Im Mittelpunkt der vorliegenden Arbeit steht die Veranschaulichung der Relevanz von Wissensmanagement für Bildungseinrichtungen. Die Debatte um wirkungsvolle Konzepte und deren Legitimation hält seit einigen Jahren an, jedoch sind Best-Practice-Ansätze hauptsächlich in Wirtschaftsbetrieben zu finden bzw. werden Konzepte für eben solche entwickelt.
Bildungseinrichtungen müssen sich gleichermaßen wie Wirtschaftsbetriebe einer zunehmend dynamischen Umwelt stellen. Einen Beitrag dazu kann Wissensmanagement leisten, indem Wissen als wichtige Ressource identifiziert, gepflegt und gesteuert wird. Organisational betrachtet muss es gelingen, erfolgskritisches Wissen zu sichern und innovative Bildungsprodukte zu generieren, um dem Wettbewerb standhalten zu können. Bezieht man die individuelle Perspektive noch mit ein, kann Wissensmanagement auch zur Kompetenzentwicklung einzelner Mitarbeiter genutzt werden. Für die Erreichung dieser Ziele scheint das Münchener Modell von Reinmann-Rothmeier und Mandl besonders geeignet zu sein, da es neben der be-triebswirtschaftlichen auch eine psychologisch-pädagogische Sichtweise einnimmt. Dieses Modell zeigt diverse Ansatzmöglichkeiten für Interventionen auf. So verlockend die Vereinfachung durch ein Modell erscheint, darf jedoch nicht außer Acht gelassen werden, dass der Wissensprozess an sich ein komplexer und zum Teil schwer greifbarer Vorgang ist. Insbesondere wenn es um Wissenstransfer, also die Weitergabe von Know-how von Mitarbeiter zu Mitarbeiter geht, gibt es zahlreiche Kommunikationsstörungen, die den Prozess beeinträchtigen können. Daher ist es wichtig, erste Symptome von Kommunikationsstörungen wahrzunehmen und den Ursachen auf den Grund zu gehen.
Ein weiterer zentraler Aspekt für den Erfolg von Wissensmanagementaktivitäten ist die Einbeziehung geeigneter Anreize. Während Anreizsysteme in Wirtschaftsunter-nehmen zum Standardinstrumentarium gehören, um Mitarbeiter zu bestimmtem Verhalten zu animieren, scheint diese Begrifflichkeit im Bildungssektor ein Fremd-wort zu sein. Anreize werden hier unter anderem Namen verwendet und -wenn überhaupt- aus der Perspektive der Personalentwicklung betrachtet. Dennoch lässt sich ein weites Spektrum an Instrumenten identifizieren, insbesondere solche, die nicht monetärer Art sind. Diese können analog auf den Bildungsbereich übertragen werden.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Management summary
1. Einleitung
1.1 Forschungsfrage
1.2 Ziel der Arbeit
1.3 Wissensmanagement und Bildungsmanagement
2. Theoretischer Bezugsrahmen
2.1 Wissensmanagement
2.1.1 Wissen
2.1.2 Wissenstypologien
2.1.3 Konzepte des Wissensmanagements
2.1.3.1 Modell der Wissenstransformation
2.1.3.2 Baustein-Modell
2.1.3.3 Münchener Wissensmanagement Modell
2.1.4 Wissenstransfer
2.1.5 Probleme beim Wissenstransfer
2.2 Bildungseinrichtungen als Expertenorganisationen
2.2.1 Besonderheiten von Non-Profit-Organisationen
2.2.2 Formen des Lernens in Bildungsorganisationen
2.3 Möglichkeiten der betrieblichen Anreizgestaltung
2.3.1 Rolle der Motivation
2.3.2 Betrieblichen Anreizsysteme
2.3.3 Anreizarten
2.3.3.1 Intrinsische Anreize
2.3.3.2 Extrinsische Anreize
2.3.4 Anforderungen an Anreizsysteme
3. Wissensmanagement und Anreizsysteme in Bildungseinrichtungen
3.1 Bedeutung des Wissensmanagements für Bildungseinrichtungen
3.2 Wissen in Bildungseinrichtungen
3.3 Kommunikationsstörungen und Ursachen für einen defizitären Wissenstransfer
3.3.1 Symptome von Kommunikationsstörungen
3.3.2 Ursachen und Hindernisse für den Wissenstransfer
3.4 Geeignete Anreizsysteme in Bildungseinrichtungen
3.5 Anreizsysteme und ihre Anforderungen im Wissensmanagement
3.5.1 Anforderungen an Anreizsysteme im Wissensmanagement
3.5.2 Den Wissenstransfer fördernde Anreizinstrumente
4. Erfolgsfaktoren für die Umsetzung von Wissensmanagement
4.1 Unternehmenskultur
4.2 Strukturen und Prozesse
4.3 Informations- und Kommunikationstechnologien
4.4 Motivation und Fähigkeiten der Mitarbeiter
4.5 Unterstützung des Managements
5. Maßnahmen zur Förderung des Wissenstransfers in Bildungseinrichtungen
5.1 Erfolgskonzept: Community of Practice
5.1.1 Chancen von CoP
5.1.2 Rahmenbedingungen für CoP
5.1.3 Dilemma der Communities of Practice
5.2 Der narrative Ansatz für die Wissenskommunikation
5.2.1 Hintergründe zum Erfahrungswissen
5.2.2 Story telling als Chance für den Wissenstransfer
5.2.2.1 Methodik des Story tellings
5.2.2.2 Grenzen des Story tellings für den Wissenstransfer
5.3 Generationsübergreifendes Arbeiten
5.3.1 Wissenstransfer durch altersgemischte Tandems
5.3.2 Wissenstransfer durch altersgemischtes Mentoring
6. Fazit
Anhang
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Aufbau der Arbeit
Abb. 2: Wissenstreppe nach North
Abb. 3: Explizites und Implizites Wissen
Abb. 4: Wissensspirale nach Nonaka/ Takeuchi
Abb. 5: Wissensbausteine nach Probst, Raub, Romhardt
Abb. 6: Münchener Wissensmanagement Modell
Abb. 7: Wissensaktivitäten im Bildungshaus
Abb. 8: Ursachen und Symptome von Kommunikationsstörungen
Abb. 9: TOP 10 Anreize bei der Wissensbereitstellung und Wissensnutzung
Abb. 10: Methoden für den Wissenstransfer im Wissensmanagement
Abb. 11: Prozess im Story Telling nach Kleiner und Roth
Abb. 12: Wissensmanagementansätze
Abb. 13: NPO und ihre Tätigkeitsbereiche
Abb. 14: Ziele von Anreizsystemen
Tabellenverzeichnis
Tab. 1: Extrinsische und Intrinsische Motive
Tab. 2: Übersicht Anreizarten
Tab. 3: Erfolgsfaktoren für Wissensmanagement
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Management summary
Im Mittelpunkt der vorliegenden Arbeit steht die Veranschaulichung der Relevanz von Wissensmanagement für Bildungseinrichtungen. Die Debatte um wirkungsvolle Konzepte und deren Legitimation hält seit einigen Jahren an, jedoch sind BestPractice-Ansätze hauptsächlich in Wirtschaftsbetrieben zu finden bzw. werden Konzepte für eben solche entwickelt. Daraus resultierte die Motivation für die Arbeit, nämlich Konzepte, die vorrangig aus dem wirtschaftlichen Kontext stammen, auf ihre Tauglichkeit für Bildungsorganisationen zu prüfen.
