„Lebenskunst besteht darin, die eigene Natur mit der eigenen Arbeit in Einklang zu bringen.“ (Luis de Leon, Schriftsteller)
Dieses Zitat von Luis de Leon beschreibt kurz aber prägnant, worin der Kern einer Work-Life-Balance (WLB) besteht. Bei der WLB geht es nicht darum, einen Zustand der „Glückseligkeit“ durch die Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben zu erreichen. Vielmehr geht es um den Ausgleich zwischen den individuellen Ressourcen, Präferenzen und Bedürfnissen eines Menschen und dessen Arbeit.
Angesichts des starken internationalen Wettbewerbs ist es für den Erfolg eines Unternehmens förderlich, in die Leistungsfähigkeit und Motivation der Arbeitnehmer zu investieren. Maßnahmen der WLB sorgen beispielsweise für die Aufrechterhaltung der Gesundheit der Arbeitnehmer und verbessern Produktivität, Qualität und Wirtschaftlichkeit des Unternehmens.
Auf Arbeitnehmerseite führen WLB Maßnahmen beispielsweise zu verbesserten Arbeitsbedingungen. Dies soll allgemein zu einer verbesserten Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben führen. Im Speziellen sinkt durch WLB Maßnahmen z.B. die Zahl der arbeitsbedingten Erkrankungen. Die Vorteile einer Verbesserung der WLB für Arbeitgeber und Arbeitnehmer werden in den folgenden Kapiteln näher erläutert.
Obwohl weitreichende positive Vorteile einer Verbesserung der WLB bestehen, kommt es in vielen Fällen zu Problemen, die eine Einführung von Maßnahmen im Unternehmen verhindern. Fehlendes Fachwissen, betriebliche Kapazitäten und eine fehlende strategische Vorgehensweise sind nur einige davon. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die Grundlagen der WLB zu verdeutlichen und Ansätze zur Durchführung von zielorientierten WLB Maßnahmen aufzuzeigen. Hierfür wird unter anderem auf die Instrumente des Betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM) eingegangen, die weitestgehend auch als Instrumente der WLB geeignet sind. Um die Notwendigkeit von WLB Maßnahmen zu konkretisieren, wird die aktuelle Situation der WLB von Arbeitnehmern in Deutschland erläutert und auf einzelne Maßnahmen eingegangen. Abschließend wird anhand einer Untersuchung zur Ausgestaltung von Maßnahmen des BGM mit Blick auf die WLB ein Praxisbezug hergestellt. Dabei wird erörtert, welche WLB Maßnahmen in deutschen Unternehmen durchgeführt werden und welche für verschieden große Unternehmen sinnvoll sind.
Inhaltsverzeichnis
II Abbbildungsverzeichnis
III Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Problemstellung und Zielsetzung
1.2 Aufbau der Arbeit
1.3 Abgrenzung der Thematik
2. Grundlagen des betrieblichen Gesundheitsmanagements
2.1 Begriffsdefinition des betrieblichen Gesundheitsmanagements
2.2 Entstehung
2.3 Gesetzliche Rahmenbedingungen
2.4 Akteure
2.5 Instrumente
2.5.1 Betrieblicher Gesundheitsbericht
2.5.2 Gefährdungsbeurteilung
2.5.3 Mitarbeiterbefragung
2.5.4 Gesundheitszirkel
2.5.5 Betriebliches Wiedereingliederungsmanagement
2.5.6 Gesundheits Check-Ups
2.5.7 Arbeitskreis Gesundheit
2.6 Maßnahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements
2.7 Ziele des betrieblichen Gesundheitsmanagements
2.7.1 Prävention
2.7.2 Verbesserte Arbeitsbedingungen
2.7.3 Verbesserte Produktivität, Qualität und Wirtschaftlichkeit
2.7.4 Verbesserung des Arbeitgeber Image
2.7.5 AGE-Management
2.8 Kritische Würdigung des betrieblichen Gesundheitsmanagements
3. Grundlagen der Work-Life-Balance
3.1 Begriffsdefinition der Work-Life-Balance
3.2 Einflussfaktoren der Work-Life-Balance
3.2.1 Soziale, personale und organisationale Ressourcen
3.2.2 Politische und gesellschaftliche Einflüsse auf die
Work-Life-Balance
3.3 Gründe für Maßnahmen der Work-Life-Balance
3.3.1 Veränderung der Familienstrukturen
3.3.2 Wandel der Arbeitswelt
3.3.3 Chancengleichheit
3.4 Aktuelle Situation in Deutschland
4. Maßnahmen der Work-Life-Balance
4.1 Realisierung von Maßnahmen der Work-Life-Balance
4.1.1 Grundlagen der Realisierung
4.1.1.1 Engagement
4.1.1.2 Fachwissen
4.1.1.3 Methodik
4.1.2 Grenzen der Realisierung
4.1.2.1 Finanzielle Ressourcen
4.1.2.2 Personelle Resosurcen
4.2 Personenorientierte Maßnahmen
4.2.1 Maßnahmen zur Stressbewältigung
4.2.1.1 Zeitmanagement
4.2.1.2 Reizmanagement
4.2.1.3 Erregungsmanagement
4.2.2 Personalentwicklung
4.3 Situationsorientierte Maßnahmen und Handlungsvorschläge
4.3.1 Maßnahmen zur Förderung von Familien
4.3.2 Monetäre Anreize
4.3.3 Nichtmonetäre Anreize
4.4 Oranisationsorientierte Maßnahmen
4.4.1 Arbeitszeitgestaltung
4.4.1.1 Teilzeitarbeit
4.4.1.2 Gleitzeit
4.4.1.3 Vertrauensarbeitszeit
4.4.1.4 Telearbeit
4.4.2 Urlaubsmanagement
5. Kritische Würdigung der Work-Life-Balance
IV Quellenverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Management - Kreislauf
Abbildung 2: Mitarbeiterbefragung „Gesundheit im Betrieb“
Abbildung 3: Instrumente des BGM
Abbildung 4: Kennzahlen des BGM
Abbildung 5: Maßnahmen des BGM
Abbildung 6: Direkte Krankheitskosten pro Kopf
Abbildung 7: Fehlzeiten in Abhängigkeit von Alter und Geschlecht
Abbildung 8: Einflussfaktoren auf die Work-Life-Balance
Abbildung 9: Pflegebedürftige Personen in Deutschland
Abbildung 10: Das Wechselspiel zwischen Ernährung, Bewegung und Stress
Abbildung 11: Die wichtigsten Work-Life-Balance Maßnahmen
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
1.1 Problemstellung und Zielsetzung
„Lebenskunst besteht darin, die eigene Natur mit der eigenen Arbeit in Einklang zu bringen.“
Luis de Leon, Schriftsteller
Dieses Zitat von Luis de Leon beschreibt kurz aber prägnant, worin der Kern einer Work-Life-Balance (WLB) besteht. Bei der WLB geht es nicht darum, einen Zustand der „Glückseligkeit“ durch die Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben zu erreichen. Vielmehr geht es um den Ausgleich zwischen den individuellen Ressourcen, Präferenzen und Bedürfnissen eines Menschen und dessen Arbeit.
