Während der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) und dessen langwierige Rati-fizierung ein Sinnbild des bisherigen Fortschritt politischer Bemühungen darstellt, um die ausufernde Staatsschuldenkrise beherrschbar zu machen, versuchen zahlreiche Öko-nomen, allen voran Hans-Werner Sinn, auf die bereits umfangreiche, allerdings eher verdeckte Existenz äquivalenter Bail-Out Mechanismen aufmerksam zu machen, die durch unkonventionelle Maßnahmen der EZB implementiert wurden. Eine wichtige Rolle spielt dabei TARGET2 (Trans-European Automated Real-time Gross Settlement Express Transfer System), das der Abwicklung grenzübergreifender Transaktionen dient, beispielsweise Warenimporte oder Überweisungen ins europäische Ausland. Ins-besondere Spanien und Italien haben innerhalb des Zahlungssystems enorme Verbind-lichkeiten angehäuft, die Gegenposition hierzu ist eine Forderung von rund 751 Milliar-den Euro in der Bilanz der Deutschen Bundesbank.
In Kombination mit den erheblich gelockerten und – seit Februar 2012 – asymmetrisch ausgestalteten Refinanzierungsstandards der EZB, wird der Zugang zu Zentralbankli-quidität in der Europeripherie erleichtert, um dortige Zahlungsausfälle zu verhindern, da private Kapitalströme seit Ausbruch der Zahlungsbilanzkrise nahezu versiegt sind. TARGET2 bemisst das Ausmaß, in dem private Kapitalzuflüsse in Südeuropa durch Zentralbankliquidität kompensiert werden, sowie den impliziten Risikotransfer vom Privatsektor auf das Eurosystem und damit anteilig die Bundesbank. Weiterhin bezif-fern TARGET2-Salden zusätzliche Kosten, im Falle eines Austritts anderer Euromit-glieder, oder gar Zusammenbruchs der Währungsunion und zeigt auf, dass der Löwen-anteil dieser Kosten von Kernländern, insbesondere Deutschland getragen werden müss-te. Die Verhandlungsposition Deutschlands auf europapolitischer Ebene droht sich so zunehmend zu verschlechtern, während Peripheriestaaten mit immensen Verbindlich-keiten eine Nutzenkomponente im Falle eines Austritts innehalten. Dies führt unter Um-ständen dazu, dass die Mitgestaltungsfreiheit Europas größter Volkswirtschaft in Zu-kunft weiter schwindet, was den Weg in eine Schulden- und Transferunion weiter ebnen dürfte.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1. Einleitung und Problemstellung
2. Einführung in das Zahlungsverkehrssystem TARGET
2.1. Funktionsweise und Bedeutung für das Eurosystem
2.2. Entwicklung der Bundesbank-Salden im TARGET2-System
3. Politische und ökonomische Risikofaktoren
3.1. Symptom oder originäres Risiko?
3.2. Finanzielle Risiken
3.3. Risiken im Kontext politischer Erpressbarkeit
4. Fazit
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Beispieltransaktion TARGET
Abbildung 2: Entwicklung der Salden Europeripherie vs. Bundesbank
Abbildung 3: TARGET2-Verrechnungssalden im Eurosystem
1. Einleitung und Problemstellung
Seit nunmehr vier Jahren schwebt die europäische Staatsschuldenkrise wie ein Damoklesschwert über Europa. Ausgelöst vom Zusammenbruch des US-amerikanischen Immobilienmarktes und der Investmentbank Lehman Brothers im Jahr 2008, entwickelte die globale Wirtschafts- und Finanzkrise in Europa eine erhebliche Eigendynamik und manifestierte sich seither in einer anhaltenden Schulden- und Zahlungsbilanzkrise europäischer Peripheriestaaten.
