschauungen besteht darin, ein eigenes Urteil über den Wahrheitsgehalt der geschilderten Sachverhalte fällen zu können. Daher benötigen die Rezipienten Informationsvielfalt, damit sie auch divergierende Standpunkte zu einem Sachverhalt gegeneinander abwägen können.10
Durch das Hinzufügen oder Weglassen von Dingen im Rahmen der Berichterstattung oder durch Einfluss der eigenen Meinung in die Berichterstattung verwehrt der Journalist also dem Rezipienten sich ein eigenes Bild der Sache zu machen. Daher sind ein Verstoß gegen das Wahrheitsgebot und ein Verstoß gegen objektive Berichterstattung also als direkter Angriff auf die Freiheit zu sehen. Ohne Wahrheit gibt es keine Freiheit. Manipulierte und verdrehte Berichterstattung ist demnach ein Angriff auf die Würde des Menschen und somit nicht zulässig.11 Journalisten sollten also nicht eine Wirklichkeit konstruieren, sondern diese rekonstruieren.
[...]
1 Mast, Claudia (Hrsg.): ABC des Journalismus, Konstanz 2008: UVK Verlagsgesellschaft mbH, S. 157.
2 Vgl. ebd.
3 Von Aquin, Thomas: Von der Wahrheit = De veritate (Quaestio I) - Lateinisch-Deutsch, ausgewählt, übersetzt und herausgegeben von Albert Zimmermann, Hamburg 1986: Felix Meiner Verlag, S. 9.
4 Vgl. Deussen, Giso: Ohne Wahrheit keine Freiheit, in: Wunden, Wolfgang (Hrsg.): Wahrheit als Medienqualität, Münster 2005: LIT Verlag, S. 67.
5 Haller, Michael: Recherchieren, Konstanz 2004: UVK Verlagsgesellschaft mbH, S. 297.
6 Vgl. Deussen: Ohne Wahrheit keine Freiheit, S. 68.
7 Vgl. Pohla, Anika: Medienethik – Eine kritische Orientierung, Frankfurt 2006: Peter Lang GmbH Europäischer Verlag der Wissenschaften, S. 124.
8 Vgl. Pohla: Medienethik, S. 124f.
9 Von La Roche, Walther: Einführung in den praktischen Journalismus, Berlin 2010: Econ, S. 132.
10 Vgl. Pohla: Medienethik, S. 125f.
11 Vgl. Deussen: Ohne Wahrheit keine Freiheit, S. 69.
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