Die derzeitige Situation am Arbeitsmarkt ist geprägt von Massenentlassungen und Unternehmen setzten immer häufiger auf Kurzarbeit. Aufgrund der Angst, ihren Arbeitsplatz zu verlieren und steigendem beruflichem Leistungsdruck sind Arbeitnehmer einer immer größeren psychischen Belastung ausgesetzt. Der demographische Wandel in Kombination mit einer sinkenden Geburtenrate verstärkt die Problematik des Fach- und Führungskräftemangels und führt zu einer Steigerung des Durchschnittsalters der Beschäftigten. Darüber hinaus setzt das Renteneintrittsalter mit 67 Jahren eine konstante Beschäftigungsfähigkeit aller Arbeitnehmer bis ins hohe Alter voraus.
Angesichts des starken internationalen Wettbewerbs ist es für den Erfolg eines Unternehmens förderlich, in die Leistungsfähigkeit und Motivation der Arbeitnehmer zu investieren. Maßnahmen der WLB sorgen beispielsweise für die Aufrechterhaltung der Gesundheit der Arbeitnehmer und verbessern Produktivität, Qualität und Wirtschaftlichkeit des Unternehmens.
Auf Arbeitnehmerseite führen WLB Maßnahmen beispielsweise zu verbesserten Arbeitsbedingungen. Dies soll allgemein zu einer verbesserten Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben führen. Im Speziellen sinkt durch WLB Maßnahmen z.B. die Zahl der arbeitsbedingten Erkrankungen. Die Vorteile einer Verbesserung der WLB für Arbeitgeber und Arbeitnehmer werden in den folgenden Kapiteln näher erläutert.
Obwohl weitreichende positive Vorteile einer Verbesserung der WLB bestehen, kommt es in vielen Fällen zu Problemen, die eine Einführung von Maßnahmen im Unternehmen verhindern. Fehlendes Fachwissen, betriebliche Kapazitäten und eine fehlende strategische Vorgehensweise sind nur einige davon. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die Grundlagen der WLB zu verdeutlichen und Ansätze zur Durchführung von zielorientierten WLB Maßnahmen aufzuzeigen. Hierfür wird unter anderem auf die Instrumente des Betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM) eingegangen, die weitestgehend auch als Instrumente der WLB geeignet sind. Um die Notwendigkeit von WLB Maßnahmen zu konkretisieren, wird die aktuelle Situation der WLB von Arbeitnehmern in Deutschland erläutert und auf einzelne Maßnahmen eingegangen. Abschließend wird anhand einer Untersuchung zur Ausgestaltung von Maßnahmen des BGM mit Blick auf die WLB ein Praxisbezug hergestellt. Dabei wird erörtert, welche WLB Maßnahmen in deutschen Unternehmen durchgeführt werden und welche für verschieden große Unternehmen sinnvoll sind.
1.2 Aufbau der Arbeit
Die vorliegende Arbeit ist in sechs Kapitel aufgeteilt. Im ersten Kapitel der Arbeit werden zunächst die Problemstellung und Zielsetzung, der Aufbau der Arbeit und die Abgrenzung der Thematik erläutert.
Das zweite Kapitel setzt sich mit den Grundlagen des BGM auseinander. Dabei wird neben verschiedenen Begriffsdefinitionen auf die Entstehung des BGM, geltende gesetzliche Rahmenbedingungen und die beteiligten Akteure eingegangen. Zusätzlich werden die Instrumente und Ziele des BGM erläutert und mögliche Maßnahmen genannt. Schließlich wird im zweiten Kapitel eine kritische Würdigung des BGM vorgenommen.
Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit den Grundlagen der WLB. Nach einer Begriffsdefinition werden die Einflussfaktoren, die auf die individuelle WLB eines jeden Arbeitnehmers wirken, aufgezeigt. Weitergehend werden verschiedene Gründe für die Durchführung von Maßnahmen der WLB dargestellt. Um die Gründe weiter zu verdeutlichen, wird im dritten Kapitel abschließend auf die aktuelle WLB Situation deutscher Arbeitnehmer eingegangen.
Auf die Realisierung von Maßnahmen der WLB wird zu Beginn des vierten Kapitels eingegangen. Hier werden die Grundlagen und Grenzen der Realisierung aufgezeigt. Anschließend werden detailliert die wichtigsten Maßnahmen zur Verbesserung der WLB von Arbeitnehmern erläutert. Diese sind zur besseren Abgrenzung in personenorientierte, situationsorientierte und organisationsorientierte Maßnahmen aufgeteilt.
Eine kritische Würdigung der WLB ist Inhalt des fünften und letzten Kapitels der Arbeit. Hier werden die Erkenntnisse aus den vorangegangenen Seiten nochmals zusammenfassend dargestellt. Ergänzend werden negative Effekte beschrieben, die durch nicht oder falsch durchgeführte WLB Maßnahmen entstehen können. Abschließend wird die Notwendigkeit von Maßnahmen der WLB begründet.
1.3 Abgrenzung der Thematik
Bedingt durch die Vielfalt von Instrumenten und Maßnahmen des BGM und der WLB kann im Rahmen der vorliegenden Arbeit nur auf die wichtigsten eingegangen werden. Da sich die Arbeit vorrangig mit Maßnahmen zur Verbesserung der WLB beschäftigt, werden die Maßnahmen des BGM nur genannt. Die Maßnahmen des BGM und der WLB sind teilweise aber auch untereinander kongruent wie im Fall des Betriebssports oder bei Maßnahmen der Personalentwicklung.
Die Arbeit beschäftigt sich überwiegend mit der Betrachtung der WLB aus Sicht von Arbeitnehmern und Unternehmen in Deutschland. Zahlreiche gesamtwirtschaftliche, politische und ethische Gesichtspunkte werden daher außer Acht gelassen. Die europäische und weltweite Situation bleibt aufgrund der unterschiedlichen Arbeitsverhältnisse in jedem Land und den damit verbundenen Bedingungen zur Verbesserung der WLB unberücksichtigt.