Im Zuge der seither implementierten Stabilisierungsmaßnahmen, deren Bandbreite ebenso mannigfaltig ist, wie ihre Bewertung durch Wissenschaft und Politik, scheinen sich die Leitlinien deutscher Fiskal- und europäischer Geldpolitik zunehmend zu entfremden, denn während die EZB zu immer drastischeren Mitteln greift, wie den beiden Dreijahrestendern und neuerlichen, diesmal unlimitierten Anleihekäufen, hinkt die demokratische Legitimation institutionalisierter Krisenmechanismen, wie ESM und EFSF, allem Anschein nach stetig hinterher.[1] Grund hierfür sind nicht selten konträre Positionen, vertreten durch Bundesregierung und Bundesbank, insbesondere gegenüber den von anderen Euromitgliedern forcierten, unkonventionellen Maßnahmen der EZB, die zu einer politischen Isolation Deutschlands geführt haben.[2] Inwieweit diese Isolation mit einer politischen Erpressbarkeit Deutschlands einhergeht, soll nun anhand des Trans-European Automated Real-time Gross Settlement Express Transfer System (TARGET2), ausführlich erörtert werden, das der Abwicklung grenzübergreifender Transaktionen dient.
Ob TARGET2 ein weiteres Instrument europäischer Finanzhilfen darstellt, ist seit über einem Jahr Gegenstand einer zunächst akademischen, später auch breiten medialen Debatte, maßgeblich angestoßen von Hans-Werner Sinn zu Beginn vergangenen Jahres. Auslöser hierfür waren massive Ungleichgewichte innerhalb der Salden des Zahlungssystems, zum einen hohe Forderungen bei der Bundesbank und zum anderen Verbindlichkeiten nationaler Zentralbanken aus Griechenland, Italien und Spanien.[3]
Ziel dieser Arbeit soll sein, die volkswirtschaftlichen Effekte aus den TARGET2-Salden zu benennen, deren politische und finanzielle Risiken für Deutschland herauszuarbeiten und anschließend in den Kontext politischer Erpressbarkeit einzuordnen. Im Idealfall gelingt es, Aussagen, wie jene von Hans-Werner Sinn: „Wir sind durch die Krisenländer erpressbar geworden“, mittels ökonomischer Fakten zu verifizieren, oder aber zu belegen, dass innerhalb des TARGET2-Streits willkürlich Äpfel und Birnen addiert werden.[4]
Um dies zu erreichen, wird im zweiten Abschnitt zunächst in die Funktionsweise von TARGET2 und dessen geldpolitische Bedeutung eingeführt (Abschnitt 2.1.). Darüber hinaus zeigt Teilabschnitt 2.2. die Entwicklung jener Salden auf, die seit Ausbruch der Staatsschuldenkrise erhebliche Ungleichgewichte aufweisen. Insbesondere die Beziehungen zu wirtschaftlich signifikanten, aber gleichermaßen bedrohten Volkswirtschaften, wie Spanien und Italien sollen hierbei näher betrachtet werden.
Im Anschluss an diese deskriptive Bestandsaufnahme, sollen die Salden interpretiert und finanzielle Risiken herausgearbeitet werden, die der Bundesrepublik Deutschland – gegeben verschiedene Szenarien – aus den Ungleichgewichten des TARGET2-Systems möglicherweise entstanden sind (Abschnitt 3.1. und 3.2.). Inwieweit dies zu politischer Erpressbarkeit geführt haben könnte, ist Kernaspekt von Abschnitt 3.3.
2. Einführung in das Zahlungsverkehrssystem TARGET2
2.1. Funktionsweise und Bedeutung für das Eurosystem
Gemäß Artikel 105 Absatz 2 des Vertrages zur Gründung der europäischen Gemeinschaft ist die Förderung des reibungslosen Zahlungsverkehrs eine der Aufgaben des Europäischen Systems der Zentralbanken, dem neben der EZB auch die nationalen Zentralbanken aus 23 EU-Mitgliedsstaaten angehören.[5] Dieser Aufgabe wurde mit der Einführung des Zahlungsverkehrssystems TARGET 1999 Rechnung getragen, das eine Verbindung zwischen Systemen nationaler Zentralbanken und der EZB herstellte. Aufgrund mangelnder Effizienz, speziell in Hinblick auf Transaktionskosten und technische Instandhaltung, wurde TARGET im Jahr 2007 sukzessive in das Nachfolgesystem TARGET2 überführt, das seither eine einheitliche technische Plattform für grenzübergreifende Zahlungen bereitstellt. Neben den 23 nationalen Zentralbanken wird das System auch von mehr als 4400 Geschäftsbanken genutzt. Anders als sein Vorgängersystem, das hauptsächlich der Übertragung von Großbeträgen diente, kann TARGET2 auch für Kleinstbeträge, beispielsweise im Privatkundengeschäft, genutzt werden.[6]
