Als Geschäftsführer werde ich oft, wenn auch eher von der administrativen Seite und nicht als Pflegender, mit der Aufnahme von Kurzaufenthaltern konfrontiert. Der Eintritt erfolgt, weil die Angehörigen, trotz des Einsatzes der Spitex, eine Ruhephase benötigen, damit sie dann die persönliche Begleitung des Angehörigen weiterführen können. Es kann auch vorkommen, dass der Kurzaufenthalter von sich aus den Aufenthalt nicht antreten will. Die Angehörigen wollen dies jedoch und der Hausarzt unterstützt sie bei diesem Vorhaben. Bei der Frage eines Kurzaufenthaltes gegen den Willen einer Person sehe ich, dass es unterschiedliche Wege gibt, die ethische Frage anzugehen. Die Entscheidung wird manchmal unterschiedlich getroffen. Ich stelle fest, dass es wichtig ist, wer sich an der Entscheidungsfindung für einen Kurzaufenthalt beteiligt. Die Herkunft und die Lebensbiografie der am Entscheidungsprozess Beteiligten ist bedeutsam. Das Beispiel ist fiktiv.
Inhalt
I LITERATURVERZEICHNIS
II ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
1 EINLEITUNG, ZIEL UND VORGEHENSWEISE
2 BESCHREIBUNG DER SITUATION VON X
3 PRO UND KONTRA FÜR EINEN KURZAUFENTHALT IM HEIM
4 ANALYSE DER ARGUMENTE
4.1 Unterscheidung „Deskriptive Ethik und Normative Ethik“
4.2 Argumente für den Kurzaufenthalt von X im HEIM
4.3 Argumente für den Abbruch des Kurzaufenthaltes von X im HEIM
4.4 Zusammenfassende Gedanken
5 ÜBERLEGUNGEN BEI DER ENTSCHEIDUNGSFINDUNG FÜR EINEN KURZAUFENTHALT IM HEIM
I LITERATURVERZEICHNIS
Haag, F.K. (1996). Nachdenklich handeln. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.
Höffe, O. (1977). Lexikon der Ethik (6. Aufl.). München: Verlag C.H.Beck oHG.
Huppenbauer M. & De Bernardi, J. (2003). Kompetenz Ethik für Wirtschaft, Wissenschaft und Politik, ein Tool für Argumentation und Entscheidungsfindung. Zürich: Versus Verlag AG.
Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften. (2003). Behandlung und Betreuung von älteren pflegebedürftigen Menschen, Schweizerische Ärztezeitung, 84: Nr. 24, 1281-1291.
Wuchterl, K. (1984). Lehrbuch der Philosophie (5. Aufl.). Bern: Paul Haupt.
Ruffing, R. (2006). Philospophie. Paderborn: Wilhelm Fink Verlag GmbH &Co.KG.
II ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 EINLEITUNG, ZIEL UND VORGEHENSWEISE
Als Geschäftsführer werde ich oft, wenn auch eher von der administrativen Seite und nicht als Pflegender, mit der Aufnahme von Kurzaufenthaltern[1] konfrontiert. Der Eintritt erfolgt, weil die Angehörigen, trotz des Einsatzes der Spitex, eine Ruhephase benötigen, damit sie dann die persönliche Begleitung des Angehörigen weiterführen können. Es kann auch vorkommen, dass der Kurzaufenthalter von sich aus den Aufenthalt nicht antreten will. Die Angehörigen wollen dies jedoch und der Hausarzt unterstützt sie bei diesem Vorhaben. Bei der Frage eines Kurzaufenthaltes gegen den Willen einer Person sehe ich, dass es unterschiedliche Wege gibt, die ethische Frage anzugehen. Die Entscheidung wird manchmal unterschiedlich getroffen. Ich stelle fest, dass es wichtig ist, wer sich an der Entscheidungsfindung für einen Kurzaufenthalt beteiligt. Die Herkunft und die Lebensbiografie der am Entscheidungsprozess Beteiligten ist bedeutsam. Das Beispiel ist fiktiv.