Bildungseinrichtungen müssen sich gleichermaßen wie Wirtschaftsbetriebe einer zunehmend dynamischen Umwelt stellen. Einen Beitrag dazu kann Wissensmana- gement leisten, indem Wissen als wichtige Ressource identifiziert, gepflegt und ge- steuert wird. Organisational betrachtet muss es gelingen, erfolgskritisches Wissen zu sichern und innovative Bildungsprodukte zu generieren, um dem Wettbewerb standhalten zu können. Bezieht man die individuelle Perspektive noch mit ein, kann Wissensmanagement auch zur Kompetenzentwicklung einzelner Mitarbeiter ge- nutzt werden. Für die Erreichung dieser Ziele scheint das Münchener Modell von Reinmann-Rothmeier und Mandl besonders geeignet zu sein, da es neben der be- triebswirtschaftlichen auch eine psychologisch-pädagogische Sichtweise einnimmt. Dieses Modell zeigt diverse Ansatzmöglichkeiten für Interventionen auf. So verlo- ckend die Vereinfachung durch ein Modell erscheint, darf jedoch nicht außer Acht gelassen werden, dass der Wissensprozess an sich ein komplexer und zum Teil schwer greifbarer Vorgang ist. Insbesondere wenn es um Wissenstransfer, also die Weitergabe von Know-how von Mitarbeiter zu Mitarbeiter geht, gibt es zahlreiche Kommunikationsstörungen, die den Prozess beeinträchtigen können. Daher ist es wichtig, erste Symptome von Kommunikationsstörungen wahrzunehmen und den Ursachen auf den Grund zu gehen.
Ein weiterer zentraler Aspekt für den Erfolg von Wissensmanagementaktivitäten ist die Einbeziehung geeigneter Anreize. Während Anreizsysteme in Wirtschaftsunter- nehmen zum Standardinstrumentarium gehören, um Mitarbeiter zu bestimmtem Verhalten zu animieren, scheint diese Begrifflichkeit im Bildungssektor ein Fremd- wort zu sein. Anreize werden hier unter anderem Namen verwendet und -wenn überhaupt- aus der Perspektive der Personalentwicklung betrachtet. Dennoch lässt sich ein weites Spektrum an Instrumenten identifizieren, insbesondere solche, die nicht monetärer Art sind. Diese können analog auf den Bildungsbereich übertragen werden.
In der Diskussion von Erfolgsfaktoren wird deutlich, dass die Unternehmenskultur einen wesentlichen Einfluss auf das Wissensmanagement ausübt. Eine wissensfreundliche und -fördernde Unternehmenskultur ist maßgebend. Daneben sollte darauf geachtet werden, dass alle Aktivitäten in bestehende Strukturen und Prozesse zu integrieren sind. Gelingt die Verzahnung nicht, kann der Nutzen des Wissensmanagements der potenziellen Anwender angezweifelt werden, so dass Akzeptanzprobleme das Scheitern begünstigen.
Der letzte Teil der Arbeit widmet sich konkreten Maßnahmen, die den Wissens- transfer in Bildungseinrichtungen befördern können. Es wurden bewusst die Me- thoden „Community of Practice“, „Story telling“ und generationsübergreifende An- sätze ausgewählt, da sie einerseits die Anforderungen an Anreize berücksichtigen und andererseits bereits auf breiter Ebene erfolgreich Anwendung finden.
1. Einleitung
Es ist nicht genug zu wissen, man muss es auch anwenden; es ist nicht genug zu wollen, man muss es auch tun.
(Goethe)
Bildungseinrichtungen stehen vor der Herausforderung, vielfältige Aufgaben bewäl- tigen zu müssen. Neben der originären Vermittlung von Inhalten in unterschiedli- chen Lehr-Lernsituationen, müssen sie sich zunehmend mit Fragen der Marktpositi- onierung, der Erschließung neuer Geschäftsbereiche und der Optimierung interner Abläufe auseinandersetzen. Eine wichtige Vorrausetzung, um diese Aufgaben zu bewältigen, ist der professionelle Umgang mit Informationen und Wissen. Daher hat das bewusste Managen von Wissen eine wachsende Bedeutung für Bildungseinrich- tungen.