Ein solches Zahlungssystem ist grundsätzlich notwendig, um eine möglichst hohe Fungibilität der nationalen Guthaben innerhalb der Währungsunion zu gewährleisten. Depositen bei einer deutschen Geschäftsbank sollen zu möglichst geringen Kosten in Guthaben französischer oder österreichischer Banken umgewandelt werden können, sodass im Ergebnis keine Unterscheidung zwischen rein innerstaatlichen und innereuropäischen Zahlungsströmen stattfindet.[7]
Ursprung solcher Transaktionen können Außenhandelsaktivitäten sowie Wertpapier- und Kreditgeschäfte innerhalb der Eurozone sein, die über bzw. von Geschäftsbanken getätigt und via TARGET2 mit den nationalen Zentralbanken verrechnet werden. Auch Zahlungen aus Offenmarktoperationen des Eurosystems werden über TARGET2 abgewickelt.[8] Mehrere Autoren, unter anderem Buiter et al. (2011) oder Sinn (2011) verdeutlichen die Funktionsweise von TARGET2 anhand von Außenhandelstransaktionen, spezieller mittels eines deutschen Warenexports in die Europeripherie. Die Lieferung eines abstrakten Exportgutes im Wert von beispielsweise 1.000€ erfolgt hierbei auf Rechnung, wobei die Überweisung durch die jeweils involvierten Geschäftsbanken via TARGET2 getätigt wird. Im Ergebnis verringert sich das Bankguthaben des Importeurs bei seiner Geschäftsbank um 1.000€, während der Exporteur eine Gutschrift in gleicher Höhe erhält.[9]
Abbildung 1 zeigt die technische Umsetzung der Überweisung zwischen einem spanischen Unternehmen ES, sowie einem deutschen Unternehmen D über das TARGET2-System. Entlang des blauen Pfeiles sind die Buchungen dargestellt, die aus der Überweisung der 1.000€ in den Zentralbankbilanzen resultieren.
Abbildung 1: Beispieltransaktion TARGET2
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung[10]
Da Zahlungen innerhalb von TARGET2 in Zentralbankgeld erfolgen, werden die Reserveguthaben der involvierten Geschäftsbanken bei der jeweiligen nationalen Zentralbank tangiert, wobei die Deutsche Bank als Zahlungsempfänger eine Forderung gegen die Bundesbank in Höhe von 1.000€ erhält.[11] Auf spanischer Seite hinterlegt die Bank Santander im Gegenzug zentralbankfähige Sicherheiten bei der Banco de España. Für die Bundesbank entsteht eine Forderung gegen die EZB, also nur indirekt gegenüber der sendenden Notenbank, die zum Refinanzierungssatz verzinst und im Inland nicht erneut besichert wird. Dieser Prozess bedarf keiner konkreten Zustimmung durch nationale Zentralbanken, sondern verläuft vollkommen automatisiert.[12] Gleichen sich die Zahlungsströme im Tagesverlauf nicht aus, erfolgt eine Saldierung verbleibender Forderungen und Verbindlichkeiten über die EZB.[13]
Eine weitere Form von Transaktionen, die im Kontext der TARGET2-Diskussion besondere Relevanz annimmt, sind einfache Überweisungen von Konten in der Europeripherie an deutsche Geschäftsbanken.[14] Auch hier weist das Empfängerland eine TARGET2-Forderung auf; die Zentralbank des Landes, in dem die Überweisung getätigt wird, hat dann eine Verbindlichkeit.[15] Dies ist Gegenstand einer signifikanten Depositenflucht aus den Peripherieländern in vermeintlich sichere Häfen, insbesondere Deutschland.[16]
Die Entwicklung der daraus resultierenden Salden in der Bilanz der Bundesbank wird im nächsten Teilabschnitt ausführlich beschrieben.
