Bei der Ausgestaltung von Risikotragfähigkeitsansätzen geben das KWG und die MaRisk die maßgeblichen rechtlichen Rahmenbedingungen vor und setzen die wesentlichen Inhalte der internationalen Vorgaben der Banken- und Kapitaladäquanzrichtlinie in deutsches Recht um. Zusätzlich existiert mit dem von BaFin und Bundesbank gemeinsam veröffentlichten Leitfaden zur aufsichtlichen Beurteilung bankinterner Risikotragfähigkeitskonzepte ein Positionspapier, in welchem die Bankenaufsicht ihre Beurteilungskriterien hinsichtlich der Erfüllung der rechtlichen Anforderungen darlegt.
Unter Beachtung des Wesentlichkeitsprinzips, des Proportionalitätsprinzips und des Prinzips der Methodenfreiheit legt die aufsichtliche Beurteilung insbesondere einen Fokus auf Konsistenzaspekte, eine vollständige Risikoabbildung sowie die Beachtung des Vorsichtsprinzips.
Methodisch lassen sich Risikotragfähigkeitsansätze in Abhängigkeit von der verfolgten Absicherungszielsetzung und der verwendeten Methode zur Ableitung des Risikodeckungspotenzials in jeweils zwei miteinander kombinierbare Grundtypen unterteilen, sodass insgesamt vier verschiedene Ansätze voneinander abgegrenzt werden können. Sofern das primäre Ziel in der Absicherung von Ansprüchen der Eigenkapitalgeber liegt und die für Unterlegungszwecke der Minde-steigenkapitalvorschriften nach Säule vorgehaltenen Kapitalbestandteile nicht zusätzlich als Risikodeckungsmasse für das Eingehen von Risiken bereitgestellt werden, handelt es sich um einen Fortführungsansatz. Wenn die Zielsetzung hingegen auf die Absicherung von Gläubigeransprüchen ausgerichtet ist, handelt es sich regelmäßig um einen Liquidationsansatz, in welchem auch das nach Säule eins vorzuhaltende Kapital als Teil des Risikodeckungspotenzials angesetzt werden kann.
Was die Ermittlung des Risikodeckungspotenzials betrifft, kann zwischen bilanzorientierten und wertorientierten Ansätzen differenziert werden.
Auf der Risikoseite sehen die MaRisk mindestens die Einbeziehung sämtlicher vom Institut als wesentlich eingestuften Risiken vor. Für die Quantifizierung verwenden die meisten Institute einen VaR – Ansatz. Sowohl der berechnete Risikobetrag einer einzelnen Risikoart als auch der aggregierte Betrag für das Gesamtbankrisiko wird in nicht unerheblichen Ausmaß durch die Wahl der Risiko-quantifizierungsparameter wie Konfidenzniveau, Haltedauer und Beobachtungszeitraum sowie den in die Rechnung einbezogenen Risikoverbundeffekten determiniert.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungen
1. Einleitung
2. Rahmenbedingungen
2.1 Gesetzliche Grundlagen
2.2.1 Internationale Vorgaben
2.2.2 Nationale Vorgaben
2.2 Überprüfungs- und Sanktionsmöglichkeiten der Bankenaufsicht
2.2.1 Überprüfungsinstrumente und Beurteilungskriterien
2.2.2 Eingriffs- und Sanktionsmöglichkeiten
2.3 Allgemeine Grundlagen
2.3.1 Risikotragfähigkeit als Hauptkomponente des Risikomanagements
2.3.2 Abgrenzung unterschiedlicher Risikotragfähigkeitsansätze
3. Grundformen von Risikotragfähigkeitsansätzen
3.1 Ermittlung des Risikodeckungspotenzials
3.1.1 bei bilanzorientierten Ansätzen
3.1.2 bei wertorientierten Ansätzen
3.2 Ermittlung des Risikopotenzials
3.2.1 Einzubeziehende Risikoarten
3.2.2 Ausgestaltung der Risikomessmethoden
3.3 Gegenüberstellung von Risiko und Risikodeckungsmassen
4. Kritische Würdigung und Umsetzung in der Praxis
4.1 Ergebnisse der Studie der Deutschen Bundesbank
4.1.1 Verwendung von Risikodeckungspotenzialen
4.1.2 Berücksichtigung von Risikopotenzialen
4.2 Grenzen von Risikotragfähigkeitsansätzen
4.2.1 Konzeptionelle Grenzen
4.2.2 Grenzen der Risikoquantifizierung
4.3 Weiterentwicklungsmöglichkeiten von Risikotragfähigkeitsansätzen
5 Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
Die Erfahrungen aus der Finanzmarktkrise haben gezeigt, dass bei einer Vielzahl von Banken ein erhebliches Missverhältnis zwischen eingegangenen Risiken und den zur Kompensation von schlagend werdenden Risiken vorgehaltenen Risikodeckungsmassen bestand bzw. teilweise immer noch besteht. Als Reaktion auf die sich weiter zu verschlechtern drohende Risikotragfähigkeit einiger Institute richtete die deutsche Bundesregierung im dritten Quartal 2008 den Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung ein.[1]
Die vom SoFFin bereitgestellten Garantien und Rekapitalisierungsmittel dienten nicht nur der direkten Stützung einiger in Schieflage geratener Institute, sondern leisteten auch einen Beitrag zur Stabilisierung des Finanzsystems, indem die Mittel zur Stärkung der Risikotragfähigkeit der Institute beigetragen haben.[2]
