Kofi Annan deklariertedas aktuelle Jahrtausend zum „Millennium der Städte“. In seiner Rede machte er deutlich, dass die weltweite Urbansierung eine „der entscheidenden globalen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts“ (BOHRSDORF u. BENDER 2010, S. 364) darstelle. Bereits seit dem Jahr 2007 leben weltweit mehr Menschen in der Stadt als auf dem Land(ANGENENDT 2009, S. 37; BMZ 2011, S. 1, 3; HERRLE, JACHNOW u. LEY 2006, S. 2; UNRIC 2000, o.S).
Zwar findet der höchste Anteil dieses Wachstums in kleineren und mittleren Städten statt, doch ein besonderes Phänomen der jetzigen Urbanisierung ist das extreme Wachstum von Megastädten. Diese Entwicklung und die Entstehung neuer Megastädte können zunehmend auch in Afrika beobachtet werden (ANGENENDT 2009, S. 37; BOHRSDORF u. BENDER 2010, S. 364).
Megastädte sind kein völlig neuartiges Phänomen, doch was die „neuen“ Megastädte besonders macht, ist die Kombination von massivem Bevölkerungs- und Flächenwachstum in kürzesten Zeiträumen. Insgesamt können Megastädte als relativ junge Gebilde (post)moderner Stadtentwicklung betrachtet werden. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass auf einem relativ komprimierten Raumausschnitt unterschiedlichste Prozesse, Entwicklungen und Veränderungen sowie deren wechselseitigen Auswirkungen beobachtet und untersucht werden können, in denen zudem lokale, regionale, nationale und internationale Einflussfaktoren aufeinandertreffen (DANNER 2005, S. 223; KRAAS 2011,S. 879f).
Allerdings werden die Megastädte häufig auch mit zahlreichen Herausforderungen, Risiken und Krisen assoziiert. Besonders die zunehmende Verbreitung von „informellen Strukturen und Prozesse[n]“ (MERTINS 2006, S. 65) wird oft negativ bewertet. Allerdings wirft beispielweise gerade die vermeintliche Willkürlichkeit des Wachstums informeller Siedlungen „die Frage nach den dahinterstehenden (informellen) sozialen Regulierungsmustern“ (MERTINS 2006, S. 65) für die Boden- und Wohnungsmärkte auf. Diese Hintergründe der urbanen Veränderungsprozesse zu erforschen und zu erklären sowie ein gewisses Verständnis für Folgen und Umgangsmöglichkeiten mit ihnen zu entwickeln, stellt eine große Aufgabe für die heutige Wissenschaft dar (DAVIS 2007, S. 11; ECKERT 2008, S. 175; HEINRICHS u. NUISSL 2007, S. 295; MERTINS 2006, S. 65).
Inhalt
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Einführung ins Thema
1.2 Ziele und Fragestellungen der Arbeit
1.3 Aufbau der Arbeit
2 Megastädte und „Informalität“
2.1 Einordnung in das geographische Forschungsfeld
2.1.1 Megastädte
2.1.2 „Informalität“
2.2 Megastädte
2.2.1 Definition
2.2.2 Megastädte weltweit
2.3 „Informalität“
2.3.1 Definitionen / Begriffswahl
2.3.2 Formen und Prozesse von „Informalität“
2.3.3 Umgang mit „Informalität“
3 Das Konzept „Urban Informality“ von Ananya Roy und Nezar AlSayyad
3.1 Hintergründe
3.2 Definition
3.3 Informelle Boden- und Wohnungsmärkte
4 Megastädte in Afrika
4.1 Urbanisierung in Afrika
4.2 Herausforderungen für Afrikanische Megastädte
4.3 Selbstregulierungsprozesse
5 Methodik
6 Urban Informality in der Megastadt Lagos
6.1 Lagos (Nigeria) – Vorstellung des Untersuchungsraumes
6.1.1 Nigeria
6.1.2 Megastadt Lagos
6.2 Urban Informality in der Stadt Lagos
6.2.1 Hintergrund Bevölkerungsentwicklung
6.2.2 Entwicklung des Boden- und Wohnungsmarktes
6.2.3 Rückbezug zum Konzept von AlSayyad und Roy
7 Zusammenfassung und Fazit
Literatur und sonstige Quellen
Abbildungen / Kartenmaterial
Anhang
Erklärung der Studierenden Tabitha Triphaus
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Sans titre (Mingiedi 2008, o.S.) Deckblatt
Abbildung 2: Bevölkerungsdichte ausgewählter Megastädte pro km²
Abbildung 3: Kennzeichen von Megastädten
Abbildung 4: Megastädte und Urbanisierungsgrad weltweit
Abbildung 5: Megastädte im Jahr 2025
Abbildung 6: Mögliche Einteilung von informellen Siedlungskörpern
Abbildung 7: Durchschnittliche jährliche Wachstumsrate ausgewählter schnell wachsender Städte in Afrika zwischen 1990 und 2006 (in Prozent)
Abbildung 8: Die Verstädterung Afrikas
Abbildung 9: Stadtbevölkerung 1950 bis 2025 (in Mio.)
