Die Vernichtung der europäischen Juden, also der Holocaust, ist ein Kapitel deutscher Geschichte über das wohl in kaum vergleichbarer Weise viel publiziert und diskutiert wurde und wird. Trotzdem ist es auch 60 Jahre nach Befreiung der Konzentrationslager fast nicht möglich eindeutige und schon gar nicht endgültige Antworten auf das „Warum“ zu geben.
Fragen über die Logistik der Vernichtungsmaschinerie können im Gegensatz heute relativ präzise beantwortet werden.
Wie funktionierte der Betrieb des Massenmordes in den Vernichtungslagern Auschwitz, Treblinka, Majdanek und den vielen anderen „Todesfabriken“?
Aber auch der Zeitpunkt der Entscheidung über die „Endlösung", welche das Todesurteil von über sechs Millionen Juden bedeutete , ist zu klären.
Wer trug die Verantwortung für die aus heutiger Sicht unvorstellbaren und von vielen Historikern als einzigartig gesehenen Verbrechen der Judenvernichtung?
War es Hitler, der „Führer“, der Nero des Judentums, wie ihn Henry Picker bezeichnet , alleine oder ist so ein „Vernichtungsfeldzug“ gegen ein ganzes „Volk“ nur möglich, wenn ein anderes, das so genannte „germanische“ Volk, voll hinter dieser „Rassenpolitik“ steht oder sie zumindest toleriert? Gab er den Befehl zum Genozid? Gab es einen solchen überhaupt? Der heutige Forschungsstand kann hierauf schon sehr differenzierte Antworten geben, wenn sie dann auch gewollt sind.
In der Holocaust-Literatur wird diskutiert, ob es einen „Führerbefehl“ in schriftlicher oder mündlicher Form gegeben hat. Mommsen geht davon aus, daß sich Hitler nie konkret zur „Endlösung“ geäußert hat. Eine ähnliche Interpretation vertritt Martin Broszat in seiner Monographie „Hitler und die Genesis der „Endlösung“ “ .In diesem Zusammenhang dürfen Autoren wie Wolfgang Benz, Raul Hilberg oder Kurt Pätzold nicht unerwähnt bleiben. Aber auch der sehr medienpräsente Guido Knopp hat sich sehr detailliert und kompetent mit diesem Thema auseinander gesetzt.
In dieser Seminararbeit liegt der Schwerpunkt auf den Ereignissen vor und nach Kriegsbeginn, aber auch auf Opferzahlen nach der „Wannsee-Konferenz“.
Denn in der kurzen Zeitspanne zwischen März 1942 und Februar 1943 starben fast die Hälfte aller Opfer des Holocaust. Diese Zäsur wurde gezogen, weil die Vernichtung ab diesem Zeitpunkt neue Dimensionen annahm.
Inhaltsverzeichnis
1.Vorbemerkung/Fragestellung
2. Die Situation der jüdischen Minderheit im Deutschen Reich vor Kriegsausbruch
2.1. Der „sanfte“ Terror bis 1938
2.2. Die „Reichskristallnacht“ - Scheitelpunkt auf dem Weg zur „Endlösung“ -
2.3. Die vollkommene Entrechtung der deutschen Juden 1939-1941
3. Der Mord an den europäischen Juden
3.1. Polen – Der Beginn der „Endlösung der Judenfrage“
3.2. West – und Nordeuropa
3.3.Sowjetunion
4. Die „Endlösung“ und der ungeschriebene Befehl
5. Die Wannsee-Konferenz
6. Fazit
7. Literaturverzeichnis
1.Vorbemerkung/Fragestellung
Die Vernichtung der europäischen Juden, also der Holocaust, ist ein Kapitel deutscher Geschichte über das wohl in kaum vergleichbarer Weise viel publiziert und diskutiert wurde und wird. Trotzdem ist es auch 60 Jahre nach Befreiung der Konzentrationslager fast nicht möglich eindeutige und schon gar nicht endgültige Antworten auf das „Warum“ zu geben.
Fragen über die Logistik der Vernichtungsmaschinerie können im Gegensatz heute relativ präzise beantwortet werden.
Wie funktionierte der Betrieb des Massenmordes in den Vernichtungslagern Auschwitz, Treblinka, Majdanek und den vielen anderen „Todesfabriken“?
Aber auch der Zeitpunkt der Entscheidung über die „Endlösung", welche das Todesurteil von über sechs Millionen Juden bedeutete[1], ist zu klären.
Wer trug die Verantwortung für die aus heutiger Sicht unvorstellbaren und von vielen Historikern als einzigartig gesehenen Verbrechen der Judenvernichtung?
War es Hitler, der „Führer“, der Nero des Judentums, wie ihn Henry Picker bezeichnet[2], alleine oder ist so ein „Vernichtungsfeldzug“ gegen ein ganzes „Volk“ nur möglich, wenn ein anderes, das so genannte „germanische“ Volk, voll hinter dieser „Rassenpolitik“ steht oder sie zumindest toleriert? Gab er den Befehl zum Genozid? Gab es einen solchen überhaupt? Der heutige Forschungsstand kann hierauf schon sehr differenzierte Antworten geben, wenn sie dann auch gewollt sind.
