1. Einleitung
1.1 Problemstellung
Unternehmerisches Handeln ist immer mit Risiken verbunden. Ihnen vollständig zu entgehen ist nicht möglich. Dabei ist es unerheblich, welcher Branche ein Unternehmen angehört, wo es seinen Standort hat oder wie groß es ist. Risiken führen zu Unsicherheit und einer ungewissen Zukunft. Unterschieden werden volkswirtschaftliche und betriebswirtschaftliche Risiken...
1.2 Aufbau und Konzept der Arbeit
Diese Arbeit analysiert die Notwendigkeit von Risikomanagement aufgrund externer Risiken bei kleinen und mittelständischen Unternehmen der Industrie-, Handels- und Dienstleistungsbranche. Dabei werden die externen Risiken auf Marktpreisrisiken von Zinsen, Währungen und Rohstoffen beschränkt. Sie werden in Kapitel 3 nach einer Definition von KMU in Kapitel 2 definiert und vorgestellt. Weiterer Inhalt von Kapitel 3 ist eine eingehende und in-tensive Betrachtung des Risikobegriffs im Allgemeinen. Dabei steht die Abgrenzung zwischen der wirtschaftswissenschaftlichen und der unternehmerischen Bedeutung im Vordergrund. Aufbauend auf den Grundlagen und gesetzlichen Regelungen, folgen in Kapitel 4 eine detaillierte Analyse über die Aufgaben von Risikomanagement und ein Exkurs über die Integ-ration in Unternehmen. Dieses Kapitel bildet den Kern der Arbeit. Der Prozess des Risikomanagements wird in die einzelnen Schritte der Identifikation, Bewertung, Steuerung, Kontrolle und Schadensbewältigung zerlegt und ausführlich erläutert. Hervorgehoben werden insbesondere die umfangreichen Möglichkeiten, Marktpreisrisiken mit Hilfe von Terminge-schäften aktiv zu steuern. Den Abschluss des Hauptteils bilden in Kapitel 5 die Einflussfaktoren auf die Einführung eines Risikomanagements. Beispiele von Absicherungsgeschäften durch Termingeschäfte stehen ebenso wie der Einfluss der Unternehmenspolitik von kleinen und mittelständischen Unternehmen im Vordergrund. Die Arbeit schließt mit einer Zusammenfassung und einem Fazit.
Fazit:
Wie die vorliegende Ausarbeitung verdeutlicht, kommt die Analyse über die Notwendigkeit eines unternehmerischen Risikomanagements aufgrund externer Risiken zu einem eindeutigen Ergebnis. Es betrifft den deutschen Mittelstand ebenso wie große Unternehmen oder Konzerne. Das Fehlen eines Risikomanagements birgt zu viele Unsicherheiten. Die Gefahren potenzieller Konsequenzen sind zu weitreichend, als dass ein Verzicht...