In der nachfolgenden Arbeit untersuche ich anhand eines Fallbeispiels Fragen im Zusammenhang mit dem Kurzaufenhalt und einige Argumente, die für einen Kurzaufenthalt im HEIM sowie einige Argumente, die für einen Abbruch sprechen. Dabei unterscheide ich die deskriptive und normative Ebene, ordne die Normen einem Argumentationsmodell zu und begründe meine Zuteilung. Ich gehe in der Arbeit auch der Frage nach, wie eine Entscheidungsfindung aussehen könne. Die Arbeit wird mit einigen Gedanken zur Entscheidungsfindung bei Kurzaufenthalten im HEIM abgerundet. Die Gliederung der Arbeit und mein Vorgehen sehen wie folgt aus:
Ich beschreibe im zweiten Kapitel ein Beispiel. Fakten und andere Informationen über X entnahm ich aus der Pflegedokumentation sowie aus einzelnen Begegnungen mit ihm. Von diesem Beispiel ausgehend, werde ich im dritten Kapitel „Pro und Kontra für einen Kurzaufenthalt im HEIM“ aufführen und im vierten Kapitel Argumente, die für den Aufenthalt und solche, die für den Abbruch des Aufenthaltes sprechen, aufzeigen und einige davon analysieren. Im fünften Kapitel werde ich einzelne Gedanken aufführen, die aus meiner Sicht bei einer ethischen Entscheidungsfindung berücksichtigt werden sollten. Das sechste Kapitel schliesst mit persönlichen Bemerkungen.
2 BESCHREIBUNG DER SITUATION VON X
Die Person benenne ich nachfolgend mit X. Der Mann wurde XX geboren. Er hatte fünf Geschwister und wuchs auf einem Landwirtschaftsbetriebauf. Ein Bruder und eine Schwester leben heute. X absolvierte nach der ordentlichen Schulzeit ein Gymnasium und studierte dann. Nach seinem Studium lernte er seine Gattin kennen, die er heiratete. Er hatte ein Kind. Bis zu seinem Ruhestand arbeitete X. Nach Eintritt in den Ruhestand machten sich unheilbare Sehbehinderungen und weitere Altersgebrechen bemerkbar. Er war mehr und mehr auf die Hilfe seiner Ehefrau angewiesen. Seine sozialen Kontakte reduzierten sich auf das Familiennetz. X brauchte zunehmend Hilfe bei seinen täglichen Aktivitäten. Sein Gesundheitszustand verursachte depressive Verstimmungen etc. Er war auf Hilfe beim Gehen, beim Treppensteigen, beim Aufstehen und Zubettgehen, beim Baden und beim Benützen der Toilette angewiesen. Hilfe wurde auch beim Essen benötigt. Manchmal verweigerte X das Essen mit Droh- und Trotzreaktionen gegenüber seiner Gattin. Diese Situationen traten dann ein, wenn er in schlechter Stimmung war. Für den Kurzaufenthalt im HEIM gab er, nach Aussagen seiner Ehefrau, mit Widerwillen das Einverständnis. Sein Hausarzt zeigte ihm auf, dass die Ehefrau eine Ruhepause nötig habe. Der Eintritt wurde von der Ehefrau mit Unterstützung des Arztes in die Wege geleitet. Der Aufenthalt wurde für eine bestimmte Zeit vereinbart. Die Ehefrau teilte dem Pflegepersonal mit, dass sie X nicht besuchen werde, damit in X nicht der Wunsch erweckt würde, nach Hause zu gehen.
