1 Einleitung
Soziale Normen spielen für das Zusammenleben von Menschen eine wichtige Rolle und lassen sich in allen Lebenssituationen wiederfinden. Die Literatur verwendet aufgrund der großen Bedeutung von sozialen Normen oftmals metaphorische Bezeichnungen wie beispielsweise Zement oder Kleber, der eine Gesellschaft zusammenhält und verhindert, dass sie in Chaos und Krieg stürzt (Elster 1989: 1), die Grammatik der Gesellschaft (Bicchieri 2006) oder das Pferd (Norm), das den Karren (menschliches Verhalten) zieht (Krupka/Weber 2008: 2). Auch für das menschliche Verhalten in ökonomischen Situationen sind soziale Normen von zentraler Bedeutung. Fairness, eine gerechte Verteilung von Einkommen und auf Gegenseitigkeit beruhende Zusammenarbeit sind nur einige von zahlreichen Beispielen, die sich für die besondere Rolle von sozialen Normen für ökonomisches Verhalten anführen lassen. Neben der vielzitierten theoretischen Figur des homo economicus, der von instrumenteller Rationalität gesteuert ist, findet sich in der Literatur auch die kontrastierende Figur des homo sociologicus, dessen Verhalten von sozialen Normen diktiert wird (Elster 1989: 97). Während der Erstere seit geraumer Zeit von Ökonomen studiert wird, steht die ökonomische Betrachtung des Letzteren erst an ihren Anfängen (Krupka/Weber 2008: 1). Bis heute ist nicht hinreichend bekannt, wie sich soziale Normen bilden, wodurch ihr Inhalt determiniert ist, wann und wie sie sich verändern oder wie soziale Normen unser Gerechtigkeitsempfinden beeinflussen (Fehr/Fischbacher 2004: 64). Soziale Normen sind bislang eines der großen ungelösten Probleme in der Verhaltens- und zunehmend auch in der ökonomischen Forschung (ebd).
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Betriebswirtschaftliche Relevanz des Untersuchungsgegenstands
1.2 Problemstellung und zielsetzende Forschungsfragen
1.3 Methodische Vorgehensweise
2 Stand der Forschung
2.1 Allgemeiner Literaturüberblick
2.2 Maßgebliche experimentelle Studien
2.2.1 Experimentelles Design bei Fehr/Fischbacher (2004)
2.2.2 Experimentelles Design bei Bernhard et al. (2006)
3 Theoretisches Rahmenwerk
3.1 Definition und Abgrenzung sozialer Normen
3.2 Der rational handelnde Spieler (Kirchgässner 2008)
3.3 Reziprozität (Falk/Fischbacher 2006)
3.4 Equity, Reciprocity, and Competition (Bolton/Ockenfels 2000)
3.5 Fairness, Competition, and Cooperation (Fehr/Schmidt 1999)
3.6 Altruismus (Levine 1998)
3.7 Pure Reciprocity und Fairness (Rabin 1993)
3.8 Altruismus (Andreoni 1989)
4 Experimentelles Design
4.1 Das Laborexperiment als Forschungsinstrument
4.1.1 Vorteile von Laborexperimenten
4.1.2 Nachteile von Laborexperimenten
4.1.3 Bedingungen für Laborexperimente
4.2 Aufbau des Experiments
4.2.1 Das Diktatorspiel zur Modellierung von Verteilungsproblemen
4.2.2 Experimentaufbau
4.2.3 Treatments
4.2.4 Fragebogen
4.2.5 Vergleich zwischen Modell und Praxisbeispiel
4.3 Herleitung der Hypothesen
4.3.1 Hypothese zur Höhe der Wohlfahrt
4.3.2 Hilfshypothesen zur Höhe der Wohlfahrt
4.3.3 Hypothese zur Verteilung der Wohlfahrt
4.4 Theoretische Vorhersagen
4.4.1 Der rational handelnde Spieler (Kirchgässner 2008)
4.4.2 Reziprozität (Falk/Fischbacher 2006)
4.4.3 Equity, Reciprocity, and Competition (Bolton/Ockenfels 2000)
4.4.4 Fairness, Competition, and Cooperation (Fehr/Schmidt 1999)
4.4.5 Theorie des Altruismus (Levine 1998)
4.4.6 Theorie der Pure Reciprocity und Fairness (Rabin 1993)
4.4.7 Altruismus (Andreoni 1989)
4.5 Durchführung
5 Ergebnisse des Experiments
5.1 Deskriptive Ergebnisse
5.1.1 Variablen und Ausgang der Treatments
5.1.2 Entscheidungen und Erwartungen im Treatment 1
5.1.3 Entscheidungen und Erwartungen im Treatment 2
5.1.4 Vergleich der Erwartungen
5.1.5 Vergleich der strategischen Sanktion
5.1.6 Vergleich der Einkommensverteilung
5.2 Ermittlung der sozialen Norm
5.3 Prüfung der Hypothesen
5.3.1 Hypothese zur Höhe der Wohlfahrt
5.3.2 Hilfshypothese zur Normeinhaltung
5.3.3 Hilfshypothese zum Sanktionsverhalten
5.3.4 Hypothese zur Verteilung der Wohlfahrt
6 Diskussion
6.1 Vergleich mit Fehr/Fischbacher (2004)
6.2 Vergleich mit Bernhard et al. (2006)
6.3 Vergleich mit Kirchgässner (2008)
6.4 Vergleich mit Falk/Fischbacher (2006)
6.5 Vergleich mit Bolton/Ockenfels (2000)
6.6 Vergleich mit Fehr/Schmidt (1999)
6.7 Vergleich mit Levine (1998)
6.8 Vergleich mit Rabin (1993)
6.9 Vergleich mit Andreoni (1989)
7 Abschlussbetrachtung
7.1 Fazit
7.2 Handlungsempfehlungen für die Praxis
7.3 Identifizierter Forschungsbedarf
Literaturverzeichnis
Anhang
Anhang 1: Definitionen von sozialen Normen
Anhang 2: Hypothesentest zur Höhe der Wohlfahrt
Anhang 3: Hypothesentest zur Normeinhaltung
Anhang 4: Hypothesentests zum Sanktionsverhalten
Anhang 4.1: C2A0
Anhang 4.2: C2A10
Anhang 4.2: C2A10*
Anhang 4.3: C2A20
Anhang 4.4: C2A30
Anhang 4.5: C2A40
Anhang 4.6: C2A50
Anhang 4.7: C2A60
Anhang 4.8: C2A70
Anhang 4.9: C2A80
Anhang 4.10: C2A90
Anhang 4.11: C2A100
Anhang 5: Hypothesentest zur Verteilung der Wohlfahrt
Anhang 6: Instruktionen für Treatment 1
Anhang 7: Instruktionen für Treatment 2
Anhang 8: Vollständige Variablenübersicht
Anhang 9: Bildschirmansicht des Experiments
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Theoretische Vorhersagen für den Transfer und die Sanktion
Tabelle 2: Biografische Übersicht der Spieler beider Treatments
Tabelle 3: Zusammengefasste Übersicht zu den wichtigsten Variablen
Tabelle 4: Ausgang des Experiments im T1 und T2
Tabelle 5: Messergebnisse zur sozialen Norm
Tabelle 6: Vollständiger Verhaltensplan der Drittpartei
Tabelle 7: Berechnung des Punkteverhältnis zwischen Empfänger und Diktator
Tabelle 8: Vollständige Variablenübersicht.