2. Grundlagen des betrieblichen Gesundheitsmanagements
2.1 Begriffsdefinition
Um den Begriff BGM definieren zu können, ist zunächst eine Definition der betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF) notwendig. Das Europäische Netzwerk für Betriebliche Gesundheitsförderung (ENWHP) stellte im Jahr 1997 folgende verbindliche Definition für den Begriff BGF auf: „Betriebliche Gesundheitsförderung ist eine moderne Unternehmensstrategie, die Erkrankungen am Arbeitsplatz vorbeugt, Gesundheitspotentiale stärkt und das Wohlbefinden am Arbeitsplatz verbessert.“[1] Die hier genannten Ziele der BGF können durch verschiede gesundheitsbezogene Maßnahmen umgesetzt werden. In Kapitel vier „Maßnahmen der Work-Life-Balance“ soll auf einige dieser Maßnahmen eingegangen werden.
Von BGM wird gesprochen, sofern nachhaltige Strukturen und Prozesse im Unternehmen vorhanden sind, die BGF dauerhaft vorantreiben.[2] Eine Definition von BGM aus dem Jahr 2011 lautet: „Betriebliches Gesundheitsmanagement ist die planvolle Organisation mehr oder weniger komplexer betrieblicher Gesundheitsdienstleistungen zum Zwecke der Erhaltung und zum Ausbau der Arbeitsbewältigungsfähigkeit der Mitarbeiter“.[3]
Für die Definition von BGM wird in der Fachliteratur zunehmend der Begriff des „Gesunden Management“ verwendet. Bei dem „Gesunden Management“ wird von Arbeitnehmern und Führungskräften verlangt, den Gedanken der Arbeitsbewältigung zu verinnerlichen und eigene Verantwortungsanteile zu erkennen.[4]
2.2 Entstehung
Im Jahr 1986 entwarf die Weltgesundheitsorganisation WHO die Ottawa Charta, die bis heute als Grundstein des modern definierten BGM gilt. Die Ottawa Charta ist eine Leitlinie für die Entwicklung von Konzepten und der internationalen Verbreitung der BGF. Kernaussagen der Charta zur BGF sind ein ganzheitliches psychosomatisches Gesundheitsverständnis und ein Arbeits- und Lebensweisenkonzept. Interessant ist, dass schon damals der Einfluss von persönlichen Ressourcen und sozialen Verhältnissen auf die individuelle Arbeitsbewältigungsfähigkeit erkannt wurde.
Das ENWHP verfasste im Jahr 1997 die Luxemburger Deklaration, die als Basisdokument der BGF in der EU angesehen wird. In der Deklaration wurde auch der Begriff der BGF erstmals definiert.
1998 wurde das Cardiff Memorandum vom Europäischen Netzwerk für BGF verabschiedet. Das Memorandum dient als Grundlage zur Schaffung geeigneter Infrastrukturen für BGF in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU).
Um BGF stärker in Deutschland zu verbreiten und die Entwicklung einer gesundheitsförderlichen Gestaltung der Arbeitswelt zu begünstigen, wurde 2002 das Deutsche Netzwerk für betriebliche Gesundheitsförderung (DNBGF) gegründet. Das Netzwerk wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit unterstützt und arbeitet mit verschiedenen Krankenkassen und der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung zusammen.[5] Seit der Jahrtausendwende ist die Integration verschiedener Managementansätze zu beobachten. Diese Entwicklung ist für die Gestaltung eines dauerhaft nachhaltigen BGM in deutschen Unternehmen von großer Relevanz.[6]
Eine Studie der Initiative für Gesundheit und Arbeit (IGA) analysierte im Jahr 2008 die Anzahl der Unternehmen (des produzierenden Gewerbes mit 50-499 sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmern), die ein BGM durchführten. Dabei stellte sich heraus, dass nur 36 Prozent der Unternehmen angaben, ein BGM durchzuführen. Diese Tatsache lässt die Schlussfolgerung zu, dass derzeit noch in vielen deutschen Unternehmen Handlungsbedarf besteht, ein BGM zu implementieren.[7]
2.3 Gesetzliche Rahmenbedingungen
In Deutschland gibt es keine direkten gesetzlichen Grundlagen bezüglich der Einführung und Durchführung eines BGM. Ungeachtet dessen lassen sich Rahmenbedingungen aus den anschließend aufgeführten Gesetzen und Verordnungen ableiten:
- Das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) regelt Grundlagen zur Zusammenarbeit von Arbeitgeber und Arbeitnehmer sowie speziell die Bildung von Betriebsräten.
- Das Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) verpflichtet Unternehmen Betriebsärzte, Sicherheitsingenieure und andere Fachkräfte für Arbeitssicherheit zu bestellen.
- Das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) legt Bedingungen zur Arbeitszeit, Feiertagen und Ruhepausen fest.
- Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) dient der Vermeidung von Benachteiligung und Diskriminierung von Minderheiten, z.B. aufgrund des Geschlechts der Religion oder ethnischen Herkunft.
- Die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) legt technische Zielvorgaben für Arbeitsplätze fest und stellt somit ein Mindestmaß für die Qualität von Arbeitsplätzen dar.
- §20 des SGB V Absatz 1-3 beinhaltet Bestimmungen über BGF und Prävention durch die gesetzlichen Krankenkassen. Demnach gehört es zum Pflichtenkatalog der gesetzlichen Krankenversicherung, die betriebliche Gesundheitssituation einzuschätzen, zu optimieren und die Gesundheitsförderung zu erhalten.[8]
- §20a SGB V gibt Krankenkassen einen Richtwert von 2,78 Euro (Stand: 2008) pro Versicherten und Kalenderjahr vor, den diese in die Verbesserung der betrieblichen Gesundheitssituation der Versicherten investieren müssen.[9]
- § 3 Abs. 1 Nr. 34 EStG besagt, dass zusätzlich zum Arbeitslohn erbrachte Leistungen des Arbeitgebers zur Verbesserung des allgemeinen Gesundheitszustandes und der betrieblichen Gesundheitsförderung, die hinsichtlich Qualität, Zweckbindung und Zielgerichtetheit den Anforderungen der §§ 20 und 20a SGB V genügen bis zu einer Höhe von 500 Euro pro Arbeitnehmer und Kalenderjahr von der Einkommenssteuer befreit sind.[10]
- §1 und §14 des SGB VII beinhaltet Bestimmungen zur Prävention arbeitsbedingter Gesundheitsgefahren durch die gesetzliche Unfallversicherung und Bestimmungen welche die Zusammenarbeit mit Krankenkassen regeln.[11]
- §84 Absatz 2 des SGB IX schreibt Unternehmen ein Betriebliches Wiedereingliederungsmanagement vor. Unternehmen müssen sich für die Gesunderhaltung aller Arbeitnehmer engagieren, die länger und häufig krank sind.[12]
- §3 und §5 des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) verpflichtet zur Ermittlung und Durchführung von Maßnahmen des Arbeitsschutzes und der Sicherheit der Beschäftigten. Diese Maßnahmen lassen sich nach §4 des Arbeitsschutzgesetzes einerseits in Maßnahmen einteilen, die der Verbesserung der Arbeitsbedingungen dienen (Verhältnisprävention) und andererseits in Maßnahmen, die gesundheitsgerechtes Verhalten (Verhaltensprävention) fördern.[13]
2.4 Akteure
Um ein BGM ganzheitlich planen und durchführen zu können ist es notwendig über die involvierten Akteure informiert zu sein. Bei jeder gesundheitsbezogenen Maßnahme sollte im Voraus festgelegt sein, wer die Maßnahme durchführt, welche Personen zur Zielgruppe gehören und wer die Maßnahme evaluiert. Daher wird als Nächstes ein Überblick über mögliche Akteure eines BGM gegeben.