Schon in den ersten Tagen verhielt sich X unruhig und unzufrieden, war depressiv, verweigerte das Essen und begnügte sich mit Wenigem sowie mit einem Glas Bier am Nachmittag. Manchmal hämmerte er laut mit der Hand auf die Tischplatte, was wiederum andere Bewohner auf der Abteilung störte. Das Pflegepersonal war zunehmend verunsichert, wie es sich gegenüber X verhalten sollte. Der Hausarzt kam auf Visite, suchte mit ihm das Gespräch und änderte auch die Medikamentenabgabe. Als ich X einmal besuchte, äusserte er sich negativ über das Pflegepersonal und über seinen Aufenthalt im HEIM. Er sagte, dass er nach Hause zu seiner Frau wolle. Alles sei ein Komplott gegen ihn. Ich teilte ihm mit, dass es sich lediglich um einen Kurzaufenthalt handle, damit sich seine Frau daheim erholen könne. Er beruhigte sich vorübergehend. Für das Pflegepersonal war es eine grosse Herausforderung mit X umzugehen. Es fanden auch telefonische Gespräche zwischen dem Pflegepersonal und Angehörige statt. Sie waren auch der Meinung, er solle für die vereinbarte Zeit im HEIM verbleiben. Eine Rückkehr könne jetzt der Ehegattin nicht zugemutet werden. Die Ehegattin würde sonst in einen Gewissenskonflikt geraten und sich schuldig für das Verhalten und den Zustand von X fühlen.
X verhielt sich weiterhin laut, war depressiv, unzufrieden und nicht kooperativ mit dem Pflegepersonal, trommelte auf der Tischplatte und wollte nur nach Hause gehen. Das Verhalten von X besserte sich nicht. Die Verweigerungen dauerten an. Die Angehörigen entschieden sich schliesslich dennoch der Ehegattin die Situation von X mitzuteilen. Daraufhin entschieden die Angehörigen und die Ehegattin gemeinsam, X wieder nach Hause zu nehmen und die Betreuung wie bis anhin mit der Hilfe der ambulanten Krankenpflege fortzusetzen. Die Angehörigen orientierten X. Die Rückkehr wurde organisiert und in die Wege geleitet. Der Aufenthalt wurde somit vor der vereinbarten Zeit abgebrochen.
3 PRO UND KONTRA FÜR EINEN KURZAUFENTHALT IM HEIM
Der Kurzaufenthalt ermöglichte der Ehegattin sich zu erholen und Kräfte zu sammeln für die weitere Betreuung des Ehegatten in Zusammenarbeit mit der Spitex. Der Aufenthalt sollte X auch die Möglichkeit geben die Institution und das Angebot kennen zu lernen. Dies könnte für einen allfälligen späteren Eintritt als Dauergast von Vorteil sein. Die Ehegattin sagte, dass es nicht sein kann, dass sie zuerst einen Zusammenbruch erleiden müsse, bis eine Lösung gefunden würde.
Als das Verhalten von X sich nicht besserte, war die Ehegattin mit den Angehörigen einverstanden, X wieder nach Hause zu nehmen, damit er wieder in seiner gewohnten Umgebung aufgehoben war. Sie waren der Ansicht, dass X das Recht habe, in seiner gewohnten Umgebung gepflegt zu werden. Es müssten zusätzliche Hilfen zur Unterstützung organisiert werden.
Die Angehörigen, beruflich teilzeitlich engagiert, waren auch der Meinung, dass die Ehegattin dringend eine Erholungsphase benötige. Die Ehegattin konnte in der Nacht wenig schlafen, da X unruhig war. Sie war mit dem Betreuungsengagement am Rande ihrer Kräfte angelangt. Seine Trotzreaktionen seien für die Ehegattin unverständlich und verunsicherten sie in der Begleitung von X. Die Angehörigen versuchten herauszufinden, ob X für einen Kurzaufenthalt in einer Alterseinrichtung zu gewinnen wäre. X äusserte sich dagegen und erwähnte einmal, wenn dies sein müsse, dann nur im HEIM (liegt in der Wohngemeinde von X). Daraus folgerten die Angehörigen, dass X in dieser Situation, wo die Ehegattin die Betreuungsaufgabe nicht mehr wahrnehmen konnte, mit einem Kurzaufenthalt einverstanden war. X war vor seinen Altersgebrechen immer sehr gut und rücksichtsvoll gewesen und setzte sich für das Familienleben ein.
[...]
[1] Personen, die für eine vereinbarte Zeit im Heim bleiben, dann nach Hause gehen und wieder von der Spitex oder von Angehörigen betreut und begleitet werden.
- Quote paper
- Franz Ludin (Author), 2007, Ethische Entscheidungsfindung im Gesundheitswesen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/207162
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