Autoritär ausgerichtete, undemokratische Regierungssysteme verfügten in der
Vergangenheit auch immer über eine Basis in der Bevölkerung, die nicht gezwungen
werden mußte, den von oben herab verordneten Idealen zu folgen. Totalitäre
Regime, wie zum Beispiel das der Nationalsozialisten im Dritten Reich, brauchten zu
ihrer Existenz immer auch einen bestimmten Rückhalt bei den Menschen. Die Frage,
die sich daraus ableitet, ist die nach den Gründen für die Unterstützung solche r
Systeme. Hier ist der Blick auf sogenannte autoritäre Einstellungen bei Menschen zu
richten.
Aber auch rechtsextreme Einstellungen und Handlungsweisen sind eine Ausprägung
des sogenannten autoritären Charakters und für uns heute ein wesentlich
bedeutsameres, weil aktuelleres Problem.
Regelmäßig werden besonders in Ostdeutschland Gewalttaten von
Rechtsextremisten gegen Ausländer, Obdachlose oder politisch anders Eingestellte
verübt. Angesichts der Häufigkeit dieser Taten muß man leider schon fast von
Normalität sprechen.
Das Problem scheint noch größer, angesichts von Daten, die sogar von einer weiter
ansteigenden Zahl der besonders gewaltbereiten rechtsextremistischen Skinheads
sprechen. Von ihnen wurden 1991 4200 gezählt, 1999 sind es schon 9000 Persone n
gewesen.
(Bundesministerium des Innern [Hrsg.], Verfassungsschutzbericht 1999, Berlin 2000,
S. 28f)
Ich werde deshalb die Frage untersuchen, ob bestimmte Bedingungen existieren, die
zur Ausprägung autoritärer Einstellungen bei Menschen führen.
Außerdem werde ich versuchen, die Gültigkeit bestimmter wissenschaftlicher
Erklährungsansätze am Beispiel der Sozialisation in der DDR zu überprüfen.
Hat dieses autoritär ausgerichtete System besonders stark zu autoritären
Einstellungen oder Verhaltensweisen bei den Menschen geführt?
Autoritarismus wird in der Sozialpsychologie als die Einstellung eines Menschen
bezeichnet, der eine hohe Bereitschaft zu konformen Verhalten, die Tendenz zur
Unterwerfung unter Stärkere und zur Beherrschung Schwächerer aufweist. Außerdem zeichnet er sich durch eine übermäßige Kontrolle der eigenen Gefühle
und Impulse, Intoleranz, sexuelle Prüderie, Ethnozentrismus und Antisemitismus
aus. [...]
Inhaltsverzeichnis:
1. Einleitung
2. Beschreibung und Entstehung des autoritären Charakters
2.1. Die Ich-Schwäche als zentrale, psychologische Ursache für Autoritarismus
2.2. Aggression und Unterwürfigkeit als Folge der Ich-Schwäche
2.3. Die Auswirkung politischer und gesellschaftlicher Bedingungen auf die Ausbildung des autoritären Charakters
3. Fazit
4. Literaturliste
1. Einleitung
Autoritär ausgerichtete, undemokratische Regierungssysteme verfügten in der Vergangenheit auch immer über eine Basis in der Bevölkerung, die nicht gezwungen werden mußte, den von oben herab verordneten Idealen zu folgen. Totalitäre Regime, wie zum Beispiel das der Nationalsozialisten im Dritten Reich, brauchten zu ihrer Existenz immer auch einen bestimmten Rückhalt bei den Menschen. Die Frage, die sich daraus ableitet, ist die nach den Gründen für die Unterstützung solcher Systeme. Hier ist der Blick auf sogenannte autoritäre Einstellungen bei Menschen zu richten.
Aber auch rechtsextreme Einstellungen und Handlungsweisen sind eine Ausprägung des sogenannten autoritären Charakters und für uns heute ein wesentlich bedeutsameres, weil aktuelleres Problem.
Regelmäßig werden besonders in Ostdeutschland Gewalttaten von Rechtsextremisten gegen Ausländer, Obdachlose oder politisch anders Eingestellte verübt. Angesichts der Häufigkeit dieser Taten muß man leider schon fast von Normalität sprechen.