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Grundlegender Aufbau des Experiments
Abbildung 2: Grafische Hypothesenübersicht
Abbildung 3: Endpunktestände der Gruppen und Parteien im Treatmentvergleich
Abbildung 4: Erwarteter und strategischer Punktabzug beim Diktator im T1
Abbildung 5: Erwarteter und strategischer Punktabzug beim Diktator im T2
Abbildung 6: Der erwartete Punktabzug beim Diktator
Abbildung 7: Der strategische Punktabzug bei Diktator und Empfänger
Abbildung 8: Vergleich der Einkommensverteilung
Abbildung 9: Relative Häufigkeit der Transferbeträge
Abbildung 10: Anteil der sanktionierenden Drittparteien
Abbildung 11: Strategische Sanktion beim Diktator im Vergleich mit der Literatur
Abbildung 12: Vom Diktator erwarteter Endpunktestand
1 Einleitung
Soziale Normen spielen für das Zusammenleben von Menschen eine wichtige Rolle und lassen sich in allen Lebenssituationen wiederfinden. Die Literatur verwendet aufgrund der großen Bedeutung von sozialen Normen oftmals metaphorische Bezeichnungen wie beispielsweise Zement oder Kleber, der eine Gesellschaft zusammenhält und verhindert, dass sie in Chaos und Krieg stürzt (Elster 1989: 1), die Grammatik der Gesellschaft (Bicchieri 2006) oder das Pferd (Norm), das den Karren (menschliches Verhalten) zieht (Krupka/Weber 2008: 2). Auch für das menschliche Verhalten in ökonomischen Situationen sind soziale Normen von zentraler Bedeutung. Fairness, eine gerechte Verteilung von Einkommen und auf Gegenseitigkeit beruhende Zusammenarbeit sind nur einige von zahlreichen Beispielen, die sich für die besondere Rolle von sozialen Normen für ökonomisches Verhalten anführen lassen. Neben der vielzitierten theoretischen Figur des homo economicus, der von instrumenteller Rationalität gesteuert ist, findet sich in der Literatur auch die kontrastierende Figur des homo sociologicus, dessen Verhalten von sozialen Normen diktiert wird (Elster 1989: 97). Während der Erstere seit geraumer Zeit von Ökonomen studiert wird, steht die ökonomische Betrachtung des Letzteren erst an ihren Anfängen (Krupka/Weber 2008: 1). Bis heute ist nicht hinreichend bekannt, wie sich soziale Normen bilden, wodurch ihr Inhalt determiniert ist, wann und wie sie sich verändern oder wie soziale Normen unser Gerechtigkeitsempfinden beeinflussen (Fehr/Fischbacher[1] 2004: 64). Soziale Normen sind bislang eines der großen ungelösten Probleme in der Verhaltens- und zunehmend auch in der ökonomischen Forschung (ebd).
In diesem Zusammenhang ist ebenfalls unklar, welche Bedeutung soziale Normen für die Wohlfahrt einer Gesellschaft, die Summe aller Einkommen, haben. Aus der jüngeren experimentellen Evidenz geht hervor, dass soziale Sanktionen bei Verletzungen gegen eine soziale Norm die Wohlfahrt einer Gesellschaft kurzfristig reduziert (Fe/Fi 2004; Bernhard et al. 2006; Goette et al. 2006).[2] Eine Sanktion führt dann zu Einkommensverlusten sowohl beim Verursacher der Normverletzung, als auch bei der sanktionierenden Partei, die selbst einen Teil ihres Einkommens für die Sanktion aufgibt. Mit diesem wohlfahrtsreduzierenden Effekt von sozialen Sanktionen befasst sich die vorliegende Arbeit und zeigt mit Hilfe experimenteller Methodik auf, dass sich die Kommunikation einer sozialen Norm unter den Parteien einer Gesellschaft positiv sowohl auf die Höhe als auch auf die Verteilung der Wohlfahrt auswirken kann.
1.1 Betriebswirtschaftliche Relevanz des Untersuchungsgegenstands
Die hohe Relevanz der Kommunikation sozialer Normen für die betriebswirtschaftliche Praxis wird anhand des folgenden Beispiels ersichtlich, das in dieser oder ähnlicher Form häufig in der realen Wirtschaftswelt anzutreffen ist.
Praktisches Beispiel
Ein Mitarbeiter kommt neu in ein Unternehmen, das aus mehreren Abteilungen besteht und eine eigene Unternehmenskultur[3] besitzt. Aus dieser Unternehmenskultur, die feste Verhaltensregeln für alle Mitarbeiter vorgibt, wird auch die Erwartungshaltung der Vorgesetzten und Kollegen an das Verhalten des neuen Mitarbeiters abgeleitet. In diesem Beispiel schreibt die Unternehmenskultur vor, dass erhaltenes Trinkgeld unter allen Mitarbeitern in einer Abteilung aufgeteilt wird, um auch den Mitarbeitern ohne direkten Kundenkontakt einen monetären Leistungsanreiz zu bieten. Verstößt der neue Mitarbeiter bei Arbeitsantritt z.B. aus Unwissenheit gegen diese informelle Vorschrift[4], dann drohen ihm informelle Sanktionen der Kollegen oder des Vorgesetzten. Informelle Sanktionen können vielfältiger Natur sein (Bicchieri 2006: 8). In diesem Beispiel resultiert das negative Auffallen des neuen Mitarbeiters in einem Ausschluss aus dem unternehmensinternen Beförderungsturnier. Er wird somit für die zukünftige Besetzung von höheren Positionen im Unternehmen nicht berücksichtigt. Aus dieser Sanktion ergibt sich ein ökonomischer Schaden sowohl für den neuen Mitarbeiter, der auf zukünftige Gehaltserhöhungen verzichten muss, als auch für das Unternehmen, das bei der Besetzung freiwerdender Stellen auf einen potentiellen Kandidaten verzichtet.
An dieser Stelle lässt sich die Frage aufwerfen, ob die Sanktionierung des neuen Mitarbeiters und damit der ökonomische Schaden hätte verhindert werden können, in dem die informelle Vorschrift zur Verteilung des Trinkgelds (soziale Norm) an den neuen Mitarbeiter im Vorfeld kommuniziert worden wäre. Dieses Beispiel wird am Ende dieser Arbeit wieder aufgegriffen, um aus den Erkenntnissen dieser Untersuchung praktische Handlungsempfehlungen für betriebswirtschaftliche Probleme abzuleiten.
1.2 Problemstellung und zielsetzende Forschungsfragen
Aus dem beschriebenen Problem der wohlfahrtsreduzierenden Sanktionen bei (unbeabsichtigten) Normverletzungen werden für die nachfolgende experimentelle Untersuchung drei Problemstellungen identifiziert und im Anschluss entsprechende zielsetzende Forschungsfragen abgeleitet.
(1) Die erste Problemstellung wendet sich der kurzfristigen Reduktion von gesellschaftlicher Wohlfahrt aufgrund von sozialen Sanktionen zu. Aus experimenteller Evidenz geht eine mögliche Wohlfahrtsreduktion von durchschnittlich bis zu 37%[5] hervor, wenn Drittparteien beobachtete Normverletzungen sanktionieren (Fe/Fi 2004: 68).
Die erste zielsetzende Forschungsfrage zielt daher auf die Höhe der Wohlfahrt ab und eruiert, ob die Kommunikation sozialer Normen an alle Mitglieder einer Gesellschaft zu einer Reduktion von informellen Sanktionen und somit zu einer Erhöhung der gesellschaftlichen Wohlfahrt führen kann.
(2) Die zweite Problemstellung betrifft die Ungleichverteilung der Wohlfahrt in einer Gesellschaft. Experimentelle Evidenz zeigt auf, dass die Verteilung von Einkommen in sehr kleinen Gesellschaften einer hohen Disparität unterliegt. So liegt der durchschnittliche Transferbetrag eines Diktators im Diktatorspiel[6] bei etwa 20%, je nach experimentellem Design zwischen 10% und 52% (Camerer 2003: 57-58). Hieraus ergibt sich eine ungleiche Verteilung von Einkommen zwischen zwei Interaktionsparteien im Verhältnis von 4:1.
