Wer kennt es nicht, das Bild von in Cafés (oder unbeheizten Ladenlokalen) herumlümmelnden Menschen, den Laptop vor ihnen aufgebaut, daneben ein Latte Macchiato. Menschen, die so oder so ähnlich ihrer täglichen Arbeit nachgehen. Sie nennen sich Freelancer. Es gibt auch schmissigere Bezeichnungen für sie, aber dazu kommen wir später. Vorerst muss zugegeben werden, dass jemand, der in den letzten 3 Jahren nicht in Berlin war, dieses Bild vermutlich nicht kennt. Dieses Bild kann man eigentlich nur aus Berlin kennen. Nicht, dass es in anderen deutschen Großstädten diese Menschen nicht gäbe. Es gibt sie. Und zwar zu Hauf. Aber dort sitzen sie eben nicht in unbeheizten Ladenlokalen herum. Höchstens noch in günstigen Cafés. Aber auch das eher selten. In anderen Städten sind sie einfach unauffälliger. Vielleicht mag man (der Leser) sich nun fragen, warum ich dieses Bild verwende, wenn ich es doch scheinbar selbst nicht für repräsentativ halte. Ich benutze es, weil es so passend das ausdrückt und, worüber ich hier schreiben möchte . Weil dieses Bild genau den Arbeitstypus der modernen Kultur- und Medienbranche abzeichnet, den ich hier in Worten zu skizzieren versuche. In der vorliegenden Arbeit geht es um jene Menschen, die freiberuflich „künstlerisch“ tätig sind, und die Frage, ob bei ihnen die Grenze zwischen Arbeit und Leben verschwimmt. Es geht um Freelancer in den neuen Medien über die ich behaupte, dass ihr Privatleben und ihr Arbeitsleben in besonderem Maße und auf besondere Art entgrenzt sind. Mein Anliegen ist es entgegen des Befunds von Annette Henniger (2006, 161), dass kein genereller Trend zur Entgrenzung von Erwerbsarbeit und Privatleben bei Freelancern auszumachen ist, zu zeigen, dass genau das Gegenteil der Fall ist. Annette Henninger konzentriert sich in ihrer Analyse auf den Aspekt der sozialen Netzwerke. Da die privaten und beruflichen Netzwerke sich ihrer Analyse nach nicht überschneiden, geht sie von keiner Entgrenzung aus. Dieser einzelne Aspekt greift meiner Meinung nach viel zu kurz, um solch einen Rückschluss zu ziehen. Dementgegen werde ich verschiedene Perspektiven und Ebenen beleuchten, um meine These, dass die Grenze zwischen Arbeit und Leben bei Freelancer zerfließt, zu stützen.
Wer kennt es nicht, das Bild von in Cafés (oder unbeheizten Ladenlokalen) herumlüm-melnden Menschen, den Laptop vor ihnen aufgebaut, daneben ein Latte Macchiato. Menschen, die so oder so ähnlich ihrer täglichen Arbeit nachgehen. Sie nennen sich Freelancer. Es gibt auch schmissigere Bezeichnungen für sie, aber dazu kommen wir später. Vorerst muss zugegeben werden, dass jemand, der in den letzten 3 Jahren nicht in Berlin war, dieses Bild vermutlich nicht kennt. Dieses Bild kann man eigentlich nur aus Berlin kennen. Nicht, dass es in anderen deutschen Großstädten diese Men- schen nicht gäbe. Es gibt sie. Und zwar zu Hauf. Aber dort sitzen sie eben nicht in unbeheizten Ladenlokalen herum. Höchstens noch in günstigen Cafés. Aber auch das eher selten. In anderen Städten sind sie einfach unauffälliger. Vielleicht mag man (der Leser) sich nun fragen, warum ich dieses Bild verwende, wenn ich es doch scheinbar selbst nicht für repräsentativ halte. Ich benutze es, weil es so passend das ausdrückt und, worüber ich hier schreiben möchte . Weil dieses Bild genau den Arbeitstypus der modernen Kultur- und Medienbranche abzeichnet, den ich hier in Worten zu skizzie- ren versuche. In der vorliegenden Arbeit geht es um jene Menschen, die freiberuflich „künstlerisch“ tätig sind, und die Frage, ob bei ihnen die Grenze zwischen Arbeit und Leben verschwimmt.
