Wir fällen unsere Urteile über die Richtigkeit oder Unrichtigkeit eigenen oder fremden Verhaltens nicht nur unter den Gesichtspunkten sachlicher Richtigkeit, sondern auch unter solchen, die wir Gesichtspunkte moralischer, ethischer oder auch sittlicher Richtigkeit nennen. Im Gegensatz zur rein sachlichen Beurteilung einer Handlung, ist für die ethische Beurteilung in erster Linie bedeutsam, wieweit durch eine Handlung die Absichten und Interessen anderer Personen gefördert oder geschädigt werden. Ein wesentliches Charakteristikum moralischer / ethischer "Gebote" sollte sein, daß sie den Anspruch stellen, für unser Verhalten unbedingt gültig zu sein. Das Problem, dessen sich auch Peter Singer annimmt, ist die unbestreitbare Tatsache, daß zu verschiedenen Zeiten, in verschiedenen Gemeinschaften und Kulturkreisen, sehr verschiedene Moralvorstellungen mit dem Anspruch auf absolute Gültigkeit aufgetreten sind und noch auftreten, die zum Teil sehr verschiedene Forderungen enthalten und nicht selten solche, die sich gegenseitig widersprechen. Der Titel des Buches lautet "Praktische Ethik", d.h. es geht hier um die Anwendung der Moral bzw. ethischer Prinzipien. Singer behandelt Ethik hier vollkommen unabhängig von Religion. Ethik ist für ihn in irgendeinem Sinne universal, denn will man eine Handlung mit moralischen Gründen verteidigen, kann man sich nicht nur auf die eigenen Vorteile berufen, sondern man muß sich auf eine größere Masse beziehen. Diesbezüglich gab es schon viele Versuche, angefangen mit Moses´ "Goldener Regel", die besagt, daß man seinen Nächsten lieben soll, wie sich selbst, d.h. den Interessen anderer gleichen Wert gebühren soll, wie den eigenen. Nichts anderes besagt das berühmte Sprichwort "Was Du nicht willst, das man Dir tut, das füg` auch keinem anderen zu!" Und auch einer der berühmtesten Philosophen Deutschlands drückte dies in seinem kategorischen Imperativ aus "Handle nur nach derjenigen Maxime, von der Du zugleich wollen kannst, daß sie allgemeines Gesetz werde!" Doch so zu handeln ist oftmals nicht einfach.
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Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1.Kapitel
1.1. Über Ethik und Peter Singers Buch “Praktische Ethik”
1.2. Das Überdenken unseres Glaubens
2.Kapitel: Ist Töten unrecht?
2.1.”Menschliches Wesen” gemeint als “Mitglied der Spezies Homo sapiens”
2.2.”Menschliches Wesen” verstanden als “Person”
2.3. Der Wert des Lebens eines Mitglieds der Spezies Mensch
2.4. Der Wert des Lebens einer Person
3.Kapitel: Die Einbeziehung des Utilitarismus
3.1. Der soziale Utilitarismus
3.2. Der klassische Utilitarismus
3.3. Der Präferenz-Utilitarismus
3.4. Das Recht auf Leben
3.5. Die Respektierung der Autonomie
4.Kapitel: Bewußtes Leben
4.1. Die Totalansicht
4.2. Die “Vorherige-Existenz”- Ansicht
5.Kapitel: Vergleich des Werts verschiedenen Lebens
6.Kapitel: Eigene Stellungnahme
Literaturverzeichnis
EINLEITUNG
Das Thema dieser Hausarbeit ist die Frage “Weshalb ist Töten unrecht ?”. Ihr liegt das gleichnamige 4. Kapitel des Buches “Praktische Ethik” von Peter Singer zu Grunde. Es handelt sich allerdings um die 2., revidierte und erweiterte Auflage von 1994. Das Buch ist erstmals 1979 von der Cambridge University Press in Cambridge herausgegeben worden.
Ich habe versucht, es in dem Sinne zu gliedern und zu bearbeiten, so daß man die logischen Schritte Singers und deren Konsequenzen und Schlußfolgerungen gut nachvollziehen kann und am Ende neben einem positiven Eindruck von diesem Buch noch die Nachdenklichkeit über einige ethische Uneinigkeiten mitnimmt.
1.KAPITEL
1.1. Über Ethik und Peter Singers Buch “Praktische Ethik”
Wir fällen unsere Urteile über die Richtigkeit oder Unrichtigkeit eigenen oder fremden Verhaltens nicht nur unter den Gesichtspunkten sachlicher Richtigkeit, sondern auch unter solchen, die wir Gesichtspunkte moralischer, ethischer oder auch sittlicher Richtigkeit nennen.
