So wie Menschen für ihr Überleben eine menschengerechte Umwelt benötigen, die
ihnen alles zur Verfügung stellt, was sie zur Befriedigung ihrer physiologischen
Bedürfnisse brauchen, so sind die Menschen auch auf die sozial gerechte
Gesellschaft angewiesen, um Wohlbefinden erlangen zu können. Die Soziale
Unterstützungsthese, die auf Emile Durkheim zurückgeht, geht davon aus, dass die
Gesellschaft generell einen wohltätigen Einfluss auf Gesundheit und Wohlbefinden
ihrer Mitglieder hat. Der Umfang und die Qualität sozialer Integration sind demnach
für die seelische und körperliche Gesundheit der Menschen von größter Bedeutung.
Gruppenbindungen fördern z.B. die Solidarität, geben dem Leben Sinn und dem
einzelnen soziale Unterstützung. Als soziales Wesen ist der Mensch zur Regulierung
seiner Gefühle, Wünsche und Gedanken zwingend auf eine kulturelle und
zwischenmenschliche Regulierung angewiesen.
Die Soziale Arbeit kann, nach Staub - Bernasconi1 als die Profession verstanden
werden, „deren Mitglieder von dieser Angewiesenheit wissen und versuchen, ihr
unter schwierigen gesellschaftlichen Bedingungen Geltung zu verschaffen.“
Sie kann auch als Profession angesehen werden, die es sich zur Aufgabe gemacht
hat, denjenigen zu helfen, die ihre Bedürfnisse infolge fehlender Ressourcen nicht
selber befriedigen und ihre Probleme nicht alleine lösen können.
Im Vergleich zu anderen Professionen muss sie dabei ein sehr großes Spektrum an
Problematiken bearbeiten. Die Probleme weisen dabei eine ebenso große Vielfalt
auf, angefangen von Hunger und Obdachlosigkeit über Delinquenz bis zur sozialen
Isolation, wie die betroffenen Altersgruppen, die sozialen Systeme, in denen die
Menschen leben oder die Nationalitäten.
Der Gegenstand der Sozialen Arbeit, die als Überbegriff der Sozialpädagogik und der
Sozialarbeit verstanden werden kann, sind also soziale Probleme, hierbei kann
einmal die Dimension, die das Problem, z.B. Arbeitslosigkeit, betrachtet werden, zum
anderen aber auch der soziale Mechanismus, wie ein ungleicher Zugang zu
Ressourcen, der das Problem erzeugt.
Ziele der Sozialen Arbeit sind die Hilfe zur Selbsthilfe ebenso wie die soziale
Integration und auch der Abbau herrschender, diskriminierender Machtstrukturen. [...]
1 Vergl. Stimmer: „Lexikon der Sozialpädagogik und der Sozialarbeit“, S.619
Inhalsverzeichnis
0. Einleitung
1. Definition und geschichtliche Zuordnung
1.1 Definition der Schlüsselbegriffe Lebenswelt, Alltag und Lebensweltorientierung
1.2 Geschichtliche Entwicklung und Traditionslinien des . Lebensweltorientierten Ansatzes
1.2.1 Geschichtliche Entwicklung
1.2.2 Traditionslinien des Lebensweltorientierten Konzeptes
2. Grundlagen der Lebensweltorientierten Arbeit
2.1 Die Rekonstruktion der Lebenswelt
2.2 Dimensionen der Lebensweltorientierten Sozialen Arbeit
2.3 Handlungsmaximen der Lebensweltorientierten Sozialen Arbeit
3. Fallbeispiel
3.1 Beschreibung der Lebenssituation
3.2 Bearbeitung des Fallbeispiels unter besonderer Berücksichtigung des Lebensweltorientierten Konzeptes
4. Vergleich Konzept Lebensweltorientierung mit dem Konzept Lebensbewältigung
5. Kritische Stellungnahme
6. Literaturverzeichnis
0. Einleitung
So wie Menschen für ihr Überleben eine menschengerechte Umwelt benötigen, die ihnen alles zur Verfügung stellt, was sie zur Befriedigung ihrer physiologischen Bedürfnisse brauchen, so sind die Menschen auch auf die sozial gerechte Gesellschaft angewiesen, um Wohlbefinden erlangen zu können. Die Soziale Unterstützungsthese, die auf Emile Durkheim zurückgeht, geht davon aus, dass die Gesellschaft generell einen wohltätigen Einfluss auf Gesundheit und Wohlbefinden ihrer Mitglieder hat. Der Umfang und die Qualität sozialer Integration sind demnach für die seelische und körperliche Gesundheit der Menschen von größter Bedeutung. Gruppenbindungen fördern z.B. die Solidarität, geben dem Leben Sinn und dem einzelnen soziale Unterstützung. Als soziales Wesen ist der Mensch zur Regulierung seiner Gefühle, Wünsche und Gedanken zwingend auf eine kulturelle und zwischenmenschliche Regulierung angewiesen.