Das Problem scheint noch größer, angesichts von Daten, die sogar von einer weiter ansteigenden Zahl der besonders gewaltbereiten rechtsextremistischen Skinheads sprechen. Von ihnen wurden 1991 4200 gezählt, 1999 sind es schon 9000 Personen gewesen.
(Bundesministerium des Innern [Hrsg.], Verfassungsschutzbericht 1999, Berlin 2000, S. 28f)
Ich werde deshalb die Frage untersuchen, ob bestimmte Bedingungen existieren, die zur Ausprägung autoritärer Einstellungen bei Menschen führen.
Außerdem werde ich versuchen, die Gültigkeit bestimmter wissenschaftlicher Erklährungsansätze am Beispiel der Sozialisation in der DDR zu überprüfen.
Hat dieses autoritär ausgerichtete System besonders stark zu autoritären Einstellungen oder Verhaltensweisen bei den Menschen geführt?
Autoritarismus wird in der Sozialpsychologie als die Einstellung eines Menschen bezeichnet, der eine hohe Bereitschaft zu konformen Verhalten, die Tendenz zur Unterwerfung unter Stärkere und zur Beherrschung Schwächerer aufweist. Außerdem zeichnet er sich durch eine übermäßige Kontrolle der eigenen Gefühle und Impulse, Intoleranz, sexuelle Prüderie, Ethnozentrismus und Antisemitismus aus. Autoritär ausgerichtete Menschen erhalten ihre soziale Orientierung oftmals aus infantilen Ängsten heraus, die zu einer starken Neigung zu Vorurteilen und Stereotypen führt und welche eine offene und unvoreingenommene Wahrnehmung der Realität behindern.
(Hartfiel, Günter / Hillmann, Karl-Heinz; Wörterbuch der Soziologie; 3. Überarb. u. erg. Aufl.; Stuttgart; Kröner, 1982)
Meine Arbeit stützt sich zu einem großen Teil auf die Untersuchungen von Theodor W. Adorno, Erich Fromm und Max Horkheimer, die die Forschung auf diesem Gebiet begründet haben. Adorno, Fromm und Horkheimer begannen die Forschung zum autoritären Charakter etwa in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts und gingen dabei grob umschrieben von Marx´ Gesellschaftstheorie und der Psychoanalyse von Sigmund Freud aus. Die Theorie des autoritären Charakters analysiert die Zusammenhänge zwischen Charakterstruktur, gesellschaftlichen Bedingungen und ideologischen Überzeugungen einer Person. Für Adorno ist die Überzeugung eines Menschen Ausdruck einer individuellen Charakterstruktur.
Ich habe diese Autoren gewählt, da ihre Erkenntnisse in der wissenschaftlichen Forschung zu diesem Thema in den meisten Fällen noch immer Grundlagen der Untersuchung sind. Auch Christel Hopf übernimmt und aktualisiert deren Theorien, kritisiert aber ihre schmale empirische Basis und die fast ausschließlich theoretischen Schlußfolgerungen in Adornos Schriften. Sie versucht Argumente für diese Thesen zu finden. (Hopf, 2000, S. 33)
Die Kritiken an den Erklärungsansätzen der drei Autoren beziehen sich im Wesentlichen auf die Aktualität dieser Erkenntnisse. So wird gegen Adorno oft argumentiert, dass er den Menschen kein eigenständiges Denken und Handeln zutraut und er die Formung des Menschen als zu endgültig beschreibt. Adorno sei jedoch durch die 68er Revolte widerlegt worden, innerhalb dieses Aufbegehrens sich Menschen eben doch gegen autoritäre Zwänge und Normen zur Wehr setzten. Außerdem vernachlässige er bei der Erziehung die Rolle der Mutter und verallgemeinere die Sozialisation des Sohnes.
Ottomeyer führt an, dass der autoritäre Charakter, der sich unterwirft und Aggressionen ausübt, selten geworden ist. Trotzdem gebe es aber noch einen Typus mit Eigenschaften wie Zornesausbrüchen, Schwarz-Weiß-Denken und Projektion, welches auch zentralen Elementen des autoritären Charakters bei Adorno sind.