An erster Stelle stehen Arbeitnehmer als Zielgruppe von Maßnahmen des BGM. Ohne deren Einbezug kann ein BGM weder ganzheitlich noch erfolgreich sein, da Wechselwirkungen mit allen weiteren beteiligten Akteuren bestehen. Arbeitnehmer können jedoch auch Maßnahmen initiieren oder diese evaluieren. Ganz entscheidend ist der Aspekt, Arbeitnehmern Handlungskompetenzen zu vermitteln, damit diese ihren Gesundheitszustand selbst positiv beeinflussen können.[14]
Führungskräfte stellen die zweitwichtigsten Akteure des BGM dar. Sie sollten, ebenso wie die Arbeitnehmer, bei allen BGM Maßnahmen beteiligt werden. Durch ihren Kommunikationsstil beeinflussen Führungskräfte das Betriebsklima, die psychische Gesundheit und die Motivation der Arbeitnehmer. Gerade Führungskräfte leiden oft unter psychischen Erkrankungen, da sie im beruflichen Alltag hohen Belastungen durch Erfolgs- und Zeitdruck sowie ihrer ständigen Erreichbarkeit ausgesetzt sind. Diese Tatsache macht Führungskräfte zu einer wichtigen Zielgruppe für BGM Maßnahmen. Nicht zuletzt sind Führungskräfte auch Personalverantwortliche und somit zuständig für die Gesundheit der Arbeitnehmer. Führungskräfte sind zudem für eine gerechte Arbeitsverteilung, transparente Abläufe sowie Rollen-und Aufgabenklarheit zuständig. Zudem sollten Führungskräfte bei steigenden fachlichen Anforderungen für die erforderliche Weiterqualifikation der Arbeitnehmer sorgen.[15]
Die Unternehmensleitung sollte hinsichtlich des Themas BGM eine positive Einstellung aufweisen. Die Führungsspitze definiert das Leitbild des Unternehmens und entscheidet darüber, ob und in welchem Ausmaß die Themen Gesundheit und BGM in der Unternehmenskultur verankert werden. Zudem ist die Unternehmensleitung für die Bereitstellung ausreichender finanzieller, personeller und zeitlicher Ressourcen verantwortlich. Demnach wird ohne die aktive Mitwirkung der Unternehmensleitung ein BGM unmöglich.
Beauftragte für Schwerbehinderte sind in großen Unternehmen unerlässlich, um beispielsweise zu gewährleisten, dass ein Arbeitnehmer nach längerer Arbeitsunfähigkeit wieder ins Unternehmen zurückkehren kann. Um eine Benachteiligung bezüglich des Geschlechts im Unternehmensalltag oder bei der Bewerberauswahl auszuschließen, ist eine Frauenbeauftragte sinnvoll. Außerdem kann ein Krisenstab in Gefahren- oder Katastrophensituationen Verletzungen oder Folgeerkrankungen der Arbeitnehmer minimieren (Krisenmanagement). Dazu werden Gefahrenpotentiale ermittelt und Verhaltenspläne, Arbeitsmittel und Schutzeinrichtungen für den Notfall eingerichtet. Ein weiterer Akteur des BGM kann der Kantinenchef sein, der durch die Bereitstellung ausgewogener und abwechslungsreicher Mahlzeiten seinen Beitrag für eine gesunde Ernährung der Belegschaft leistet.
Die Gesetzliche Unfallversicherung verpflichtet Unternehmen, die Gesundheit und Unversehrtheit ihrer Beschäftigten zu sichern und finanziert daher Präventionsmaßnahmen in Zusammenarbeit mit Krankenkassen. Wie in Gliederungspunkt 2.3 gesetzliche Rahmenbedingungen bereits erwähnt, sind Krankenkassen verpflichtet, die individuelle Gesundheitssituation der Beschäftigten im Unternehmen zu verbessern. Die Techniker Krankenkasse übernimmt beispielsweise die Kosten von BGM Maßnahmen mit 50 Prozent. Zudem bieten Krankenkassen Broschüren, Seminare und Beratung zum Thema an. Daher sind Krankenkassen für Unternehmen eine ausgezeichnete Anlaufstelle, um ein BGM zu implementieren oder einzelne BGF Maßnahmen durchzuführen.[16]
Neben Krankenkassen und Unfallversicherungen sind externe Fachkräfte in der Lage, Fachwissen für die Durchführung von BGM Maßnahmen zur Verfügung zu stellen. Eine Studie des Marktforschungsunternehmens EuPD Research aus dem Jahr 2006 kam zu dem Ergebnis, dass fast 90 Prozent der deutschen Großunternehmen externe Gesundheitsdienstleister einbinden. Dabei wurden am häufigsten Sportangebote mit 75 Prozent, Betriebsmedizin mit 73 Prozent, Sozial- und Suchtberatung mit 46 Prozent und Arbeitsschutz mit 23 Prozent genutzt (Mehrfachnennungen möglich).[17]
2.5 Instrumente
Um die Instrumente des Betrieblichen Gesundheitsmanagements besser in die Thematik des BGM einordnen zu können, soll hier kurz auf den Management-Kreislauf eingegangen werden. Folgende Abbildung gibt einen Überblick über die vier Schritte des Management-Kreislaufs.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Management - Kreislauf[18]
Im ersten Schritt werden mit einer Analyse die Problembereiche und vorhandene Ressourcen identifiziert. Zu diesem Schritt zählen die Instrumente Betrieblicher Gesundheitsbericht, Gefährdungsbeurteilung, Mitarbeiterbefragung, Gesundheitszirkel und Gesundheits-Check-Ups, auf die im weiteren Verlauf dieses Kapitels näher eingegangen wird.
