Dieser Text beschäftigt sich mit den verschiedenen Theorieansätzen des Labeling Approach. Im Verlauf wird das Label Intensivstraftäter erläutert und Handlungsansätze für die Soziale Arbeit abgeleitet.
Inhalt
1. Einleitung
2. Theorien des Abweichenden Verhaltens
2.1. Ätiologische Ansätze
2.2. Interaktionistischer Ansatz: „Labeling Approach“
3. Außenseiter der Labeling Approach nach Becker
4. Stigmatisierung von jugendlichen Straftätern am Beispiel des Intensivstraftäters
4.1. Der Begriff „Intensivstraftäter“
4.2. Das Label „Intensivstraftäter“
5. Handlungsspektrum für die Soziale Arbeit
6. Fazit
1. Einleitung
In dieser Hausarbeit, werde ich mich mit den Theorieansätzen des Labeling Approach beschäftigen. Hierbei werde ich auf die verschiedenen Theoriebezüge eingehen und diese anhand von Beispielen erläutern. Zuerst gibt es eine Einführung darüber, was genau die Theorien Abweichenden Verhaltens sind und wie sie sich untereinander abgrenzen. Hierzu werde ich die ätiologischen Ansätze kurz beschreiben. Im Hauptteil meiner Arbeit werde ich mich dann mit den nicht- ätiologischen Ansätzen und der Labeling Theorie nach Becker beschäftigen. Insbesondere Beschäftigt sich Becker mit der sogenannten „Aussenseitertheorie“ diese ist auch im Bezug auf die Soziale Arbeit von großer Bedeutung und wird unter Punkt 3 beschrieben. Zum Ende hin werde ich die Labeling Approach Theorie auf die Praxis beziehen. Hierzu verwende ich das Beispiel der/des jugendlichen IntensivstraftäterInnen und werde dieses beschreiben. Auch werde ich Beispiele dazu geben, wie professionelle SozialarbeiterInnen mit diesem Label umgehen und in ihrer beruflichen Praxis mit ihm Arbeiten können. Hierbei geht es insbesondere darum, Stigmatisierungen aufzulösen und bei den gelabelten Jugendlichen Ressourcen zu aktivieren.
2. Theorien des Abweichenden Verhaltens
Im Alltagsverständnis der Menschen finden sich viele Unterschiedliche Ansichten dazu, was „normal“ sei. Dieses „normale“ schafft Ordnungen, die den Menschen helfen sich in ihrer Umwelt zurechtzufinden. Alles was nicht „normal“ ist wird als Abweichend empfunden. Bezogen auf menschliches Handeln wird es als „abweichendes Verhalten“ bezeichnet, oder kurz „Devianz“.
Viele dieser Abweichungen werden mit staatlichen Strafen geahndet, wie z.B. „Diebstahl“, andere hingegen nur, oder nur noch gesellschaftlich, wie z.B. „Homosexualität“. Gemeinsam haben diese, dass die gegen verschiedene gesellschaftliche Normen verstoßen, die eine Fortführung des Gesellschaftlichen Lebens gefährden, oder als Gefährdung wahrgenommen werden. So herrscht in unserer Gesellschaft z.B. eine „Produktionsnorm“, wir „müssen“ erwerbstätig sein und sollen dies nicht einschränken, indem wir z.B. Drogen wie Canabis konsumieren. Die „Reproduktionsnorm“ ist beispielsweise wichtig, damit die Gesellschaft weiterhin Nachwuchs bekommt, deswegen wird „Homosexualität“ geahndet (heute nicht mehr strafrechtlich).
2.1. Ätiologische Ansätze
Zu der Frage, warum ein Mensch deviantes Verhalten zeigt, wurden Theorien entwickelt. Diese sind ätiologischer Natur, sie suchen die Ursache für die Abweichung und beziehen sich meistens auf strafrechtlich relevantes Verhalten. So geht die Anomie-Theorie von Robert K. Merton davon aus, dass ein Delinquent, wenn er seine eigenen Ziele im gesellschaftlichen Bezug (Vermögen, Sexualität, Arbeit usw.) nicht erreichen kann, u.a. straffällig wird um so sein Ziel umzusetzen. Der Delinquent hat zu wenig Vermögen, um gesellschaftlich anerkannt zu werden, bzw. am gesellschaftlichen Leben partizipieren zu können, also wird er z.B. einen Diebstahl oder einen Betrug begehen um sich ein größeres Vermögen anzueignen. Dies zeigt, dass Gesellschaftliche Normen Menschen dazu bringen können, sich deviant zu verhalten um nicht als Außenseiter zu gelten.