In der Wirtschaft sind die Zusammenhänge zwischen Wissensmanagement und dem Unternehmenserfolg bereits seit den Neunzigern bekannt (vgl. Wippermann 2008: S. 268). Es wurden zahlreiche Modelle und Umsetzungsszenarien entwickelt, um Wissen gezielt als Ressource zur Wertschöpfung einzusetzen. Wissenschaftler und Praktiker haben jedoch schon bald festgestellt, dass allein ein gutes Modell für er- folgreiches Wissensmanagement nicht ausreicht. Mitarbeiter als Träger des Wissens und somit Inhaber einer Schlüsselrolle, müssen strategisch mit einbezogen werden (vgl. Zaunmüller 2005: S. 2). Darüber hinaus müssen sie die Ansätze auch anwenden wollen und leisten demnach einen aktiven Beitrag zur Umsetzung von Wissensma- nagementmethoden bzw. -instrumenten. Dieser Prozess ist in hohem Maße vom Wollen, also der Motivation Einzelner abhängig. Viele Publikationen beschäftigen sich damit, wie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im organisationalen Kontext moti- viert werden können, sich an Veränderungsprozessen zu beteiligen. Es werden un- terschiedliche Instrumente und Methoden benannt, die Mitarbeiter motivieren und zur Partizipation anregen sollen. Gerade in profitorientierten Unternehmen gibt es eine große Bandbreite an Möglichkeiten, die Rahmenbedingungen günstig zu beein- flussen, wie z. B. monetäre Anreize oder Personalentwicklungsmaßnahmen. Möchte man Wissensmanagementmodelle in Bildungseinrichtungen implementieren gilt es auch hier, fördernde Rahmenbedingungen zu schaffen, die Mitarbeiterschaft mit einzubeziehen und ihre Motivation durch Anreize zu erhöhen. Die Besonderheit ergibt sich bei Bildungseinrichtungen dadurch, dass sie überwiegend nicht gewinnorientiert sind, also einem anderen Auftrag folgen und somit in einem anderen Kontext agieren. Letztlich müssen Non-Profit-Organisationen andere Möglichkeiten zu Gestaltung von Rahmenbedingungen nutzen.
Die vorliegende Arbeit setzt sich mit genau dieser Thematik auseinander. In sechs Kapiteln soll sich der Leser einen Überblick über die Komplexität des Wissensmanagements sowie über Anreizmöglichkeiten verschaffen und praktische Konsequenzen für Bildungseinrichtungen ableiten können.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Aufbau der Arbeit
Zur Verdeutlichung der Relevanz des Themas werden im ersten Kapitel zunächst die Ausgangslage sowie die Zielsetzung der wissenschaftlichen Arbeit dargestellt. Das zweite Kapitel stellt einen theoretischen Bezugsrahmen dar, in dem wesentliche Begriffe definiert und für die Arbeit abgegrenzt werden. Dieser bietet Hilfestellung, die Disziplin Wissensmanagement in Bildungseinrichtungen zu verankern. Dabei werden der Wissensbegriff und gängige Wissensmanagementmodelle vorgestellt. In 9 Anbetracht der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Dynamik wird unter Ver- wendung des Münchener Modells von Reinmann-Rothmeier/ Mandl besonders der Wissenstransfer zwischen Mitarbeitern betrachtet.
Es wird erörtert, ob die Übertragung von Wissensmanagementansätzen in Non- Profit-Organisationen (NPO) anderen Regeln folgt als denen in profitorientierten Unternehmen. Daher werden allgemeingültige Charakteristika von NPO und speziell die Besonderheiten von Bildungseinrichtungen hervorgehoben. Diese spielen auch für die Anreizgestaltung eine wichtige Rolle, da man aufgrund des Kontextes und anderen Rahmenbedingungen verstärkt auf nichtmaterielle Anreize, wie z. B. Aner- kennung zurückgreifen muss, um Mitarbeiter zur Teilung ihres Wissens zu motivie- ren.
Auf Basis der theoretischen Ausführungen folgt in Kapitel drei die Übertragung von Wissensmanagement auf Bildungseinrichtungen als eine Form von Non-Profit- Organisationen. Nach der Darstellung der Notwendigkeit von Wissensmanagement für Bildungseinrichtungen werden aufgrund der Bedeutung der Partizipation von Mitarbeitern auch geeignete Anreize für Bildungseinrichtungen vorgestellt. Da Wissensprozesse stark auf Kommunikationsprozessen basieren, wird auch Ausführungen zu Kommunikationsstörungen ausreichend Raum gegeben.
Nachdem im vierten Kapitel Erfolgsfaktoren, beispielsweise die Unternehmenskul- tur, für die Umsetzung von Wissensmanagementaktivitäten dargestellt werden fol- gen in Kapitel fünf konkrete Handlungsempfehlungen, die den Wissenstransfer in Bildungsinstitutionen fördern sollen. Demnach profitieren besonders Praktiker von Kapitel fünf, die hier konkrete Instrumente für Bildungseinrichtungen finden. Unter Berücksichtigung bestimmter Rahmenbedingungen werden Ideen sowohl zur An- reizgestaltung wie auch zur Anregung des Wissenstransfers gegeben. Dabei wird berücksichtigt, dass die Gestaltungsmöglichkeiten auf unterschiedlichen Ebenen ansetzen müssen (Mitarbeiterebene, Management, Organisation) aber immer mit den Organisationszielen verzahnt und laufend evaluiert werden sollten.
Kapitel sechs fasst die Ergebnisse zusammen, zeigt kritische Aspekte auf und hebt auch die Chancen des Wissensmanagements hervor. Da es im Bereich des Wis- sensmanagement für NPO noch nicht diese Vielfalt an wissenschaftlichen Publikati- onen gibt, wird ein Ausblick auf mögliche Forschungs- und Handlungsfelder gege- ben.
Hinweis zur Formulierung: Bei allen Bezeichnungen, die auf Personen bezogen sind, meint die gewählte Formulierung beide Geschlechter, auch wenn aus Gründen der besseren Lesbarkeit die männliche Form gewählt wurde.
1.1 Forschungsfrage
Wissensmanagement erfreut sich seit vielen Jahren großer Beliebtheit. Publikatio- nen mit sich ständig verändernden Konzepten werden veröffentlicht, um Wissen als Erfolgsmotor für Unternehmen zu generieren. In Anbetracht der sich schnell verän- dernden Umwelt und der wachsenden Herausforderungen auch für Institutionen aus dem Bildungsbereich als Teil des Non-Profit-Bereichs, sollte sich das For- schungsgebiet auf genau dieses Themengebiet ausweiten. Gerade die Landschaft von Bildungseinrichtungen verändert sich stetig durch die wachsende Konkurrenz der Bildungsanbieter und durch stark differenzierte Bildungskonsumenten. Um ei- nen Beitrag für diesen Sektor zu leisten, setzt sich die vorliegende Masterarbeit mit der Frage auseinander, wie Wissensmanagement in Bildungseinrichtungen Wissen entwickeln und steuern kann, um die Organisationsziele bestmöglich zu erreichen. Dabei soll insbesondere dem Wissenstransfer innerhalb einer Einrichtung besonde- re Beachtung zukommen, da durch Faktoren wie dem demographischen Wandel und dem erwarteten Mangel an Fachkräften dem Verlust von Wissen durch aus- scheidende Mitarbeiter entgegengewirkt werden muss.