Die zweite zielsetzende Forschungsfrage betrachtet demnach die Verteilung der Wohlfahrt und untersucht, ob die Kommunikation sozialer Normen Disparitäten in der Wohlfahrtsverteilung reduzieren kann.
(3) Als dritte Problemstellung wird die schwere Messbarkeit von sozialen Normen identifiziert (Krupka/Weber 2008: 1). Bislang existiert kaum ökonomische Literatur, die soziale Normen tatsächlich misst und operationalisiert. Häufig werden hypothetische Annahmen zur vorherrschenden sozialen Norm getroffen. So haben Fe/Fi (2004) und Bernhard et al. (2006) in ihren experimentellen Untersuchungen anhand eines Diktatorspiels mit Drittpartei die hypothetische Annahme getroffen, dass eine egalitäre Verteilungsnorm in ihren Modellen gilt (Fe/Fi 2004: 63; Bernhard et al. 2006: 218). Eine solche hypothetische Annahme unterstellt, dass alle Parteien einer Gesellschaft im Mittelwert ein Interesse an einer gleichmäßigen Verteilung von Einkommen besitzen.
Daraus folgend untersucht die dritte zielsetzende Forschungsfrage die in der Literatur hypothetisch angenommene egalitäre Verteilungsnorm und unternimmt den Versuch einer Messung und Operationalisierung der sozialen Norm.
1.3 Methodische Vorgehensweise
Für die Untersuchung der beschriebenen Problemstellung und Beantwortung der zielsetzenden Forschungsfragen bedient sich die vorliegende Arbeit ökonomisch-experimenteller Methodik. Dem hierfür durchgeführten Experiment liegen die Studien von Fe/Fi (2004) und Bernhard et al. (2006) als Referenzwerke zugrunde, die das Normdurchsetzungsverhalten von Drittparteien untersucht haben. Die Forschungsfragen, eingesetzten Methoden und Untersuchungsergebnisse beider Studien werden zusammen mit einem allgemeinen Literaturüberblick ausführlich vorgestellt (Kapitel 2). Weiterhin existieren in der Literatur relevante Theorien, die identifiziert und erläutert werden, sowie im späteren Verlauf der Arbeit auf ihre Vorhersagekraft für das Verhalten der Probanden im Experiment geprüft werden (Kapitel 3). Aufbauend auf das von Fe/Fi (2004) und Bernhard et al. (2006) entwickelte experimentelle Design wird ein eigenes Experiment bestehend aus zwei Treatments konstruiert und Hypothesen für die Beantwortung der zielsetzenden Forschungsfragen aufgestellt (Kapitel 4). Die Darstellung und Analyse der Untersuchungsergebnisse erfolgt einerseits deskriptiv und andererseit mit einer nicht-parametrischen Überprüfung der aufgestellten Hypothesen (Kapitel 5). Ein Vergleich der vorliegenden Ergebnisse mit der Literatur und eine abschließende Betrachtung der vorliegenden Untersuchung runden die Arbeit ab (Kapitel 6 und 7).
Diese Arbeit ist aus Gründen der besseren Lesbarkeit ausschließlich in männlicher Form formuliert. Es sind jedoch stets männliche und weibliche Personen gemeint. Weiterhin wird ein Mensch, der sich in einer ökonomischen Situation befindet und einkommensrelevante Entscheidungen trifft, im Folgenden als Spieler bezeichnet.
2 Stand der Forschung
Dieses Kapitel stellt den aktuellen Stand der Forschung im ökonomischen Forschungsgebiet der sozialen Normen vor. Hierfür wird zunächst ein kurzer allgemeiner Literaturüberblick gezeigt. Im Anschluss werden die experimentellen Studien von Fe/Fi (2004) und Bernhard et al. (2006) vorgestellt, die dieser Arbeit als Referenzwerke zugrunde liegen.
2.1 Allgemeiner Literaturüberblick
Soziale Normen als ökonomischer Untersuchungsgegenstand werden in der Literatur aus diversen Blickwinkeln betrachtet. So finden sich zahlreiche Veröffentlichungen, die vor allem die Normdurchsetzung im Fokus der Betrachtung haben (siehe Kandori 1992, Fehr/Gächter 2002, Fowler 2005, Carpenter/Matthews 2010). Studien aus diesem Betrachtungswinkel untersuchen u.a. die Sanktionierung von Normverletzungen durch Zweit- und Drittparteien und kooperatives Verhalten zwischen Spielern. Andere Veröffentlichungen wiederum betrachten soziale Normen hinsichtlich ihrer Bedeutung für ökonomische Theorien (siehe Elster 1989, Axelrod 1986, Opp 1979, Fehr et al. 2002, Boytsun et al. 2011). Auch interdisziplinäre Untersuchungen in Verbindung mit psychologischen, soziologischen oder juristischen Disziplinen lassen sich in der Literatur finden (siehe Posner 1997, Clavien/Klein 2010, Opp 1979). Bei genauerer Betrachtung der eingesetzten Methodik fällt auf, dass frühere Studien überwiegend rein theoretische Ansätze aufzeigen (siehe McGrath 1984, Birenbaum/Sagarin 1976, Raven/Rubin 1976). Aktuellere Studien hingegen ziehen häufig empirische bzw. experimentelle Ansätze für die Beantwortung ihrer Forschungsfragen heran (siehe Fe/Fi 2004, Goette et al. 2006, Krupka/Weber 2008). Für die Zukunft werden insbesondere Studien mit experimentellem Hintergrund erwartet.
2.2 Maßgebliche experimentelle Studien
Die Grundlage für die vorliegende Untersuchung bilden die experimentellen Studien von Fe/Fi (2004) und Bernhard et al. (2006). Das von Fe/Fi (2004) entworfene experimentelle Design zur Untersuchung von Drittparteibestrafung stellt das Fundament des in dieser Arbeit einwickelten experimentellen Designs dar. Das experimentelle Design von Bernhard et al. (2006) ist eine leicht abgeänderte Version von Fe/Fi (2004) und wurde im Feld eingesetzt. Die experimentellen Designs beider Studien werden an dieser Stelle vorgestellt und im weiteren Verlauf der Arbeit für die Entwicklung eines eigenen Experiments herangezogen.
2.2.1 Experimentelles Design bei Fehr/Fischbacher (2004)
Fe/Fi (2004) untersuchten in ihrer experimentellen Studie das Sanktionsverhalten von Zweit- und Drittparteien. Hierfür haben sie das Diktatorspiel[7] um eine Drittpartei mit Sanktionsmöglichkeiten gegenüber dem Diktator erweitert und es mit insgesamt 66 Studierenden der Universität Zürich und der Eidgnössischen Technischen Hochschule Zürich durchgeführt. Ihre zentrale Fragestellung befasste sich mit der Charakteristik und relativen Stärke von Sanktionen durch die Drittpartei (Fe/Fi 2004: 63). Im experimentellen Design von Fe/Fi (2004) spielten drei Spieler[8] (Spieler A, Spieler B und Spieler C) einer Spielergruppe zusammen. Spieler A erhielt eine Anfangsausstattung von 100 Punkten und musste entscheiden, wie viele Punkte er an Spieler B transferiert. Er konnte zwischen 0 und 50 Punkten in Schritten von 10 Punkten an Spieler B transferieren, der selbst keine Anfangsausstattung besaß. Spieler C erhielt eine Anfangsausstattung von 50 Punkten und konnte Spieler A nach eigenem Ermessen mit einem Punktabzug sanktionieren. Für die Sanktion musste Spieler C jedoch einen Teil seiner eigenen Anfangsausstattung im Verhältnis von 3:1 (3 Sanktionspunkte für jeden aufgegebenen Punkt) aufgeben. Die abgezogenen Punkte wurden vernichtet und keinem Spieler zugeschrieben. Spieler C konnte bis zu 50 Punkte für eine Sanktion aufwenden, was in einem maximalen Punktabzug von 150 Punkten bei Spieler A resultieren würde. Demnach waren negative Endpunktestände bei Spieler A möglich. Alle Spieler wurden zu Beginn des Experiments über die Rollen der Mitspieler, deren Auszahlungen und Entscheidungsmöglichkeiten informiert.