Im zweiten Schritt beginnt die Planung. Hier ist es wichtig, die Analyse auszuwerten, um die Planung zu erleichtern. Die Planung umfasst u.a. folgende Aufgaben: Festlegen der Ziele der BGM Maßnahmen, Bestimmung der Handlungsfelder, des Zeitplans, der Verantwortlichkeiten sowie die Sicherung der Beteiligung der Arbeitnehmer.
Für die Planung, Umsetzung und Überprüfung von Maßnahmen des BGM ist das Instrument des Arbeitskreises für Gesundheit in Unternehmen zuständig. In kleineren Unternehmen oder Einzelfällen können aber auch andere Zuständigkeiten gelten. (siehe Gliederungspunkt 2.5.7 Arbeitskreis Gesundheit).
Im dritten Schritt „Umsetzung“ geht es um die konkrete Durchführung von Maßnahmen und deren Koordination, sofern mehrere Maßnahmen gleichzeitig angewendet werden.
Im vierten und letzten Schritt „Überprüfung“ wird aufgezeigt, wie sich das BGM im Betrieb integriert hat. Die Überprüfung sollte sowohl während wie auch nach der Projektlaufzeit erfolgen. Zudem ist es sinnvoll, in diesem Schritt eine kennzahlenbasierte Kosten-Nutzen-Analyse durchzuführen.
2.5.1 Betrieblicher Gesundheitsbericht
Betriebliche Gesundheitsberichte sind als Einstieg in ein BGM zu empfehlen. Hier werden Arbeitsunfähigkeitsdaten der Arbeitnehmer analysiert und bewertet. Durch die Prüfung der Art, Häufigkeit und Dauer von Erkrankungen lassen sich Rückschlüsse auf eventuelle betriebliche Faktoren als Ursache der Erkrankungen ziehen.[19] Zu typischen betrieblichen Faktoren für Erkrankungen zählen unter anderem einseitige Arbeitstätigkeiten und ein schlechtes Betriebsklima.
Die Analyse der Häufigkeit und Dauer von krankheitsbedingten Fehlzeiten - einer sogenannten Fehlzeitenanalyse - bildet die Grundlage des betrieblichen Gesundheitsberichts. Viele Unternehmen erkennen erst nach der Analyse von zu hohen Fehlzeiten Handlungsbedarf im Bereich der Gesundheitsdienstleistungen. Aber zu hohe Fehlzeiten (sogenannter Absentismus) sind nicht immer das vorrangige Problem im Unternehmen. Verstärkt kommt es zu dem Phänomen des Präsentismus, also dann wenn Arbeitnehmer zwar arbeiten, aber qualitativ oder quantitativ nicht die volle Arbeit leisten. Dieses Verhalten von Arbeitnehmern kann zu einer falschen Bewertung des Indikators Fehlzeit führen, da trotz einer niedrigen Fehlzeitenquote die Qualität oder Quantität der Arbeit stark beeinträchtigt ist. Ausgelöst wird Präsentismus durch Kopfschmerzen, Allergien, Rückenschmerzen und psychischen Belastungen, was wiederum meist durch Stress ausgelöst wird. Die Gesundheitswissenschaftler Iverson und Lynch fanden heraus, dass 10 bis 15 Prozent der gesamten produktiven Zeit durch Absentismus und Präsentismus verloren gehen. Dabei entfallen zwei Drittel auf den Präsentismus und ein Drittel auf Absentismus.[20] Um Präsentismus im Unternehmen zu analysieren, bietet es sich an, durch externe Dienstleister Mitarbeiterbefragungen durchzuführen. Auf das Instrument der Mitarbeiterbefragung wird in Gliederungspunkt 2.5.3 ausführlich eingegangen.[21]
Des Weiteren bieten betriebliche Gesundheitsberichte Aufschluss über die soziodemographische Verteilung der Beschäftigten im Unternehmen (z.B. Alter, Geschlecht, Beruf) und medizinische Diagnosen zu Fällen von Arbeitsunfähigkeit. Durch die Quantifizierung der Gesundheitsdaten der Beschäftigten lassen sich Zahlen, wie z.B. der durchschnittliche Krankenstand, mit anderen Unternehmen und Branchen vergleichen. Hierdurch können Verbesserungspotentiale einfach aufgedeckt werden. Einige Krankenkassen erstellen ab einer gewissen Versichertenzahl im Unternehmen den betrieblichen Gesundheitsbericht kostenlos.[22]
2.5.2 Gefährdungsbeurteilung
In Deutschland sind Arbeitgeber rechtlich verpflichtet, die Gefahren aller Arbeitsplätze zu ermitteln, zu beurteilen, geeignete Arbeitsschutzmaßnahmen durchzuführen und deren Wirksamkeit zu überprüfen (siehe auch Gliederungspunkt 2.3 Gesetzliche Rahmenbedingungen). Beurteilt werden: physikalische, chemische und biologische Einwirkungen auf die Arbeitnehmer, Arbeitsmittel, Arbeits- und Fertigungsverfahren, Arbeitsabläufe und die Arbeitszeit.[23] Die Gefährdungsbeurteilung eignet sich ähnlich wie der Betriebliche Gesundheitsbericht gut als Einstieg in ein BGM. Zu Maßnahmen, die aus Gefährdungsbeurteilungen hervorgehen, zählen insbesondere Schulungen, die Bereitstellung von gesundheitsrelevanten Informationen und Maßnahmen zur Arbeitsplatzgestaltung.
Alle Arbeitgeber, also auch beispielsweise Selbständige mit nur einem oder wenigen Arbeitsplätzen sind rechtlich zur Gefährdungsbeurteilung verpflichtet. Daher bietet es sich für diese an, die Gefährdungsbeurteilung von einem externen Dienstleister durchführen zu lassen.