Angelehnt an Publikationen, die vorrangig Vorschläge für Wirtschaftsorganisationen geben und unter Berücksichtigung der Spezifika von Non-Profit-Organisationen werden Ansätze vorgestellt, die zur Gestaltung förderlicher Rahmenbedingungen beitragen können. Da die Implementierung von Wissensmanagement nur gelingen kann, wenn Organisationsmitglieder motiviert sind ihr Wissen zu teilen, sollen auch geeignete Maßnahmen zur Anreizgestaltung diskutiert werden.
1.2 Ziel der Arbeit
Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die Zusammenhänge zwischen Wissen und Wissensmanagement darzustellen und ein geeignetes Wissensmanagementmodell für Bildungseinrichtungen vorzustellen, welches die spezifischen Rahmenbedingun- gen von NPO berücksichtigt. Dabei wird weniger den Instrumenten moderner In- formations- und Kommunikationstechnologien Aufmerksamkeit geschenkt, sondern vielmehr der Mensch als „eigentlicher Urheber und Träger des Wissens“ (Falk 2007: S. 15) betrachtet, der einen großen Einfluss darauf hat, ob Wissensmanagementpro- jekte erfolgreich umgesetzt werden. Insofern liegt ein zweiter Schwerpunkt der Ar- beit auf der Darstellung von Möglichkeiten zur Anreizgestaltung, die insbesondere in NPOs die Motivation und Partizipation einzelner Organisationsmitglieder erhöhen sollen. Die Arbeit zeigt, wie in Bildungsorganisationen konkrete Instrumente und Methoden zur betrieblichen Anreizgestaltung platziert werden können, um den Wissenstransfer innerhalb der Einrichtung zu fördern. Gelingt die Umsetzung dieser Ansätze, wird ein wesentlicher Beitrag zur Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit der Bildungseinrichtung und in der Konsequenz auch zur lernenden Organisation geleistet.
1.3 Wissensmanagement und Bildungsmanagement
Wissensmanagement und Bildungsmanagement weisen verschiedene Berührungs- punkte auf. Bildungsmanagement betrachtet die Bildung in einer Organisation sehr ganzheitlich. Aus der Perspektive des Bildungsprozessmanagements geht es insbe- sondere um die Qualität der Lehr-Lernprozesse auf unterschiedlichen Ebenen, da- mit kann z. B. die Didaktik einer Fortbildungseinheit, die Weiterbildungsabteilung innerhalb einer Organisation, usw. gemeint sein (vgl. Wilkesmann und Wilkesmann in Gessler 2009: S. 157). Das Bildungsbetriebsmanagement fokussiert u. a. Kosten- Nutzen-Relationen sowie Effektivität und Effizienz von Bildungsmaßnahmen.
Die Stärke des Wissensmanagements liegt darin, dass es beide Perspektiven verei- nen kann. Einerseits kann es angewandt werden auf die Förderung einzelner Mitar- beiter (im Sinne von Personalentwicklungsmaßnahmen) mit dem Ziel, ihre Kompe- tenzen hinsichtlich der Organisationsziele zu erweitern. Andererseits fördert Wis- sensmanagement die Ausrichtung von Bildungsaktivitäten auf organisationaler Ebe- ne, so dass eine bessere Anpassungsfähigkeit an sich verändernde Rahmenbedingungen erfolgen kann und damit die Wettbewerbsfähigkeit erhalten bleibt bzw. ausgebaut werden kann ohne die ökonomische Perspektive aus dem Blick zu verlieren. Wissensmanagement als Disziplin des Bildungsmanagements leistet somit einen wichtigen Beitrag zur lernenden Organisation.
2. Theoretischer Bezugsrahmen
Kapitel zwei behandelt die theoretischen Grundlagen, auf der alle weiteren Ausfüh- rungen basieren. Eine ausführliche Einführung in die Thematiken „Non-Profit- Organisationen“ und „Anreizgestaltung“ kann im Rahmen dieser Arbeit nicht geleis- tet werden, daher sollen nur die wesentlichen Aspekte der Anreizgestaltung und prägnante Spezifika von Bildungseinrichtungen als Teil von Non-Profit- Organisationen dargestellt werden. Grundbegriffe des Wissensmanagements wer- den hingegen ausführlich erklärt.
Im Anschluss folgen Erläuterungen zu betrieblichen Anreizsystemen, so dass im weiteren Verlauf die Verknüpfung bestimmter Anreize mit Wissensmanagement in Bildungseinrichtungen ausgeführt werden kann.
2.1 Wissensmanagement
Konkret dreht sich die Fragestellung im Wissensmanagement darum, wie Wissens- prozesse strukturiert und strategisch ausgerichtet werden können, um sie im Sinne der Organisationsziele zu beeinflussen. Darüber hinaus „soll das Wissenskapital vermehrt und dadurch der Unternehmenswert nachhaltig gesteigert werden“ (North 2011: S. 3). Laut North befindet sich die Gesellschaft in einer Umbruchphase, in der Kapital und Arbeit an Wert verlieren, hingegen Wissen zu einer knappen und wertvollen Ressource für Unternehmen wird (ebd. S. 16). Aber nicht nur in der Wirt- schaft hat Wissen eine mächtige Rolle, sondern auch der Bildungsbereich hat Bedarf an Wissensmanagement (vgl. Severing 2009: S. 14 ff). In erster Linie geht es um die Weitergabe und Verbreitung von Wissen (im besten Fall von Kompetenzen) bei- spielsweise im Rahmen von Schulunterricht oder Fortbildungen. Aber auch Bil- dungseinrichtungen brauchen Wissensmanagement für ihre Unterstützungsprozes- se, z. B. um sich zur lernenden Organisation zu entwickeln. Der gesellschaftliche und politische Rahmen verändert sich rasant und Bildungsverantwortliche müssen sich neuen Zielgruppen, neuen rechtlichen Vorgaben, innovativen Projetideen usw. stellen können. Diesen Herausforderungen kann man mit Wissensmanagement begegnen, da es Wissen generiert, es für viele nutzbar macht und es für die Organisation erhält (vgl. Wippermann 2008: S. 275).