Die Eingabe von Entscheidungen und Abfragen im Experiment erfolgte rechnergestützt mit dem Programm z-Tree (Fischbacher 1999). Während die Eingabe der Transferentscheidung bei Spieler A anhand eines einfachen Eingabefeldes erfolgte, wurde für die Eingabe der Sanktionsentscheidung bei Spieler C mit der sog. Strategiemethode umgesetzt. Bei der von Selten (1967) entwickelten Strategiemethode gibt ein Spieler seine Entscheidung für alle möglichen Entscheidungssituationen an, auf die er treffen könnte und liefert dem Experimentator damit einen vollständigen und genauen Verhaltensplan (Selten 1967: 137). Unter einem Verhaltensplan versteht Selten (1967) eine von Spielern entwickelte Strategie, die Entscheidungen für alle im Spiel vorgesehenen Möglichkeiten ohne Informationen über das Verhalten der Mitspieler liefert (Selten 1967: 138). Fe/Fi (2004) weisen darauf hin, dass sich das im Verhaltensplan erfasste Sanktionsverhalten des Spielers C von dem tatsächlichen Verhalten als Reaktion auf einen Transferbetrag unterscheiden könnte (Fe/Fi 2004: 67). Der Einfluss der Strategegiemethode auf das Entscheidungsverhalten von Spielern ist zwar bislang nicht hinreichend untersucht, jedoch zeigen einige Studien keinen signifikanten Verhaltenseinfluss der Strategiemethode auf (Brandts/Charness 1998: 232, Cason/Mui 1998: 261)
In dem Experiment von Fe/Fi (2004) trifft Spieler C seine Sanktionentscheidung parallel zu der Transferentscheidung von Spieler A für alle möglichen Transferbeträge. Hierdurch war es Fe/Fi (2004) möglich, das Verhalten von Spieler C anhand des Verhaltensplans genauer zu analysieren als bei einer einzigen Entscheidungseingabe als Reaktion auf den beobachteten Transfer. Neben Entscheidungen wurden im Experiment auch Erwartungen abgefragt. Spieler B musste das Verhalten seiner Mitspieler anhand von Abfragen einschätzen. Diese Einschätzung umfasste den erwarteten Tranferbetrag von Spieler A und die erwartete Sanktion von Spieler C bei Spieler A für alle möglichen Transferbeträge.
Das experimentelle Design von Fe/Fi (2004) sah eine anonyme Interaktion der Teilnehmer und ein neutrales Framing vor. Kein Spieler erfuhr demnach die Identität seiner Mitspieler und die Beschreibung des Experiments gegenüber den Probanden war neutral. So wurden beispielsweise die Bezeichnungen Diktator, Empfänger, Drittpartei und Bestrafung durch die Bezeichnungen Spieler A, Spieler B, Spieler C und Punktabzug ersetzt. Die Auszahlung der Spieler setzte sich aus der Show-up fee von umgerechnet US$ 8 und dem entscheidungsabhängigen Endpunktestand zusammen, der mit einem Umrechnungskurs in US$ umgerechnet wurde. Im Durchschnitt erhielten die Spieler eine Auszahlung von umgerechnet US$ 17.
Fe/Fi (2004) treffen in ihrer Studie die hypothetische Annahme, dass eine egalitäre Verteilungsnorm im Diktatorspiel vorherrscht (Fe/Fi 2004: 63). Demnach stellen Transferbeträge von Spieler A unter 50% seiner Anfangsausstattung eine Normverletzung und Transferbeträge von genau 50% eine Normeinhaltung dar.
Ergebnisse
Fe/Fi (2004) kamen zu dem interessanten Ergebnis, dass Drittparteien eine beobachtete Normverletzung auch dann sanktionieren, wenn sie selbst nicht von der Normverletzung betroffen sind, aus der Sanktion keinen monetären Vorteil beziehen und hierfür einen Teil ihres Einkommens aufgeben müssen (Fe/Fi 2004: 63). Etwa 60% der Drittparteien zeigen eine Sanktionsbereitschaft auf und geben im Durchschnitt bis zu 28% ihrer Ausstattung für die Sanktion auf (ebd). Die Bereitschaft der Drittpartei zur Sanktionierung des Diktators steht dabei im Widerspruch zur Figur des homo economicus, der durch die instrumentelle Rationalität ausschließlich an seiner eigengen monetären Auszahlung interessiert ist. Gemäß dieser Figur würde eine Drittpartei in keinem Fall eigenes Einkommen für eine Sanktion bei Mitspielern aufgeben.
2.2.2 Experimentelles Design bei Bernhard et al. (2006)
Bernhard et al. (2006) untersuchten ebenfalls das Sanktionsverhalten von Drittparteien und interessierten sich in diesem Zusammenhang für den Effekt von Gruppenzugehörigkeit auf die Sanktionsbereitschaft (Bernhard et al. 2006: 217). Hierfür führten sie Laborexperimente in Papua-Neuguinea durch, einem Land, in dem das Zusammenleben der Menschen stark von sozialen Normen innerhalb der Stammeskultur geprägt ist und niedergeschriebene Gesetze in Stämmen eher selten anzutreffen sind (Bernhard et al. 2006: 218). Die von Bernhard et al. (2006) durchgeführten Experimente basieren auf dem experimentellen Design des Diktatorspiels mit Drittpartei von Fe/Fi (2004), das an einigen Stellen verändert wurde. Die Spieler wurden anstatt in Punkten mit der Währung Papua-Neuguineas, in Kina, ausgestattet. Der Diktator erhielt 10 Kina und konnte zwischen 0 und 10 Kina in Schritten von einem Kina an den Empfänger transferieren, der mit 0 Kina ausgestattet wurde. Die Drittpartei erhielt eine Ausstattung von 5 Kina und konnte 0, 1 oder 3 Kina für die Sanktionierung des Diktators aufgeben. Hierbei ist anzumerken, dass die Anfangsausstattung von 10 Kina einem hohen Tageslohn eines Arbeiters in Papua-Neuguinea entspricht. Die Beträge im Experiment und die sich daraus ergebenen monetären Anreize für Spieler waren bei Bernhard et al. (2006) vergleichsweise höher als bei Fe/Fi (2004). Die Entscheidung der Drittpartei wurde bei Bernhard et al. (2006) nicht mit der Strategiemethode umgesetzt. Die Drittpartei entschied über eine Sanktion erst nachdem sie über den tatsächlichen Transfer des Diktators informiert wurde. In verschiedenen Treatments wurde die Zusammensetzung der Gruppe hinsichtlich der Stammeszugehörigkeit von Spielern variiert und Unterschiede im Verhalten der Drittpartei beobachtet.
Ergebnisse
Bernhard et al. (2006) konnten in ihrer Studie die von Fe/Fi (2004) beobachtete Sanktionsbereitschaft von Drittparteien bestätigen. Weiterhin fanden sie heraus, dass Drittparteien eine besonders hohe Sanktionsbereitschaft aufzeigen, wenn der Empfänger der eigenen und der Diktator einer anderen Gruppe angehört. Als Erklärungsansatz stellten Bernhard et al. (2006) die Vermutung auf, dass Menschen eine Neigung zum besonderen Schutz von Mitgliedern der eigenen Gruppe gegenüber Normverletzungen von Außenstehenden aufweisen (Bernhard et al. 2006: 221).