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Aufbau und Konzept der Arbeit
2. Kleine und mittelständische Unternehmen
2.1. Definition kleiner und mittelständischer Unternehmen
2.1.1. Qualitative Abgrenzung
2.1.2. Quantitative Abgrenzung
2.2. Volkswirtschaftliche Bedeutung der KMU für Deutschland
2.3 Internationalisierung von KMU
3. Risiken
3.1. Wirtschaftswissenschaftlicher Risikobegriff
3.1.1. Erklärungsansatz aus Sicht der Ökonomie
3.1.2. Erklärungsansatz aus Sicht des Informationsstands
3.1.3. Umfassender Erklärungsansatz des Risikobegriffs
3.2. Unternehmerische Risikobegriff
3.2.1. Interne Unternehmensrisiken
3.2.2. Sonstige Unternehmensrisiken
3.2.3. Externe Unternehmensrisiken
3.2.3.1. Unternehmerische Währungsrisiken
3.2.3.2. Unternehmerische Zinsrisiken
3.2.3.3. Unternehmerische Rohstoffrisiken
3.2.4 Einzelrisiken und Gruppenrisiken
4. Risikomanagement
4.1 Grundlagen des Risikomanagements
4.2 Gesetzliche Regelungen
4.3 Aufgaben unternehmerischen Risikomanagements
4.3.1 Risikoidentifikation
4.3.2 Risikobewertung
4.3.3 Risikosteuerung
4.3.3.1 Risikovorsorge
4.3.3.2 Risikovermeidung/ -begrenzung
4.3.3.4 Risikoüberwälzung/-kompensation
4.3.4 Risikokontrolle
4.3.5 Schadens- und Verlustbewältigung
4.4 Unternehmensintegration des Risikomanagements
5. Einflussfaktoren auf die Einführung von Risikomanagement
5.1 Möglichkeiten der Risikosteuerung mittels Termingeschäften
5.1.1 Termingeschäfte bei Zinsrisiken
5.1.2 Termingeschäfte bei Währungsrisiken
5.1.3 Termingeschäfte bei Rohstoffrisiken
5.2 Unternehmenspolitik
5.2.1 Unternehmensexterne Voraussetzungen für Risikomanagement
5.2.2 Kosten und Zusatznutzen eines Risikomanagements
5.3 Konsequenzen fehlenden Risikomanagements bei KMU
6. Fazit
Anlagen
Literaturverzeichnis
Internetquellen
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Systematisierung des Risikobegriffs aus Sicht der Ökonomie
Abbildung 2: Zusammensetzung des unternehmerischen Risikos
Abbildung 3: Grundformen der Zinsstrukturkurve
Abbildung 4: Preischart von Kupfer von 2002 bis Ende 2009
Abbildung 5: Preischart von Palladium von 1990 bis Ende
Abbildung 6: Insolvenzen und Insolvenzquote 1991 - 2008 in Deutschland
Abbildung 7: Risikomanagement gemäß KonTraG
Abbildung 8: Risikomanagementprozess
Abbildung 9: Modell zur Darstellung von Szenarien
Abbildung 10: Methoden zur Messung, Steuerung und Kontrolle von Preisrisiken
Abbildung 11: Risikosteuerung durch Risikostrategien & Steuerungsinstrumente
Abbildung 12: Systematisierung der Termingeschäfte
Abbildung 13: G/V-Profil bei Terminkauf bzw. Terminverkauf
Abbildung 14: Schaubild „Kauf einer Kaufoption"
Abbildung 15: Schaubild „Kauf einer Verkaufsoption"
Abbildung 16: Integration eines Risikomanagements in das Unternehmen
Abbildung 17: Zinstermingeschäfte
Abbildung 18: Währungstermingeschäfte
Abbildung 19: Rohstofftermingeschäfte
Abbildung 20: Sonstige unternehmerische Risiken
Abbildung 21: Unternehmerische Kreditrisiken
Abbildung 22: Unternehmerische betriebliche Risiken
Abbildung 23: Wirtschaftswachstum in Deutschland
Abbildung 24: Schaubild „Verkauf einer Kaufoption"
Abbildung 25: Schaubild „Verkauf einer Verkaufsoption"
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: KMU-Definition des IfM Bonn (seit 01.01.2002)
Tabelle 2: KMU-Definition der EU (seit 01.01.2005)
Tabelle 3: Wirtschaftl.Schlüsselzahlen für 2007/2008 der KMU in Deutschland
1. Einleitung
1.1 Problemstellung