In der Holocaust-Literatur wird diskutiert, ob es einen „Führerbefehl“ in schriftlicher oder mündlicher Form gegeben hat. Mommsen geht davon aus, daß sich Hitler nie konkret zur „Endlösung“ geäußert hat.[3] Eine ähnliche Interpretation vertritt Martin Broszat in seiner Monographie „Hitler und die Genesis der „Endlösung“ “[4].In diesem Zusammenhang dürfen Autoren wie Wolfgang Benz, Raul Hilberg oder Kurt Pätzold
nicht unerwähnt bleiben. Aber auch der sehr medienpräsente Guido Knopp hat sich sehr detailliert und kompetent mit diesem Thema auseinander gesetzt.
In dieser Seminararbeit liegt der Schwerpunkt auf den Ereignissen vor und nach Kriegsbeginn, aber auch auf Opferzahlen nach der „Wannsee-Konferenz“.
Denn in der kurzen Zeitspanne zwischen März 1942 und Februar 1943 starben fast die Hälfte aller Opfer des Holocaust[5]. Diese Zäsur wurde gezogen, weil die Vernichtung ab diesem Zeitpunkt neue Dimensionen annahm.
2.Die Situation der jüdischen Minderheit vor Kriegsausbruch
2.1.Der sanfte Terror bis 1938
Schon kurz nach der Reichstagswahl, am 7. März 1933, entfachten NSDAP-Mitglieder bzw. SA-Männer antisemitische Ausschreitungen. Es wurden jüdische Geschäfte beschmiert, Juden angegriffen und misshandelt und jüdische Juristen an ihrer Berufsausübung gehindert[6]. Zu diesem Zeitpunkt lebten etwas mehr als eine halbe Million Menschen, welche sich zum Judentum bekannten(0,76% der Gesamtbevölkerung) im Deutschen Reich.[7] Den ersten Höhepunkt antisemitischer Maßnahmen nach der Machtübernahme Hitlers stellte die Boykottaktion vom April 1933 dar.[8] »So wurde denn von der „Parteileitung der NSDAP“ für den 1. April jener Boykott gegen „jüdische Geschäfte, jüdische Waren, jüdische Ärzte und jüdische Rechtsanwälte“ angeordnet und – sachlich völlig zu Unrecht – als „Antwort“ auf die angebliche Greuelhetze der ausländischen Juden hingestellt.«[9]
Die erste Phase der nationalsozialistischen Judenverfolgung wird aber mit dem „Gesetz“ vom 7. April 1933 „ zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“
eingeleitet.[10] Alle Beamten, welche „nicht arischer Abstammung“ waren, d. h. bis hin zu einem jüdischen Großelternteil (also auch „Vierteljuden“), wurden in den Ruhestand versetzt. Es gab hierzu Ausnahmebedingungen, die aber nur zweieinhalb Jahre in Kraft blieben.[11]
Nach dem Berufsverbot für Wissenschaftler und Hochschullehrer folgten nur wenig später Rechtsanwälte, Arbeiter und Angestellte in Behörden, Honorarprofessoren, Privatdozenten und Notare. Bauer zum Beispiel konnte nur sein, wer kein „jüdisches Blut“ hatte und dies unter seinen Vorfahren bis zum Jahr 1800 zurück nachweisen konnte.[12] Ebenfalls im Oktober 1933 wurden mit Einführung des„Schriftstellergesetzes“ alle Juden aus den Presseberufen entfernt.
Im September 1935 nach dem Erlaß der „Nürnberger Gesetze“ wurden die deutschen Juden durch das „Reichsbürgergesetz“ zu Menschen zweiter Klasse degradiert und das „Gesetz zum Schutz des deutschen Blutes und der deutschen Ehre“ verbot ihnen u. a. die Eheschließung mit „Nichtjuden“.[13] Diese Liste kann noch lang fortgesetzt werden, angefangen vom Verlust der Krankenkassenzulassung der Ärzte, Tragen zusätzlicher Zwangsvornamen wie Sara oder Israel, bis hin zum Eintrag eines roten „J“ in die Reisepässe der Juden,[14] was aber den Rahmen dieser Arbeit weit überschreiten würde.
Alle diese Maßnahmen, wie auch der völlige Ausschluß jüdischer Mitbürger am gesellschaftlich-kulturellen Leben, führten dazu, daß das Judentum in Deutschland in den Jahren vor dem Kriege durch Auswanderung und Verfolgung über die Hälfte seines Bestandes eingebüßt hatte.[15] Helmut Krausnick spricht wiederum von etwa 170000 ausgereisten Juden.[16] Auch wenn die Zahlen variieren, so zeigen sie doch, daß viele Betroffene nicht glaubten nach allem was bereits geschehen war, daß die angekündigte Drohung einer „Lösung der Judenfrage“ wahr gemacht werden würde und hofften auf ein Ende der Naziherrschaft.