3 Theoretisches Rahmenwerk
In diesem Kapitel wird das theoretische Rahmenwerk für die vorliegende Untersuchung konstruiert. Zunächst wird eine Definition der sozialen Norm aus der Literatur gewonnen und von anderen Normen abgegrenzt. Im Anschluss daran werden einige dem Untersuchungsgegenstand zugrunde liegende Theorien vorgestellt. Diese Theorien dienen im späteren Verlauf für theoretische Vorhersagen zum Verhalten der Spieler im Experiment.
3.1 Definition und Abgrenzung sozialer Normen
Soziale Normen als Untersuchungsgegenstand in der ökonomischen Forschung lassen sich bis in die sechziger Jahre zurückverfolgen (Opp 1979: 783). Bis heute finden sich zahlreiche Definitionen für eine soziale Norm.[9] In dieser Arbeit wird vorrangig die Definition von Axelrod (1986) verwendet:
“A norm exists in a given social setting to the extent that individuals usually act in certain way and are often punished when seen not to be acting in this way” (Axelrod 1986: 1097).
Aus dieser Definition lassen sich drei Merkmale einer sozialen Norm ableiten, die für die vorliegende Arbeit von zentraler Bedeutung sind. (1) Eine soziale Norm existiert immer nur in einem gegebenen sozialen Umfeld und variiert mit Änderung des gegebenen sozialen Umfelds. (2) Die soziale Norm zielt auf das Verhalten von Individuen ab und (3) wird mit einer Sanktion durchgesetzt.
Soziale Normen müssen von einer Reihe anderer Normen abgegrenzt werden. So unterscheiden sich soziale Normen von moralischen dahingehend, als dass moralische Normen oftmals nur den moralischen Wert der Konsequenzen einer Handlung betrachten und die Handlung an sich außer Acht lassen (Elster 1989: 100). Bei sozialen Normen spielt jedoch die Handlung eine zentrale Rolle. Ferner müssen soziale Normen von gesetzlichen unterschieden werden. Gesetzliche Normen werden von Spezialisten, wie beispielsweise Richtern und Staatsanwälten durchgesetzt, die kein eigenes Interesse an der Sanktionierung besitzen (ebd). Sie setzen Normen aufgrund ihrer beruflichen Verpflichtung durch. Verletzungen sozialer Normen können hingegen von allen Mitgliedern einer Gruppe sanktioniert werden. Soziale Normen unterscheiden sich auch von privaten insofern, als dass private Normen nicht zwangsläufig mit anderen Mitgliedern einer Gruppe geteilt werden (ebd). Soziale Normen können hingegen nur in einer Gruppe bestehen.
3.2 Der rational handelnde Spieler (Kirchgässner 2008)
Kirchgässner beschreibt einen rational handelnden Spieler, der zwischen möglichen Entscheidungsalternativen immer diejenige Entscheidung trifft, die ihm den maximalen Nutzen liefert (Kirchgässner 2008: 12). Der Nutzen des Spielers muss dabei nicht ausschließlich monetärer Natur sein, sondern kann je nach persönlichen Präferenzen auch nicht-ökonomische Kategorien enthalten (Kirchgässner 2008: 14). Die Rationalität bei einer Entscheidung basiert auf der Annahme, dass ein Spieler in der Lage ist, seine Entscheidungsalternativen feststellen und bewerten zu können, um eine angemessene Entscheidung zu treffen (Kirchgässner 2008: 15). In der Regel fehlt es Spielern jedoch an vollständigen Informationen, da die Akquise von Informationen mit Suchkosten verbunden ist (Kirchgässner 2008: 16). Kirchgässner spricht in diesem Zusammenhang auch vom Konzept der „bounded rationality“, die sich auf die Überlegungen von Herbert A. Simon (1955) zurückführen lässt (Simon 1955: 99-100). Hierbei trifft ein Spieler aufgrund der hohen Komplexität seines Umfelds und eingeschränkter Informationen immer nur bedingt rationale Entscheidungen unter Untersicherheit.
3.3 Reziprozität (Falk/Fischbacher 2006)
Falk/Fischbacher (2006) beschreiben einen Spieler als reziprok, wenn er (1) freundliche Handlungen von Mitspielern belohnt und (2) unfreundliche Handlungen sanktioniert (Falk/Fischbacher 2006: 293). Die Freundlichkeit einer Handlung wird dabei nicht nur aus der Handlungskonsequenz, sondern auch aus der ihr zugrundeliegenden Handlungsabsicht evaluiert (ebd). Falk/Fischbacher (2006) finden experimentell heraus, dass Handlungen mit gleichen Handlungskonsequenzen unterschiedliche Reaktionen hervorrufen (Falk/Fischbacher 2006: 309). Sie konnten nachweisen, dass die Handlungsabsicht bei der Einschätzung der Freundlichkeit einer Handlung eine bedeutende Rolle spielt und zu unterschiedlichen Reaktionen auf Handlungen mit identischen Handlungskonsequenzen führen kann (ebd).
3.4 Equity, Reciprocity, and Competition (Bolton/Ockenfels 2000)
In ihrer Theorie beschreiben Bolton/Ockenfels (2000) die Motivation eines Spielers durch (1) die eigene Auszahlung und (2) dem Verhältnis der eigenen Auszahlung zur gemeinschaflichen Auszahlung (Bolton/Ockenfels 2000: 166). Weicht die eigene Auszahlung des Spielers in beliebige Richtung vom egalitären Niveau[10] ab, dann wird der Spieler versuchen seine Auszahlung zu erhöhen oder zu reduzieren, bis seine Auszahlung auf dem egalitären Niveau liegt. Genau dann ist der Nutzen des Spielers maximal. Die Einkommensverteilung zwischen den Mitspielern spielt hierbei jedoch keine Rolle.
3.5 Fairness, Competition, and Cooperation (Fehr/Schmidt 1999)
Fehr/Schmidt (1999) beschreiben die Ungleichheitsaversion als Treiber für das Verhalten eines Spielers. So ist ein Spieler ungleichheitsavers, wenn er eine Abneigung für unausgewogene Auszahlungen zwischen allen beteiligten Spielern empfindet (Fehr/Schmidt 1999: 820). Er ist demnach daran interessiert, die Höhe seiner eigenen Auszahlung an die Auszahlungen anderer beteiligter Personen in positive oder negative Richtung anzupassen (Fehr/Schmidt 1999: 821). Anders als bei Bolton/Ockenfels (2000) ist bei der Theorie von Fehr/Schmidt (1999) der relative Vergleich einzelner Auszahlungen entscheidend. Maßgeblich für das Ungleichheitsempfinden eines Spielers ist seine eigene Auszahlung im Vergleich zu den individuellen Einzahlungen aller beteiligten Spieler. Selbst, wenn ein Spieler eine egalitäre Auszahlung nach Bolton/Ockenfels (2000) erhält, ist er nach Fehr/Schmidt (1999) weiterhin daran interessiert, seine eigene Auszahlung an die individuellen Auszahlungen anderer Spieler anzupassen. Der Nutzen eines Spielers ist maximal, wenn kein Auszahlungsunterschied zwischen seiner eigenen und den individuellen Auszahlungen aller Mitspieler besteht.