Während der Beschluss der Bundesregierung eine befristete Bewilligung von Mitteln des SoFFin bis zum 31.12.2010 vorsah, erfolgte zu Beginn des Jahres 2012 die Verabschiedung des Gesetzes zur Reaktivierung des Fonds. Hintergrund der Reaktivierung waren u.a. die Ergebnisse des 2011 von der europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) auf Ebene der Europäischen Union durchgeführten Stresstests.[3] Insgesamt attestierte die EBA den Banken, die an dem Stresstest teilnahmen, ein Kapitaldefizit in Höhe von 115 Mrd. EUR, zur Sicherstellung einer angemessenen Risikotragfähigkeit. Auf deutsche Institute entfiel ein Betrag von rd. 13,1 Mrd. EUR.[4]
Auch die Bankenaufsicht hat auf die von der Finanzmarktkrise offengelegte Unangemessenheit der Risikotragfähigkeit mehrerer Institute in der Kreditwirtschaft reagiert. Während die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) in 2008 insgesamt 125 Prüfungen zur Einhaltung der Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk) bei Instituten in Auftrag gegeben hat, erhöhte sich deren Anzahl in 2009 um rd. 30 % auf 164 Prüfungen.[5] Auch in 2010 blieben die von der BaFin beauftragten MaRisk-Prüfungen mit einer Anzahl von 166 auf einem mit 2009 vergleichbar hohem Niveau.[6]
Die sich im weiteren Verlauf zu einer Schuldenkrise der Euroländer entwickelte Finanzmarktkrise zeigt die Notwendigkeit auf, sich sowohl auf Seiten der Kreditwirtschaft als auch auf Seiten der Aufsicht auf, sich vertieft mit Ansätzen zur Sicherstellung der Risikotragfähigkeit auseinanderzusetzen, um zukünftig die Wahrscheinlichkeit einer erneuten Erosion der Finanzmarktstabilität zu minimieren und daraus resultierenden negativen Folgen für die Volkswirtschaft präventiv zu begegnen. Nur wer die Zusammenhänge zwischen rechtlichen Rahmenbedingungen auf der einen Seite und den innerhalb der unterschiedlichen Risikotragfähigkeitsansätze bestehenden "Stellschrauben" zur Ermittlung von Risiko und Risikodeckungspotenzial auf der anderen Seite kennt, ist in der Lage eine fundierte Beurteilung der von den Instituten institutionalisierten Risikotragfähigkeitsansätze vorzunehmen und sich abzeichnende Missverhältnisse frühzeitig zu erkennen.
Ziel dieser Arbeit ist es aufzuzeigen, welche Anforderungen die Aufsicht an die Ermittlung der Risikotragfähigkeit bei Instituten stellt und welche Herausforderungen den Instituten im Rahmen der Quantifizierung von Risiken und der Ermittlung von Risikodeckungsmassen gegenüberstehen. Im Fokus dieser Arbeit steht zum einen die Betrachtung der rechtlichen Rahmenbedingungen hinsichtlich der Ermittlung der Risikotragfähigkeit in Kreditinstituten. Zum anderen liegt ein Schwerpunkt auf den methodischen Ansätzen zur Ableitung des verfügbaren Risikodeckungspotenzials und der konzeptionellen Ausgestaltung von Risikomessmethoden. Innerhalb der Arbeit wird weiterhin ausschließlich die Sicherstellung der Risikotragfähigkeit auf Einzelinstitutsebene betrachtet. Fragestellungen und Anforderungen, die sich aus dem Bestehen einer Institutsgruppe oder Finanzholding-Gruppe hinsichtlich der Sicherstellung der Risikotragfähigkeit ergeben, werden nicht untersucht.
Der Hauptteil dieser Arbeit gliedert sich entsprechend der verfolgten Zielsetzung in drei unterschiedliche Abschnitte. Im nachfolgenden zweiten Kapitel werden zunächst die gesetzlichen Grundlagen einschließlich der aufsichtlichen Beurteilungskriterien und Handlungsmöglichkeiten sowie betriebswirtschaftliche Grundlagen zur Ausgestaltung von Risikotragfähigkeitsansätzen erläutert.
Anschließend werden im dritten Kapitel Grundformen von Risikotragfähigkeitsansätzen dargestellt. Dabei wird detailliert auf die Ermittlung des Risikodeckungspotenzials sowie der Risiken, denen ein Institut im Rahmen seiner Geschäftstätigkeit ausgesetzt ist, eingegangen. Mit diesem Kapitel wird insbesondere eine Basis geschaffen, um ein Verständnis für die zuvor erwähnten "Stellschrauben" innerhalb von Risikotragfähigkeitsansätzen zu erhalten.
Das Kapitel endet mit Ausführungen zu Methoden wie Risiken und Risikodeckungsmassen im Rahmen von Risikotragfähigkeitsansätzen einander gegenübergestellt werden können.
Der letzte Abschnitt des Hauptteils, Kapitel 4, stellt zunächst die auf Basis einer Studie der Deutschen Bundesbank gewonnen Erkenntnisse zur Umsetzung von Risikotragfähigkeitsansätzen in der deutschen Kreditwirtschaft dar.
Im Anschluss wird auf Grundlage der in Kapitel drei gewonnenen Erkenntnisse zur Ermittlung von Risiko- und Risikodeckungspotenzial auf die Grenzen von Risikotragfähigkeitsansätzen eingegangen. Das Kapitel schließt mit einer Beschreibung von Weiterentwicklungsmöglichkeiten innerhalb der Risikotragfähigkeitsansätze ab.
Die Arbeit endet schließlich mit einer Zusammenfassung, in welcher die wesentlichen Erkenntnisse aus den zuvor beschriebenen Untersuchungsgegenständen dargestellt werden.