Die Soziale Arbeit kann, nach Staub - Bernasconi[1] als die Profession verstanden werden, „deren Mitglieder von dieser Angewiesenheit wissen und versuchen, ihr unter schwierigen gesellschaftlichen Bedingungen Geltung zu verschaffen.“
Sie kann auch als Profession angesehen werden, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, denjenigen zu helfen, die ihre Bedürfnisse infolge fehlender Ressourcen nicht selber befriedigen und ihre Probleme nicht alleine lösen können.
Im Vergleich zu anderen Professionen muss sie dabei ein sehr großes Spektrum an Problematiken bearbeiten. Die Probleme weisen dabei eine ebenso große Vielfalt auf, angefangen von Hunger und Obdachlosigkeit über Delinquenz bis zur sozialen Isolation, wie die betroffenen Altersgruppen, die sozialen Systeme, in denen die Menschen leben oder die Nationalitäten.
Der Gegenstand der Sozialen Arbeit, die als Überbegriff der Sozialpädagogik und der Sozialarbeit verstanden werden kann, sind also soziale Probleme, hierbei kann einmal die Dimension, die das Problem, z.B. Arbeitslosigkeit, betrachtet werden, zum anderen aber auch der soziale Mechanismus, wie ein ungleicher Zugang zu Ressourcen, der das Problem erzeugt.
Ziele der Sozialen Arbeit sind die Hilfe zur Selbsthilfe ebenso wie die soziale Integration und auch der Abbau herrschender, diskriminierender Machtstrukturen.
Die Arbeitsweisen der sozialen Arbeit sind dabei ebenso breit gestreut wie die Anforderungen und reichen von beratenden über ressourcenerschließende bis zu bildenden Aktivitäten, wobei die klassischen, ursprünglichen Arbeitsweisen Sozialer Arbeit in der Ressourcenerschließung in Form von Nothilfe und der Nacherziehung im Falle auffälligen Verhaltens liegen.
Die ersten theoretischen Bezüge der Sozialen Arbeit waren theologisch oder philosophisch begründete Almosenlehren, wer viel hat sollte auch viel geben.
Im Laufe der Zeit bildeten sich dann verschiedene Schulen der Sozialen Arbeit heraus, wie die geisteswissenschaftliche Sozialpädagogik, mit Vertretern wie Eduard Spranger und Hermann Nohl, die kritisch- emanzipatorische Sozialpädagogik, mit H. Giesecke und K. Mollenhauer als Hauptvertretern und die Alltagsorientierte Sozialpädagogik, als deren Hauptvertreter Hans Thiersch gilt.
Mit einem Konzept aus der Fülle der Ansätze der sozialen Arbeit, der Lebensweltorientierung, werden wir uns nun beschäftigen. In diesem Ansatz geht es darum, den Klienten zu einem gelingenderen Alltag zu verhelfen.
Nach einer kurzen Begriffsklärung werden wir auf die geschichtliche Zuordnung dieses Ansatzes eingehen und danach Inhalte und Besonderheiten herausstellen.
1. Definition und geschichtliche Zuordnung
1.1 Definition der Schlüsselbegriffe Lebenswelt, Alltag und Lebensweltorientierung
Der Begriff Lebenswelt wurde von E. Husserl in der phänomenologischen Soziologie eingeführt. Lebenswelt umfasst die dem Menschen selbstverständliche Wirklichkeit, die ihre individuelle Prägung durch das persönliche Erleben des direkten Umfeldes, aus dem der Mensch die für ihn wichtigen Erfahrungen zieht, die ihm im alltäglichen Leben Handlungssicherheit verleihen.