Bevor die Anwendung von Wissensmanagementmodellen erfolgen kann, muss man sich zunächst damit auseinandersetzen, was „Wissen“ bedeutet, welche Dimensio- nen Wissen beinhaltet, um eine gemeinsame Verständnisgrundlage zu erlangen und um damit nachfolgende Modelle unmissverständlich betrachten zu können.
2.1.1 Wissen
Es gibt eine Vielzahl von Definitionen des Wissensbegriffs, was darauf zurückzufüh- ren ist, dass sich viele Disziplinen mit der Bedeutung des Wissens auseinanderge- setzt haben und jede für sich eine bestimmte Auslegung beansprucht. Demzufolge gibt es keine allgemeingültige Definition, jedoch hat sich im Rahmen des Wissens- management die Vorstellung von Daten, Informationen und Wissen durchgesetzt (vgl. Reinmann-Rothmeier u. a. 2001: S. 15 f.; vgl. Wiater 2007: S. 15 ff.).
Dabei versteht man unter Daten eine „kombinierte Folge von Zeichen (zum Beispiel Zahlen oder Buchstaben)“ (Reinmann-Rothmeier u. a. 2001: S.16), die an sich noch keine Bedeutung haben und im Allgemeinen als „hart“ bezeichnet werden (vgl. Su- renbrock 2008: S. 7). Werden Daten jedoch in einen Kontext gestellt, sozusagen in Beziehung zu anderen Daten gesetzt, bekommen sie einen Sinn und werden zu In- formationen. Diese „lediglich subjektiv wahrnehmbaren und verwertbaren“ Infor- mationen bilden die Basis des Wissens, sind aber keinesfalls damit gleichzusetzen (ebd.). Man kann beispielsweise eine Information haben (z. B. kann man in einer Datenbank Datensätze abrufen) ohne automatisch über das entsprechende Wissen zu verfügen. Die Information wird erst zum Wissen, wenn sie sich mit der persönli- chen Erfahrung verbindet, wenn sie zuvor sinngemäß bewertet und eingesetzt wer- den konnte, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Der Nutzer ist dann in der Lage, durch neue Ideen und Entscheidungen neues Wissen zu generieren und damit Prob- leme zu lösen (vgl. Specht in Bellinger/ Krieger 2007: S.32; vgl. Surenbrock 2008: S. 9). Nach dieser Vorstellung entsteht Wissen in einem Anreicherungsprozess. Zur anschaulichen Darstellung dieses Vorgangs scheint die „Wissenstreppe“ von North sehr geeignet.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Wissenstreppe nach North (Quelle: Falk 2007: S. 20)
Die Wissenstreppe zeigt zudem den Zusammenhang zwischen Wissen und Kompe- tenz1 bzw. in letzter Konsequenz auch der Wettbewerbsfähigkeit: Erst „wenn diese Informationsvernetzungen, -interpretationen und -integrationen zu einer Erhöhung des Handlungspotentials und somit der Problemlösungsfähigkeit führt“ kann von Wissen gesprochen werden (Falk 2007: S. 23). Wissen ist demzufolge das Resultat eines Lernprozesses. Auf Wissen aufbauend sind letztlich die Stufen „Können“ (das Wissen wird bewusst eingesetzt), „Handeln“, „Kompetenz“ (richtiges Handeln im Sinne der Problemlösung) und „Wettbewerbsfähigkeit“ (Kompetenz ist durch die Individualität schwer imitierbar, trägt zur Wettbewerbsfähigkeit bei) (vgl. Falk 2007: S. 21).
Die Mitbegründer des Wissensmanagements, Nonaka und Takeuchi teilen ebenfalls die Auffassung, dass Wissen immer in einem dynamischen Prozess entsteht und subjektgebunden ist. Darüber hinaus ist es immer an das Handeln und die Bedeu- tung gebunden, da „Wissen kontext- und beziehungsspezifisch ist“ (Surenbrock 2008: S. 8).
2.1.2 Wissenstypologien
Beleuchtet man den Wissensbegriff, begegnet man verschiedenen Wissensarten, die Wissen in verschiedene Segmente aufteilen. Da sich zahlreiche Autoren mit der Definition von Wissensarten beschäftigt haben, darf man sich von den Begrifflichkeiten nicht irritieren lassen. Oftmals gibt es mehrere Bezeichnungen für die scheinbar gleiche Wissensart bzw. auch Überschneidungen.
Eine der wichtigsten Unterscheidungen findet man im impliziten und expliziten Wis- sen. Das implizite Wissen ist nicht artikulierbar, stark erfahrungsabhängig und damit an seinen Träger gebunden. Es ist schwierig, dieses diffuse Wissen systematisch zu erfassen, gerade weil es dem „Besitzer“ nicht unbedingt bewusst ist (vgl. Falk 2007: S. 22). Zu finden ist es in „Denkschemata, Wirklichkeitskonstrukten, Glaubenssät- zen, Grundüberzeugungen, der Weltwahrnehmung und auch in intuitivem Wissen um Prozesse und Abläufe“ (Specht in Bellinger/ Krieger 2007: S.32). Das explizite Wissen hingegen kann in Worte gebracht und weiter gegeben werden (vgl. Rein- mann-Rothmeier u. a. 2001: S. 17). Ein gutes Beispiel für explizites Wissen stellen ebenfalls in diesem Beispiel Datenbanken dar: Die hinterlegten Daten sind in schrift- licher Form zusammengefasst, jederzeit abruf- und übertragbar (vgl. Specht in Bell- inger/ Krieger 2007: S.32). Eine hilfreiche Übersicht über explizites und implizites Wissen findet sich in folgender Tabelle, in welcher auch die Ausweitung auf die kol- lektive (z. B. in einem Arbeitsteam) und organisationale Ebene gezeigt wird.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Explizites und implizites Wissen (Quelle: Falk 2007: S. 22)
Ähnlich wie bei der Wissenstreppe findet auch hier ein Anreicherungsprozess inner- halb einer Organisation statt: Zunächst ist Wissen jeglicher Art an den Menschen 16 gebunden (individuelle Ebene). Durch die Interaktion mit Kollegen findet ein Wis- sensaustausch statt und es entsteht das kollektive Wissen. Werden gezielt Instrumente des Wissensmanagements eingesetzt, wie beispielsweise das Best-Practice- Sharing2, überträgt sich das Wissen auf eine breitere Masse und wird zunehmend zum organisationalen Wissen (vgl. Falk 2007: S. 22).