2. Rahmenbedingungen
2.1 Gesetzliche Grundlagen
Sowohl auf internationaler als auch auf nationaler Ebene bestehen eine Vielzahl von Regelungen, die sich zum einen auf die Verpflichtung der Einrichtung und zum anderen auf die Ausgestaltung von Risikotragfähigkeitsansätzen beziehen. Des Weiteren werden neben rechtlichen Anforderungen an die Institute auch Vorgaben an die Bankenaufsicht formuliert, die den aufsichtsrechtlichen Überprüfungsprozess zur Beurteilung der von den Instituten implementierten Ansätze zur Sicherstellung der Risikotragfähigkeit betreffen.
In den nachfolgenden beiden Unterkapiteln werden die einschlägigen rechtlich verankerten Rahmenbedingungen aufgezeigt. Diese stellen Leitplanken dar, innerhalb derer die Institute sich bei der Ausgestaltung von Risikotragfähigkeitsansätzen bewegen können und zeigen die an die Bankenaufsicht gestellten Pflichten zur Überprüfung dieser Ansätze auf.
2.2.1 Internationale Vorgaben
Mit den Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006, im Folgenden als Bankenrichtlinie und Kapitaladäquanzrichtlinie bezeichnet, werden zentrale Anforderungen mit Bezug zu Aspekten der Risikotragfähigkeit an die Kreditwirtschaft formuliert.
Bereits innerhalb der den einzelnen Artikeln der Bankenrichtlinie vorangestellten Erwägungsgründen wird die Erwartungshaltung des Gesetzgebers an die Kreditinstitute deutlich adressiert. So fordert Erwägungsgrund 53 explizit von den Kreditinstituten, "... dass sie über ausreichendes internes Eigenkapital verfügen, das den Risiken, denen sie ausgesetzt sind oder ausgesetzt sein können, im Hinblick auf die Quantität, Qualität und Streuung angemessen ist."[7] Des Weiteren wird auf die Notwendigkeit hingewiesen, dass Kreditinstitute zur Erreichung der Zielsetzung, ihren Risiken entsprechend ausreichendes internes Eigenkapital vorzuhalten, Strategien und Verfahren für eine angemessene Beurteilung ihrer Eigenkapitalausstattung einzurichten haben.[8]
Aufbauend auf diesem Erwägungsgrund fordert Artikel 123 der Bankenrichtlinie, dass Kreditinstitute über "solide, wirksame und umfassende Strategien und Verfahren, mit denen sie die Höhe, die Zusammensetzung und die Verteilung des internen Eigenkapitals, das sie zur quantitativen und qualitativen Absicherung ihrer aktuellen und etwaigen künftigen Risiken für angemessen halten, kontinuierlich bewerten und auf einem ausreichend hohen Stand halten können"[9] , verfügen sollen.
Insgesamt ergibt sich aus Erwägungsgrund 53 und Artikel 123 der Bankenrichtlinie für Kreditinstitute die Notwendigkeit ihre aus der Geschäftstätigkeit heraus resultierenden Risiken auf der einen Seite und das ihr als Risikodeckungspotenzial zur Verfügung stehende interne Kapital auf der anderen Seite zu bewerten bzw. zu messen, um auf Basis einer Gegenüberstellung von Risiko- und Risikodeckungspotenzial die Angemessenheit ihrer Risikotragfähigkeit beurteilen zu können.
Die Gesamtheit der Verfahren, die ein Institut aufgesetzt hat, um seine Risikotragfähigkeit zu ermitteln und langfristig sicherzustellen wird als "Internal Capital Adequacy Assessment Process" (ICAAP) bzw. zu Deutsch als Kapitaladäquanzverfahren bezeichnet.[10]
Neben Anforderungen an die Kreditinstitute richtet sich Erwägungsgrund 54 der Bankenrichtlinie an die Bankenaufsichtsbehörden. Von ihnen wird verlangt, dass sie "... sich davon überzeugen, dass Kreditinstitute über eine ihren aktuellen und etwaigen künftigen Risiken angemessene Organisation und Eigenmittelausstattung verfügen".[11] An diesen Erwägungsgrund anknüpfend regelt Artikel 124 der Bankenrichtlinie die Überprüfung, des von den Kreditinstituten eingerichteten Kapitaladäquanzverfahrens, durch die Bankenaufsicht. Die Überprüfung umfasst insbesondere die Beurteilung durch die Aufsicht, ob "... eine solide Risikoabdeckung"[12] unter Berücksichtigung der Eigenmittelausstattung gewährleistet und damit die Risikotragfähigkeit eines Kreditinstituts gegeben ist.
Als Ergebnis der Überarbeitung der als Basel I bekannten Eigenkapitalvereinbarungen von 1988 hat der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht[13] im Juni 2004 die unter dem Namen Basel II bekannte Rahmenvereinbarung zur internationalen Konvergenz der Eigenkapitalmessung und der Eigenkapitalanforderungen veröffentlicht. Mit der Überarbeitung der Eigenkapitalregelungen wurde insbesondere eine stärker am Risikoprofil der Kreditinstitute ausgerichtete Anforderung an das Vorhalten von regulatorischem Eigenkapital gestellt, mit dem Ziel die Stabilität des Finanzsystems zu fördern[14] .