Unternehmerisches Handeln ist immer mit Risiken verbunden. Ihnen vollständig zu entgehen ist nicht möglich. Dabei ist es unerheblich, welcher Branche ein Unternehmen angehört, wo es seinen Standort hat oder wie groß es ist. Risiken führen zu Unsicherheit und einer unge- wissen Zukunft. Unterschieden werden volkswirtschaftliche und betriebswirtschaftliche Risi- ken. Es gibt Beispiele, die verdeutlichen, dass aus volkswirtschaftlichen Risiken Wirtschafts- krisen entstanden sind, die in einer Vielzahl zu betriebswirtschaftlichen Katastrophen führten. Besonders weitreichende Krisen, die weltweite Ausmaße annahmen, waren im letzten Jahr- hundert die Weltwirtschaftskrise, die seit ihrem Beginn im Jahr 1929 bis in die späten 30er- Jahre anhielt. Die beiden Ölkrisen aus den 70er-Jahren des letzten Jahrhunderts gehörten ebenso dazu wie später die Japan- und die Asienkrise aus den Jahren 1991 bzw. 1997/98. Der Börsencrash durch den Zusammenbruch der sogenannten Dotcom-Blase1 um die Jahr- tausendwende schloss sich an. Einige Jahre später, ab Mitte 2007, begann eine nächste finanzwirtschaftliche Krise. Sie startete nach einer langen Phase der Preissteigerung mit einem Verfall der US-Immobilienpreise. Parallel kam es zu einem rasanten Anstieg von Kre- ditausfällen, weil den Schuldnern aufgrund steigender Zinsen und fehlender Einkommen Kapital fehlte. Dieses Szenario entwickelte sich nach kurzer Zeit zu einer ausgeprägten Ban- ken- und Finanzkrise, bei der viele Kreditinstitute Insolvenz anmelden mussten. Diese Fi- nanzkrise weitete sich durch die Globalisierung sehr schnell aus. Spätestens ab Ende 2008, als die ersten Unternehmen außerhalb der Finanzwirtschaft zahlungsunfähig wurden und die Realwirtschaft bereits Staatshilfen zur Verfügung gestellt bekam, begann die Ausweitung von einer Banken- und Finanz- zu einer Wirtschaftskrise. Als Folge kam es weltweit zu äußerst ungewöhnlichen und überspannten Kursbewegungen an den Börsenmärkten. Externe Risi- ken wie Marktpreise von Zinsen, Währungen und Rohstoffen erreichten unter Kursschwan- kungen in kürzester Zeit neue, teils irrationale Höchst- und Tiefstkurse. Die Marktteilnehmer befanden sich in kürzester Zeit in einem Zustand absoluter Hilf- und Ratlosigkeit. Häufig en- dete die Situation in einer betriebswirtschaftlichen Katastrophe, nicht selten in der Insolvenz. In solchen Krisen sind auch deutsche Unternehmen aus dem Mittelstand2 der Industrie-, Handels- und Dienstleistungsbranche, die in Größe und Ausgestaltung vom Einzelhändler bis zum Weltmarktführer in Nischenprodukten reichen, Opfer. Diese Krise zeigen immer wie- der, wie anfällig insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) sind. Sie sind von Preisen vieler Rohstoffe, Währungen sowie von Zinsen abhängig. Die Auswirkun- gen von starken Marktschwankungen betreffen sie ebenso wie große Unternehmen. Ihr Um- gang mit solchen Unsicherheiten allerdings ist ein anderer. Weil das Bewusstsein und die Akzeptanz dieser Art Risiken bei großen Unternehmen vorhanden sind, ist bei ihnen die Be- reitschaft zu Gegenmaßnahmen größer. Deshalb nutzen große Unternehmen i.d.R. ein Risi- komanagement. Es ist der Versuch, die das Unternehmen betreffenden Risiken zu identifi- zieren und ihnen ggf. durch entsprechende Maßnahmen entgegenzuwirken. Der Mehrwert eines solchen Risikomanagements ist den meisten Mittelständlern entweder nicht bewusst oder das Kosten-Nutzen-Verhältnis wird nicht richtig eingeschätzt.
