Als Intentionalität wurde in der Scholastik die Struktur der Gerichtetheit bezeichnet. Sie spricht von ihr nur bezüglich des Willens. Sie besagt nicht mehr, als dass der Wille (voluntas) sich auf ein Gewolltes richtet.
Erst Franz Brentano hat in Die Psychologie vom empirischen Standpunkt von 1874 die Intentionalität wieder in den Gesichtskreis des philosophischen Denkens gebracht. Ihm war sie das Klassifizierungsmerkmal aller psychischen Erlebnisse. Nicht nur der Wille würde laut Brentano die Struktur des Sichrichtens-auf aufweisen, sondern alle Verhaltungen des Menschen: das Vorstellen, Urteilen und das Lieben und Hassen.
In der Auseinandersetzung mit Brentano sorgt der Problemgehalt der von ihm nicht recht begründeten Intentionalität für eine partielle Abkopplung von der ursprünglichen Absicht Brentanos, der in Abgrenzung gegen Wundt und dem experimentellen Standpunkt der empirischen Psychologie ihre eigene Methode begründen und damit ihr einen eigenen Platz sichern wollte.
In dieser Hinsicht ist die Phänomenologie von Brentano weitestgehend bestimmt und beeinflusst. Insbesondere einer der Schüler Brentanos, Edmund Husserl, befasste sich in den Logischen Untersuchungen mit dem Wesen der Intentionalität. Dessen Schüler wiederum, Martin Heidegger, stellt sich gegen die vorangegangenen Interpretationen der Intentionalität.
Es wird zunächst versucht, Heideggers Kritik an der Deutung der Intentionalität darzulegen, um über die Aufweisung, wie die Intentionalität nicht verstanden werden könne, auf den Kern Heideggers eigener Interpretation zu kommen.
1. Einleitung
Als Intentionalität wurde in der Scholastik die Struktur der Gerichtetheit bezeichnet. Sie spricht von ihr nur bezüglich des Willens. Sie besagt nicht mehr, als dass der Wille (voluntas) sich auf ein Gewolltes richtet.
Erst Franz Brentano hat in Die Psychologie vom empirischen Standpunkt von 1874 die Intentionalität wieder in den Gesichtskreis des philosophischen Denkens gebracht. Ihm war sie das Klassifizierungsmerkmal aller psychischen Erlebnisse. Nicht nur der Wille würde laut Brentano die Struktur des Sichrichtens-auf aufweisen, sondern alle Verhaltungen des Menschen: das Vorstellen, Urteilen und das Lieben und Hassen.
In der Auseinandersetzung mit Brentano sorgt der Problemgehalt der von ihm nicht recht begründeten Intentionalität für eine partielle Abkopplung von der ursprünglichen Absicht Brentanos, der in Abgrenzung gegen Wundt und dem experimentellen Standpunkt der empirischen Psychologie ihre eigene Methode begründen und damit ihr einen eigenen Platz sichern wollte.
In dieser Hinsicht ist die Phänomenologie von Brentano weitestgehend bestimmt und beeinflusst. Insbesondere einer der Schüler Brentanos, Edmund Husserl, befasste sich in den Logischen Untersuchungen mit dem Wesen der Intentionalität. Dessen Schüler wiederum, Martin Heidegger, stellt sich gegen die vorangegangenen Interpretationen der Intentionalität.
Es wird zunächst versucht, Heideggers Kritik an der Deutung der Intentionalität darzulegen, um über die Aufweisung, wie die Intentionalität nicht verstanden werden könne, auf den Kern Heideggers eigener Interpretation zu kommen.
2. Missdeutungen der Intentionalität
Die Interpretation der Intentionalität, die in der Phänomenologie als "das letzte Urphänomen"[1] bezeichnet wird, ist von zentraler Bedeutung für alle weitergehenden philosophischen Überlegungen über Erkenntnis, Wahrheit und Transzendenz. Für Heidegger ist die Aufklärung dieses Phänomens Voraussetzung dafür, das Subjekt in seiner Seinsweise als Dasein erstmals recht in den Blick zu bekommen[2]. Er will in den Grundproblemen der Phänomenologie zwei "natürliche und hartnäckige Mißdeutungen"[3] zurückweisen, die beide wiederum aus einer Missdeutung des Existenzialität des Menschen, des Daseins, resultieren. Das Verständnis der Intentionalität ist bei Heidegger eng an das Verständnis des 'Subjekts' gekoppelt. Seine Interpretation der Intentionalität resultiert aus einem vom bisherigen Verständnis des Subjekts abweichenden Auffassung des Subjekts als Dasein. Die Interpretation ist aus diesem Grunde sogleich eine ontologische Untersuchung des Daseins, die in Sein und Zeit seinen Platz gefunden hat.
Für Heidegger gibt es kein isoliertes Subjekt, dass einen Weg aus seiner subjektiven Sphäre in die äußere Welt finden muss. Das Dasein ist nicht wie der Stein, das Haus oder das Tier ein irgendwie vorkommendes Vorhandenes (auch nicht im Sinne der 'res cogitans' Descartes). Das Dasein existiert – es ist zwar ebenso vorhanden in einer Welt, aber als existierend ist es immer schon In-der-Welt[4]. Dieser Gedanke findet sich in Heideggers Überlegungen zur Intentionalität wieder und wird durch diese begründet oder zumindest aufgezeigt.
Mit der Auslegung der Intentionalität steht oder fällt jede Erkenntnistheorie, die sich mit dem Problem, wie ein Subjekt sich auf ein äußeres Objekt richten kann, beschäftigt. Gleichzeitig gerät, folgt man der Interpretation Heideggers, die Auffassung eines Subjekts, das außer ihm liegende Objekte erst erkennen muss, d.h. die Subjekt-Objekt-Trennung, ins Wanken[5].
Heidegger ist der Meinung, dass das Phänomen der Intentionalität in seiner Rätselhaftigkeit noch nicht richtig begriffen wurde[6]. Für ihn ist die Intentionalität von grundsätzlicher Bedeutung, die jedoch weder von Brentano noch von Husserl gesehen wurde. Das jede Verhaltung des Menschen die Struktur des Ausgerichtetseins-auf aufweise, sei ein Merkmal für ihre Grundsätzlichkeit. Ihre Rätselhaftigkeit kann nur näher bestimmt werden, wenn man sich am philosophisch begründeten Phänomen des Daseins orientieren würde.
In Die Grundprobleme der Phänomenologie stellt Heidegger dar, welche zwei hauptsächlichen Missdeutungen der Intentionalität in der Philosophie widerfahren sind. Er orientiert sich gemäß dem Leitspruch der Phänomenologie an den Dingen selbst, hier am Phänomen der Wahrnehmung. Die erste Verfehlung charakterisiert er als "verkehrte Subjektivierung". Er schreibt:
[...]
[1] Martin Heidegger, Die Grundprobleme der Phänomenologie, S. 379.
[2] Das heißt, dass man gerade nicht aus einer Anthropologie oder einer Analyse der Vermögen des Subjekts auf die Intentionalität schließen soll. Siehe auch: Ebd.: S. 89-90.
[3] Ebd.: S. 91.
[4] Vgl.: Martin Heidegger, Sein und Zeit, S. 52-53.
[5] Vgl.: Martin Heidegger, Die Grundprobleme der Phänomenologie, S. 61.
[6] Vgl., ebd.: S. 81.
- Quote paper
- Anonymous,, 2012, Intentionalität bei Heidegger, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/205172