2.2.Die „Reichskristallnacht“- Scheitelpunkt auf dem Weg zur „Endlösung“
Das Attentat des 17 jährigen Herschel Grynspan, ein Jude mit polnischer Staatsangehörigkeit, auf den Diplomaten Ernst vom Rath an der deutschen Botschaft in Paris am 7. November 1938, war für die Nationalsozialisten ein willkommener Anlaß ein Judenpogrom zu organisieren.[17] Die Tat wurde als Verschwörung des „Weltjudentums“ gegen das Deutsche Reich hochgespielt und » diente der Einleitung der endgültigen Ausgrenzung der deutschen Juden aus allen sozialen und ökonomischen Zusammenhängen. «[18]
Goebbels verstand es raffiniert die darauf folgenden Aktionen zu veranlassen, aber nicht direkt zu befehlen und sie als „spontane Reaktion des deutschen Volkes“ zu deklarieren.[19] Die Ausschreitungen wurden durch eine Rede vom Propagandaminister, in Absprache mit Hitler, ausgelöst, die auf einem jährlich in Erinnerung an den Hitler-Putsch vom 9. November 1923 stattfindenden Treffen der „alten Kämpfer“ in München gehalten wurde.[20]
Der Reichspropagandaleiter stimulierte die NSDAP- und SA- Führer, redete von Rache und Vergeltung und setzte so den ganzen Parteiaperrat bis hinunter zu den einzelnen SA- Stäben im gesamten Reich in Aktion.»Wenig später brannten die ersten Synagogen, wurden überall jüdische Menschen gedemütigt, verhöhnt, misshandelt, ausgeplündert.«[21]
Es blieb aber nicht beim öffentlichen Vandalismus, der insgeheim von der SS kritisiert wurde, » wohl weil solch lärmendes Vorgehen ihrer bewährten Praxis lautlos- bürokratischen Terrors widersprach. «[22]
Um den Auswanderungsdruck zu verstärken, wurden nach dem 9. November 1939 im ganzen Deutschen Reich etwa 30000 jüdische Männer, meistens finanziell besser gestellte, verhaftet und zur Einschüchterung in die KZ`s Dachau, Buchenwald und Sachsenhausen verbracht.[23] Diese Aktionen dienten(noch) nicht der Vernichtung der Juden,[24] sondern den von Hitler befohlenen Ausschluß aus der Wirtschaft.[25] So wurde dann auch am 12. November 1938 im Reichsluftfahrtsministerium unter Leitung Görings die „Arisierung“ des Einzelhandels, der Fabriken und Beteiligungen festgelegt.[26]
[...]
[1] Vgl. Benz, Wolfgang, Judenvernichtung: Die Zahl der Opfer, in: Benz, W.(Hrsg.), Legenden, Lügen, Vorurteile. Ein Wörterbuch zur Zeitgeschichte. München 1992, S.107.
[2] Vgl. Picker, Henry, Hitlers Tischgespräche im Führerhauptquartier. Hitler, wie er wirklich war. Stuttgart 1976, S. 18.
[3] Vgl. Mommse, Hans, Die Realisierung des Utopischen: die Endlösung der Judenfrage im Dritten Reich. in: Geschichte und Gesellschaft 9 (1983). S.381-420.
[4] Broszat, Martin, Hitler und die Genesis der „Endlösung“. Aus Anlaß der Thesen von David Irving. München 1987.
[5] Vgl. Browning, Christopher, Der Weg zur Endlösung. Entscheidungen und Täter. übersetzt von Jürgen Peter Krause. Bonn 1998.
[6] Vgl. Longerich, Peter, Der ungeschriebene Befehl. Hitler und der Weg zur Endlösung. München/Zürich 2001, S.43.
[7] Vgl. Benz, Wolfgang, Der Holocaust. München 1995, S.16.
[8] Ebenda. S.17.
[9] Krausnick, Helmut, Judenverfolgung. in: Anatomie des SS-Staates. München 1999, S.571.
[10] Ebenda.
[11] Vgl. Krausnick, Judenverfolgung. S.575 f.
[12] Ebenda.
[13] Vgl. Benz, Der Holocaust. S.23.f.
[14] Ebenda.
[15] Vgl. Erdmann, Karl Dietrich, Rassenpolitik und Judenvernichtung. in: Nationalsozialistische Diktatur 1933-1945. Eine Bilanz. Bonn 1983, S.529.
[16] Vgl. Krausnick, Judenverfolgung. S.577.
[17] Vgl. Hilberg, Raul, Die Vernichtung der europäischen Juden. Berlin(West) 1982, S.33.
[18] Benz, Der Holocaust. S.26.
[19] Vgl. Krausnick, Judenverfolgung. S. 588.
[20] Vgl. Longerich, Peter, Politik der Vernichtung. München 1998, S.198.
[21] Benz, Wolfgang, Die Juden im Dritten Reich. in: Deutschland 1933-1945. Neue Studien zur nationalsozialistischen Herrschaft. Bonn 1993, S.281.
[22] Krausnick, Judenverfolgung. S.589.
[23] Vgl. Benz, Der Holocaust. S.27.
[24] Ebenda.
[25] Krausnick, Judenverfolgung. S.589.
[26] Ebenda. S.590.
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