Im Gegensatz zur rein sachlichen Beurteilung einer Handlung, ist für die ethische Beurteilung in erster Linie bedeutsam, wieweit durch eine Handlung die Absichten und Interessen anderer Personen gefördert oder geschädigt werden.
Ein wesentliches Charakteristikum moralischer / ethischer “Gebote” sollte sein, daß sie den Anspruch stellen, für unser Verhalten unbedingt gültig zu sein.
Das Problem, dessen sich auch Peter Singer annimmt, ist die unbestreitbare Tatsache, daß zu verschiedenen Zeiten, in verschiedenen Gemeinschaften und Kulturkreisen, sehr verschiedene Moralvorstellungen mit dem Anspruch auf absolute Gültigkeit aufgetreten sind und noch auftreten, die zum Teil sehr verschiedene Forderungen enthalten und nicht selten solche, die sich gegenseitig widersprechen.
Der Titel des Buches lautet “Praktische Ethik”, d.h. es geht hier um die Anwendung der Moral bzw. ethischer Prinzipien. Singer behandelt Ethik hier vollkommen unabhängig von Religion.
Ethik ist für ihn in irgendeinem Sinne universal, denn will man eine Handlung mit moralischen Gründen verteidigen, kann man sich nicht nur auf die eigenen Vorteile berufen, sondern man muß sich auf eine größere Masse beziehen.
Diesbezüglich gab es schon viele Versuche, angefangen mit Moses´ “Goldener Regel”, die besagt, daß man seinen Nächsten lieben soll, wie sich selbst, d.h. den Interessen anderer gleichen Wert gebühren soll, wie den eigenen.
Nichts anderes besagt das berühmte Sprichwort “Was Du nicht willst, das man Dir tut, das füg` auch keinem anderen zu!”
Und auch einer der berühmtesten Philosophen Deutschlands drückte dies in seinem kategorischen Imperativ aus “Handle nur nach derjenigen Maxime, von der Du zugleich wollen kannst, daß sie allgemeines Gesetz werde!”
Doch so zu handeln ist oftmals nicht einfach.
Singer stellt in seinem Buch immer wieder die Lehre des Utilitarismus dar, die seiner Meinung nach “...eine erste minimale Grundlage ist, zu der wir gelangen, indem wir den vom Eigeninteresse geleiteten Entscheidungsprozeß universalisieren. Wollen wir moralisch denken, so (...) müssen wir diesen Schritt tun.” (S.31)
Er fordert die Leser auf, eine utilitaristische Position im weiteren Sinne einzunehmen und sieht sein Buch als eine Darstellung, umstrittene Probleme konsequent utilitaristisch zu behandeln. (S.29+32)
Peter Singer beschäftigt sich in seinem Werk mit ethischen Sachverhalten, mit denen sich jeder denkende Mensch auseinandersetzen muß, wie z.B. Gleichheit unter Menschen, der Vergleich zu den Tieren, die Umweltthematik, das Flüchtlingsproblem, die Verantwortung gegenüber den Armen, aber auch mit problematischen Entscheidungen, die wir nicht alltäglich zu treffen haben, wie z.B. Abtreibung, Euthanasie, Experimente mit Embryos und fötalem Gewebe oder die Behandlung schwerstbehinderter Neugeborener.
Das Buch bricht mit den Tabus unserer Gesellschaft.
Seit1979 ist es in aller Munde und hat zwar im Allgemeinen zu positiver Resonanz geführt, in den deutschsprachigen Ländern jedoch löste es Empörung aus, die teilweise dazu führte, daß Singers Veranstaltungen gestört oder abgebrochen wurden.
Darin sieht Singer eine Einschränkung seiner Redefreiheit, die er im Anhang: “Wie man in Deutschland mundtot gemacht wird” bedauert.
Kritiker gingen soweit, Singers Ansichten sogar als nazistisch und faschistisch zu beschimpfen. Doch das widerlegt folgende Aussage von Singer ”Die Klassifizierung von Leben als nicht lebenswert ist eine perfide Verwirrung der Nazis gewesen, die eine zivilisierte Gesellschaft nicht wiederholen sollte.” (R.Hegelsmann, R. Merkel: “Zur Debatte über Euthanasie”. Frankfurt am Main 1991, S.52)
Singer sagt sich zudem davon ab , daß moralische Urteile als Beschreibung der Haltung des Sprechenden anzusehen sind. (S.23)
1.2. Das Überdenken unseres Glaubens
Peter Singer machte sich in seinem Buch “Praktische Ethik” unter anderem die Frage ”Weshalb ist Töten unrecht?” zum Thema.