Die Rahmenvereinbarung basiert auf drei unterschiedlichen Schwerpunkten, auch als "Säulen" bezeichnet, die sich gegenseitig unterstützen und verstärken sollen. Mit den Vorgaben von Säule eins wird das von den Instituten vorzuhaltende Mindesteigenkapital stärker an deren tatsächliche Risikolage angepasst. Das in Säule zwei verankerte aufsichtliche Überprüfungsverfahren, auch als "Supervisory Review Process" (SRP) bezeichnet[15] , zielt darauf ab, auf Basis eines intensiveren Dialogs zwischen Bankenaufsicht und Instituten, die von den Instituten eingesetzten internen Verfahren zur Beurteilung der Risiken sowie der Angemessenheit der Kapitalausstattung zu verbessern. Die als Marktdisziplin bezeichnete dritte Säule gibt letztlich Vorgaben zu den von den Instituten zu veröffentlichenden Informationen hinsichtlich ihrer Risikolage.
Während die Regelungen von Säule eins lediglich Mindestvorgaben an das von Instituten vorzuhaltende Eigenkapital formulieren,[16] stehen zur Beurteilung der Angemessenheit der Risikotragfähigkeit insbesondere die internen Verfahren zur Risiko- und Eigenkapitalbeurteilung innerhalb von Säule zwei im Fokus dieser Arbeit.
Zu den Regelungen von Säule zwei finden sich in der Rahmenvereinbarung vier zentrale Grundsätze, die die oben dargestellten Vorgaben aus der Bankenrichtlinie aufgreifen. In Analogie zu Erwägungsgrund 53 und Art. 123 fordert der erste Grundsatz, dass Banken "... über ein Verfahren zur Beurteilung der Angemessenheit ihrer gesamten Eigenkapitalausstattung im Verhältnis zu ihrem Risikoprofil sowie über eine Strategie für den Erhalt ihres Eigenkapitalniveaus verfügen"[17] sollen.
In einer Konkretisierung des ersten Grundsatzes nennt die Rahmenvereinbarung fünf wichtige Elemente, die im Rahmen des von den Kreditinstituten implementierten Kapitaladäquanzverfahrens zu berücksichtigen sind.
Da der Fokus dieser Arbeit auf den methodisch konzeptionellen Elementen zur Ermittlung der Risikotragfähigkeit liegt, wird im Folgenden auf die Darstellung prozessualer Vorgaben zur Sicherstellung der Risikotragfähigkeit verzichtet. Gleichwohl sind angemessenen prozessualen Vorkehrungen ebenfalls ein hoher Stellenwert beizumessen. Denn zur Sicherstellung der Risikotragfähigkeit stellt die Umsetzung der dem jeweiligen Risikotragfähigkeitsansatz zugrunde liegenden Methoden innerhalb der Geschäftsprozesse eine notwendige Voraussetzung dar.
Mit den beiden Elementen "Fundierte Beurteilung der Eigenkapitalausstattung"[18] und "Umfassende Beurteilung der Risiken"[19] werden innerhalb des ersten Grundsatzes methodische Vorgaben an die Ausgestaltung von Ansätzen zur Sicherstellung der Risikotragfähigkeit adressiert. Im erstgenannten Element wird von den Kreditinstituten gefordert, dass sämtliche als wesentlich eingestufte Risiken zu messen und dem zur Verfügung stehenden Kapital gegenüberzustellen sind.[20]
Weiterhin hat ein Institut die strategische Geschäftsausrichtung im Rahmen der Beurteilung seiner Eigenkapitalausstattung mit einzubeziehen.
Innerhalb des Elements der umfassenden Beurteilung der Risiken nennt der Baseler Ausschuss eine nicht als abschließend anzusehende Liste von Risikoarten, die ein Institut im Rahmen der Beurteilung und Messung seiner Risiken potenziell zu berücksichtigen hat.[21] Neben den in Säule eins mit regulatorischem Eigenkapital zu unterlegenden Risiken werden unter anderem Zinsänderungsrisiken des Anlagebuchs sowie mit dem Begriff "Andere Risiken"[22] bezeichnete Reputationsrisiken und strategische Risiken genannt.
Auf die Ausgestaltung von Risikomessmethoden zur Quantifizierung der im Rahmen von Ansätzen zur Sicherstellung der Risikotragfähigkeit einzubeziehenden Risikoarten wird in Kapitel drei dieser Arbeit näher eingegangen.
Zusätzlich zu den bisher dargestellten Anforderungen sehen die Vorgaben des ersten Grundsatzes ergänzend vor, dass auch die "... jeweilige Phase des Konjunkturzyklus"[23] bei der Beurteilung der Eigenkapitalausstattung vom Institut zu berücksichtigen ist.
Mit dem zweiten in Säule zwei genannten Grundsatz richtet sich der Baseler Ausschuss an die Bankenaufsicht. Gleichgerichtet mit Erwägungsgrund 54 und Art. 124 der Bankenrichtlinie sieht der zweite Grundsatz eine Überprüfung und Bewertung der bankinternen Beurteilungsverfahren und Strategien zur angemessenen Eigenkapitalausstattung durch die Bankenaufsichtsbehörden vor.[24] Die Überprüfung der Angemessenheit der Eigenkapitalausstattung durch die Bankenaufsicht umfasst sowohl die von den Instituten implementierten Verfahren zur Beurteilung der Qualität und Quantität ihres Kapitals als auch die Methoden zur Risikomessung und Risikoaggregation.
Weiterhin ist von der Bankenaufsicht zu überprüfen, ob die Institute über Verfahren verfügen, die eine Einhaltung der in Säule eins niedergelegten Mindesteigenkapitalanforderungen sicherstellen.[25]
In den weiteren Ausführungen des Baseler Ausschusses zum zweiten Grundsatz werden mit „Vor-Ort-Prüfungen“, „Gesprächen mit der Geschäftsleitung der Bank“[26] sowie weiteren dort aufgelisteten Maßnahmen Überprüfungsinstrumente der Bankenaufsicht genannt, die in Kapitel 2.2.1 dieser Arbeit näher beschrieben werden.