Eine weitere Differenzierung findet man zwischen Sachwissen und Handlungswis- sen. Während sich das Sachwissen auf bestimmte Inhalte konzentriert (z. B. die Fra- gebogenerstellung für eine Teilnehmerbefragung), beinhaltet das Handlungswissen die Erfahrungswerte in Bezug auf einen Prozess. In diesem Beispiel wäre das Wissen über die Durchführung der Befragungen unter Berücksichtigung erfolgversprechen- der Rahmenbedingungen als Handlungswissen einzuordnen. Wie beim impliziten Wissen ist auch das Handlungswissen stark an den Wissensträger gebunden und schwerer zugänglich (vgl. Reinmann-Rothmeier u. a. 2001: S. 17).
Ferner relevant ist die Unterscheidung von individuellem und organisationalem Wissen. Das erstere ist bei den einzelnen Organisationsmitgliedern zu finden. Das organisationale Wissen hingegen beinhaltet die „Regeln, Normen, Strukturen oder Technologien einer Organisation“ (vgl. Reinmann-Rothmeier u. a. 2001: S. 17). Wei- ter kann diese Wissensart noch nach Sanchez in die Kategorien Know-How (im wei- testen Sinne praktisches Wissen), Know-Why (Verständnis für ursächliche Wir- kungsmechanismen) und Know-What (strategisches Wissen über die Kombinierbarkeit von Know-How und Know-Why) eingeteilt werden (vgl. Surenb- rock 2008: S. 9; Capurro 2001).
Die Literatur des Wissensmanagements weist noch weitere Unterscheidungsmög- lichkeiten für den Wissensbegriff auf, die an dieser Stelle nicht weiter ausgewiesen werden. Gerade für die Auseinandersetzung der vorliegenden Arbeit sind die ge- nannten Wissensarten implizites / explizites, individuelles / organisationales Wissen sowie Handlungs- und Sachwissen von besonderer Bedeutung. Wenn an späterer Stelle Ansätze für den Wissenstransfer vorgestellt und diskutiert werden, geht es vor allem darum, schwer zugängliches Wissen Einzelner zu erreichen, um es auf organisationaler Ebene nutzbar zu machen. Zudem ist allgemein bekannt, dass, ver- gleicht man das Unternehmenswissen mit einem Eisberg, der Anteil des impliziten Wissens „unter der Wasseroberfläche“ sitzt und das explizite, also artikulierbare und bewusste Wissen lediglich die Spitze darstellt. Es gibt einen großen Handlungs- bedarf das implizite Wissen in explizites zu transferieren, da es für alle Abläufe in- nerhalb einer Organisation ein wichtige Rolle spielt und beispielsweise durch Aus- scheiden von Mitarbeitern verloren geht (vgl. Schuster 2011: S. 11).
2.1.3 Konzepte des Wissensmanagements
Modelle helfen, sich einen Überblick über komplexe Sachverhalte zu verschaffen. Im vorliegenden Fall sollen die vorgestellten Modelle zeigen, wie Wissensmanage- mentaktivitäten gestaltet werden können, um zur Wertschöpfung eines Unterneh- mens beizutragen.
Man unterscheidet zwischen zwei Grundausrichtungen3 im Wissensmanagement: Dem humanorientierten und dem technologieorientierten Wissensmanagement. Das Letztere (mit einer Nähe zum Informations- und Datenmanagement) propagiert vor allem den Einsatz moderner Technologien, um Wissensbestände vorzugsweise in Datenbanken und Expertensystemen zu sichern und zu verteilen. Der Faktor Mensch wird hier vernachlässigt. Das humanorientierte Wissensmanagement hin- gegen, welches in vorliegender Arbeit eine höhere Relevanz hat, stellt den Men- schen als Wissensträger in den Mittelpunkt und bedient sich bei den Konzepten psychologischer und soziologischer Erkenntnisse. Nach dem humanorientierten Verständnis verfügt der Mensch über nicht ausgeschöpfte Potenziale, die durch organisationales Wissensmanagement freigelegt werden können. Diese Bemühun- gen sollen zu einer Unternehmenskultur beitragen, in der Organisationsmitglieder freiwillig am Lernen teilnehmen und ihr Wissen bereitwillig mit anderen teilen. Der reine humanorientierte Ansatz beschäftigt sich nur marginal mit den Möglichkeiten und Chancen von Informations- und Kommunikationstechnologien, worin eindeutig das Manko zu sehen ist (vgl. Zaunmüller 2005: S. 16).
Zweifelsohne liegt der Erfolg von Wissensmanagementmodellen in der Verbindung beider Ansätze, da auf der einen Seite der Mensch als der zentrale „Ort des Ler- nens“ steht und auf der anderen Seite moderne Informations- und Kommunikati- onstechnologien eine unverzichtbare Unterstützungsleitung bringen (vgl. Lehner 2009: S. 35 f.; siehe Anhang Abb. 12). Darüber hinaus erfordert es die gesamtgesell- schaftliche Entwicklung, aus der eine stetige Zunahme der Nutzung moderner Kommunikationswege resultiert, dass eine Mitarbeiterschaft sich mit dem professi- onellen Umgang mit Medien auseinandersetzt. Es gilt zu prüfen, in welcher Art In- formations- und Kommunikationstechnologien unterstützend eingesetzt werden und diese die Entfaltung von Synergien fördern können bzw. welche Vorteile sich durch die Interaktion zwischen den Determinanten Technik, Mensch und Organisa- tion4 ergeben können (vgl. Zaunmüller 2005: S. 16).
2.1.3.1 Modell der Wissenstransformation
Die Mitbegründer des Wissensmanagements, Nonaka und Takeuchi, beschäftigten sich vor allem mit der Umwandlung von implizitem Wissen in explizites Wissen und entwickelten 1997 das „Modell der Wissenstransformation“.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Wissensspirale nach Nonaka/ Takeuchi 1997 (Quelle: Wikipedia).