2.5.3 Mitarbeiterbefragung
Mitarbeiterbefragungen sind ein geeignetes Instrument, um die Meinung der Beschäftigten, zu gesundheitsrelevanten Fragen, zu gewinnen. Mittels standardisierter Fragebögen oder im Gespräch mit Vorgesetzten können die Beschäftigten Auskünfte über Arbeitsbedingungen, die betriebsinterne Kommunikation, physischen Belastungen usw. geben. Durch die Analyse der Antworten lassen sich gesundheitsrelevante Problemschwerpunkte erkennen und dadurch gezielt in BGM Maßnahmen umsetzen. Da die Mitarbeiterbefragung relativ schnell und kostengünstig realisierbar ist, kommt sie speziell für KMU mit einem geringen Budget für BGM Maßnahmen in Betracht. In der Folgenden Abbildung ist ein Ausschnitt einer Mitarbeiterbefragung mit dem Thema „Gesundheit im Betrieb“ dargestellt:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Mitarbeiterbefragung „Gesundheit im Betrieb“[24]
2.5.4 Gesundheitszirkel
Gesundheitszirkel sind moderierte Gesprächsrunden, in denen Arbeitnehmer belastende Arbeitsbedingungen, mit dem Ziel für diese Lösungsvorschläge zu erarbeiten, sammeln und analysieren. Arbeitsbedingungen sollen durch organisatorische, verhaltensbezogene oder technische Maßnahmen verbessert werden.[25] Im Idealfall besteht ein Gesundheitszirkel aus acht bis zehn Arbeitnehmern und dem Moderator, in Kleinunternehmen mit weniger als 15 Arbeitnehmern kann aber auch die gesamte Belegschaft einbezogen werden. Weitere Mitglieder des Gesundheitszirkels können Führungskräfte, Betriebsärzte, Sicherheitsfachkräfte oder Vertreter des Betriebsrates sein. Hierbei ist zu beachten, dass unter Einbezug der Führungsebene einige Arbeitnehmer dazu tendieren, weniger frei ihre Meinung äußern. In der Regel wird der Gesundheitszirkel vier bis acht Mal im Jahr durchgeführt. Das Bewusstsein im Unternehmen für Arbeitsbelastungen, Ressourcen und die Notwendigkeit der Gesundheitserhaltung wird durch die kontinuierliche Teilnahme der Belegschaft geschärft.[26] Der Gesundheitszirkel beruht in seiner Struktur auf dem japanischen Modell des Qualitätszirkels.
Im Vorfeld der Durchführung des Gesundheitszirkels können der Betriebliche Gesundheitsbericht, die Gefährdungsbeurteilung und die Mitarbeiterbefragung bereits gesundheitliche Problemstellungen im Betrieb identifizieren. Dadurch wird eine gute Grundlage geschaffen, um entscheiden zu können, in welchen Arbeitsbereichen Verbesserungen notwendig sind. Zudem kann diese Vorbereitung auch als Hilfestellung für die Auswahl der am Gesundheitszirkel beteiligten Arbeitnehmer dienen. Arbeitnehmer aus Abteilungen, in denen bereits gesundheitsbezogene Probleme bekannt sind, sollten vorrangig einbezogen werden.[27]
Die DAK (Deutsche Angestellten-Krankenkasse) wertete 41 Gesundheitszirkel in 16 Unternehmen aus. Eine Kosten-Nutzen-Bewertung zeigte, dass von 100 repräsentativen Verbesserungsvorschlägen 48 Prozent positive Ergebnisse lieferten. Nur 12 Prozent lieferten negative Ergebnisse, die restlichen 40 Prozent neutrale Ergebnisse.[28] Diese Auswertung verdeutlicht, dass Gesundheitszirkel ein rentables Instrument des BGM sind, um Vorschläge zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen zu erarbeiten.
2.5.5 Betriebliches Wiedereingliederungsmanagement
Ist ein Beschäftigter innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig, ist der Arbeitgeber in Deutschland verpflichtet, ein Betriebliches Wiedereingliederungsmanagement zu betreiben (siehe auch Gliederungspunkt 2.3 Gesetzliche Rahmenbedingungen). Im Mittelpunkt steht die Wiedereingliederung der betroffenen Person ins Unternehmen und die Festlegung von Mitteln, um dies zu bewirken. Ferner soll geklärt werden, welche Leistungen und Hilfen zur Vorbeugung einer erneuten Arbeitsunfähigkeit bzw. zur Erhaltung des Arbeitsplatzes durchgeführt werden können. Diese Hilfen und Leistungen werden größtenteils von Krankenkassen, der Agentur für Arbeit, Integrationsämtern sowie der deutschen Rentenversicherung zur Verfügung gestellt. Potentielle Empfänger dieser Leistungen und Hilfen sind sowohl behinderte als auch nichtbehinderte Menschen. Der Personal- und Betriebsrat, die Schwerbehindertenvertretung und der Betriebsarzt sind neben Arbeitnehmer und Arbeitgeber ggf. in das Betriebliche Wiedereingliederungsmanagement miteinzubeziehen.[29]
Für Unternehmen mit mehr als 20 Arbeitnehmern ist zudem der rechtlich festgelegte Pflichtsatz für die Mindestanzahl von schwerbehinderten Arbeitnehmern zu beachten. Das zuständige Integrationsamt legt die genaue Anzahl der zu beschäftigenden schwerbehinderten Menschen fest. Grundsätzlich gilt aber ab einer Arbeitnehmerzahl von 20 Personen eine Behindertenquote von 5 Prozent als gesetzlich vorgeschrieben. Bei Nichteinhaltung der Mindestanzahl ist eine Ausgleichsabgabe zu bezahlen.[30] Bei der Beschäftigung behinderter Arbeitnehmer ist eine umfassende ergonomische und behindertengerechte Ausstattung des Arbeitsplatzes nach §81 IV Nr. 5 SGB IX für den Arbeitgeber verpflichtend. Jedem Unternehmen, das behinderte Arbeitnehmer beschäftigt, ist zu empfehlen sich mit dem Thema des Betrieblichen Wiedereingliederungsmanagements auseinander zu setzen.
Grundvoraussetzung des Betrieblichen Wiedereingliederungsmanagement ist, dass der Arbeitnehmer allen Maßnahmen zustimmt und sich aktiv an diesen beteiligt. Im Falle einer stufenweisen Wiedereingliederung - also einer stufenweisen Heranführung an die bisherigen Arbeitstätigkeiten und Arbeitszeiten - ist zudem eine ärztliche Feststellung darüber notwendig, dass die bisherigen Tätigkeiten teilweise wieder ausgeführt werden können.[31]
Neben Veränderungen bezüglich der Tätigkeit oder der Arbeitszeit des betroffenen Arbeitnehmers sind Um- bzw. Weiterbildungen mögliche Maßnahmen des Betrieblichen Wiedereingliederungsmanagements.