Abbildung 10: Bewohner von Slums in Afrika (in Mio.) und Anteil der Stadtbevölkerung, der in Slums lebt
Abbildung 11: Länderinfo Nigeria
Abbildung 12: Nigeria
Abbildung 13: Städtisches Wachstum in Nigeria (die fünf größten Städte) 1990 bis 2025 (Bevölkerung in Mio.)
Abbildung 14: Lagos Wachstum über die Stadt- und Bundesstaatsgrenzen hinaus
Abbildung 15: Gliederung der Stadt Lagos
Abbildung 16: Entwicklung der Bevölkerungszahlen, Stadtfläche und Bevölkerungsdichte von Lagos (Jahre 1866 bis 1988)
Abbildung 17: Städtisches Wachstum von Lagos
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Verstädterungsgrad in Afrika 1980 und 2005 (in %)
Tabelle 2: Aspekte der Megastadtentwicklung – eine Auswahl
Tabelle 4: Ausrichtung von Betrieben des informellen Sektors in nigerianischen Städten (in %)
Tabelle 3: Wachstumsraten Lagos 1990 bis 2025 (in %)
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
>> Wir sind in das Jahrtausend der Städte eingetreten. Im besten Fall sind Städte Motoren des Wachstums und Brutapparate der Kultur. Sie sind Kreuzungspunkte von Ideen, Orte geistiger Gärung und der Innovation. Sie können auch Modelle der Demokratie und des multikulturellen Zusammenlebens sein.
Kofi Annan
(UNRIC 2000, o.S.)
1.1 Einführung ins Thema
Durch diese Worte deklarierte Kofi Annan als Generalsekretär der United Nations das aktuelle Jahrtausend zum „Millennium der Städte“. In seiner Rede machte er deutlich, dass die weltweite Urbansierung eine „der entscheidenden globalen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts“ (Bohrsdorf u. Bender 2010, S. 364) darstelle. Bereits seit dem Jahr 2007 leben weltweit mehr Menschen in der Stadt als auf dem Land. Allerdings sind die Urbanisierungsraten zwischen den einzelnen Kontinenten noch sehr unterschiedlich. Während der Prozess in Europa und Amerika mit Raten über 70 Prozent fast abgeschlossen zu sein scheint, liegen die großen Potenziale der Urbanisierung in den nächsten Jahrzehnten in Asien und Afrika, wo bisher etwa nur 40 Prozent der Bevölkerung in Städten lebt (Angenendt 2009, S. 37; BMZ 2011, S. 1, 3; Herrle, Jachnow u. Ley 2006, S. 2; UNRIC 2000, o.S).
Zwar findet der höchste Anteil dieses Wachstums in kleineren und mittleren Städten mit einer Größe bis zu 500.000 Einwohner statt, doch ein besonderes Phänomen der jetzigen Urbanisierung ist das extreme Wachstum von Megastädten. Diese Entwicklung und die Entstehung neuer Megastädte können vor allem in Asien und Lateinamerika, aber zunehmend auch in Afrika beobachtet werden (Angenendt 2009, S. 37; Bohrsdorf u. Bender 2010, S. 364).
Megastädte sind kein völlig neuartiges Phänomen, doch was die „neuen“ Megastädte besonders macht, ist die Kombination von massivem Bevölkerungs- und Flächenwachstum in kürzesten Zeiträumen. Insgesamt können Megastädte als relativ junge Gebilde (post)moderner Stadtentwicklung betrachtet werden. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass auf einem relativ komprimierten Raumausschnitt unterschiedlichste Prozesse, Entwicklungen und Veränderungen sowie deren wechselseitigen Auswirkungen beobachtet und untersucht werden können, in denen zudem lokale, regionale, nationale und internationale Einflussfaktoren aufeinandertreffen (Danner 2005, S. 223; Kraas 2011,S. 879f).
Allerdings werden die Megastädte häufig auch mit zahlreichen Herausforderungen, Risiken und Krisen assoziiert. Besonders die zunehmende Verbreitung von „informellen Strukturen und Prozesse[n]“ (Mertins 2006, S. 65) wird oft negativ bewertet. Allerdings wirft beispielweise gerade die vermeintliche Willkürlichkeit des Wachstums informeller Siedlungen „die Frage nach den dahinterstehenden (informellen) sozialen Regulierungsmustern“ (Mertins 2006, S. 65) für die Boden- und Wohnungsmärkte auf. Diese Hintergründe der urbanen Veränderungsprozesse zu erforschen und zu erklären sowie ein gewisses Verständnis für Folgen und Umgangsmöglichkeiten mit ihnen zu entwickeln, stellt eine große Aufgabe für die heutige Wissenschaft dar (Davis 2007, S. 11; Eckert 2008, S. 175; Heinrichs u. Nuissl 2007, S. 295; Mertins 2006, S. 65).
1.2 Ziele und Fragestellungen der Arbeit
Im Rahmen dieser Arbeit soll daher ein Überblick über die Erkenntnisse der bisherigen Forschung in diesem Bereich gegeben werden und durchaus auch unterschiedliche Bewertungen und Beurteilungen verschiedener Autoren aufgegriffen werden.