3.6 Altruismus (Levine 1998)
Levine (1998) beschreibt in seiner Theorie einen Spieler, der seinen Nutzen sowohl aus der eigenen Auszahlung als auch den Auszahlungen seiner Mitspieler bezieht (Levine 1998: 595). Die Nutzenfunktion des Spielers verläuft linear und ist von der eigenen und den Auszahlungen der Mitspieler determiniert. Die Steigung der Nutzengerade ist dabei von dem sog. „coefficient of altruism (or spite)“ bestimmt (ebd). Dieser Koeffizient bestimmt demnach die Stärke, mit der ein Spieler zu einem altruistischen Verhalten neigt. Levine (1998) argumentiert, dass jeder Spieler einen solchen Koeffizienten für diese Verhaltensweisen besitzt und dass dieser Koeffizient bei allen Spielern jedoch unterschiedlich ausgeprägt ist. Die Ausprägung des Koeffizienten ist eine private Information und den Mitspielern unbekannt. Das Verhalten eines Spielers ist jedoch nicht ausschließlich von seiner eigenen Altruismusausprägung bestimmt, sondern zusätzlich von seiner Einschätzung über die Altruismusausprägungen seiner Mitspieler (ebd). Demnach versenden Mitspieler mit jeder Handlung ein Signal, das einem Spieler Aufschluss über persönliche Präferenzen liefert und sein Verhalten beeinflusst (Levine 1998: 595-596). Ein Spieler reagiert je nach Signal nicht mehr primär auf die eigentliche Konsequenz der Handlung, sondern auf offenliegende Präferenzen seiner Mitspieler.
3.7 Pure Reciprocity und Fairness (Rabin 1993)
In seiner Theorie beschreibt Rabin (1993) die Reziprozität zwischen Spielern, bei der ein Spieler eine Handlung mit einer gleichartigen Gegenhandlung beantwortet (Rabin 1993: 1281). Erfährt ein Spieler eine positive Behandlung, dann schreibt das Gesetz der Fairness eine ebenso positive Gegenhandlung vor. Ist die Behandlung negativ, dann erlaubt bzw. diktiert die Fairness nach dem Prinzip der Rache eine negative Gegenhandlung. Rabin (1993) stellt ferner die Hypothese auf, dass ein Spieler eigenes materielles Einkommen opfert, um Spielern zu helfen, die freundlich gehandelt haben und wiederum Spieler zu sanktionieren, die unfreundlich gehandelt haben (Rabin 1993: 1282). Dabei steigt die Motivation zur Hilfe und Sanktion, wenn die materiellen Kosten der Opferung sinken.
3.8 Altruismus (Andreoni 1989)
In seinem Modell des „Impure Altruism“ stellt Andreoni (1989) die generalisierte Behauptung auf, dass ein Spieler einen Nutzen aus der Handlung des Schenkens oder Gebens zieht (Andreoni 1989: 1457). Obwohl Andreoni (1989) sein Modell auf die Spendenbereitschaft von Spielern und Verdrängungseffekte staatlicher Intervention ausrichtet, lässt es sich dennoch in seinem grundlegenden Verständnis auf den vorliegenden Untersuchungsgegenstand transferieren. Ein Spieler besitzt demnach das Interesse an den materiellen Auszahlungen seiner Mitspieler und ist bereit, diese auf Kosten der eigenen Auszahlung zu erhöhen. Der Nutzen aus der Handlung des Schenkens oder des Gebens kann hierbei den Disnutzen aus der Reduktion der eigenen Auszahlung übersteigen.
4 Experimentelles Design
In diesem Kapitel wird das Laborexperiment als Forschungsinstrument und das experiementelle Design der vorliegenden Untersuchung vorgestellt. Für das Verhalten der Spieler im Experiment werden Vorhersagen aus den relevanten Theorien abgeleitet.
4.1 Das Laborexperiment als Forschungsinstrument
Die ökonomische Anwendung experimenteller Methodik (erstmals vor ungefähr 80 Jahren durch Louis Leon Thurstone) blieb von den Wirtschaftswissenschaften zunächst unbeachtet (Sauermann/Selten 1967: 1, 3). Nicht zuletzt durch Ökonomen wie Edward Chamberlin, Heinz Sauermann, Reinhard Selten, Vernon Smith oder Daniel Kahneman erfuhr die experimentelle Wirtschaftsforschung zunehmende Akzeptanz in den Wirtschaftswissenschaften und gilt heute als fester Bestandteil der ökonomischen Literatur (Croson 2005: 131, Roth 1986: 245). Zu den Anwendungsbereichen von Laborexperimenten zählen das Testen und Modifizieren von formellen ökonomischen Theorien, Handlungsempfehlungen für politische Entscheidungsträger und die Suche nach Phänomenen, die bislang von keiner Theorie erklärt werden können (Roth 1986: 245-246). Die in einem Laborexperiment gewonnenen Daten zählen zu den empirischen Labordaten und unterscheiden sich in ihrer Art von den zufälligen gewonnen Daten als auch in ihrer Herkunft von Felddaten (Falk/Fehr 2003: 399). Zufällige Daten entstehen als Nebenprodukt aus einer natürlichen, unkontrollierten Situation in der Realität, während experimentelle Daten im Rahmen von kontrollierten Experimenten explizit für den wissenschaftlichen Zweck generiert werden (ebd). Felddaten entspringen einem natürlichen unkontrollierten Umfeld in der Realität, während Labordaten im Labor entstehen (Levitt/List 2009: 2, Falk/Fehr 2003: 399). Das Laborexperiment als empirisches Forschungsinstrument besitzt dabei Vor- und Nachteile gegenüber anderen empirischen Instrumenten. Diese werden im Folgenden in Kurzform mit Lösungsansätzen für die Nachteile abgehandelt.
4.1.1 Vorteile von Laborexperimenten
Zu den wesentlichen Vorteilen eines Laborexperiments zählen die Möglichkeit ein (1) vereinfachtes Abbild der Realität zu erschaffen, eine (2) hohe interne Validität und die (3) Replizierbarkeit.
Modellhafte Abbildung der Realität
In einem Laborexperiment können komplexe oder nicht anzutreffende Situationen als modellhafte Abbildungen der Realität konstruiert werden (Croson 2002: 922, Falk/Fehr 2003: 400). Die Möglichkeit, im Labor ein vereinfachtes Modell einzusetzen, erlaubt die gezielte (Vorab-)Überprüfung von ökonomischen Theorien ohne vorherigen Einsatz von Felddaten (Smith 1976: 274). Dies kann auch in modellhaften Abbildungen erfolgen, die in dieser Form in der Praxis aus politischen oder ökonomischen Gründen nicht anzutreffen sind.
Interne Validität
Ein bedeutender Vorteil von Laborexperimenten ist die hohe interne Validität. Ein Untersuchungsergebnis ist intern valide, wenn kausale Inferenzen ausgeschlossen werden können (Falk/Fehr 2003: 402). Erst, wenn die Variation in der abhängigen Variable eindeutig auf die Variation der unabhängigen Variable zurückgeführt werden kann, liegt ein inferenzfreier Kausalzusammenhang vor und das Untersuchungsergebnis ist intern valide. Laborexperimente bieten aufgrund ihrer hohen Kontrollierbarkeit die Möglichkeit, äußere Störeinflüsse auszublenden, die Zurechenbarkeit von Ursache und Wirkung zu liefern und Theorien direkt zu überprüfen (Croson 2002: 922).
Replizierbarkeit
Ein weiterer Vorteil von Laborexperimenten ist die Replizierbarkeit (Croson 2002: 922, Falk/Fehr 2003: 401). Laborexperimente können mit Hilfe präziser Dokumentation beliebig oft repliziert werden. Aufgrund dieser einfachen Replizierbarkeit können Ergebnisse von Laborexperimenten von anderen Wissenschaftlern verifiziert oder widerlegt werden. Zufällig gewonnene Daten aus dem Feld lassen sich oftmals nicht replizieren.
4.1.2 Nachteile von Laborexperimenten
Evidenz aus Laborexperimenten ist häufig substantiellen Kritikpunkten hinsichtlich der (1) externen Validität, dem (2) Teilnehmerkreis, den (3) geringen Anreizen und der (4) geringen Teilnehmeranzahl ausgesetzt.
