Die NS-Zeit kann als eine Zeit der Massenideologie angesehen werden. Um
diese zu durchzusetzen, ist es notwendig auf eine effiziente Art und Weise
große Teile der Bevölkerung für die Ideologie zu gewinnen. Deren Verbreitung
und Aufrechterhaltung geschieht über die (Manipulation der) Sinne, welche
angesprochen werden. Hierbei kommen neben auditiven Formen der
Vermittlung wie z.B. durch den „Volksempfänger“ oder Massenkundgebungen,
ebenso visuelle Reize zur Geltung, die durch Wochenschauen, Aufmärsche,
Uniformen und Fahnen bewirkt werden.
Die Sinne können sich in diesem starren Gebilde nicht frei entfalten, da sie
komplett beherrscht werden. Zudem spielen Angst und Misstrauen eine zentrale
Rolle für den Einzelnen im Hinblick auf die allgegenwärtige Kontrolle, da bei
Zuwiderhandlung gegen die Doktrinen der Diktatur jederzeit mit Bestrafung zu
rechnen wäre. So dürfen beispielsweise keine fremden Radiosender gehört
werden, wodurch sich individuelle Geschmäcker nicht ausbilden können. Die
nicht selten unfreiwillige Teilnahme an Massenkundgebungen, insbesondere
wenn absurde Durchhalteparolen verkündet werden, können nicht darüber
hinwegtäuschen, dass die elementaren sinnlichen Bedürfnisse auf der Strecke
bleiben. [...]
Inhaltsverzeichnis
- I. Manipulation der Sinne führt zur inneren Abstumpfung des Menschen - der Verlust des Geschmackssinns
- II. Holzinger: Kampf dem „Gift“ durch Gegengift
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert die Darstellung von Anarchie in Uwe Timms Novelle „Die Entdeckung der Currywurst“. Im Fokus steht das menschlich-sinnliche Aufbegehren gegen die sinnliche und geistige Unterdrückung während der NS-Zeit und in der unmittelbaren Nachkriegszeit.
- Sinnesmanipulation und Abstumpfung unter der NS-Herrschaft
- Der Verlust des Geschmackssinns als Metapher für den Verlust der Menschlichkeit
- Anarchie als Ausdruck des Widerstands und der individuellen Bedürfnisbefriedigung
- Die Rolle von Nahrung und Kochen im Kontext des Widerstands
- Subtile Formen des Aufbegehrens im Alltag
Zusammenfassung der Kapitel
I. Manipulation der Sinne führt zur inneren Abstumpfung des Menschen - der Verlust des Geschmackssinns: Dieses Kapitel untersucht, wie die NS-Propaganda durch Manipulation der Sinne – auditiv und visuell – eine Massenideologie durchsetzte und die freie Entfaltung der Sinne unterdrückte. Angst und Kontrolle führten zur Abstumpfung, besonders deutlich am Beispiel der Nahrungsmittelknappheit und der niedrigen Qualität des Essens. Der Verlust des Geschmackssinns wird als Metapher für den Verlust des individuellen Erlebens und der Menschlichkeit dargestellt. Der Verzehr von Nahrung diente nur dem bloßen Überleben, sinnliche Genüsse waren verboten. Das Kapitel illustriert dies anhand von Beispielen wie dem fahnenflüchtigen Bremer, dessen Unfähigkeit, sein Essen zu genießen, seine innere Zerrissenheit und den Verlust des Geschmackssinns symbolisiert. Der Vergleich zwischen der einfachen Nahrung der Bevölkerung und den hochwertigen Speisen der Machthaber unterstreicht die Ungleichheit und die systematische Unterdrückung der sinnlichen Wahrnehmung.
II. Holzinger: Kampf dem „Gift“ durch Gegengift: Dieses Kapitel konzentriert sich auf die Figur des Kochs Holzinger, der durch seine Kochkunst einen subtilen Widerstand gegen das NS-Regime leistet. Holzingers Fähigkeit, aus einfachen Zutaten hervorragende Gerichte zu zaubern, wird als eine Form der Magie dargestellt. Sein beruflicher Werdegang, von Wien über ein Passagierschiff bis zur Kantine der Lebensmittelbehörde, veranschaulicht seine Anpassungsfähigkeit und seinen Zugang zu den Machthabern. Holzingers „Küchensabotage“ besteht darin, den Nazis durch seine Kochkunst zu schwächen, ohne dabei direkt aufzufallen. Die Nahrungsaufnahme wird als ein Moment der Abhängigkeit dargestellt, in dem die Nazis dem Koch ausgeliefert sind und seine Manipulation nicht bemerken. Das Kapitel hebt die subtile Natur seiner Anarchie hervor, die nicht im offenen Widerstand, sondern in der Küche stattfindet. Holzingers Aktionen werden durch die Lebensmittelknappheit eingeschränkt, stellen aber dennoch eine Form des individuellen Widerstands dar, welcher durch die systemimmanente Abhängigkeit der Machthaber von der Nahrungsaufnahme möglich wird.