Insgesamt ist es ein Ziel, Alternativen zur häufig negative Wahrnehmung und Bewertung von Megastädten aufzuzeigen und die damit verbundenen Herausforderungen deutlich zu machen. Dazu ist es nötig, die Abläufe in den Städten zu verstehen. Mithilfe des Konzeptes der „Urban Informality“ von Nezar AlSayyad und Ananya Roy soll ein anderer Blickwinkel auf den Bereich der Selbstregulierungsprozesse ermöglicht werden.
Da die meiste Fachliteratur zu diesem Thema bisher von den Entwicklungen in Asien und Lateinamerika handelt , soll der Schwerpunkt dieser Arbeit auf afrikanische Megastädte gelegt werden. Ein Überblick über die bisherige Megastadtentwicklung in Afrika soll dabei helfen, die Entwicklungen der späteren Beispielstadt Lagos in einen größeren Gesamtzusammenhang einordnen zu können und Lagos in bestimmten Punkten als Beispiel für weitere Städte in Afrika zu sehen.
Daher soll anhand der Megastadt Lagos, mit einem Fokus auf die informellen Boden- und Wohnungsmärkte, der Ansatz der „Urban Informality“ analysiert werden. Es soll geprüft werden, ob dieser auf Lagos angewandt werden kann bzw. inwieweit die Erkenntnisse des Konzeptes auch auf Lagos zutreffen.
Das Thema und die Forschungsfrage dieser Arbeit lauten somit: Selbstregulierungsprozesse in afrikanischen Megastädten – Inwieweit lässt sich dabei das Konzept der „Urban Informality“ von AlSayyad und Roy auf die Boden- und Wohnungsmärkte in afrikanischen Megastädten e.g. Lagos (Nigeria) anwenden/ übertragen?
In diesem begrenzten Rahmen einer Bachelorarbeit handelt es sich ausschließlich um eine Literaturstudie zu dem genannten Themenfeld.
1.3 Aufbau der Arbeit
Im Anschluss an diese Einleitung wird im folgenden Kapitel ein theoretischer Bezugsrahmen entwickelt, der nicht nur die Verbindung zum geographischen Forschungsfeld herstellt, sondern ebenfalls eine Einführung in die Themen Megastädte und „Informalität“ beinhaltet. Dabei werden sowohl Definitionen und Abgrenzungen von Megastädten, als auch Formen und Prozesse von „Informalität“ erläutert.
Im dritten Kapitel wird das Konzept der „Urban Informality“ von Nezar AlSayyad und Ananya Roy vorgestellt, das eine neue Sicht- und Umgangsweise mit dem Thema der städtischen Informalität ermöglicht. Es sollen die Hintergründe für die Entstehung des Konzeptes dargestellt, ein Fokus auf die Boden- und Wohnungsmärkte gelegt und Möglichkeiten zum Umgang mit dieser Thematik aufgezeigt werden.
Der vierte Abschnitt widmet sich dem Bereich Megastädte in Afrika. Es werden aktuelle Trends der Urbanisierung und die damit verbundenen Herausforderungen für die afrikanischen Megastädte aufgezeigt und Selbstregulierungsprozesse in den Bereichen Wirtschaft sowie Boden- und Wohnungsmarkt erläutert.
Anschließend wird die Methodik der Untersuchung genauer vorgestellt und entfaltet. Es folgt das Kapitel, in dem der Untersuchungsraum Lagos in Nigeria vorgestellt wird. Darauf aufbauend werden die Hintergründe der Entwicklung der Megastadt Lagos und der informellen Boden- und Wohnungsmärkte herausgestellt und ein Rückbezug zum Konzept der „Urban Informality“ hergestellt.
Abschließend folgt ein Fazit, in dem die zentralen Ergebnisse dieser Arbeit zusammengefasst und einige Schlussfolgerungen deutlich gemacht werden.
2 Megastädte und „Informalität“
Das folgende Kapitel liefert die theoretischen Hintergründe und Ansätze zum Zusammenhang zwischen Megastädten und der sogenannten „Informalität“ bzw. informellen Prozessen. Zunächst wird das Themenfeld in das breite Forschungsfeld der Geographie eingeordnet und bisherige Forschungsschwerpunkte kurz vorgestellt. Es folgen Definitionen der Begriffe Megastädte und „Informalität“ sowie einige allgemeine Daten zu Megastädten weltweit und den Formen und Prozessen von „Informalität“.
2.1 Einordnung in das geographische Forschungsfeld
Durch die Aufmerksamkeit, die dem Thema Megastädte durch Akteure der internationalen Gemeinschaft zugesprochen wurde, wird diesem Forschungsfeld in Zukunft wahrscheinlich eine noch größere Bedeutung zukommen. Bereits heute arbeiten sowohl Historiker, Stadtplaner, Sozialforscher, Politikwissenschaftler als auch Geographen mit zum Teil sehr unterschiedlichen Betrachtungsweisen, aber „teils [auch] multi- [oder] […] interdisziplinär, […] [manchmal] auch transdisziplinär, […] [d.h. mit] Einbezug von Praktikern und politischen Entscheidungsträgern“ (Bohrsdorf u. Bender 2010, S. 371) zu den beiden Themenbereichen. Insgesamt handelt es sich jedoch noch um einen relativ jungen Wissenschaftsbereich. So wird etwa der Begriff „Megastadt“ erst seit Ende des 20. Jahrhunderts überhaupt in der Forschung genutzt (Bohrsdorf u. Bender 2010, S. 371; Bronger 2004, o.S.; Schwentker 2006, S. 10).
