Am 15. Juni 1833 reicht Edgar Allan Poe, ein mittelloser West Point- Abbrecher aus Boston, diverse Erzählungen und ein Gedicht bei einem literarischen Wettbewerb des Baltimore Saturday Visitor ein und gewinnt 50 $ für eine Erzählung. Einer der eingereichten Texte trägt den Titel “Siope- A Fable” und ist bis heute eine der undurchschaubarsten Erzählungen von Poe, deren Inhalt und Motive Literaturwissenschaftlern Rätsel aufgibt.
1837 wird sie im American Monthly Magazine und im Baltimore Book veröffentlicht. Drei Jahre später wird die Fabel in Poes Kurzgeschichten- Sammlung Tales of the Grotesque and Arabesque abgedruckt, und erscheint nochmals 1845 im Broadway Journal abgeändert unter dem Titel “Silence- A Fable“.
Trotz der zahlreichen Veröffentlichungen und Poes heutiger Bedeutung für die amerikanische Literatur des 19. Jahrhunderts ist “Silence- A Fable” ein eher unbeachteter Text. Vermutlich nicht nur aufgrund der umfangreichen Rezension und literarischen Bedeutung seiner Meistererzählungen, wie z.B. “The Murders in the Rue Morgue” oder “The Tell-Tale Heart”, sondern auch wegen der Vielfalt an zeitlosen Motiven, die er in seiner mystischen Erzählung verwendet.
Jedoch ist bekannt, dass er von der Erzählung “Monos and Daimonos” des zu seiner Zeit recht bedeutenden englischen Autors Edward Bulwer- Lytton zu seiner Fabel inspiriert worden ist und den Protagonisten der Geschichte in seiner Erzählung wiederaufleben lässt.
„Such articles are the "M.S. found in a Madhouse" and the "Monos and Daimonos" of the London New Monthly -- the "Confessions of an Opium-Eater" and the "Man in the Bell" of Blackwood. The two first were written by no less a man than Bulwer […]
In einem Brief an Thomas W. White lobt Poe zwar die Erzählung von Bulwer, allerdings ist aus anderen Quellen bekannt, dass er eher anmaßend über sein Werk schrieb, wie beispielsweise in seinem kritischen Artikel „Critical and Miscellaneous Writings of Sir Edward Bulwer- Lytton“:
"Mr. Bulwer is never lucid, and seldom profound. His intellect seems to be rather well balanced than lofty; rather comprehensive than penetrative."
In der folgenden Arbeit sollen nun Poes Erzählung “Silence- A Fable” und “Monos and Daimonos” von Edward Bulwer- Lytton (im Folgenden: Bulwer) auf Form, Aufbau, zentrale Motive und Unterschiede analysiert und verglichen werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- "Silence - A Fable" - Entstehung und Erscheinung
- "Monos and Daimonos- A Legend"
- "Monos and Daimonos" und "Silence- A Fable" - ein Vergleich
- Fable und Legend
- "Demon" und "Daimonos"
- ein Wechsel der Erzählperspektive?
- Die Bezüge zur Bibel in "Silence- A Fable" und
"Monos and Daimonos"
- Der Teufel an der Wand oder "the writing on the wall" —Das Gastmahl Belschazzars (Dan. 5, 1-6, 1)
- Silence- Die Verwendung und Bedeutung des Begriffes der Stille in beiden Erzählungen
- Fazit
- Literatur- und Quellenverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit einer vergleichenden Interpretation von E.A. Poes "Silence —A Fable" und Edward Bulwer- Lyttons "Monos and Daimonos". Sie analysiert die Form, den Aufbau und die zentralen Motive beider Erzählungen und untersucht, inwiefern sich Poes Fabel von Bulwers Legende inspirieren lässt. Die Arbeit verfolgt das Ziel, die Inspirationsquellen der beiden Autoren aufzuzeigen und die Bedeutung der Stille als zentrales Motiv zu ergründen.
- Vergleich der Form und des Aufbaus von "Silence —A Fable" und "Monos and Daimonos"
- Analyse der zentralen Motive in beiden Erzählungen, insbesondere der Rolle des Dämons und der Bedeutung der Schrift als Omen für ein bevorstehendes Unheil.
- Untersuchung der Bezüge zur Bibel in beiden Texten, mit besonderem Augenmerk auf die Geschichte des Königs Belschazzar und die Bedeutung der Stille als Geste der Ehrfurcht vor Gott.
- Ergründung der Bedeutung der Stille als zentrales Motiv und deren Einfluss auf die Handlung und die Charaktere in beiden Erzählungen.
- Aufzeigen der Parallelen zwischen den beiden Erzählungen und deren Inspirationsquellen.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema der Arbeit ein und stellt die beiden zu vergleichenden Erzählungen von Edgar Allan Poe und Edward Bulwer- Lytton vor. Sie beleuchtet kurz die Entstehungsgeschichte von "Silence - A Fable" und gibt einen Überblick über die literarische Bedeutung von Poes Werk.
Das zweite Kapitel befasst sich mit der Entstehung und Erscheinung von "Silence - A Fable" und beleuchtet die verschiedenen Veröffentlichungen der Erzählung. Es wird darauf hingewiesen, dass "Silence - A Fable" trotz Poes Bedeutung für die amerikanische Literatur des 19. Jahrhunderts ein eher unbeachteter Text ist.
Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit "Monos and Daimonos- A Legend" von Edward Bulwer- Lytton. Es wird die Lebensgeschichte des Erzählers aus Bulwers Legende dargestellt und seine Sehnsucht nach Einsamkeit und Stille hervorgehoben.
Das vierte Kapitel widmet sich dem Vergleich von "Monos and Daimonos" und "Silence- A Fable". Es werden die Form, der Aufbau und die zentralen Motive beider Erzählungen analysiert. Dabei wird besonders auf die Rolle des Dämons und die Bedeutung der Schrift als Omen für ein bevorstehendes Unheil eingegangen.
Das fünfte Kapitel untersucht die Bezüge zur Bibel in "Silence- A Fable" und "Monos and Daimonos". Es wird die Geschichte vom Babylonierkönig Belschazzar und die Bedeutung der Stille als Geste der Ehrfurcht vor Gott beleuchtet.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die vergleichende Literaturwissenschaft, die Analyse von "Silence —A Fable" und "Monos and Daimonos", die Rolle des Dämons, die Bedeutung der Stille, die Bezüge zur Bibel, die Geschichte des Königs Belschazzar, die Thematik der Einsamkeit und die Inspirationsquellen der beiden Autoren.
- Quote paper
- Deniz Tavli (Author), 2007, Der Einsame, der Geist und die Stille. Vergleichende Interpretation von Poes “Silence – A Fable” und Bulwer-Lyttons “Monos and Daimonos”, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/202822