2.5.6 Gesundheits-Check-Ups
Ab dem 35. Lebensjahr können sich Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherungen kostenfrei einer Vorsorgeuntersuchung unterziehen. Dabei erfolgt eine ausführliche körperliche Untersuchung (Ganzkörperstatus), eine Blutuntersuchung (Gesamtcholesterin und Glukose) und eine Urinuntersuchung (Eiweiß, Glukose, rote und weiße Blutkörperchen, Nitrit). Zudem wird aus der bisherigen Krankheitsgeschichte ein Risikoprofil erstellt und gemeinsam mit dem Arzt besprochen, welche Lebensgewohnheiten gegebenenfalls geändert werden können.[32] Nicht nur Krankenkassen sondern auch zunehmend Unternehmen haben die Bedeutung einer Früherkennung von Krankheiten erkannt und lassen deshalb selbst Check-Ups im Unternehmen durchführen. In Deutschland, England, Spanien, Frankreich und Italien bieten mittlerweile 71 Prozent der Unternehmen regelmäßige Gesundheits-Check-Ups an.[33]
Bei einem betrieblichen Gesundheits-Check-Up sollten das Herz-Kreislauf-System, der Stoffwechsel und der Magen-Darm-Trakt Priorität haben. Ziel ist die Aufrechterhaltung der Gesundheit und die Früherkennung von Krankheiten. Durch die immer stärker werdenden Arbeitsbelastungen und die Verlagerung der Arbeitszeit auf die Freizeit, gerade bei Führungskräften, bietet ein betriebliches Gesundheits-Check-Up eine Alternative zur herkömmlichen Vorsorgeuntersuchung beim Arzt. Arbeitnehmer erhalten so die Möglichkeit, sich während der eigentlichen Arbeitszeit um ihre Gesundheit zu kümmern.[34]
Nicht zuletzt spielt die demographische Entwicklung für Gesundheits-Check-Ups eine Rolle. Unternehmen sollten dafür Sorge tragen, dass ihre Arbeitnehmer bis ins Alter gesund und leistungsfähig bleiben.[35] Vorsorgeuntersuchungen sind ein geeignetes Instrument um gezielt individuelle Gesundheitsprobleme der Arbeitnehmer zu erkennen um mit entsprechenden BGM Maßnahmen reagieren zu können. Bei der Durchführung betrieblicher Gesundheits-Check-Ups ist stets darauf zu achten, dass eine freiwillige anonyme Teilnahme der Arbeitnehmer gewährleistet ist.
2.5.7 Arbeitskreis Gesundheit
Der Arbeitskreis Gesundheit dient als Steuergremium des BGM. Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Arbeit des Arbeitskreises ist die Analyse der Ausgangssituation im Unternehmen durch die bereits dargestellten Instrumente. Über die Daten aus Gesundheitsberichten, Gefährdungsbeurteilungen, Gesundheits-Check-Ups und Mitarbeiterbefragungen entscheidet der Arbeitskreis Gesundheit über geeignete Maßnahmen. Dementsprechend werden Verbesserungsvorschläge von Gesundheitszirkeln und Erkrankungen sowie Belastungen, die durch das Betriebliche Wiedereingliederungsmanagement festgestellt wurden, in konkrete Maßnahmen umgesetzt.[36]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 3: Instrumente des BGM[37]
Eine weitere Aufgabe des Arbeitskreises Gesundheit ist die Evaluation bereits durchgeführter Maßnahmen. Die Rentabilität von BGM Maßnahmen spielt für alle Unternehmen eine große Rolle und kann nur durch eine ausreichend gestaltete Maßnahmenevaluation gewährleistet werden. Viele Unternehmen vernachlässigen die Erhebung der zahlreichen Kennzahlen. 80 Unternehmen wurden im Jahr 2011 im Rahmen einer Studie des Dienstleistungsunternehmens Dr. Geke & Associates GmbH zu den Kennzahlen des BGM befragt. Folgende Abbildung gibt einen Überblick über die am häufigsten genannten Kennzahlen im Rahmen des BGM.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 4: Kennzahlen des BGM[38]
Um ein BGM im Unternehmen auf- und auszubauen, verfügt der Arbeitskreis über eigene betriebliche Ressourcen. Neben der Personalabteilung, dem Betriebsrat, dem Betriebsarzt, Vertretern der Werksleitung und Fachkräften für Arbeitssicherheit können bei Bedarf Krankenkassen und Berufsgenossenschaften in den Arbeitskreis Gesundheit integriert werden.[39] Der Arbeitskreis Gesundheit sorgt für einen Interessenausgleich seiner Mitglieder. Dadurch wird eine gemeinsame Zieldefinition in Bezug auf alle Maßnahmen des BGM möglich.
Der Arbeitskreis Gesundheit ist ein sehr kosten- und personalintensives Instrument des BGM. Daher sollten nur Unternehmen mit mehr als 30 Arbeitnehmern dieses Instrument in Betracht ziehen. In kleineren Unternehmen können für die Festlegung von BGM Maßnahmen und deren Evaluation Führungskräfte, die Unternehmensleitung oder Fachkräfte zuständig sein.
2.6 Maßnahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements
Da der Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit auf Maßnahmen zur Verbesserung der WLB liegt, soll in folgender Abbildung nur eine Übersicht über mögliche Maßnahmen des BGM gegeben werden. Auf Maßnahmen, die speziell auf die Verbesserung der WLB ausgerichtet sind, wird in Gliederungspunkt 4. Maßnahmen der Work-Life-Balance detailliert eingegangen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 5: Maßnahmen des BGM[40]
2.7 Ziele des betrieblichen Gesundheitsmanagements
Das oberste Ziel eines BGM besteht darin, den Gesundheitszustand aller Beschäftigten im Unternehmen aufrecht zu erhalten und zu verbessern. Die Weltgesundheitsorganisation definiert den Begriff Gesundheit folgendermaßen: „Gesundheit ist ein Zustand vollkommenen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht allein das Fehlen von Krankheit und Gebrechen.“[41] Es bestehen zahlreiche weitere Definitionen für den Begriff Gesundheit mit anderen Auffassungen von Gesundheitsfaktoren. Gesundheit ist ein von jedem Individuum subjektiv empfundener Zustand und kann dadurch nicht nur auf einige physische und psychische Faktoren begrenzt werden. Die vielseitige Bedeutung des Begriffes Gesundheit bedeutet für die Unterziele des BGM, dass diese ebenso vielseitig und jeweils auf ein bestimmtes Thema ausgerichtet sein können.
2.7.1 Prävention
Unter Prävention versteht man Prozesse und Strukturen, die gesundheitliche Schäden verhindern, weniger wahrscheinlich werden lassen oder ihre Entstehung hinauszögern bzw. früh erkennen lassen sollen. Die Prävention im Unternehmen zielt darauf ab, Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten zu verringern und lässt sich in folgende drei Bereiche unterteilen:
- Primärprävention: Vermeidung und Verhinderung von Krankheiten und Berufsunfällen bevor diese auftreten. Krankheiten sollen verhindert oder deutlich verzögert werden. (z.B. Krisenmanagement, Schutzimpfungen).
