Es ist ein Streitgespräch, das der Politikwissenschaftler und Philosoph Giovanni Sartori und der australischen Politikwissenschaftler Graham Maddox führen und bei dem eine Einigung nahezu unmöglich scheint, wie sich herausstellen wird. Begonnen hatte diese fruchtbringende Debatte mit dem 1982 im American Political Science Review erschienenen Kommentar A note on the Meaning of Constitution von Maddox auf den von Sartori zwanzig Jahre zuvor ebenfalls in dieser Zeitschrift veröffentlichten Text: Constitutionalism: A Preliminary Discussion. Das Thema, um welches sich diese Diskussion dreht, sind die Bedeutungen bzw. Anwendungen der Worte „constitution“, „constitutionel“ und „constitutionalism“ . Auch die beiden im Jahr 1984 erschienenen Antworten auf den Kommentar des jeweils anderen vermochten keine Einigkeit zwischen den beiden Autoren darzustellen, was Gegenstand dieser Arbeit ist.
Dabei wird sich mit insgesamt vier Veröffentlichungen der beiden Wissenschaftler auseinandergesetzt:
Maddox, Graham: A note on the Meaning of Constitution, in: American Political Science
Review 56.4 (1982), S. 805–809.
Ders.: On Constitutionalism. A reply to Professor Sartori, in: American Political Science
Review 78.4 (1984), S. 1070–1071.
Sartori, Giovanni: Constitutionalism. A preliminary discussion, in: American Political
Science Review 56.4 (1962), S. 853–864.
Ders.: Comment on Maddox, in: American Political Science Review 78.4 (1984), S. 497–499.
Es ist ein Streitgespräch, das der Politikwissenschaftler und Philosoph Giovanni Sartori und der australischen Politikwissenschaftler Graham Maddox führen und bei dem eine Einigung nahezu unmöglich scheint, wie sich herausstellen wird. Begonnen hatte diese fruchtbringende Debatte mit dem 1982 im American Political Science Review erschienenen Kommentar A note on the Meaning of Constitution von Maddox auf den von Sartori zwanzig Jahre zuvor ebenfalls in dieser Zeitschrift veröffentlichten Text: Constitutionalism: A Preliminary Discussion. Das Thema, um welches sich diese Diskussion dreht, sind die Bedeutungen bzw. Anwendungen der Worte „constitution“, „constitutionel“ und „constitutionalism“[1] . Auch die beiden im Jahr 1984 erschienenen Antworten auf den Kommentar des jeweils anderen vermochten keine Einigkeit zwischen den beiden Autoren darzustellen, was Gegenstand dieser Arbeit ist.
Der Ausgangspunkt des Wortes wird sowohl von Sartori als auch von Madoxx im lateinischen „constitutio“, was „Erlass“ oder „Anordnung“ bedeutet, und im dazugehörigen Verb „constituere“, also „etwas festlegen“, gesehen (vgl. Sartori 1962: 853; vgl. Madoxx 1982: 805). Mit diesem Verweis auf die Antike eröffnen die Autoren die erste Dimension ihrer Diskussion: die historische Dimension des Begriffs „constitution“.
Mit der Anerkennung seiner antiken Wurzeln endet die Übereinstimmung der Autoren über den historischen Verlauf der Wortbedeutung. Ab diesem Punkt nämlich wird der Begriff für Sartori unscharf („vacant term“) (vgl. Sartori 1962: 853) . Mit verweisen auf die Kirche und die Verwendung des Begriffs legt er dar, dass das Wort nur eine rechtliche Bedeutung inne hat und sich somit lediglich auf die Ordnung eines Staates oder die Schaffung einer solchen bezieht (vgl. Sartori 1962: 853).
Seine moderne Bedeutung hat der Begriff laut Sartori jedoch erst später erfahren. Im Übergang vom 18. zum 19. Jahrhundert mit der amerikanischen Revolution von 1776 der französischen von 1789 (vgl. Sartori 1962: 859) und dem von dort aus immer weiter in Europa um sich greifenden „constitutionalism“ gewann das Wort jenes Element hinzu, was Sartori als unablässig ansieht, damit ein Staat als „constitutional“ bezeichnet werden kann: garantiste, Herrschaftslimitierung (vgl. Sartori 1962: 855). Eben hier liegt der primäre Widerspruch der beiden Autoren zueinander. Während nämlich Sartori der Meinung ist, dass ein Staat nur dann im Gleichgewicht sein kann, wenn eine Limitierung der Regierungsmacht vorliegt, also unter „constitutional“ nicht nur die Aufstellung einer Ordnung sondern auch die Beschränkung staatlicher Macht verstanden werden muss (vgl. Sartori 1962: 855), widerspricht Maddox seinem Kollegen an dieser Stelle. Für ihn wird der Begriff nicht unscharf, sondern bleibt in seiner Bedeutung seit der Antike konsistent und bezeichnet damit lediglich eine politische Ordnung, ohne dass eine Limitierung, also eine garantiste -Funktion der Verfassung, vorliegen muss (vgl. Maddox 1982: 807 f.).
[...]
[1] Da es sich in der Diskussion der beiden Politikwissenschaftler um einen Begriffsstreit handelt, werden in dieser Arbeit die englischen Originalbezeichnungen statt deren deutscher Übersetzung verwendet, um einer weiteren Aufweichung der Begriffe durch die Übersetzung vorzubeugen.
- Quote paper
- Jan Seichter (Author), 2012, Zur ideengeschichtlichen Bedeutung von „Verfassung“: Sartori vs. Maddox, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/201110
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