2.1.1 Megastädte
Innerhalb der Geographie wird sich die Megastadtforschung höchstwahrscheinlich zu einem neuen Schwerpunkt im Bereich der Stadtgeographie entwickeln, aber auch in den Gebieten der Sozial-, Bevölkerungs- und Kulturgeographie sowie der geographischen Entwicklungsforschung und der Stadtökologie wird zu diesem Thema gearbeitet (Bohrsdorf u. Bender 2010, S. 371; Ehlers 2006, S. 51).
Auf der einen Seite gibt es Untersuchungen, die sich besonders mit der Stadtplanung in Megastädten beschäftigen und dabei eher den Umgang mit Problemen der Infrastruktur, zum Beispiel der Verkehrsplanung in den mit von Staus geplagten Megastädten, in den Mittelpunkt stellen und dabei meist auf der Suche nach technischen Lösungen sind. Auf der anderen Seite gibt es aber auch Forschungen im Bereich „Globalisierungs- und Marginalisierungsprozesse[]“ (Kraas 2009,S. 4) in Megastädten, bei denen die Themen Verwundbarkeit und Risiko eine große Rolle spielen. Dabei wird davon ausgegangen, dass Megastädte durch ihre enorme Größe und Bevölkerungskonzentration besonders verwundbar und anfällig bei verschiedenste Risiken (Epidemien, Erdbeben, etc.) sind. Außerdem werden die Disparitäten zwischen unterschiedlichen sozialen Gruppen und das Potenzial für Konflikte bzw. gewaltsame Auseinandersetzungen analysiert (Bohrsdorf u. Bender 2010, S. 363ff; Kraas 2009,S. 6ff; Schwentker 2006, S. 15).
Aus diesen Aspekten ergeben sich weitere Herausforderungen mit denen sich einige Forscher auseinandersetzen. Sie fordern und diskutieren beispielsweise eine Art „good urban governance“ (Bohrsdorf u. Bender 2010, S. 365), um dem meist vorhandenen Verlust der Kontrolle durch die Stadtverwaltungen über fast alle Bereiche des öffentlichen Lebens entgegenzuwirken. Eine wichtige Rolle spielen dabei auch die Existenz und der Umgang mit der sogenannten „Informalität“ bzw. den informellen Prozessen und Tätigkeiten, auf die später genauer eingegangen wird (Bohrsdorf u. Bender 2010, S. 365f; Kraas 2009,S. 7f; Schwentker 2006, S. 15).
Andere Autoren beschäftigen sich in ihrer Forschung mit den Chancen, die sich durch die Bedingungen in den Megastädten im Sinne einer nachhaltigen Lebens- und Wirtschaftweise in der Stadt ergeben könnten. Oder sie nutzen die Entwicklungen von Megastädten als Beispiele für einen Blick in die Zukunft der Städte (Danner 2005, S. 223; Ehlers 2006, S. 54).
Eine weitere Ebene, auf die im Folgenden nicht weiter eingegangen werden kann, ist die Diskussion um „Global Cities“(Parnreiter 2000, S. 269) im Zusammenhang mit der weltweiten Globalisierung. Die Definition, Zuordnung und Abgrenzung von diesen Städten mit „ besondere[n] Funktionalitäten im globalen Städte- und Wirtschaftssystem“ (Bohrsdorf u. Bender 2010, S. 365) steht dabei bisher im Vordergrund der wissenschaftlichen Debatte ( Bohrsdorf u. Bender 2010, S. 365; Nissen 2000, S. 279; Parnreiter 2000, S. 269).
Insgesamt ist festzustellen, dass die bisherige Forschung sehr breit gefächert ist, viele unterschiedliche Aspekte und Prozesse untersucht und dabei recht unterschiedlich bewertet werden. Kritik an der bisherigen Forschung wird insofern geübt, als dass sie als zu sehr beschreibend eingeordnet wird und folglich zu wenig Lösungen anbiete. Einige Autoren fordern zudem, Megastädte könnten nur in fachübergreifender Zusammenarbeit auf der Makroebene des „global change“ (Ehlers 2006, S. 51) angemessen untersucht werden (Ehlers 2006, S. 51ff).
2.1.2 „Informalität“
Im Bereich der „Informalität“ gibt es bisher keinen speziellen Fokus innerhalb der Geographie, sondern trans- und interdisziplinäre Ansätze. Zudem fällt auf, dass, während im Bereich der allgemeinen Megastadtforschung auch deutschsprachige Wissenschaftler sehr aktiv sind, es im Bereich der „Informalität“ kaum deutschsprachige Forscher zu geben scheint, die sich tiefgründiger mit Konzepten zu „Informalität“ beschäftigen. Zwar werden innerhalb der Megastadtforschung bisherige Theorien zu „Informalität“ aufgegriffen, aber selten erweitert oder neu aufgestellt (Ehlers 2006, S. 54).
