Inwieweit ist der stille Gesellschafter eines Handelsgewerbes geschützt, wenn das Handelsgewerbe als SE firmiert und Ihren Verwaltungssitz in zulässiger Weise aus Deutschland in ein anderes europäisches Land verlegt?
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Literaturverzeichnis
Einführung in die Problemstellung
1. Die stille Gesellschaft im deutschen Recht
a. Einführung
b. stille Gesellschaft als Innengesellschaft - Stellung des Gesellschafters
2. Die Societas Europaea
a. Grundlagen der grenzüberschreitenden Sitzverlegung einer SE
3. Folgen der grenzüberschreitenden Sitzverlegung für die stille Gesellschaft
a. Die stille Gesellschaft als bloße Innengesellschaft
b. Folgen der Sitzverlegung auf die Durchsetzbarkeit
c. Fazit
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Literaturverzeichnis
Eugen Klunzinger Grundzüge des Gesellschaftsrechts 15. Auflage
Baumbach/Hopt Kommentar zum Handelsgesetzbuch 29. Aufl.
Kübler/Assmann Gesellschaftsrecht 6. Aufl.
Karsten Schmidt Gesellschaftsrecht 4. Aufl.
Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn Kommentar zum Handelsgesetzbuch 2008 2. Aufl.
Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 2, 3. Aufl. 2009 (über die Datenbank Beck-online)
Münchner Kommentar zum Aktiengesetz 3. Aufl. 2008 (über die Datenbank Beck-online)
Kompakt-Kommentar Umwandlungsrecht Jürgen Keßler/Manfred Kühnberger
Sedlmayer: Stiller Gesellschafter in der Umwandlung des Geschäftsinhabers in DNotZ 2003, Seite 611
Einführung in die Problemstellung
Die stille Gesellschaft hatte im Laufe der Zeit erheblich an Bedeutung verloren. Während in der Vergangenheit beispielsweise viele Banken eine Struktur mit einer stillen Beteiligung im eigenen Konzern aufgebaut hatten, weil dies steuerrechtliche Vorteile bot, war dieser Zweck in der Zwischenzeit völlig nebensächlich geworden. Die stille Gesellschaft erfreute sich jedoch neuer Anerkennung als Mezzanine-Finanzierungsform im Rahmen des Private Equity Investments oder nunmehr in der Finanzkrise als Unterstützung von in die Krise geratenen Gesellschaften, da sie sich hervorragend zur Stärkung und Aufstockung der Kapitalbasis eines Unternehmens eignet und dem stillen Gesellschafter gleichzeitig ein gewisses Maß an Kontrollrechten zubilligt.
Doch wie schlägt sich das im deutschen Handelsgesetzbuch geregelte Instrument der stillen Gesellschaft im europäischen Bereich? Welches Recht ist anwendbar und ist ein stiller Gesellschafter entsprechend den Regelungen des HGB geschützt - auch ohne vielfältige Ergänzungen im Gesellschaftervertrag? Dieser Frage möchte ich mich im Folgenden vor dem Hintergrund nähern, dass eine stille Gesellschaft originär als bloße Innengesellschaft keinen formellen Sitz erfordert. Nach h.M. in der Literatur richtet dieser sich vielmehr nach dem Sitz der Gesellschaft, an dem die stille Beteiligung besteht. Insgesamt war lange strittig, wie Kapitalgesellschaften, die im Inland wirksam gegründet wurden anzusehen und zu behandeln seien, wenn diese Ihren Sitz aus Deutschland heraus verlegen möchten. Eine in Europa grenzüberschreitende Sitzverlegung lässt nun erstmals die europäische SE, die einer deutschen Aktiengesellschaft vergleichbar ist zu. Deswegen sollen die folgenden Betrachtungen auf Grund einer stillen Beteiligung entsprechend des HGB an einer SE mit Sitz in Deutschland unter dem Gesichtspunkt der Verlegung des Sitzes in das europäische Ausland durchgeführt werden.
1. Die stille Gesellschaft im deutschen Recht
a. Einführung
Die stille Gesellschaft selbst, geregelt in den §§ 230 bis 236 des HGB mit Verweis auf die §§ 705 ff BGB geltend für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist eine ein bloße Innengesellschaft. Sie entsteht dann, wenn sich jemand an dem Handelsgewerbe eines anderen durch Einlage von Vermögen beteiligt. Eine Beteiligung ist ausschließlich an einem Handelsgewerbe möglich, mithin muss der Inhaber dieses Kaufmann im Sinne des HGB sein[1]. Rechte und Pflichten bestehen nur zwischen dem Inhaber des Handelsgewerbes, an dem sich der stille Gesellschafter durch Vermögenseinlage beteiligt und dem stillen Gesellschafter selbst § 230 Abs. 2 HGB[2]. Es entsteht durch die Gründung der stillen Gesellschaft kein gemeinschaftliches Vermögen, vielmehr geht die Einlage in das Vermögen des Inhabers des Handelsgewerbes über. Zwar findet die stille Gesellschaft ihre Grundlagen im HGB und stellt eine Gesellschaft im Sinne des § 705 BGB dar. Sie betreibt jedoch selbst kein Handelsgewerbe und führt auch keine Firma[3]. Hieraus folgt insgesamt, dass die stille Gesellschaft selbst unter keinen Umständen rechtsfähig ist. Der stille Gesellschafter nimmt gem. § 231 HGB grundsätzlich am Gewinn des Handelsgewerbes Teil, in das die Vermögenseinlage geleistet wurde. Die Beteiligung auch am Verlust ist dispositiv. Stiller Gesellschafter kann jede natürliche oder juristische Person sein, mithin jeder der Träger von Rechten und Pflichten ist. In der konkreten Ausgestaltung der Teilhabe am Handelsgewerbe, sowie der Kontrolle und Mitwirkung durch den stillen Gesellschafter sind die Parteien weitestgehend frei. Das HGB selbst schafft nur ein Mindestmaß an Kontrollrechten, lässt jedoch Raum für eine Ausweitung im Gesellschaftsvertrag „von einem bloßen Widerspruchsrecht über Zustimmungsrechte bis hin zur Geschäftsführungsbefugnis“[4]. Durch eine entsprechende Regelung im Gesellschaftsvertrag kann sogar eine Beteiligung am Gesellschaftervermögen erreicht werden. Hier unterscheidet man zwischen einer typischen und einer atypischen stillen Gesellschaft. Die Abgrenzung soll jedoch im Folgenden nicht weitere beleuchtet werden, da sie keine Auswirkung auf die Problemstellung hat und eher steuerrechtlich von großer Bedeutung ist.
[...]
[1] Kübler/Assmann Gesellschaftsrecht 6. Aufl. § 9 Abs. 1 Nr. 1 a)
[2] Baumbach/Hopt Kommentar zum Handelsgesetzbuch 29. Aufl. vor § 105 Rz. 18
[3] BFH-Urteil vom 8.4.2008 (VIII R 3/05, BStBl II 2008, 852).
[4] Baumbach/Hopt Kommentar zum Handelsgesetzbuch 29. Aufl. zu § 230 Rz. 3
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