Schlüsselwörter
Anarchie, Uwe Timm, Die Entdeckung der Currywurst, NS-Zeit, Sinnesmanipulation, Geschmackssinn, Nahrungsmittelknappheit, Widerstand, subtile Anarchie, Kochkunst, Holzinger, Bremer, individuelle Bedürfnisbefriedigung.
Häufig gestellte Fragen zu „Die Entdeckung der Currywurst“ - Analyse der Anarchie
Was ist der zentrale Gegenstand der Analyse?
Die Analyse konzentriert sich auf die Darstellung von Anarchie in Uwe Timms Novelle „Die Entdeckung der Currywurst“. Im Mittelpunkt steht das sinnlich-menschliche Aufbegehren gegen die sinnliche und geistige Unterdrückung während der NS-Zeit und in der unmittelbaren Nachkriegszeit.
Welche Themen werden in der Analyse behandelt?
Die Arbeit untersucht die Sinnesmanipulation und Abstumpfung unter der NS-Herrschaft, den Verlust des Geschmackssinns als Metapher für den Verlust der Menschlichkeit, Anarchie als Ausdruck des Widerstands und der individuellen Bedürfnisbefriedigung, die Rolle von Nahrung und Kochen im Kontext des Widerstands sowie subtile Formen des Aufbegehrens im Alltag.
Wie wird der Verlust des Geschmackssinns interpretiert?
Der Verlust des Geschmackssinns wird als Metapher für den Verlust des individuellen Erlebens und der Menschlichkeit dargestellt. Die Nahrungsaufnahme diente nur dem bloßen Überleben, sinnliche Genüsse waren verboten. Dies wird am Beispiel des fahnenflüchtigen Bremer illustriert, dessen Unfähigkeit, sein Essen zu genießen, seine innere Zerrissenheit symbolisiert.
Welche Rolle spielt die Figur des Kochs Holzinger?
Holzinger leistet durch seine Kochkunst einen subtilen Widerstand gegen das NS-Regime. Seine Fähigkeit, aus einfachen Zutaten hervorragende Gerichte zu zaubern, wird als eine Form der Magie dargestellt. Seine „Küchensabotage“ besteht darin, die Nazis durch seine Kochkunst zu schwächen, ohne dabei direkt aufzufallen. Seine Aktionen stellen eine Form des individuellen Widerstands dar, der durch die systemimmanente Abhängigkeit der Machthaber von der Nahrungsaufnahme möglich wird.
Welche Art von Widerstand wird in der Novelle dargestellt?
Die Analyse beleuchtet sowohl offene als auch subtile Formen des Widerstands. Während der offene Widerstand explizit erwähnt wird (z.B. Fahnenflucht), konzentriert sich die Analyse stärker auf die subtilen Formen des Widerstands, wie die „Küchensabotage“ Holzingers oder den Akt der individuellen Bedürfnisbefriedigung trotz der Unterdrückung.
Welche Kapitel umfasst die Analyse?
Die Analyse umfasst zwei Hauptkapitel: „I. Manipulation der Sinne führt zur inneren Abstumpfung des Menschen - der Verlust des Geschmackssinns“ und „II. Holzinger: Kampf dem „Gift“ durch Gegengift“.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren die Analyse?
Schlüsselwörter sind: Anarchie, Uwe Timm, Die Entdeckung der Currywurst, NS-Zeit, Sinnesmanipulation, Geschmackssinn, Nahrungsmittelknappheit, Widerstand, subtile Anarchie, Kochkunst, Holzinger, Bremer, individuelle Bedürfnisbefriedigung.
- Quote paper
- StR Sener Saltürk (Author), 2004, Anarchie in Uwe Timms Novelle "Die Entdeckung der Currywurst" – das Gewürz menschlich-sinnlichen Aufbegehrens, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/204009