Die wissenschaftliche Diskussion über „Informalität“ startete in den frühen 1970er Jahren. Diese beschäftigte sich hauptsächlich mit den Begriffen „informelle Arbeit“ und „dual economies“ und ging nicht direkt auf die räumlichen Dimensionen von informeller Urbanisierung ein. Keith Hart nahm, basierend auf unterschiedlichen Arbeitstypen, als Erster die Unterscheidung zwischen formell und informell vor. Die Popularität dieser dualen Sichtweise wurde besonders durch die International Labor Organization (ILO) gestärkt, die diese Begrifflichkeiten 1973 in einem Bericht übernahm und den informellen Sektor als die Aktivitäten von “petty-traders, street hawkers, shoeshine boys and other groups ‘underemployed’ on the streets of the big towns, and includes a range of wage-earners and self-employed persons“ (AlSayyad 2004, S. 10f) beschrieb (AlSayyad 2004, S. 10f; Eckert 2006, S. 239).
Diesem dualen Konzept wurden auch andere Sichtweisen entgegengesetzt. In den 1980er Jahren wurde in der lateinamerikanischen Forschung ein analytischer Rahmen entwickelt, um städtische „Informalität“ zu untersuchen und es folgten die ersten Forschungen über informelle Wohnungs- und Bodenmärkte. Diese Studien bauten bisherige Auffassungen einer „culture of poverty“ (AlSayyad u. Roy 2004, S. 1) ab und ordneten „Informalität“ stattdessen stärker in den Zusammenhang von Politik, (Staats-)Macht und ökonomischen Abhängigkeiten ein. Dabei wurden etwa Fragen zur internen Struktur und Funktion des informellen Sektors, zu den beteiligten Bevölkerungsgruppen und / oder der Art von hergestellten Produkten, oder auch allgemeinere Fragen zum informellen Sektor untersucht. Aus diesen Forschungen entwickelten sich zwei umfassende Theorien: Zum einen wurde „Informalität“ als die zeitweilige Manifestation von Unterentwicklung gesehen, zum anderen als ein essentieller und permanenter Bestandteil moderner Ökonomien, der eng mit dem formellen Sektor verbunden ist (AlSayyad 2004, S. 11; AlSayyad u. Roy 2004, S. 1; Bork, Kilian u. Sterly 2009, S. 28).
Bis heute sind in verschiedenen regionalen Zusammenhängen unterschiedliche „geographies of informality“ (AlSayyad u. Roy 2004, S. 2) entstanden, die das Phänomen mit unterschiedlichen Sichtweisen und Vokabular betrachten. Zwei dominante, aber etwas gegenteilige Ansätze, vertreten zum einen Sir Peter Hall und Ulrich Pfeiffer[1] , die einen Fokus auf „"informal hypergrowth" cities“ (Roy 2005, S. 148) als neue Form der Urbanisierung legen und dabei insgesamt eher die scheinbare Problembeladenheit, wie die Unregierbarkeit von „Informalität“ in den Vordergrund stellen. Auf der anderen Seite sieht Hernando De Soto „Informalität“ als einen Ausdruck der Spontanität der Menschen, die kreativ auf das Unvermögen des Staates reagieren, um ihre Grundbedürfnisse zu erfüllen (AlSayyad u. Roy 2004, S. 2; Roy 2005, S. 148).
Aktuell sind informelle Prozesse wieder auf der Agenda über Internationale Entwicklung und Stadtplanung. Dies beruht nicht nur auf der wachsenden Einsicht, dass informelle Arbeit und Wohnungsmarkt einen signifikanten Anteil an städtischen Ökonomien haben, sondern es wird auch der Umgang mit „Informalität“ durch Stadtverwaltungen diskutiert (AlSayyad u. Roy 2004, S. 2).
Im Rahmen dieser Arbeit soll dieses aktuelle Forschungsfeld und die Verknüpfungen zwischen den beiden Themenbereichen anhand afrikanischer Megastädte näher dargestellt werden. Außerdem soll ein neueres Konzept zur städtischen „Informalität“ vorgestellt werden, das auch die bisherigen, kurz angerissenen Konzepte hinterfragt. Als Einführung werden im Folgenden einige Erkenntnisse der bisherigen Forschung zu Megastädten und „Informalität“ zusammengefasst.
2.2 Megastädte
Megastädte können als ein besonders Phänomen der weltweiten Urbanisierung betrachtet werden. Im Folgenden wird aufgezeigt, wie diese definiert werden. Zudem soll ein kurzer Überblick über die historische Entwicklung und die aktuellen Megastädte gegeben werden (Bohrsdorf u. Bender 2010, S. 364).