2.2. Entwicklung der Bundesbank-Salden im TARGET2-System
Die Nettoforderung der Deutschen Bundesbank belief sich auf zuletzt rund 751 Milliarden Euro, mit einer durchschnittlichen Wachstumsrate von monatlich 7,6% seit Beginn des Jahres 2007.[17] Abbildung 2 zeigt den stetigen Anstieg dieser Forderungspositionen in diesem Zeitraum. Während sich Transaktionen im TARGET2-System vor 2007 weitgehend die Waage hielten, verzeichneten Nettozuflüsse seit Mitte 2007 ein massives Übergewicht, das seither zu einem rapiden Anstieg der Forderungsposition der Bundesbank führte.[18]
Abbildung 2: Entwicklung der Salden Europeripherie vs. Bundesbank
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle 1: Eigene Darstellung[19]
Dem Forderungsüberhang der Bundesbank steht eine ganze Reihe von Ländern mit hohen Verbindlichkeiten gegenüber, von denen eine, in der relevanten Literatur übliche Auswahl, ebenfalls in Abbildung 2 abgetragen wurde.[20]
Der signifikante Anstieg der Ungleichgewichte seit Mitte 2007 wird von mehreren Autoren übereinstimmend – unter anderem Sinn; Wollmershäuser (2011) und Lipponer; Ulbrich (2011) – auf die Anfänge der Finanzkrise zurückgeführt, als der europäische Interbankenhandel zusehends zusammenbrach, sodass private Kapitalexporte in die Peripheriestaaten mangels Vertrauen in den dortigen Bankensektor versiegten. Aufgrund der Anspannungen im Interbankenmarkt werden Kapitalzuflüsse in diese Staaten zunehmend über das TARGET2-System realisiert und nicht mehr durch private Kapitalströme abgebaut, wie es vor der Krise die Regel war.[21]
Bemerkenswert ist die jüngste Entwicklung der Verbindlichkeiten Spaniens und Italiens, deren immanente Gefährdung später einsetzte, als in den Fällen Griechenlands oder Irlands. Ein Großteil der Literatur stützt sich auf die letztgenannten Staaten, um mögliche Risiken für Deutschland zu analysieren, beispielsweise Sinn (2011) und Abad et al. (2012). Im Verlauf dieses Jahres entwickelten sich jedoch Spanien und Italien zu den größten Schuldnern innerhalb des TARGET2-Systems. Abbildung 3 stellt die Verrechnungssalden im Eurosystem grafisch dar; hierbei wird das Ungleichgewicht zwischen der Bundesbank als Hauptgläubiger und Staaten mit besonders hohen Verbindlichkeiten, noch einmal deutlich.
Dieser Zusammenhang erklärt die eingangs erwähnte Fokussierung auf jene Staaten, denn anders als noch im letzten Jahr sind es nicht mehr Irland, Portugal und Griechenland, welche die höchsten Verbindlichkeiten ausweisen, sondern mit Spanien und Italien wirtschaftlich weitaus größere Volkswirtschaften.
[...]
[1] Vgl. Tornell, Westermann (2012) S.2
[2] Siehe hierzu Handelsblatt Nr. 125, „Wie Merkel in die Monti-Falle tappte“ und Handelsblatt Nr. 149, 3.8.2012: „Wie lange noch?“.
[3] Vgl. Homburg(2011) S. 530 und S. 526.
[4] Siehe http://www.wiwo.de/politik/europa/euro-krise-target-salden-draengen-deutschland-an-den-abgrund/6277238.html und http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/streit-um-target-salden-ein-professor-der-aepfeln-birnen-und-bananen-addiert-1.1310221.
[5] Vgl. Fahrholz (2012) S. 6.
[6] Vgl. Europäische Zentralbank (2012) S. V und Sinn; Wollmershäuser (2011) S. 7.
[7] Vgl. Bindseil; König (2011) S. 3 und 4.
[8] Vgl. Deutsche Bundesbank (2011) S. 34.
[9] Vgl. Homburg (2011) S. 526 und 527.
[10] In Anlehung an Quaas (2011) S. 835 und Sell; Bauer (2011) S. 9.
[11] Vgl. Ulbrich, Lipponer (2011) S. 69 und Bindseil; Cour-Thimann; König (2011) S.81.
[12] Vgl. Fahrholz (2012) S.6. und S. 10, sowie Sinn (2011) S.1.
[13] Vgl. Deutsche Bundesbank (2011) S. 34.
[14] Vgl. Bindseil; Cour-Thimann; König (2011) S.81. oder Homburg (2011) S.528.
[15] Vgl. Fahrholz (2012) S.6.
[16] Vgl. Abad; Löffler; Zemanek (2011) S. 1.