Für den Umwandlungsprozess beschrieben sie vier Phasen:
In der Sozialisation wird das Wissen anderer unbewusst übernommen. Dies kann durch gemeinsame Beobachtung und Imitation oder Teamarbeit geschehen. Bei der Externalisierung wird das implizite Wissen durch Kommunikationsprozesse in expli- zites transferiert. Besonders mithilfe von z. B. Analogien wird das schwer verbalisierbare implizite Wissen artikulierbar. Die Kombination beschreibt die Verzahnung der beiden Wissensarten durch z.B. fachlichen Austausch. Wird dieses Wissen mit vorhandenem expliziten Wissen kombiniert, wird die Entstehung neuen Wissens begünstigt. In der Internalisierung wird das neue explizite Wissen, begleitet durch „eine Phase der individuellen Erfahrung und des individuellen Erlebens“ schließlich durch Routine verinnerlicht (Falk 2007: S. 29).
In der Praxis kann das folgendermaßen aussehen: Mitarbeiter einer Abteilung lernen unbewusst voneinander. Durch Teambesprechungen teilen sie bewusst ihr Wissen, erweitern es durch das Wissen der Kollegen und probieren neue Methoden aus. Durch mehrmaliges Wiederholen verfestigt sich das neue Wissen und erweitert damit die individuelle Wissensbasis.
Gelingt es, diese vier Schritte mehrfach zu durchlaufen, entsteht die Wissensspirale und damit generiert sich neues Wissen. Dieses Modell kann ebenfalls auf organisationales5 Lernen angewandt werden indem nicht nur Organisationsmitglieder, sondern ganze Gruppen bzw. die gesamte Organisation den Prozess durchlaufen. In diesem Fall spricht man von einem „organisatorischen Wissensgenerierungsprozess“, durch welchen das Wissen der Mitarbeiter, folglich die Wissensbasis der Organisation, entwickelt wird (Zaunmüller 2005: S. 18).
Ein Vorteil dieses Modells liegt darin, dass es sich an den Zielen der Organisation wie auch den Belangen ihrer Mitglieder orientiert und zugleich die Kommunikation fördert. Die Entwicklung kann sich jedoch nachteilig auswirken, wenn das Wissens- management losgelöst von Zielsetzung und Bewertung erfolgt und den Eindruck eines „Management des Zufalls“ hinterlässt (Vitenko/ Kihong 2009: Folie 15).
2.1.3.2 Baustein-Modell
Probst, Raub und Romhardt lehnen sich an Nonakas und Takeuchis Vorbild an, er- weitern ihr Wissensmanagementmodell aber noch durch einen ganzheitlicheren Managementansatz. Ihre Vorstellungen basieren auf dem betriebswirtschaftlich orientierten Baustein-Modell, welches dem „mechanistischen Wissensmanage- ment“ zugeordnet wird und sich durch seine prozessorientierte Sichtweise auszeichnet (Kilian u. a. 2006: S. 9 f.). Es setzt sich aus insgesamt acht Bausteinen zusammen: Sechs Bausteine beschreiben die sich wechselseitig beeinflussenden Kernprozesse des Wissensmanagements. Eingebettet sind diese Kernprozesse in den Management-Regelkreis von Steuerung und Kontrolle, so dass alle Wissensaktivitäten zielgerichtet erfolgen und bewertet werden können.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5: Wissensbausteine nach Probst, Raub, Romhardt (Quelle: Falk 2007: S. 30).
Wissensziele leiten sich von den Organisationszielen ab und weisen die Richtung der Wissensmanagementaktivitäten. Die Wissensidentifikation dient der Lokalisierung von Wissensbeständen, verhilft der Transparenz und deckt Wissensdefizite auf. Die- se Wissenslücken werden (wenn die Wissensziele es fordern) durch Wissenserwerb und häufig durch extern verfügbares Wissen geschlossen. Eine andere Möglichkeit, die Defizite auszugleichen ist die Wissensentwicklung durch die Verfügbarkeit inter- ner Ressourcen. Vielfach ist die Wissensentwicklung zu bevorzugen, da nicht jedes benötigte Wissen extern verfügbar oder rentabel ist oder gar wettbewerbskritische Inhalte enthält. Wissen kann im Unternehmen erst dann effektiv genutzt werden, wenn es durch Wissensverteilung in den Umlauf gebracht wird. Unabhängig davon, ob es um die interpersonelle Wissens(mit)teilung oder die „vom Management an- geordnete und durchgeführte Wissens(ver)teilung“ geht, zielt sie darauf ab, dass alle über das zur Aufgabenerfüllung notwendige Wissen verfügen können (Falk 2007: S. 31). Mit der Wissensnutzung wird organisationales Wissen bewusst ge- nutzt. Dies kann nur erfolgen, wenn den Barrieren der Wissensnutzung zuvor Be- achtung geschenkt wird und diese abgebaut werden. Das aufwändig generierte Wissen muss auch für spätere Prozesse aufbewahrt werden (Wissensbewahrung). In einem Dreischritt bestehend aus „Selektion“, „Speicherung“ und „Aktualisierung“ wird das Wissen auf seine Relevanz bezüglich der Unternehmensziele geprüft und dann vorwiegend in elektronischer Form gespeichert. Durch die Aktualisierung wird die Aktualität des Wissens gewährleistet was gerade bei den technischen Möglichkeiten einen hohen Stellenwert hat.
Mit der Wissensbewertung schließt sich letztendlich der Wissensmanagementkreis. In diesem Schritt erfolgt die Prüfung, ob die aufgestellten Wissensziele erreicht wurden.
Die einzelnen Bausteine sind gleichwertig zu betrachten und können jeder für sich und insbesondere die sechs Kernprozesse als Ansatzpunkt für Interventionen genutzt werden (ebd. S. 32).
Dieses Modell ist weit verbreitet und hat seine Stärke vor allem darin, dass es sehr pragmatisch und anwendungsorientiert ist. Durch eine klare Definition und Abgren- zung zwischen den unterschiedlichen Bausteinen ermöglicht es eine strukturierte Betrachtung von Wissensprozessen. Geleitet durch Ziele und begleitet durch die ständige Bewertung (Evaluation) behält es den Bezug zum Management und be- rücksichtigt Kriterien der Effektivität und Effizienz (vgl. Vitenko/ Kihong 2009: Folie 15).
2.1.3.3 Münchener Wissensmanagement Modell
Aufbauend auf den bisherigen Erkenntnissen des Wissensmanagements und angelehnt an das Bausteinmodell entwickelten Reinmann-Rothmeier, Mandl und Erlach 1999 das sogenannte Münchener Modell. Dieses beschreibt die Verbindung eines Management-Regelkreises mit den wesentlichen Prozessen des Wissensmanagements, „in dem eine unternehmensrelevante Zielsetzung und eine entsprechende Evaluation Anfangs- und Endpunkt verschiedener Wissensmanagement-Prozesse bilden“ (Winkler/ Mandl in: Bellinger u. a. 2007: S. 114).