Nicht erklären kann die Anomie-Theorie u.a. warum bei zwei Menschen unter den gleichen gesellschaftlichen Bedingungen, der eine deviantes Verhalten zeigt und der andere nicht.
Eine weitere ätiologische Theorie ist die Subkultur-Theorie. Diese geht davon aus, dass ein Delinquent, abweichenden Gruppen-Normen folgt. Also z.B. ein Zugehöriger einer jugendlichen Peergroup, in der viele Sachbeschädigungen durch das besprühen von Häuserwänden, oder anderem fremden Eigentum, strafbare Handlungen begangen werden, dies als Norm übernimmt und so die Handlung für ihn eine Legitimation erhält.
Neben der Anomie- und der Subkultur-Theorie gibt es noch weitere ätiologische Theorien (Theorien des differentiellen Lernens, psychodynamische Kontrolltheorien und weitere), auf die ich im Folgenden nicht weiter eingehen werde.
Die ätiologischen Theorien suchen die Ursache für deviantes Verhalten beim Delinquenten selbst und vernachlässigen hierbei häufig den Gesellschaftlichen Kontext in der eine Handlung begangen wird. Auch Machtverhältnisse werden hierbei meiner Meinung nach zu wenig berücksichtigt und kritisch hinterfragt.
Somit sind ätiologische Theorien meiner Ansicht nach zu Eindimensional und können das gesamte Spektrum von Devianz nicht erfassen. Hier wird es nötig sich auch nicht-ätiologischen Theorien zu widmen wie dem „Labeling Approach“.
2.2. Interaktionistischer Ansatz: „Labeling Approach“
Die verschiedenen Ansätze des Labeling Approach gelten als nicht ätiologisch. Sie suchen nicht nach den Ursachen für eine abweichende Handlung, sondern untersuchen gesellschaftliche Reaktionen, die die Abweichung konstituieren.
„The young delinquent becomes bad, because he is defined as bad“.[1]
Mit diesem Satz ist ein einfacher Grundsatz des Labeling Approach beschrieben. Aufgrund von Etikettierungs- und Reaktionsprozessen wird der Delinquent zum Abweichler.
Der Labeling Approach untersucht die sozialdeterminierte Normsetzung. Welche gesellschaftlichen Gruppen haben Macht, um Normen in ihrem Interesse aufzustellen und weiter die Möglichkeit diese Durchzusetzen. Erst die Durchsetzung von Normen definiert konformes oder abweichendes Verhalten. Insbesondere offizielle institutionalisierte Instanzen haben hier die Möglichkeit der Definition.
Ist der Delinquent erst einmal als solcher gelabelt, reduzieren sich dadurch seine gesellschaftlichen normkonformen Handlungsspielräume. Z.B. nach einem Gefängnisaufenthalt wird es häufig schwieriger einen Job zu finden, weil der Delinquent z.B. als „gefährlich“ gesehen wird.
Dies führt möglicherweise dazu, dass der Ausweg in weiteren als abweichend definierten Verhaltensweisen gesucht wird. Das „Labeln“ erzeugt also sekundäre Devianz.
Die Unterscheidung der Begriffe der primären und sekundären Devianz, geht auf Lemert zurück. Die primäre Devianz beschreibt Abweichungen die auf Ursachen zurückzuführen sind wie sie in den ätiologischen Ansätzen beschrieben werden.
Die sekundäre Devianz beschreibt hingegen eine durch gesellschaftliche Reaktionen erzeugte Rollenzuschreibung. Lamnek nennt hier das Beispiel einer älteren Dame die beim Fahren ohne gültigen Fahrschein erwischt wird. Ihr Vergehen wird wahrscheinlich nachlässiger geahndet, da ihr z.B. „Vergesslichkeit“ oder „Zerstreutheit“ zugeschrieben werden. Anders der nachlässig gekleidete, unrasierte Mann, der eher als „asozial“ etikettiert und auch so behandelt wird.[2]
[...]
[1] Tannenbaum zit. nach Lamnek (2001) S. 219
[2] Vgl. Lamnek, Siegfried (2001): Theorien abweichenden Verhaltens. 7. Auflage. Fink Verlag. München S.220
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- Salcin Eksom (Author), 2012, Labeling Approach: Relevanz für die Arbeit mit jugendlichen Intensivstraftätern , Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/204851
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