Der Begriff Alltag ist seit dem einsetzenden Paradigmenwechsel, nach dem der Sozialarbeit in den 50er und 60er Jahren immer wieder vorgeworfen wurde, sich von den realen Lebenssituationen, dem Alltag der Klienten, zu entfernen, der zentrale Begriff des Alltags- oder Lebensweltorientierten Ansatzes.
Der Alltag wird dabei, als Gegeninstanz zu einem abstrakten Wissenschaftsverständnis, als unverformter Bereich verstanden, in dem jeder Mensch als kompetent für seine persönlichen Belange, angesehen wird. Jeder wird als Experte seines Alltags gesehen und damit als kompetentes Subjekt anerkannt, respektiert und gestärkt.[2]
Die „Lebensweltorientierung verbindet die Analyse von gegenwärtig spezifischen Lebensverhältnissen mit pädagogischen Konsequenzen.“[3]
Im Gegensatz zu traditionellen Sichtweisen, die das Individuum oder die Defizite bzw. Probleme in den Mittelpunkt stellen, verweist das Lebensweltorientierte Konzept auf eine konsequente Orientierung an den Klienten mit ihren individuellen Handlungsmustern und Selbstdeutungen in den individuellen gesellschaftlichen Bedingungen. Ziele dabei ist es, auf der Basis gegenseitigen Vertrauens, Menschen in ihrem spezifischen Alltag zu Selbstständigkeit und Selbsthilfe zu verhelfen.[4]
1.2 Geschichtliche Entwicklung und Traditionslinien des Lebensweltorientierten Ansatzes
1.2.1 Geschichtliche Entwicklung
Das Konzept der Lebensweltorientierung entwickelte sich seit Ende der 60er Jahre phasenweise als Antwort auf gesellschaftliche und sozialpolitische Herausforderungen.
Die Hinwendung zum Alltag und zur Lebenswelt der Klienten sollte auch als kritische Korrektur der Professionalisierungs-, Verwissenschaftlichungs- und Spezialisierungsentwicklung in der Sozialen Arbeit, dienen. Die zunehmende Spezialisierung und die damit einhergehende Zersplitterung des Fachgebietes in kleine Expertengebiete und die kritisch – rationale Diskussion Ende der 60er Jahre, die die politische Analyse der Funktionen Sozialer Arbeit in den Vordergrund stellte, drängten Fragen des Handels und der konkreten Lebensbewältigung in den Hintergrund. Die Lebensweltorientierung versucht die Kritik aufzunehmen und zielt, gesellschaftspolitisch gesehen, auf gerechtere Lebensverhältnisse, auf Demokratisierung und Emanzipation. Gleichzeitig verbindet sie die Kritik an den von oben bestimmten, disziplinierenden Arbeitsformen mit neuen Konzepten, die die realen Lebenssituationen und Bedürfnisse der Klienten in den Mittelpunkt stellen.
Im Zuge von Individualisierung und Pluralisierung von Lebensverhältnissen und Lebenslagen in den 80er Jahren differenzierte sich das Konzept zusehends aus und zielte zunehmend auf die Inszenierung neuer belastbarer Lebensverhältnisse.
[...]
[1] Vergl. Stimmer: „Lexikon der Sozialpädagogik und der Sozialarbeit“, S.619
[2] Vergl. Stimmer: „Lexikon der Sozialpädagogik und der Sozialarbeit“, S.20 und S.415
[3] Vergl. Thiersch/Grunwald/Köngeter: „ Lebensweltorientierte Soziale Arbeit“, S.161
[4] Vergl. Grunwald/Thiersch: „Lebensweltorientierung“, in Handbuch der Sozialarbeit/Sozialpädagogik S.1136
- Arbeit zitieren
- Svenja Plitt (Autor:in), Maike Brink (Autor:in), 2003, Lebensweltorientierte Soziale Arbeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/20602
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