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Abbildung 6: Münchener Wissensmanagement Modell (Quelle: www.immo.bfz.de)
Das Modell basiert auf insgesamt sechs Prozessbereichen, wovon zwei Bereiche, „Zielsetzung“ und „Evaluation“ als übergeordnete Vorgänge zu verstehen sind, die auf jeden einzelnen Prozessschritt Anwendung finden. Die verbleibenden Prozesse zielen auf den Umgang mit Wissen ab:
Die Wissensrepräsentation beinhaltet alle Prozesse, die Wissen identifizieren, do- kumentieren und speichern. Das Wissen wird in diesem Vorgang transparent ge- macht und in ein Format gebracht, in dem es ausgetauscht und bewahrt werden kann. Gute Unterstützungsmöglichkeiten dafür bietet der Einsatz moderner Techno- logien. Bei der Wissenskommunikation werden Informationen und Wissen verteilt, Wissen vermittelt und durch Kooperationen neu konstruiert. Zur Wissensgenerie- rung werden Prozesse gezählt, die auf externe Wissensbeschaffung abzielen und die Initiierung von personalen und technischen Wissensnetzwerken sowie Wissensres- sourcen fördern. Hierbei wird die Wissensentwicklung angeregt. Die Wissensnut- zung beinhaltet Prozesse, die das Wissen in Handlungen und Entscheidungen mün- den lässt und die Entstehung neuer Produkte und Dienstleistungen begünstigt (vgl. Reinmann-Rothmeier 2001: S. 20 f.; vgl. Bellinger u. a. 2007: S. 114).
Für jeden Prozessschritt werden Wissensziele formuliert, deren Erreichung anhand der Evaluation überprüft wird. Dabei werden die einzelnen Schritte immer in ihrem Zusammenhang und der gegenseitigen Wechselwirkung betrachtet. Das Münchener Modell ist, wie auch die zuvor vorgestellten Modelle, sehr praxis- orientiert und erlaubt eine strukturierte Betrachtungsweise von Wissensprozessen. Mit Hilfe solcher Modelle kann es gelingen, gezielte Interventionen in bestimmten Bereichen in die Wege zu leiten, um die Rahmenbedingungen für Wissensprozesse bewusst in Richtung der Organisationsziele zu steuern. Die große Stärke des Mün- chener Modells liegt vor allem darin, dass „es mitunter eine pädagogisch- 23 psychologische Perspektive einnimmt und den individuellen Lernprozess in einen im Management vielfach angewendeten Regelkreis (Plan-Do-Check-Act) integriert“ (Schuster 2011: S. 14). Es findet Anwendung sowohl für ganze Organisationen als auch für einzelne Abteilungen oder, im Sinne der Kompetenzförderung, individuell auf einzelne Mitarbeiter (vgl. Reinmann-Rothmeier u. a. 2001: S.21, vgl. Bellinger u. a. 2007: S. 130). Im Vergleich zum Konzept von Nonaka und Takeuchi ist festzustel- len, dass das Münchener Modell (wie auch das Baustein-Modell) einen Vorteil da- raus zieht, alle Wissensmanagementaktivitäten mit den Unternehmenszielen zu verzahnen und darüber hinaus v. a. durch die pädagogisch-psychologische Sichtwei- se dem Menschen als Wissensträger eine zentrale Rolle zukommen lässt (vgl. Falk 2007: S. 33). Daher soll es als Grundlage für die weiteren Ausführungen dienen.
2.1.4 Wissenstransfer
Wissensmanagement zielt in letzter Konsequenz darauf ab, der Organisation Wett- bewerbsvorteile zu verschaffen. Diese werden aber nicht nur erlangt, indem neues Wissen im Sinne von Innovationen geschaffen wird. Mindestens genauso wichtig ist es, vorhandene Wissensbestände sicherzustellen und sie weiterzugeben. Ein besonderes Augenmerk wird in dieser Arbeit auf den Wissenstransfer innerhalb einer Organisation gelegt. Vor dem Hintergrund der sich stark verändernden Ar- beitswelt liegt eine Herausforderung darin, das erfolgskritische Wissen der Mitar- beiterschaft zu sichern und es für die nachfolgende jüngere Generation nutzbar zu machen. Der Wissenstransfer leistet hierzu einen wichtigen Beitrag (vgl. Schuster 2011: S. 7 ff.).
In der Wissensmanagementliteratur sind zahlreiche Definitionen zum Wissenstrans- fer zu finden und daher trifft man auch auf weitere Begriffsbezeichnungen, wie z.B. „Wissensaustausch“, „Wissenskommunikation“, „Wissens(ver-)teilung“ oder „Know-how-Transfer“, um nur einige zu nennen (vgl. Lehner 2009: S. 19). Eindeutig definiert ist dieser Begriff somit nicht, so dass eine Eingrenzung der Begriffsweite erforderlich ist.
[...]
1 Der Kompetenzbegriff und damit zusammenhängende wissenschaftliche Diskurse werden an dieser Stelle nicht vertieft. Ausführlichere Informationen sind bei North (2011: S. 151) nachzulesen.
2 Darunter ist zu verstehen, dass ein Erfolgsmodell, welches bei einem Konkurrenten, bei eigenen Mitarbeitern oder branchenfremden Organisationen gefunden wurde, im eigenen Unternehmen eingesetzt wird (www.4managers.de).
3 Manche Autoren sprechen von drei Arten von Wissensmanagementansätzen. Neben den Vorgestellten wird oft der „ganzheitliche“ oder „integrative“ Ansatz als eigener vorgestellt, er verbindet den technik- mit dem humanorientierten Ansatz (vgl. Zaunmüller 2005: S. 15).
4 Tiefergehende Erläuterungen zum Verhältnis von Technik, Organisation und Mensch sind Reinmann-Rothmeier u. a. (2001: S. 19) zu entnehmen.
5 In diesem Fall spricht man von der „ontologischen Dimension“, in der besonders die Unterschei- dung von individuellem und kollektivem Wissen betrachtet wird (vgl. Zaunmüller 2005: S. 17).
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