Über die bisher dargestellten rechtlichen Rahmenbedingungen zur Ermittlung der Angemessenheit der Eigenkapitalausstattung der Kreditinstitute auf der einen Seite und die Überprüfung der für diese Zwecke von den Instituten eingesetzten Verfahren durch die Bankenaufsicht auf der anderen Seite, fordert der zweite Grundsatz ferner, dass die Bankenaufsicht aufsichtsrechtliche Maßnahmen ergreifen können sollte, sofern sich Beanstandungen im Rahmen ihrer Überprüfungshandlungen ergeben.[27]
In den beiden weiteren innerhalb von Säule zwei verankerten Grundsätzen drei und vier wird die Fähigkeit der Bankenaufsicht, aufsichtsrechtliche Maßnahmen ergreifen zu können, weiter ausgeführt. Während Grundsatz drei der Bankenaufsicht die Möglichkeit einräumt „… von den Banken eine Eigenkapitalausstattung zu verlangen, die über dem Minimum liegt“[28] (gemeint sind die Mindesteigenkapitalanforderungen gemäß Säule eins), spricht Grundsatz vier der Bankenaufsicht Eingriffsmöglichkeiten in die Geschäftstätigkeit der Institute zu.[29]
Weitere Ausführungen zu den einzelnen Eingriffs- und Sanktionsmöglichkeiten, die der Bankenaufsicht bei einer Gefährdung der Risikotragfähigkeit der Institute obliegen, erfolgen in Kapitel 2.2.2 dieser Arbeit.
In den sich an dieses Unterkapitel anschließenden Ausführungen zu gesetzlichen Grundlagen auf nationaler Ebene, wird insbesondere die Umsetzung der bisher dargestellten internationalen Rahmenbedingungen zur Ermittlung der Risikotragfähigkeit in nationales Recht beleuchtet.
2.2.2 Nationale Vorgaben
Eine Umsetzung der Mindesteigenkapitalanforderungen von Säule eins des Rahmenvertrages zur internationalen Konvergenz der Eigenkapitalmessung und der Eigenkapitalanforderungen in deutsches Recht, erfolgt insbesondere durch § 10 KWG, der gleichzeitig die zentrale Rechtsgrundlage zur Definition des regulatorischen Eigenkapitals ist. Das regulatorische Eigenkapital setzt sich aus unterschiedlichen Bilanzpositionen zusammen, die hinsichtlich ihrer Qualität in vier unterschiedliche Klassen unterteilt werden können.[30] Das sogenannte Kernkapital setzt sich im Wesentlichen aus dem eingezahlten Kapital, den offenen Rücklagen sowie dem Sonderposten für allgemeine Bankrisiken nach § 340 g HGB zusammen. Da sämtliche Komponenten unmittelbar und unbeschränkt zur Kompensation von Verlusten herangezogen werden können, kommt dem Kernkapital die höchste Qualität zu.[31] Unter Beachtung der in § 10 KWG niedergelegten Kappungsgrenzen, stellen das sogenannte Ergänzungskapital und die Drittrangmittel weitere Komponenten des regulatorischen Kapitals dar. Unterteilt in Ergänzungskapital erster und zweiter Klasse, weist das Ergänzungskapital im Vergleich zum Kernkapital eine geringere Fähigkeit auf Verluste sofort kompensieren zu können.[32] Während insbesondere Reserven nach § 340 f HGB und Kapitalbestandteile, die die Anforderungen des § 10 Abs. 5 KWG erfüllen, zum Ergänzungskapital erster Klasse zählen, können vor allem längerfristige nachrangige Verbindlichkeiten als Ergänzungskapital zweiter Klasse qualifiziert werden.
Die geringste Eignung und Fähigkeit Verluste abzufedern, kommt den Drittrangmitteln zu.[33] Zu diesen zählen sowohl kurzfristige nachrangige Verbindlichkeiten als auch aufgrund von Kappungsgrenzen in einem ersten Schritt nicht anrechnungsfähige Teile des Ergänzungskapitals sowie Nettogewinne aus Handelsbuchgeschäften.
Auf Basis von § 10 Abs.1 Satz 9 KWG werden ergänzend detaillierte Regelungen zur Mindesteigenkapitalausstattung durch die vom Bundesministerium der Finanzen im Benehmen mit der Deutschen Bundesbank erlassenen "Verordnung über die angemessene Eigenmittelausstattung von Instituten, Institutsgruppen und Finanzholding-Gruppen"[34] geregelt.
Die Übertragung der Anforderungen aus dem aufsichtlichen Überprüfungsverfahren (Säule zwei) in deutsches Recht erfolgt durch § 25a Abs.1 KWG. An dieser Stelle fordert das Gesetz von den Instituten eine "ordnungsgemäße Geschäftsorganisation"[35] einzurichten. In § 25a Abs.1 Satz 3 wird der Begriff der "ordnungsgemäßen Geschäftsorganisation" konkretisiert. So stellt der Gesetzgeber klar, dass die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsorganisation an das Vorhandensein an ein "angemessenes und wirksames Risikomanagement"[36] geknüpft ist, "auf dessen Basis ein Institut die Risikotragfähigkeit laufend sicherzustellen hat"[37] . Innerhalb von § 25a Abs.1 Satz 3 listet der Gesetzgeber einige Elemente auf, die unter dem unbestimmten Rechtsbegriff eines "angemessenen und wirksamen Risikomanagements" zu verstehen sind. An prominenter Stelle und damit zu Beginn der Auflistung werden "Verfahren zur Ermittlung und Sicherstellung der Risikotragfähigkeit"[38] als wichtiges Element des Risikomanagements genannt.