2.2.1 Definition
Um Megastädte von „Metropolen“, Städte mit mehr als 1 Millionen Einwohnern, abzugrenzen, gibt es in der Forschung bisher keine allgemein gültige Definition. Verschiedene Autoren arbeiten mit unterschiedlichen quantitativen und qualitativen Abgrenzungsmerkmalen, um den „typologischen Charakter“ (Schwentker 2006, S. 7) dieser Städte zu erfassen (Bronger 2004, S. 14; Schwentker 2006, S. 7).
Quantitative Dimension
Die Bezeichnung Megastadt als solche unterstreicht bereits offenkundig die „quantitative Dimension“ (Schwentker 2006, S. 10) dieses Untersuchungsgegenstandes, nicht nur im Hinblick auf die Anzahl der Einwohner, sondern auch im Bezug auf die „räumliche Ausdehnung [der Megastadt] […] bis hin zur urbanen Agglomeration“ (Schwentker 2006, S. 10).
Bronger definiert Megastädte statistisch als „[m]etropolitane Agglomeration[en] mit mehr als fünf Millionen Einwohnern […] bezogen auf einen Gesamtraum […] mit einer Dichte von mehr als 2000 Einw[ohnern]/km²“ (Bronger 2004, S. 14). Zudem grenzt er Megastädte mit „monozentrische[r] Struktur“ (Bronger 2004, S. 14) von „polyzentrischen Ballungs[gebieten] bzw. Netzwerkstädten“[2] (Schwentker 2006, S. 12) ab (Bronger 2004, S. 14; Schwentker 2006, S. 12).
Allerdings ist der erwähnte Grenzwert von fünf Millionen Einwohnern weltweit keinesfalls überall gebräuchlich, was vor allem dem rasanten Megastadtwachstum in den letzten Jahren zuzuschreiben ist. Die UN arbeiten deshalb mit einer Mindestzahl von acht Millionen Einwohnern, um die großen Wachstumsraten im Globalen Süden von dem regressiven bzw. stagnierenden Städtewachstum der zudem geringen Anzahl europäischer und nordamerikanischer Megastädte abzugrenzen. Insgesamt ist die Verwendung der Grenzwerte „fünf, acht oder zehn Millionen Einwohner[]“ (Bohrsdorf u. Bender 2010, S. 364) gebräuchlich (Bohrsdorf u. Bender 2010, S. 364; Schwentker 2006, S. 10).
Bei der statistischen Definition ist jedoch zu beachten, dass die Zahlen weltweit meist durch verschiedene Erhebungsmethoden oder Abgrenzungen entstehen. Oft werden die Städte durch ihre administrativen oder legislativen Funktionen definiert, was die Abgrenzung noch komplexer macht, da Megastädte durch „Suburbanisierung und […] Verflechtung[en]“ (Schwentker 2006, S. 13) mit zuvor peripher gelegenen Siedlungen über ihre administrativen Abgrenzungen hinaus gewachsen sind (UN-HABITAT 2008, S. 13; Schwentker 2006, S. 11, 13).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Bevölkerungsdichte ausgewählter Megastädte pro km² (Siemens AG o.J.; S. 13)
Auch an dem Abgrenzungskriterium der Bevölkerungsdichte gibt es Kritik, da diese in Städten wie Mumbai oder Lagos weit über dem Durchschnitt europäischer und nordamerikanischer Megastädte liegt (s. Abbildung 2). Unterschiedliche Bedingungen führen weltweit zu verschieden gewachsenen Stadtstrukturen, die daher nur schwer vergleichbar sind (Schwentker 2006, S. 13).
Insgesamt ist zu beachten, dass jede Statistik zur Urbanisierung „eine Genauigkeit vor[täuscht], die es in Wahrheit gar nicht gibt“ (Bohrsdorf u. Bender 2010, S. 372) (Bohrsdorf u. Bender 2010, S. 372).
Daher ist die Beachtung einer qualitativen Dimension besonders im Hinblick auf sozio-ökonomische und administrative Merkmale notwendig. Edward W. Soja machte diese unterschiedlichen Dimensionen wie folgt deutlich: „Megacity […] refers both to the enormous population size of the world’s largest urban agglomerations, and their increasingly discontinuous, fragmented, polycentric, and almost kaleidoscopic socio-spatial structure“ (Schwentker 2006, S. 11) (Schwentker 2006, S. 11).
Qualitative Dimension
Einige Forscher vertreten die These, dass heutige Megastädte „mehr miteinander gemeinsam haben, als mit dem jeweiligen Land, in dem sie sich befinden“ (Schwentker 2006, S. 7). Sie berufen sich dabei auf gemeinsame Merkmale, wie fragmentierte und polarisierte Gesellschaften sowie Marginalisierung zahlreicher Einwohner. Dieser Darstellung wurde unter anderem von Dirk Bronger eindeutig widersprochen. Er vertritt die These, dass Megastädte zwar eindeutig von Globalisierungsprozessen betroffen seien und wiederum auch diese beeinflussen, aber von der „Globalisierung des Phänomens der Megastadt“ (Schwentker 2006, S. 8) sei die globale Entwicklung noch weit entfernt. Dafür seien beispielsweise die Ausgangspunkte in Politik, Ökonomie und Gesellschaft so different, dass sich dadurch grundsätzlich verschiedene Stadtstrukturen und urbane Lebensstile entwickelt haben (Bronger 2004, S. 156; Haubrich u. Wehrhahn 2010, S. 32; Schwentker 2006, S. 7f).
