Die DLFH i. S. v. Art. 56 AEUV, als eine der vier Säulen des europäischen Binnenmarktes, ermöglicht es Unternehmen – als Angehörige der Mitgliedstaaten – grenzüberschreitend Dienstleistungen zu erbringen. Die zur Verrichtung der
Arbeitsleistung benötigten Arbeitskräfte können in dem Mitgliedstaat angestellt werden, wo die Dienstleistung durchgeführt werden soll. Aus Flexibilitäts- und Kostenerwägungen kann dies jedoch nachteilig sein, weshalb es für das Unternehmen oftmals geboten ist, stattdessen seine Arbeitnehmer vorübergehend in den betreffenden Staat zu entsenden. Denkbar ist ebenfalls, dass von einem Zeitarbeitsunternehmen Arbeitnehmer an ein ausländisches Unternehmen verliehen werden.
Nach ständiger Rechtsprechung beinhaltet der freie Dienstleistungsverkehr das Diskriminierungs- und Beschränkungsverbot, wonach jede Diskriminierung gegenüber dem Dienstleistenden aufgrund seiner Staatsangehörigkeit oder der
Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat zu beseitigen ist. Daher dürfen nach Art. 57 AEUV für den Leistenden keine rigideren Voraussetzungen diktiert werden als jene, welche der Staat für seine eigenen Angehörigen vorschreibt.
In mehreren Entscheidungen hat der EuGH allerdings in einem Obiter Dictum klargestellt, dass die Mitgliedstaaten nicht durch das Gemeinschaftsrecht daran gehindert sind, ihre Rechtsvorschriften oder die von den Sozialpartnern geschlossenen Tarifverträge, unbeeinflusst davon, in welchem Land der Arbeitgeber ansässig
ist, auf weitere Personen auszuweiten. Und zwar auf all diejenigen, die in ihrem Hoheitsgebiet, und sei es auch nur vorübergehend, einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit nachgehen.
In Folge ebenjener Rechtsprechung kam es zu diversen nationalen Entsendegesetzen und der RL 96/71/EG als sekundärrechtliche Regelung im Jahre 1996.
Im ersten Teil der Arbeit wird auf das HLP im Kontext der Arbeitnehmerentsendung eingegangen. Anschließend werden die Beweggründe erläutert, die das Europäische Parlament und den Europäischen Rat veranlasst haben, die AEntRL zu erlassen. Ein Schwerpunkt dieser Arbeit ist die Vorstellung der Richtlinie. Der
zweite Fokus liegt auf der Bewertung ebendieses Rechtsakts. Abschließend wird ein Fazit aus den gewonnenen Erkenntnissen gezogen.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Bedeutung des HLP für die Arbeitnehmerentsendung
- 3. Beweggründe für die Richtlinie
- 4. Die Arbeitnehmer-Entsenderichtlinie
- 4.1. Persönlicher Anwendungsbereich
- 4.2. Sachlicher Anwendungsbereich
- 4.3. Materiellrechtlicher Inhalt
- 4.3.1. Zwingende Erstreckung
- 4.3.2. Ausnahmen der zwingenden Erstreckung
- 4.3.3. Optionale Erstreckung
- 4.3.4. Zusammenarbeit im Informationsbereich
- 4.3.5. Sanktionierungsmaßnahmen und Gerichtliche Zuständigkeit
- 5. Bewertung der Richtlinie
- 5.1. Arbeitnehmerperspektive
- 5.2. Arbeitgeberperspektive
- 5.3. Gemeinschaftsrechtliche Perspektive
- 6. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Arbeitnehmerentsendung im Kontext des europäischen Binnenmarktes und untersucht die Bedeutung des Herkunftslandprinzips (HLP) in diesem Zusammenhang. Ziel ist es, die Beweggründe für die Einführung der Arbeitnehmer-Entsenderichtlinie (AEntRL) zu beleuchten und die rechtlichen Grundlagen sowie die praktische Anwendung dieser Richtlinie zu analysieren. Darüber hinaus werden die Perspektiven von Arbeitnehmern, Arbeitgebern und der Europäischen Gemeinschaft auf die AEntRL beleuchtet.
- Das Herkunftslandprinzip im Kontext der Arbeitnehmerentsendung
- Die Beweggründe für die Arbeitnehmer-Entsenderichtlinie
- Der Anwendungsbereich der AEntRL
- Die Auswirkungen der AEntRL auf Arbeitnehmer, Arbeitgeber und die Europäische Gemeinschaft
- Die Bewertung der AEntRL
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Bedeutung der Dienstleistungsfreiheit im europäischen Binnenmarkt dar und führt in das Thema der Arbeitnehmerentsendung ein. Kapitel 2 erläutert das Herkunftslandprinzip und seine Bedeutung für die Arbeitnehmerentsendung. Kapitel 3 geht auf die Beweggründe für die Einführung der AEntRL ein. Kapitel 4 analysiert die AEntRL im Detail, einschließlich ihres persönlichen und sachlichen Anwendungsbereichs, sowie ihres materiellrechtlichen Inhalts. Kapitel 5 bewertet die Auswirkungen der AEntRL aus verschiedenen Perspektiven, während das Fazit die wichtigsten Erkenntnisse zusammenfasst.
Schlüsselwörter
Arbeitnehmerentsendung, Dienstleistungsfreiheit, Herkunftslandprinzip, Arbeitnehmer-Entsenderichtlinie, Europäisches Arbeitsrecht, Binnenmarkt, Arbeitnehmerperspektive, Arbeitgeberperspektive, Gemeinschaftsrechtliche Perspektive.
- Quote paper
- Volker Kiesel (Author), 2012, Arbeitnehmerentsendung - Bedeutung, Anwendungsbereiche und Bewertung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/204479