Mit dem Rundschreiben 11/2010 (BA) vom 15.12.2010 hat die BaFin ihre zweite Novellierung der Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk) veröffentlicht, die eine weitere Konkretisierung des in § 25a Abs.1 KWG genannten Begriffs des Risikomanagements vornehmen. Bei den MaRisk handelt es sich um "norminterpretierende Verwaltungsvorschriften"[39] , die im Gegensatz zu den regelbasierten Anforderungen der Säule eins, einen prinzipienorientierten Rahmen zur Ausgestaltung des Risikomanagements in Kreditinstituten vorgeben.[40]
Die Regelungen der MaRisk folgen einem modularen Aufbau:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: MaRisk Interpretationsleitfaden 4.0 Sparkassen, S. 24
Abbildung 1 : Modularer Aufbau der MaRisk
Von besondere Relevanz für diese Arbeit mit Schwerpunkt auf den methodisch - konzeptionellen Fragestellungen zur Ermittlung der Risikotragfähigkeit sind die Vorgaben des AT 2.2 und AT 4.1 aus dem Allgemeinen Teil der MaRisk. Des Weiteren werden innerhalb des Besonderen Teils der MaRisk Anforderungen an die Risikosteuerungs- und -controllingprozesse der Institute formuliert. Obwohl diese Anforderungen hauptsächlich den prozessualen Umgang mit Risiken betreffen, werden teilweise auch Vorgaben an die Risikomessmethoden der Adressenausfall-, Marktpreis-, Liquiditäts- und operationellen Risiken formuliert.
Im Folgenden werden zunächst die sich aus dem Allgemeinen Teil ergebenden Vorschriften an die Ausgestaltung von Ansätzen zur Sicherstellung der Risikotragfähigkeit erläutert. Anschließend werden die Vorgaben zu den Risikosteuerungs- und -controllingprozessen des Besonderen Teils mit Bezug zur Risikomessmethodik betrachtet.
Im Allgemeinen Teil der MaRisk finden sich insbesondere Vorschriften über das Ausmaß der innerhalb von Risikotragfähigkeitsansätzen zu berücksichtigenden Risikoarten. Gemäß AT 4.1 Tz.1 der MaRisk sind mindestens die „wesentlichen Risiken“[41] eines Kreditinstituts in die Beurteilung der Risikotragfähigkeit aufzunehmen. Mit dieser Anforderung greifen die MaRisk die im ersten Grundsatz der Säule zwei geforderte „umfassende Beurteilung der Risiken“[42] auf.
In diesem Zusammenhang fordert AT 2.2 Tz.1 der MaRisk von den Instituten in einem ersten Schritt die Durchführung einer sogenannten „Risikoinventur“[43] .
Gegenstand der Risikoinventur ist eine systematische Identifizierung und Analyse sämtlicher Risiken, denen das Institut aufgrund der ausgeübten Geschäftstätigkeit ausgesetzt ist und bildet im Ergebnis das Gesamtrisikoprofil der Bank ab. Das Risikoprofil kann als aggregierte Risikogröße sämtlicher zu einem bestimmten Betrachtungszeitpunkt bewerteten wesentlichen Risiken eines Instituts bezeichnet werden.[44]
In einem zweiten Schritt fordert AT 2.2 Tz.1 der MaRisk weiter, dass die Institute auf Basis ihres Risikoprofils eine Beurteilung der Wesentlichkeit sämtlicher Risiken vorzunehmen haben.
Damit die Risikotragfähigkeit als gegeben angesehen werden kann, darf die Summe der wesentlichen Risiken das von einem Institut vorgehaltene Risikodeckungspotenzial nicht übersteigen.[45]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Deutscher Sparkassen- und Giroverband (2011), S. 221.
Abbildung 2 : Prinzipdarstellung der Risikotragfähigkeit
Der Begriff des Risikodeckungspotenzials kann mit dem in der Bankenrichtlinie verwendeten Begriff des internen Kapitals gleichgesetzt werden.[46]
Im Rahmen einer umfassenden Beurteilung der Risiken sehen AT 2.2 Tz.1 und AT 4.1 Tz.1 der MaRisk ergänzend die Einbeziehung von „mit wesentlichen Risiken verbundene Risikokonzentrationen“[47] bei der Ableitung des Gesamtrisikoprofils vor.
Bereits an dieser Stelle zeigt sich deutlich der zu Beginn dieses Unterkapitels erwähnte prinzipienorientierte Regelungsansatz der MaRisk, da die Beurteilung der Wesentlichkeit der Risiken in Abhängigkeit von den institutsindividuellen Risikoverhältnissen erfolgt.
Allerdings definiert AT 2.2 Tz.1 der MaRisk, dass grundsätzlich Adressenausfallrisiken, Marktpreisrisiken, operationelle Risiken und Liquiditätsrisiken als wesentliche Risiken zu behandeln sind. In begründeten Ausnahmefällen sehen die Regelungen des AT 4.1 Tz.4 der MaRisk jedoch vor, dass nicht in jedem Fall als wesentlich eingestufte Risiken in die Beurteilung der Risikotragfähigkeit einzubeziehen sind. Neben einer nachvollziehbaren Begründung für die Nichtberücksichtigung innerhalb des Risikotragfähigkeitskalküls, fordert AT 4.1 Tz.4 der MaRisk, dass eine Kompensation des jeweiligen Risikos durch das Vorhalten von internem Kapital nicht sinnvoll erfolgen kann. Als Beispiel führen die MaRisk an dieser Stelle Liquiditätsrisiken an.