Zu den Gemeinsamkeiten qualitativer Merkmale von Megastädte, über die man sich einig ist, gehört aber zum Beispiel die „[f]unktionale [p]rimacy“ (Bronger 2004, S. 13), mit der die Dominanz der Stadt innerhalb des Staates bezeichnet wird, und zwar in Hinsicht von Ökonomie, Produktion, Infrastruktur, Politik, Verwaltung, medizinischer Versorgung, Bildung sowie Kultur (Bronger 2004, S. 13; Knox u. Marston 2008, S. 518; Heineberg 2006, S. 340; Schwentker 2006, S. 13f).
Weitere Merkmale können im Rahmen dieser Arbeit nur angerissen werden, zur Übersicht dient Abbildung 3 (S. 11). Megastädte gelten etwa als „Steuerungszentralen“ (Kraas 2011, S. 879), die lokale, regionale, nationale und globale Akteure und Wirtschaft verbinden. Dabei beeinflussen sie durch ihre dynamische Entwicklung nicht nur den weltweiten Wandel von Ökologie, Gesellschaft, Wirtschaft und Politik, sondern werden auch von ihm beeinflusst. Neu ist nicht die Schnelligkeit und Vielzahl dieser Prozesse, sondern, dass diese „mit wechselseitigen Rückkopplungen“ (Kraas 2011, S. 879) gleichzeitig ablaufen und sich überlagern (Knox u. Marston 2008, S. 518; Kraas 2009, S. 5; Kraas 2011, S. 879f).
Zusätzlich verlieren die meisten Megastädte verstärkt ihre „Regier- und Steuerbarkeit“ (Kraas 2009, S. 5), während zeitgleich informelle Entwicklungen zunehmen, da die öffentliche Hand durch die neuartigen Prozesse und die rasch wachsende Bevölkerung überlastet ist. Durch die fehlende Bereitstellung von Unterkünften, Versorgung, Arbeitsplätzen etc. wird „Informalität“ bzw. Selbsthilfe durch die Bevölkerung häufig erzwungen (ausführlicher Kapitel „Informalität“ S. 15) (Haubrich u. Wehrhahn 2010, S. 32; Kraas 2009, S. 5; Kraas u. Mertins 2008, S. 8).
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Definition dieser Merkmale letztendlich von der Datenverfügbarkeit und den Anliegen und Absichten der Wissenschaftler abhängt. Dies führt in der qualitativen Dimension zu umstrittenen Grenzwerten und in der qualitativen Dimension zu einer Vielzahl von Merkmalen, die Megastädte aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten. Diese haben insoweit eine größere Bedeutung, da es mit ihnen möglich ist, die Besonderheiten und Herausforderungen der Megastädte genauer herauszustellen. Dennoch erfolgt eine erste Abgrenzung meist immer noch über den scheinbar einfacheren Weg der quantitativen Merkmale (Heeg 2008, S. 37).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Kennzeichen von Megastädten (Eigene Darstellung nach: Bohrsdorf u. Bender 2010, S. 364; Bronger 2004, S. 13ff; Haubrich u. Wehrhahn 2010, S. 32f; Heineberg 2006, S. 340; Knox u. Marston 2008, S. 518; Kraas 2011, S. 879; Kraas 2009, S. 5f; Paesler 2008, S. 110; Schwentker 2006, S. 7, 11, 14)
2.2.2 Megastädte weltweit
Als Ursachen und Gründe für Metropolisierung wurden bisher vorwiegend, aufeinander folgend, „Industrialisierung, […] De-Industrialisierung […] [verbunden] mit der Ausweitung des Dienstleistungssektors,“ (Schwentker 2006, S. 19) Neuerungen in Fortbewegung und Kommunikationstechnik sowie der Durchbruch des Internets gesehen. Heute ist jedoch ersichtlich, dass für Megastädte und ihr Wachstum noch andere Prozesse und Faktoren ausschlaggebend sind, welche ineinandergreifen und mit weltweiten Umwälzungen verbunden sind. Beispielsweise haben sowohl „politischer Wandel ([wie] Systemkrisen, Revolutionen, Unabhängigkeit von der ehemaligen Kolonialmacht [oder] Kriege)“ (Schwentker 2006, S. 19), aber auch das gleichzeitig „hohe[] natürliche[] Bevölkerungswachstum“ (Kraas 2009, S. 5) sowie zunehmende Immigration vom Land Einfluss auf die Veränderungen. Zudem sorgte ökonomischer Wandel, der zahlreiche Arbeitsmöglichkeiten bot und somit weitere Migranten aus dem In- und Ausland anzog, für neuartiges Wachstum „(mega-)urbaner Ökonomien“ (Kraas 2009, S. 5). Außerdem kommt hinzu, dass die Entwicklung von Megastädten vor dem Hintergrund wirtschaftlicher Globalisierungsprozesse durchaus durch neue Akteure, wie internationale Unternehmen, mitbestimmt wird und die Städte dabei in der Anwerbung von Wirtschaftskraft auch untereinander in Konkurrenz stehen (Kraas 2009, S. 4f; Schwentker 2006, S. 19).