Von der Bibel kennen fast alle Menschen die Vorsätze, daß nur Gott allein das Recht hat, Leben zu geben und wieder zu nehmen. Allein das fünfte Gebot besagt überdeutlich “Du sollst nicht töten!”
Angesichts einer Welt, die voll von Mord und Totschlag ist, in der Jahr für Jahr Kriege geführt werden, in der täglich gemordet, vergewaltigt, abgetrieben, gefoltert und hingerichtet wird, in der stündlich Menschen und Tiere hungern, gequält werden, leiden und sterben - im Anblick solcher tausendfacher Tode und der damit verbundenen Ausweitung unseres Todesverständnisses - gilt es, die Bedeutung dieses Gebots zu überdenken.
“Leben ist heilig!” So beginnt Singer seine Diskussion. Schon da zeigt er eine Schwachstelle menschlichen Glaubens auf, denn dieser Ausdruck bezieht sich nicht auf das gesamte biologische Leben, sonder beschränkt sich auf das Leben des Menschen. Hier stellt Singer sich und allen anderen die Frage, mit welcher Begründung (nur) menschliches Leben heiligen Wert haben solle. Solche und andere Themen hat er ausführlich in seinem Buch “Praktische Ethik” zur Diskussion gestellt. Geschichtlich betrachtet, zu Zeiten der Griechen und Römern, galt die Maxime, unter ungünstigen Vorzeichen begonnenes Leben zu beenden, um so problematisches Leben nicht zu verlängern. So geschah es dann auch meistens mit z. B. mißgestalteten, schwachen Säuglingen und auch Sklaven hatten ein eingeschränktes Lebensrecht.
Auch heutzutage muss es nicht immer unrecht sein, menschliches Leben zu töten, so z.B. in Fällen der Notwehr, des Krieges und möglicherweise der Todesstrafe und Singer fügt hier noch an “...und in einigen weiteren Zweifelsfällen...”(S.117)
Aber zumindest in der Theorie sind sich wohl doch alle einig, das keine Gesellschaft überleben könnte, wenn sich deren Mitglieder uneingeschränkt das Leben nehmen dürften.
2.KAPITEL Ist Töten unrecht ?
Es ist Singer unmöglich, seine Diskussion zu führen, ohne einige Ausdruckserläuterungen vorzunehmen.
Dazu vorweg sein folgendes Zitat:
“Die ethische Zulässigkeit der Abtreibung ist eine substantielle Frage, deren
Beantwortung nicht von einer Vereinbarung über den Wortgebrauch bhängen
kann.”(S.119)
Anscheinend doch.
Denn Singer benötigt zur Klärung des Begriffes “menschliches Wesen” zwei verschiedene Definitionen, ohne welche die Diskussion, ob es recht oder unrecht ist menschliche Wesen zu töten, nicht zu führen ist.
“Besonders in der Abtreibungsdebatte spielen diese Begriffe die Hauptrolle.”(S.118)
2.1. “Menschliches Wesen” gemeint als “Mitglied der Spezies Homo sapiens”
Man kann “menschliche Wesen” einmal als “Mitglied der Spezies Homo sapiens” bezeichnen. Die Zugehörigkeit eines Wesens zur Spezies Mensch läßt sich relativ klar und einfach durch eine Untersuchung der Beschaffenheit der Chromosomen bestimmen.
Demnach sind grundsätzlich alle Wesen, die von menschlichen Eltern gezeugt wurden, vom ersten Moment ihrer Zeugung an, menschliche Wesen, und demzufolge ist es unrecht sie zu töten! In dem Begriff “Mitglied der Spezies Homo sapiens”, so wie Singer ihn erläutert, sind auch Föten, Säuglinge, Kranke, Behinderte etc. enthalten und sie genießen demnach als menschliche Wesen ein Recht auf Leben und dessen Schutz und Achtung.
2.2. “Menschliches Wesen” verstanden als ”Person”
Setzt man den Begriff “menschliches Wesen” allerdings mit dem Begriff “Person” gleich, wie ihn Joseph Fletcher[1], ein protestantischer Theologe, verwendet, kommt man zu einem anderen Ergebnis.
Eine Person machen ihmzufolge die Faktoren Selbstbewußtsein, Selbstkontrolle, Sinn für Zukunft und Vergangenheit, Beziehungsfähigkeit, Kommunikation und Neugier aus.
Auch der englische Philosoph John Locke[2] definiert eine Person als ein Wesen, das vernünftig und reflexiv denken kann, Intelligenz zeigt, sich selbst bewußt ist und ein Verständnis von Zukunft, Gegenwart und Vergangenheit besitzt.
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[1] Joseph Fletcher: “Indicators of Humanhood: A Tentative Profile of Man”, erschienen 1972
[2] (1632-1704)
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