(Ottomeyer, Klaus: Theoretischer Rahmen und Ergebnisse der Studie; in: Menschik-Bendele, Jutta; Ottomeyer, Klaus: Sozialpsychologie des Rechtsextremismus. Entstehung und Veränderung eines Syndroms; Leske + Budrich; Opladen 1998; S.13-42 )
Das grundlegende väterliche Sozialisationsmuster mit der Folge der Verinnerlichung väterlichen Autorität, so Weyland, findet heute aufgrund der Veränderung in der Familie und Gesellschaft nicht mehr statt.
(Weyland, Jan; Zur Aktualität der Theorie des autoritären Charakters; in: jour fixe-initiative Berlin [Hrsg.]: Theorie des Faschismus – Kritik der Gesellschaft; Unrast Verlag; Berlin; 2000, S. 55-76)
Ob diese Einwände zutreffend sind, werde ich versuchen am Ende dieser Arbeit herauszustellen.
Mit ihrer Methode des Befragens von Personen nach privaten, politischen, ethnischen Überzeugungen entdeckten Adorno und Horkheimer einen Zusammenhang zwischen autoritären Verhaltensweisen und psychologisch motivierten Neigungen, also einer speziellen Charakterstruktur.
Die Autoren unterscheiden zwischen dem autoritätsgebundenen Charakter, der stereotypen Denkmustern unterliegt, den sie auch „totalitärer“ Typ nennen und einem differenzierenden Charakter, den „nichtfaschistischen“ Typ.
(Adorno, Hokrheimer, S. 367)
2. Die Beschreibung und Entstehung eines autoritären Charakters
Der autoritäre Charakter unterliegt laut Horkheimer und Adorno einer bedingungslosen Anerkennung von Macht und einem irrationalem Nachdruck auf konventionelle oder herrschender Werte, wie Fleiß, Tüchtigkeit, Erfolg, äußerlich korrektes Benehmen und „entsprechend auf konventionelles, unkritisches Verhalten“. Sein Denken ist hierarchisch und folgt einer ausgeprägten schwarz-weiß-Struktur.
Dazu gehören auch das Unterwerfen vor idealisierte, moralische Autoritäten der Gruppe und das Verdammen vermeintlich oder reeller Außenstehender.
Die Anerkennung jeglicher gegebenen Ordnung und die generelle Befürwortung drastischer Machtmittel soll die Schwäche des eigenen Ichs überdecken.
(Adorno, Horkheimer, S.367f)
Hopf beschreibt das mit einer moralischen Heteronomie, also dem Fehlen einer „eigenständigen und stabilen, dem eigenen Gewissen folgende Orientierung an Normen“ die das Handeln bestimmt. (Hopf, 1993, S.160)
2.1. Die Ich–Schwäche als zentrale psychologische Ursache für Autoritarismus
Die Ich-Schwäche wird als entscheidenste Voraussetzung für die verschiedenen Elemente des autoritären Charakters angesehen. Die Ursache für diese Ich-Schwäche sehen Adorno, Fromm und die anderen Vertreter der Theorie des autoritären Charakters in der bürgerlichen Sozialisation begründet, die es dem Kind oft nicht erlaubt, ein starkes Ich auszubilden. Die Autorität wird in das von Freud definierte Über-Ich verinnerlicht. Laut dieser Theorie ist die nun entstandene innere Herrschaft inform des Über-Ich eine wesentlich Effektivere Form der Kontrolle, als die Herrschaft äußerer Autoritäten und Strafandrohungen.
Diese Ich-Schwäche, also das Fehlen einer stabilen innermoralischen Instanz, ein Hauptmerkmal von autoritären Einstellungen, wird sehr stark durch Forderungen der Eltern an das Kind befördert, „...sich an kleinliche, vorgegebene Regeln anzupassen und den weitgehenden Verzicht darauf, die Anforderungen an das Kind zu begründen und ihren Bezug zu allgemeinen Werten oder Prinzipien zu verdeutlichen.“ So Hopf unter Bezugnahme auf Else Frenkel-Brunnswik.
(Hopf, 2000, S. 34f)
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- Quote paper
- Kai Peschel (Author), 2002, Bedeutung bestimmter Sozialisationsbedingungen für die Entstehung eines autoritären Charakters am Bsp. der Erziehung in der DDR, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/20557
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