Die weltweit sehr unterschiedlich verlaufende Urbanisierungsdyamik hat zudem dazu geführt, dass das heutige Wachstum des „vergleichbar jungen Phänomens“ (Kraas 2009, S. 4) vor allem im Globalen Süden stattfindet. Dennoch soll kurz die historische Entwicklung deutlich gemacht werden (Kraas 2009, S. 4; Bohrsdorf u. Bender 2010, S. 364).
Historische Entwicklung
Für die Vergangenheit können zwei unterschiedliche Entwicklungen abgegrenzt werden. Zunächst entwickelten sich Megastädte in den sogenannten Industrieländern, zu denen im Jahr 1940 nur „New York, Tokyo, London, Paris und Moskau“ (Schwentker 2006, S. 8) gehörten (Grenzwert 5 Mio. Ew.). Diese Regionen besaßen schon ab 1900 ein großes Bevölkerungswachstum, welches bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts anhielt und schließlich bis zum Jahr 2000 eindeutig langsamer verlief und abflachte. Einzig die Megastadt Los Angeles wuchs in diesen Ländern nach 1960 noch massiv weiter (Schwentker 2006, S. 8, 17f).
Ab 1950 verlagerte sich die Entwicklung in den Globalen Süden, wo sich zunächst auf dem asiatischen und dem lateinamerikanischen, sowie nachfolgend auf dem afrikanischen Kontinent, neue Megastädte bildeten (s. Abbildung 4, S. 13) (Schwentker 2006, S. 8,18).
Diese Veränderungen zeigen sich ebenfalls im Ranking der UN der größten Städte der Welt. Lange führten Tokio und New York diese Liste an, bis New York im neuen Jahrtausend hinter Städte wie Mumbai, Sao Paulo und Mexico-City zurückfiel. Für Lagos, das erstmalig in den 1990er Jahren in dieser Liste auftauchte, wird prognostiziert, dass es sich bereits in wenigen Jahren „nach Tokio und Mumbai“ (Bohrsdorf u. Bender 2010, S. 365) zur drittgrößten Stadt der Welt entwickeln könnte (Bohrsdorf u. Bender 2010, S. 364f).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Megastädte und Urbanisierungsgrad weltweit (Kraas 2003, o.S. (Daten: UN 2000))
Aktuell und Prognosen
In vierzig bis fünfzig Jahren wird wahrscheinlich das globale Bevölkerungsmaximum erreicht, doch nur fünf Prozent dieses Anstiegs werden außerhalb des Globalen Südens stattfinden. Dies wird für ein weiteres enormes Megastadtwachstum sorgen. Etwa zwei Drittel dieser Städte befinden sich bereits im Globalen Süden, „die meisten in Ost- und Südasien“ (Kraas 2007, S. 155). Bereits im Jahr 1990 gab es allein in Asien, Afrika und Lateinamerika 21 Megastädte (Grenzwert fünf Mio. Ew.), im Jahr 2010 existierten 40 Megastädte und bis zum Jahr 2020 wird mit einer Zahl von 51 Megastädten mit zusammen 526 Millionen Einwohnern gerechnet. Insgesamt ist das zukünftige Wachstum besonders im asiatischen Bereich (speziell Indien und China), aber nachfolgend auch in einigen afrikanischen Staaten, besonders denen mit bisher niedrigen Urbanisierungsraten, zu sehen. Die Megastädte in Lateinamerika, werden hingegen kaum noch wachsen (s. Abbildung 4 und Abbildung 5) (Bohrsdorf u. Bender 2010, S. 364; Davis 2007, S. 1; Haubrich u. Wehrhahn 2010, S. 32; Kraas 2007, S. 155).
Außerdem ist zu beobachten, dass immer mehr einzelne Städte zu polyzentrischen „megaurbane[n] Regionen und Siedlungskorridore[n]“ (Kraas 2009, S. 4) zusammenwachsen, wie das „Rhein-Ruhrgebiet […] [oder] das Perlflussdelta in Südchina“ (ebd.). Dabei bleiben die einzelnen Städte zwar verwaltungstechnisch separat, sind jedoch durch zahlreiche Strukturen und Prozesse tief miteinander verbunden (Kraas 2009, S. 4; Schwentker 2006, S. 10).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5: Megastädte im Jahr 2025 (Kraas 2011, S. 880, Daten: UN 2006)
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass es sich um eine aktuelle und bedeutende globale Entwicklung handelt, in deren Zusammenhang der Wissenschaft und Forschung zahlreicher Disziplinen noch große Herausforderungen bevorstehen und die durch verschiedenste Meinungen und Sichtweisen geprägt ist.
[...]
[1] Anm.: im Rahmen von Veröffentlichungen der ILO
[2] Beispiele: Ruhrgebiet, Holland Randstad
- Quote paper
- Tabitha Triphaus (Author), 2012, Selbstregulierungsprozesse in afrikanischen Megastädten, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/201059
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