- Sekundärprävention: (oft auch als Vorsorge bezeichnet) ist die Früherkennung von Krankheiten. Zielperspektive ist, den Verlauf auf zu halten und die Chance auf Heilung zu ergreifen. (z.B. Gesundheits Check-Ups)
- Tertiärprävention (Verhinderung der Krankheitsverschlechterung/ Rehabilitation): Verhütung von Folge- und/oder Begleiterkrankungen, Abmilderung der sozialen Folgen, Förderung der Lebensqualität. (z.B. betriebliches Wiedereingliederungsmanagement, Maßnahmen zur Verbesserung der WLB) .[42]
Eine wichtige Rolle für die Prävention spielt auch die Gesundheitsaufklärung (z.B. über den Zusammenhang von Bewegungsmangel und Verdauungsstörungen) in Form von Schulungen und Trainingsmaßnahmen. Die Aufklärung soll dazu führen, dass Mitarbeiter und Führungskräfte ihre gesundheitlichen Interessen selbstbestimmt vertreten und gestalten.
[...]
[1] Vgl. DAK, Betriebliches Gesundheitsmanagement , 2006, S.16.
[2] Vgl. Pfaff H./,W. Slesina, Effektive betriebliche Gesundheitsförderung. Konzepte und methodische Ansätze zur Evaluation und Qualitätssicherung, 2001, S.32.
[3] Ingo Weinreich, Christian Weigl: Unternehmensratgeber betriebliches Gesundheitsschutzmanagement: Grundlagen - Methoden - personelle Kompetenzen, 2011, S.140.
[4] Weinreich I., Weigl C.: Unternehmensratgeber betriebliches Gesundheitsschutzmanagement: Grundlagen - Methoden - personelle Kompetenzen, 2011, S.155.
[5] Vgl. http://www.dnbgf.de/fileadmin/texte/Downloads/uploads/dokumente/2009/DNBGF_Imagebroschuere.pdf.
[6] Vgl. Ingo Weinreich, Christian Weigl: Unternehmensratgeber betriebliches Gesundheitsschutzmanagement: Grundlagen - Methoden - personelle Kompetenzen, 2011, S.151.
[7] Ebenda.
[8] Vgl. http://www.gkv-spitzenverband.de/Praevention_Leitfaden.gkvnet .
[9] http://www.gkv-spitzenverband.de/upload/GKV_Leitfaden_Pr%C3%A4vention_RZ_web4_2011_15702.pdf.
[10] AOK-Bundesverband: Jahressteuergesetz 2009. Neue Chancen für mehr Gesundheit. http://www.dnbgf.de/fileadmin/texte/Downloads/uploads/dokumente/2009/Flyer_Jahressteuergesetz_RZ.pdf.
[11] Vgl. DAK, Betriebliches Gesundheitsmanagement, 2006, S.33.
[12] Vgl. http://www.perwiss.de/betriebliches-gesundheitsmanagement.html.
[13] Vgl. http://www.gesetze-im-internet.de/arbschg/__3.html.
[14] Vgl. AOK, Gesundheitsförderung im Betrieb. Ein Konzept mit Zukunft, 1995, S.9.
[15] Vgl. Kastner M., Otte R., Empirische Ergebnisse und Zukunftsaspekte im betrieblichen Gesundheitsmanagement, 2011, Pabst Science Publishers, S.250.
[16] Vgl. http://www.krankenkassen.de/gesetzliche-krankenkassen/leistungen-gesetzliche-krankenkassen/praevention-vorsorge-krankenkassen/betriebliche-gesundheitsfoerderung/Grundlagen/.
[17] Vgl. Jähnig M., Kompendium Betriebliches Gesundheitsmanagement 2011: Konzepte,Strategien und Lösungen für die Unternehmenspraxis, S.70.
[18] Eigene Darstellung
[19] Vgl. Bamberg E., Ducki A., Metz, A-M, Handbuch Betriebliche Gesundheitsförderung,
1998, S.157.
[20] Vgl. Jähnig M., Kompendium Betriebliches Gesundheitsmanagement 2011: Konzepte,Strategien und Lösungen für die Unternehmenspraxis, S.45.
[21] Ebenda, S.46.
[22] Vgl. Bamberg E., Ducki A., Metz, A-M, Handbuch Betriebliche Gesundheitsförderung,
1998, S.26.
[23] Vgl. http://www.gesetze-im-internet.de/arbschg/__5.html.
[24] Vgl. http://www.gkv-spitzenverband.de/upload/b-2-mitarbeiter_14318.pdf.
[25] Vgl. DAK, Betriebliches Gesundheitsmanagement, Hamburg, S.26.
[26] Vgl. http://www.innogema.de/web/index.php?option=com_ig_content&view=article&id=12203&Itemid=31.
[27] Vgl. http://www.infoline-gesundheitsfoerderung.de/ca/j/hej/.
[28] Vgl. ebenda.
[29] Vgl. http://www.aa-arbeitsschutz.de/arbeitsmedizin/betr-eingliederung.html.
[30] Vgl. http://www.sozialgesetzbuch-sgb.de/sgbix/77.html.
[31] Vgl. http://www.beruf-gesund.de/arbeitsplatz-programm/b1wiedereingliederung.php.
[32] https://www.aekn.de/patienteninfo/gesundheitstipps/gesundheits-check-up-35/.
[33] Vgl. Jähnig M., Kompendium Betriebliches Gesundheitsmanagement 2011, S.54.
[34] Ebenda S.55.
[35] Ebenda S.54.
[36] Vgl. Bamberg E., Ducki A., Metz, A-M, Handbuch Betriebliche Gesundheitsförderung,
1998, S.121.
[37] In Anlehnung an http://www.ergo-online.de/uploads/Gesundheitsvorsorge/BGF3Zirkel.gif .
[38] Vgl. http://www.healthatwork-online.de/fileadmin/downloads/DGA_Studie_Strategisches_BGM.pdf S.13.
[39] Vgl. Bamberg E., Ducki A., Metz, A-M, Handbuch Betriebliche Gesundheitsförderung,
1998, S.121.
[40] Eigene Darstellung
[41] Vgl. http://gesundheitsmanagement.kenline.de/html/definition_gesundheit_krankheit.htm.
[42] Vgl. http://www.vico-training.de/1.html.
- Arbeit zitieren
- Sebastian Anderer (Autor:in), 2012, Betriebliches Gesundheitsmanagement - Maßnahmen und Handlungsvorschläge zur Verbesserung der Work-Life-Balance, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/200807
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