Externe Validität
In einem Laborexperiment gewonnene Daten unterscheiden sich von empirischen Daten aus dem Feld, als dass sie in einer künstlichen Situation entstanden sind und nur bedingt für Rückschlüsse auf die Realität herangezogen werden können (Croson 2002: 923). Eine Theorie, die das Verhalten im Labor vorhersagen kann, muss nicht zwangsläufig auch das Verhalten in der Realität vorhersagen können (ebd). Jedoch existiert in der Literatur die Meinung, dass eine Theorie, die Verhalten im Labor nicht vorhersagen kann, auch Verhalten in der Realität wahrscheinlich nicht vorhersagen können wird (Plott 1982: 1486). Befürworter des Laborexperiments begegnen dem Nachteil der geringen externen Validität mit dem Argument, dass ein Laborexperiment zwar eine vereinfachte modellhafte Abbildung der Realität ist, jedoch erhalten die Teilnehmer eine echte Auszahlung und folgen bei ihrem Entscheidungen echten Regeln (ebd).
Teilnehmerkreis
Laborexperimente können Verzerrungseffekten des Teilnehmerkreises unterliegen, wenn üblicherweise Studenten als Teilnehmer herangezogen werden (Falk/Fehr 2003: 401). Diese sind im Gegensatz zu Akteuren in der Realität unerfahren. So haben beispielsweise Studenten oftmals keine Erfahrung als Arbeitgeber. Diese Unerfahrenheit könnte das beobachtete Verhalten im Labor verzerren und zu falschen Untersuchungsergebnissen führen. Untersuchungen dieser Verzerrungseffekte zeigen auf, dass tatsächlich Verhaltensabweichungen zwischen Studenten und realen Akteuren in Laborexperimenten vorliegen können (Cooper et al. 1999: 801-802, Fehr/List 2004: 743). Es konnte beispielsweise festgestellt werden, dass der Kontext und die Anzahl der Durchläufe im Experiment Einfluss auf die o.g. Verzerrungseffekte haben (Cooper et al. 1999: 795, 798). Keine dieser Untersuchungen beobachtet jedoch einen fundamentalen Unterschied zwischen dem Verhalten von Studenten und realen Akteuren. Der Gefahr von Verzerrungseffekten durch einen unerfahrenen Teilnehmerkreis kann mit realen Akteuren in Experimenten begegnet werden.
Geringe Anreize
Kritiker von Laborexperimenten führen häufig geringe Auszahlungen als Problem an (Falk/Fehr 2003: 401). Aufgrund dieser geringen Auszahlungen nehmen die Spieler das Experiment und ihre Entscheidungen nicht ernst. Der Zusammenhang zwischen der Höhe der Auszahlungen in Experimenten und der Ernsthaftigkeit bzw. Repräsentativität von Entscheidungen ist bislang nicht hinreichend untersucht. Es liegt jedoch erste Evidenz für konstantes Durchschnittsverhalten von Spielern in Experimenten unabhängig von der Auszahlungshöhe vor (Camerer/Hogarth 1999: 30). Allerdings zeigen die Untersuchungen auch, dass die Höhe der Auszahlung einen Einfluss auf die Varianz der Entscheidungen hat (ebd). Somit führen höhere Auszahlungen zu einer Reduktion der Varianz, besonders zu einer Reduktion von Ausreißern, die u.a. auf unmotivierte Spieler zurückgeführt werden. Die Erhöhung der Auszahlung scheint demnach zu einer stärkeren Fokussierung der Spieler zu führen. Ihr Verhalten ändert sich im Durchschnitt jedoch nicht.
Teilnehmeranzahl
Ein weiterer Kritikpunkt von Laborexperimenten ist die geringe Teilnehmerzahl (Falk/Fehr 2003: 402: 401). Im Vergleich zu Felddaten verfügen Datensätze aus Laborexperimenten häufig über wenige Beobachtungen. Durch die Erhöhung der Teilnehmeranzahl kann diesem Kritikpunkt entgegengewirkt werden. In der Literatur lassen sich auch Experimente finden, die repräsentativ für ganze Volkswirtschaften sind (siehe auch Harrison et al. 2002, Bellemare/Kröger 2003).
4.1.3 Bedingungen für Laborexperimente
Um das Verhalten von Spielern im Experiment mit dem Verhalten von Menschen in der Realität vergleichen zu können, wird ein Belohnungsmedium benötigt, aus dem Spieler wie in der realen Welt ihre Motivation für Entscheidungen beziehen. Die Induced Value Theorie beschreibt daher die Idee, mit dem richtigen Einsatz eines Belohnungsmediums die von den Spielern mitgebrachten persönlichen Präferenzen durch ein kontrollierbares Anreizsystem im Experiment zu ersetzen (Smith 1976: 275, Friedman/Cassar 2004: 26). Somit wird beispielsweise mit der Auszahlung von Geld in Experimenten versucht, kontrollierbare Präferenzen bei den Spielern zu induzieren, die bereits vorhandene Präferenzen ersetzen sollen. Für den Erfolg der Induktion neuer Präferenzen in einem Experiment sind drei Bedingungen zu erfüllen: Monotonie, Salienz und Dominanz.
Monotonie
Die Monotonie beschreibt die Bedingung der Nicht-Sättigung. Diese liegt vor, wenn ein Spieler eine größere Menge des Anreizmediums einer kleineren Menge stets vorzieht (Friedman/Cassar 2004: 26).
Salienz
Die Salienz beschreibt den Zusammenhang zwischen der Belohnung und der Handlung eines Spielers (Friedman/Cassar 2004: 26). Ein Spieler muss demnach die Konsequenzen seiner Handlungen hinsichtlich der Belohnung kennen und ein Interesse an dieser Belohnung besitzen.
Dominanz
Die Dominanz beschreibt die vordergründige Bedeutung der Belohnung (Friedman/Cassar 2004: 26). Hierbei muss die Belohnung für die Nutzenfunktion des Spielers wichtiger sein als andere Motive.
4.2 Aufbau des Experiments
Für die Beantwortung der zielsetzenden Forschungsfragen wird ein Laborexperiment entworfen, das auf dem experimentellen Design von Fe/Fi (2004) aufbaut. Hierfür wird zunächst das Diktatorspiel kurz erläutert und auf Eignung für die vorliegende Untersuchung überprüft. Im Anschluss werden das experimentelle Design vorgestellt und Abweichungen von Fe/Fi (2004) erläutert. Die Herleitung der Hypothesen zu den zielsetzenden Forschungsfragen bildet den Kern der Untersuchung. Aus den im Kapitel drei vorgestellten Theorien werden Vorhersagen für das Verhalten der Spieler im Experiment abgeleitet.
4.2.1 Das Diktatorspiel zur Modellierung von Verteilungsproblemen
Herkunft und grundlegender Aufbau
Das klassische Diktatorspiel ist aus der Spieltheorie entstanden und bildet Verteilungsprobleme modellhaft ab (Camerer/Fehr 2004: 72). Es handelt sich hierbei um die Verteilung von Einkommen in einer Gesellschaft, die von Verteilungsnormen geprägt ist (ebd). In diesem Zusammenhang kann beobachtet werden, wie sich Spieler bei der Verteilung von Einkommen zwischen sich und einem Mitspieler verhalten. Das klassische Diktatorspiel wird mit zwei Spielern gespielt. Ein Spieler ist der Diktator und erhält eine monetäre Anfangsausstattung. Der andere Spieler ist der Empfänger und erhält keine monetäre Anfangsausstattung. Bei der Interaktion beider Spieler wird lediglich eine Entscheidung vom Diktator getroffen. Der Diktator entscheidet über die Verteilung seiner Anfangsausstattung zwischen ihm und dem Empfänger. Hierbei sind beiden Spielern die Rollenzuteilung, die Anfangsausstattungen beider Spieler und die alleinige Entscheidungsmöglichkeit des Diktators bekannt.