Eine Definition sowie nähere Erläuterungen zu potenziell im Rahmen von Risikotragfähigkeitsansätzen zu berücksichtigenden Risikoarten sind Gegenstand von Kapitel 3.2.1 dieser Arbeit.
Neben dem Umfang der innerhalb von Ansätzen zur Sicherstellung der Risikotragfähigkeit zu berücksichtigenden Risikoarten, greifen die Regelungen der MaRisk auch die in Art. 123 der Bankenrichtlinie geforderte Einbeziehung der Strategie in das von Instituten einzurichtende Kapitaladäquanzverfahren auf. Nach Maßgabe von AT 4.1 Tz.2 der MaRisk stellt die Risikotragfähigkeit eines Instituts den Ausgangspunkt für die Formulierung strategischer Ziele dar. Sachlogisch liegt diese Forderung in der Tatsache begründet, dass strategische Vorgaben nur unter der Voraussetzung realisiert werden können, dass die damit einhergehenden Risiken in einem angemessenen Verhältnis zur Risikotragfähigkeit stehen.[48]
Im Zusammenhang mit der Berücksichtigung strategischer Vorgaben fordert AT 4.1 Tz.3 der MaRisk weiterhin eine zukunftsorientierte Ausgestaltung des Kapitaladäquanzverfahrens. Sowohl „beabsichtigte Veränderungen der eigenen Geschäftstätigkeit“ als auch „erwartete Veränderungen des wirtschaftlichen Umfelds“[49] sind in die Beurteilung der Risikotragfähigkeit einzubeziehen. Neben Auswirkungen auf den Umfang und das Ausmaß in die Risikotragfähigkeit einzubeziehender Risiken auf der einen Seite, sind gleichermaßen Auswirkungen auf die Höhe und Zusammensetzung des Risikodeckungspotenzials vorzunehmen.[50] Im Sinne einer zeitlichen Vorgabe hinsichtlich der zukunftsorientierten Ausgestaltung des Risikotragfähigkeitsansatzes fordert AT 4.1 Tz.3 der MaRisk „eine angemessene Betrachtung über den Bilanzstichtag hinaus“[51] . In den Erläuterungen der BaFin zum zeitlichen Horizont wird grundsätzlich eine Betrachtung bis zu dem auf den nächsten Bilanzstichtag folgenden Bilanzstichtag als hinreichend erachtet. In ihren Erläuterungen sieht die BaFin weiterhin vor, dass spätestens ab der Mitte eines Jahres die Vorausschau auf den übernächsten Bilanzstichtag zu erfolgen hat.
Die zuletzt genannte Forderung der MaRisk, eine Betrachtung über den Bilanzstichtag hinaus vorzunehmen, richtet sich allerdings nur an Institute, die ausschließlich einen auf Jahresabschlussgrößen basierenden Risikotragfähigkeitsansatz verfolgen.
Welche grundlegenden Arten von Risikotragfähigkeitsansätzen existieren und wie diese ausgestaltet sind, ist Gegenstand von Kapitel 2.3.2 dieser Arbeit.
Die im Allgemeinen Teil der MaRisk enthaltenen Vorgaben an die methodisch-konzeptionelle Ausgestaltung von Risikotragfähigkeitsansätzen zielen weiterhin mit AT 4.1 Tz. 5 primär auf eine Quantifizierung der als wesentlich eingestuften Risiken ab. Nur wenn ein Institut über keine geeigneten Verfahren zur Risikoquantifizierung verfügt, sehen die Regelungen als Alternativlösung expertenbasierte Schätzungen von Risikobeträgen vor, die Eingang in die Ableitung des Risikoprofils finden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Deutsche Bundesbank (2009), S. 77.
Abbildung 3 : Ableitung des Gesamtrisikoprofils
Zum Themenbereich der Risikoquantifizierung stellen AT 4.1 Tzn. 6 und 7 der MaRisk ferner Anforderungen an die Berücksichtigung risikomindernder Diversifikationseffekte. Die Vorgaben beziehen sich sowohl auf Diversifikationseffekte, die zwischen den verschiedenen Risikoarten angesetzt werden können, als auch auf solche, die innerhalb der Quantifizierung einer Risikoart vom Institut verwendet werden.[52]
Die Vorgaben zum Umgang mit risikomindernden Diversifikationseffekten fordern zum einen eine hinreichende Repräsentativität der Daten, die der Ableitung der Diversifikationseffekte zugrunde liegen. So sind Diversifikationseffekte gemäß AT 4.1 Tz. 6 der MaRisk vor dem Hintergrund der "institutsindividuellen Verhältnisse"[53] abzuleiten. In den Erläuterungen der BaFin wird in diesem Zusammenhang verlangt, "dass die zugrunde liegenden Daten die Geschäfts- und Risikostruktur des Instituts wiederspiegeln" müssen.[54]
Eine unreflektierte Übernahme externer Daten, als Grundlage für die innerhalb der Risikoquantifizierung verwendeten Diversifikationseffekte, wird durch die Regelungen der MaRisk daher ausgeschlossen.