[17] Stand 31.7.2012, Daten bereitgestellt von http://www.iew.uni-osnabrueck.de/en/8959.htm
[18] Vgl. Sinn; Wollmershäuser (2011) S. 4.
[19] Daten bereitgestellt von http://www.iew.uni-osnabrueck.de/en/8959.htm; Abrufdatum 7.9.2012
[20] Vgl. unter anderem Tornell; Westermann (2012) S. 3, zumeist aggregiert als GIIPS
Häufig gestellte Fragen
Was ist das Thema des Dokuments?
Das Dokument behandelt das Zahlungsverkehrssystem TARGET2 und seine Auswirkungen, insbesondere im Kontext der europäischen Staatsschuldenkrise. Es analysiert die politischen und ökonomischen Risikofaktoren, die mit den TARGET2-Salden verbunden sind, insbesondere für Deutschland.
Was ist TARGET2?
TARGET2 (Trans-European Automated Real-time Gross Settlement Express Transfer System) ist ein Zahlungsverkehrssystem, das von den Zentralbanken des Eurosystems genutzt wird, um grenzüberschreitende Zahlungen abzuwickeln. Es ermöglicht die Übertragung von Geldern zwischen Geschäftsbanken in der Eurozone über die jeweiligen nationalen Zentralbanken.
Was sind TARGET2-Salden?
TARGET2-Salden repräsentieren die Forderungen und Verbindlichkeiten der nationalen Zentralbanken innerhalb des TARGET2-Systems. Hohe Forderungen einer Zentralbank (z.B. der Bundesbank) bedeuten, dass Gelder aus anderen Ländern in dieses Land geflossen sind, während hohe Verbindlichkeiten darauf hindeuten, dass Gelder aus diesem Land abgewandert sind.
Warum sind die TARGET2-Salden seit 2007 gestiegen?
Der Anstieg der TARGET2-Salden wird hauptsächlich auf die Finanzkrise ab 2007 zurückgeführt. Der Zusammenbruch des Interbankenhandels führte dazu, dass Kapitalflüsse verstärkt über das TARGET2-System abgewickelt wurden, anstatt durch private Kapitalströme. Auch die Flucht von Einlagen aus Peripherieländern in vermeintlich sichere Häfen, insbesondere nach Deutschland, trug zu dem Anstieg bei.
Welche Risiken sind mit den hohen TARGET2-Salden verbunden?
Die hohen TARGET2-Salden bergen finanzielle Risiken für Deutschland, insbesondere im Falle eines Austritts von Ländern aus der Eurozone oder einer Staatsinsolvenz. In solchen Szenarien könnten die Forderungen der Bundesbank gegenüber den Zentralbanken der betroffenen Länder wertlos werden. Darüber hinaus wird die Frage politischer Erpressbarkeit thematisiert, die sich aus der Abhängigkeit anderer Länder von den deutschen Forderungen ergeben könnte.
Welche Länder haben hohe Verbindlichkeiten im TARGET2-System?
Länder wie Spanien und Italien weisen hohe Verbindlichkeiten im TARGET2-System auf. Früher galten vor allem Griechenland, Irland und Portugal als Hauptschuldner, jedoch haben sich die Ungleichgewichte im Laufe der Zeit verschoben.
Welche Bedeutung hat die Bundesbank in diesem System?
Die Deutsche Bundesbank hat als größte Volkswirtschaft der Eurozone eine zentrale Rolle im TARGET2-System. Sie weist die höchsten Nettoforderungen auf, was bedeutet, dass Deutschland in erheblichem Umfang Kapital an andere Länder der Eurozone verliehen hat.
Was sind die Ziele dieser Arbeit?
Ziel der Arbeit ist es, die volkswirtschaftlichen Effekte der TARGET2-Salden zu analysieren, die politischen und finanziellen Risiken für Deutschland herauszuarbeiten und diese im Kontext politischer Erpressbarkeit einzuordnen. Die Arbeit soll untersuchen, ob Aussagen wie die von Hans-Werner Sinn („Wir sind durch die Krisenländer erpressbar geworden“) durch ökonomische Fakten belegt werden können.
- Citar trabajo
- Sebastian Schrön (Autor), 2012, Auswirkungen der TARGET2-Problematik für Deutschland, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/204030