Durch die Erweiterung des klassischen Diktatorspiels um eine Drittpartei mit Sanktionsmöglichkeiten wird die modellhafte Abbildung des Verteilungsproblems mit einem Durchsetzungsmechanismus der sozialen Norm ergänzt (Camerer/Fehr 2004: 76). Die Durchsetzung einer sozialen Norm stellt hierbei die Einhaltung einer sozialen Norm aufgrund von erwarteten Sanktionen bei einer Normverletzung dar. Im erweiterten Diktatorspiel erfolgt die Sanktionierung anhand eines Punktabzugs beim Mitspieler. Mit diesem experimentellen Design lässt sich die Bedeutung der Drittpartei für die Normdurchsetzung analysieren. Die Existenz von Drittparteien mit Sanktionsmöglichkeiten wird als wichtiger Bestandteil der Funktionsweise von sozialen Normen angesehen, da die Sanktionsmöglichkeiten von Opfern der Normverletzung oftmals limitiert sind (Bernhard et al. 2006: 217).
Eignung des Diktatorspiels
Neben dem Diktatorspiel existieren in der Spieltheorie eine Reihe von alternativen Spielen, die sich für die Analyse der Funktionsweise und Wirkung von sozialen Normen grundsätzlich eignen würden. Zu diesen gehören beispielsweise: Gefangenendilemma, Public-Goods Spiel, Ultimatum Spiel, Gift-Exchange Spiel, Trust-Spiel (Camerer/Fehr 2004: 61-63). In allen Spielen lassen sich Situationen modellieren, bei denen sich von sozialen Normen determiniertes Verhalten beobachten lässt. Das Diktatorspiel hat im Vergleich zu anderen Spielen den entscheidenden Vorteil, dass strategisches Verhalten der Spieler ausgeschlossen wird (Krupka/Weber 2009: 310). Das klassische Diktatorspiel besitzt einen einfachen Aufbau und beinhaltet lediglich eine Entscheidung des Diktators. In der erweiterten Version des Diktatorspiels treffen der Diktator und die Drittpartei jeweils eine Entscheidung. Im One-Shot Design durchgeführt erlaubt das Diktatorspiel den Ausschluss von strategischen Verhaltensmotiven wie Reputation und Reziprozität (ebd). Dies erlaubt die genaue Beobachtung von Verhalten, das durch soziale Normen bestimmt ist.
4.2.2 Experimentaufbau
Grundlegender Aufbau, Ausstattungen und Entscheidungen
Der grundlegende Aufbau des Experiments ist in Abbildung 1 illustriert. Der obere Teil der Abbildung stellt das klassische Diktatorspiel bestehend aus dem Diktator und dem Empfänger dar. Im unteren Teil ist die Erweiterung mit der Drittpartei abgebildet. In einer Beobachtung spielen diese drei Spieler in einer Gruppe zusammen und besitzen unterschiedliche Rollen und Interaktionen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Grundlegender Aufbau des Experiments.
Spieler A ist der Diktator, Spieler B der Empfänger und Spieler C die Drittpartei. Spieler A erhält eine Anfangsausstattung von 100 Punkten, die er mit einem Transfer (Variable: A2B) an Spieler B in Schritten von 10 Punkten aufteilen kann, der selbst keine Anfangsausstattung erhält. Zeitgleich erhält Spieler C eine Anfangsausstattung von 50 Punkten und kann Spieler A (Variable: C2A) und B (Variable: C2B) durch einen Punktabzug in Schritten von drei Punkten sanktionieren. Spieler C verliert bei der Sanktion einen Teil seiner Anfangsausstattung im Verhältnis von 1:3. Der Punktabzug bei Spieler A und Spieler B darf den aus der Transferentscheidung jeweils resultierenden Punktestand der Spieler nicht übersteigen, damit negative Endpunktestände bei Spielern ausgeschlossen werden. Die Endpunktestände der Spieler setzen sich folgendermaßen zusammen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Auszahlung der Spieler setzt sich aus einer entscheidungsunabhängigen Show-up Fee von 2,50 Euro und einem entscheidungsabhängigen Auszahlungsbestandteil zusammen, der sich aus dem Endpunktestand und dem Umrechnungskurs von 1 Punkt = 0,15 Euro ergibt.
AuszahlungA,B,C = 2,50 Euro (Show-up Fee) +EndpunktestandA,B,C * 0,15 (Umrechnungskurs)
Die Eingabe der Entscheidungen erfolgt für Spieler A und Spieler C parallel und bei Spieler C wie bei Fe/Fi (2004) anhand der Strategiemethode (Selten 1967: 137). Demnach gibt Spieler C seine Sanktionsentscheidung für alle möglichen Transferbeträge von Spieler A an.
Abfragen
Neben Entscheidungen werden im Experiment auch Erwartungen zum Verhalten der Mitspieler abgefragt, um u.a. das erwartete mit dem tatsächlich eingetretenen Verhalten vergleichen zu können. So geben Diktator und Empfänger an, welchen Punktabzug sie beim Diktator für alle möglichen Transferbeträge erwarten. Die Daten der Abfragen werden erfasst, jedoch nicht an die Spieler im Experiment kommuniziert.
Framing, Anonymität und Anzahl der Durchläufe
Das Framing des Experiments ist neutral. An keiner Stelle werden Bezeichnungen wie beispielsweise Diktator, Empfänger, Drittpartei oder Bestrafung verwendet. Stattdessen finden neutrale Begriffe wie Spieler A, Spieler B, Spieler C und Punktabzug respektiv Verwendung, um Verhaltensverzerrungen aufgrund der Terminologie vorzubeugen. Das experimentelle Design sieht weiterhin eine anonyme Interaktion zwischen den Spielern vor. Die Identität eines Spielers ist den Mitspielern zu keinem Zeitpunkt bekannt. Die Anonymität zwischen den Spielern soll strategische Interaktionsmotive beseitigen (Krupka/Weber 2009: 310). Das Experiment wird One-Shot (ein Durchlauf) durchgeführt, sodass auch hier strategische Interaktionen und Lerneffekte verhindert werden.
Rechnergestützte Durchführung
Die Programmierung und Durchführung des Experiments erfolgt mit dem Programm z-Tree (Fischbacher 1999). Alle Entscheidungen und Abfragen wurden von den Spielern an Laborrechnern eingegeben und beantwortet. Lediglich die Instruktionen[11] wurden den Spielern in gedruckter Version zur Verfügung gestellt.
Abweichungen von Fehr/Fischbacher (2004)
[...]
[1] Nachfolgend als Fe/Fi abgekürzt.
[2] Diese Feststellung ergibt sich aus den durch die Sanktion reduzierten Endpunkteständen bei Spielern.
[3] Siehe auch Pfister (2009): 33-44.
[4] Kann als sozialen Norm interpretiert werden und ist das Gegenstück zur kodifizierten formellen Norm aus der Gesetzgebung (Bicchieri 2006: 8).
[5] Berechnung: [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten], entspricht dem durchschnittlichen Schaden der Sanktionierung beim Diktator für einen Transfer von 0 Punkten im Diktatorspiel mit Drittpartei von Fe/Fi (2004).
[6] Erläuterung des Diktatorspiels in Abschnitt 4.2.1.
[7] Erläuterung des Diktatorspiels in Abschnitt 4.2.1.
[8] Spieler A: Diktator, Spieler B: Empfänger, Spieler C: Drittpartei.
[9] Eine Reihe von populären Definitionen der sozialen Norm findet sich in Anhang 1.
[10] Entspricht einer Verteilung von [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten], wobei N die Anzahl der Spieler darstellt.
[11] Die Instruktionen zu T1 und T2 finden sich in Anhang 6 und 7.
- Quote paper
- Wilhelm Klat (Author), 2011, Soziale Normen und die Wohlfahrt einer Gesellschaft, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/203276
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