Zum anderen richten sich die Regelungen der MaRisk an den Datenumfang und die Stabilität der Diversifikationseffekte. Mit der Anforderung an das Vorliegen einer Datenhistorie schließen die Regelungen der MaRisk eine Verwendung von Diversifikationseffekten, die ausschließlich auf der Basis von Expertenschätzungen beruhen, aus.[55]
Ein Institut hat in diesem Zusammenhang bei dem für die Datenhistorie gewählten Zeitraum sicherzustellen, dass mit dem Konjunkturverlauf einhergehende Veränderungen der Diversifikationseffekte innerhalb dieser Datenbasis auch enthalten sind. Da sich die Wahl des Zeitraums für die Datenhistorie auch auf die Höhe der Diversifikationseffekte auswirkt, stellen die MaRisk ebenfalls Anforderungen an die Stabilität. Sowohl "in konjunkturellen Abschwungphasen[56] " als auch in Zeiten, die unter Berücksichtigung der Portfoliozusammensetzung für das Institut ungünstige Marktverhältnisse darstellen, müssen die in der Risikoquantifizierung angesetzten Diversifikationseffekte Gültigkeit besitzen.
Schließlich fordert AT 4.1 Tz. 7 von den Instituten die der Ableitung von Diversifikationseffekten zugrunde liegenden Annahmen sowie die Stabilität der Diversifikationseffekte in regelmäßigen Abständen zu überprüfen.
Analog zur zuletzt genannten Forderung sind gemäß AT 4.1 Tz. 8 der MaRisk sämtliche Annahmen, die den eingesetzten Verfahren zur Beurteilung der Risikotragfähigkeit zugrunde liegen, in einem regelmäßigen Turnus zu überprüfen.
[...]
[1] Vgl. www.fmsa.de (Stand 16.05.2012).
[2] Vgl. ebenda (Stand 16.05.2012).
[3] Vgl. www.diepresse.com (Stand 16.05.2012).
[4] Vgl. www.euractiv.de (Stand 16.05.2012).
[5] Vgl. Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (2010), S. 143.
[6] Vgl. Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (2011), S. 162.
[7] Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L177/6.
[8] Vgl. ebenda.
[9] ebenda, Nr. L177/46.
[10] Vgl. Österreichische Nationalbank (2006), S. 8.
[11] Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L177/6.
[12] ebenda, Nr. L177/47.
[13] Der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht ist ein Gremium, welches sich aus Vertretern der Bankenaufsichtsinstanzen und der Zentralbanken zahlreicher europäischer Länder sowie den USA zusammensetzt und für Tagungen im Hause der BIZ in Basel zusammenkommt.
[14] Vgl. Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht (2006), RdNr. 4.
[15] Vgl. Österreichische Nationalbank (2006), S. 7.
[16] Vgl. Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht (2006), RdNr. 9.
[17] ebenda, S. 147.
[18] Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht (2006), S. 233.
[19] ebenda.
[20] Vgl. ebenda, RdNr. 732.
[21] Vgl. ebenda, S. 148 f.
[22] ebenda, RdNr. 742.
[23] ebenda, RdNr. 726.
[24] Vgl. ebenda, S. 150.
[25] Vgl. Ebenda, RdNr. 755.
[26] ebenda, RdNr. 746.
[27] Vgl. ebenda, S. 150.
[28] ebenda, S. 152.
[29] Vgl. Ebenda.
[30] Vgl. Kuks K./ Manns T./ Savova D./ Schmid A. (2012), S. 366.
[31] Vgl. ebenda.
[32] Vgl. ebenda.
[33] Vgl. ebenda.
[34] Verordnung über die angemessene Eigenmittelausstattung von Instituten, Institutsgruppen und Finanzholding-Gruppen (Solvabilitätsverordnung – SolvV), vom 14.12.2006.
[35] Siehe § 25a Abs.1 Satz1 KWG, Stand Januar 2012.
[36] Siehe § 25a Abs.1 Satz 3 KWG, Stand Januar 2012.
[37] Siehe ebenda.
[38] Siehe § 25a Abs.1 Satz 3 Nr.1 KWG, Stand Januar 2012.
[39] Hannemann, R./ Schneider, A. (2011), S. 19.
[40] Vgl. ebenda, S. 22.
[41] Siehe AT 4.1 Tz.1 MaRisk, vom 15.12.2010.
[42] Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht (2006), S. 233.
[43] Siehe AT 2.2 Tz.1 MaRisk, vom 15.12.2010.
[44] Vgl. Hannemann, R./ Schneider, A. (2011), S. 133.
[45] Siehe. AT 4.1 Tz.1 MaRisk, vom 15.12.2010.
[46] Vgl. Hannemann, R./ Schneider, A. (2011), S. 134.
[47] Siehe AT 2.2 Tz.1 MaRisk, vom 15.12.2010.
[48] Vgl. Hannemann, R./ Schneider, A. (2011), S. 159/160.
[49] Siehe AT 4.1 Tz.3 MaRisk, vom 15.12.2010.
[50] Vgl. Hannemann, R./ Schneider, A. (2011), S. 162.
[51] Siehe AT. 4.1 Tz.3 MaRisk, vom 15.12.2010.
[52] Vgl. Hannemann, R./ Schneider, A. (2011), S. 170.
[53] Siehe AT 4.1 Tz.6 MaRisk, vom 15.12.2010.
[54] Siehe Erläuterungen zu AT 4.1 Tz.6 MaRisk, vom 15.12.2010.
[55] Vgl. Hannemann, R./ Schneider, A. (2011), S.175.
[56] Siehe AT 4.1 Tz.6 MaRisk, vom 15.12.2010.
- Arbeit zitieren
- Dominik Leichinger (Autor:in), 2012, Risikotragfähigkeit in Kreditinstituten: Ermittlung, Beurteilung, Weiterentwicklungspotenzial, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/201829
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