Es geht um Freelancer in den neuen Medien über die ich behaupte, dass ihr Privatleben und ihr Arbeitsleben in besonderem Maße und auf besondere Art entgrenzt sind. Mein Anliegen ist es entgegen des Befunds von Annette Henniger (2006, 161), dass kein genereller Trend zur Entgrenzung von Erwerbsarbeit und Privatleben bei Freelan- cern auszumachen ist, zu zeigen, dass genau das Gegenteil der Fall ist. Annette Hennin- ger konzentriert sich in ihrer Analyse auf den Aspekt der sozialen Netzwerke. Da die privaten und beruflichen Netzwerke sich ihrer Analyse nach nicht überschneiden, geht sie von keiner Entgrenzung aus. Dieser einzelne Aspekt greift meiner Meinung nach viel zu kurz, um solch einen Rückschluss zu ziehen. Dementgegen werde ich verschie- dene Perspektiven und Ebenen beleuchten, um meine These, dass die Grenze zwischen Arbeit und Leben bei Freelancer zerfließt, zu stützen.
Da das Thema rund um das moderne Freelancertum Begeisterung und Skepsis glei- chermaßen entlockt, neigt man dazu sich entweder der Fangemeinde oder den Kri- tikern dieser Lebensform anzuschließen. Den mutmaßlichen Zustand und Charakter des modernen Freelancertums zu bewerten ist an dieser Stelle allerdings nicht meine Intention. Ich möchte nicht Vor- und Nachteile dieser neuen Lebensform abwägen, son- dern in Hinblick auf meine These herausstellen, was den Arbeitstypus des Freelancers auszeichnet und charakterisiert.
Selbstverwirklichung
Für mich sind Freelancer ein Paradebeispiel der Entgrenzung von Arbeit und Leben. Sie schreien es geradezu heraus. Freelancer verzichten freiwillig auf alle Grenzen. Und das aus einem modernen, wie einfachen Grund: Der Selbstverwirklichung willen. Sie wollen sich auf diese Weise selbstverwirklichen, weil ihr beruflicher Erfolg auch mit ihrem persönlichem Lebensglück Hand in Hand geht. Freelancer geben ihre Grenzen auf - und das mit Freude! Sie tun dies, um ein einheitliches Leben führen, und in ihrer Arbeit aufgehen zu können. Wenn es Freelancer um den reinen Broterwerb ginge, dann wären sie meiner Meinung nach keine Freelancer. Dann könnten sie für mehr Lohn in einer Fabrik am Fließband stehen. Natürlich wird es hier und da Einzelne geben, die aus der Not zum Freelancer wurden. Allerdings sehe ich auch hier Menschen, die selbst in der Not „ihren“ Beruf nicht aufgeben wollen. Denn sie könnten für wahrscheinlich mehr Geld bei f6 Zigaretten stopfen oder Müll fremder Leute abtransportieren. Aber das tun sie nicht. Es zeigt sich bereits, dass es nicht um die bloße Entlohnung geht. Wichtig ist die Tätigkeit an sich. Der Gelderwerb kommt für Viele erst an zweiter oder dritter Stelle. Es geht eher darum sich in seinem und durch seinen Beruf selbst zu verwirklichen. Die monetäre Entlohnung ist nicht so viel wert wie die Entlohnung auf persönlicher Ebene.
Im Besonderen geht es Freelancern um arbeitsinhaltliche Autonomie (vgl. Betzelt 2006, 50) und kreative Selbstverwirklichung. Zwei Punkte, die meiner Ansicht nach passend den heutigen Zeitgeist widerspiegeln. Denn scheint es nicht überall heute darum zu gehen einen Job zu machen, den man als sinnvoll und erfüllend erachtet? Die Zeit des Arbeitens um zu Leben scheinen lange vorbei. Zumindest bei den mittleren und oberen Bildungsschichten. Eine Putzfrau putzt wohl immer noch um leben zu können. Und nicht, weil sie denkt saubere Toiletten würden die Welt zu einem besseren Ort machen. Obwohl dies gar nicht so abwegig wäre ...
Wie auch immer, für mich zeigt sich bereits in dem Wunsch etwas „sinnvolles“ und erfüllendes als Erwerbsarbeit zu tun- zumindest ideel - eine Entgrenzung. Darüber hinaus wollen sich Freelancer persönlich weiterentwickeln (vgl. Betzelt 2006, 48ff). Es geht also auch bei dem Thema Weiterentwicklung, nicht nur um die berufliche, son- dern in einem Kanon auch um die persönliche Weiterentwicklung. Da werden schon im Alltag von Vielen ohne es zu wissen zwei Ebenen vermischt. Wie gesagt, ein Zeichen unserer Zeit: Beruf und Persönlichkeit in einen Topf zu werfen und alles einmal kräftig umzurühren. Freelancer sind dabei gewiss die Pioniere dieses Paradigmenwechsels. Die Identifikation mit dem eigenen Beruf ist so hoch, dass er die gesamte Lebensführung dominiert.
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- Marie Luedtkes (Author), 2008, Freelancer in den neuen Medien: Entgrenzung von Arbeit und Leben?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/201216
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