Marktpreisrisiken sind ein elementarer Bestandteil potenzieller unternehmerischer Gefahren. Selbst unter der Annahme, dass einzelne KMU, beispielsweise in der Dienstleistungsbran- che, weder Berührungspunkte mit unterschiedlichen Währungen noch mit Rohstoffen haben, ist auch für sie die Gefahr von sich ändernden Zinssätzen vorhanden. Zinsen haben Einfluss auf die Finanzierungen oder Kapitalanlagen von Unternehmen. Eine direkte Verknüpfung mit Schwankungen von Marktpreisen von Währungen oder Rohstoffen hingegen haben die Branchen Industrie und Handel. Das Beispiel der Banken- und Finanzkrise zeigt, dass Aus- wirkungen von Schwankungen von Marktpreisen ihren Ursprung in der Globalisierung haben können, fernab der mittelbaren oder unmittelbaren Umgebung der Unternehmen. Sie sind von einzelnen Unternehmen nicht beeinflussbar. Der adäquate Umgang mit ihnen hingegen liegt bei der Unternehmensführung. Dieses Risikomanagement zu steuern, zu operationali- sieren und aktiv zu gestalten, führt zu Wettbewerbsvorteilen.
1.2 Aufbau und Konzept der Arbeit
Diese Arbeit analysiert die Notwendigkeit von Risikomanagement aufgrund externer Risiken bei kleinen und mittelständischen Unternehmen der Industrie-, Handels- und Dienstleis- tungsbranche. Dabei werden die externen Risiken auf Marktpreisrisiken von Zinsen, Wäh- rungen und Rohstoffen beschränkt. Sie werden in Kapitel 3 nach einer Definition von KMU in Kapitel 2 definiert und vorgestellt. Weiterer Inhalt von Kapitel 3 ist eine eingehende und in- tensive Betrachtung des Risikobegriffs im Allgemeinen. Dabei steht die Abgrenzung zwi- schen der wirtschaftswissenschaftlichen und der unternehmerischen Bedeutung im Vorder- grund. Aufbauend auf den Grundlagen und gesetzlichen Regelungen, folgen in Kapitel 4 eine detaillierte Analyse über die Aufgaben von Risikomanagement und ein Exkurs über die Integ- ration in Unternehmen. Dieses Kapitel bildet den Kern der Arbeit. Der Prozess des Risiko- managements wird in die einzelnen Schritte der Identifikation, Bewertung, Steuerung, Kon- trolle und Schadensbewältigung zerlegt und ausführlich erläutert. Hervorgehoben werden insbesondere die umfangreichen Möglichkeiten, Marktpreisrisiken mit Hilfe von Terminge- schäften aktiv zu steuern. Den Abschluss des Hauptteils bilden in Kapitel 5 die Einflussfakto- ren auf die Einführung eines Risikomanagements. Beispiele von Absicherungsgeschäften durch Termingeschäfte stehen ebenso wie der Einfluss der Unternehmenspolitik von kleinen und mittelständischen Unternehmen im Vordergrund. Die Arbeit schließt mit einer Zusam- menfassung und einem Fazit.
2. Kleine und mittelständische Unternehmen
Politische Parteien, Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände und ähnliche Organisationen sind eng mit dem Begriff KMU verknüpft. Es existieren unterschiedlichste Meinungen, Forderun- gen und Interessen. In einem Punkt herrscht jedoch Einigkeit. Der Mittelstand gilt als „Rück- grat der deutschen Wirtschaft“3 oder auch als „Motor für Wirtschaft und Beschäftigung“4. Ziel dieses Kapitels ist es, kleine und mittelständische Unternehmen zu charakterisieren, um deren ökonomische Bedeutung für die deutsche Volkswirtschaft nachvollziehen zu können. Einer Definition nach qualitativen und quantitativen Aspekten folgt eine kurze Zusammenfas- sung über die Bedeutung von KMU in Deutschland. Schließlich wird kurz der Ansatz des deutschen Mittelstands, eine Basis außerhalb Deutschlands zu schaffen, aufgegriffen. Auf diesem Weg wird durch den Stellenwert von KMU die Frage nach der Notwendigkeit von Risikomanagement auch volkswirtschaftlich legitimiert.
2.1. Definition kleiner und mittelständischer Unternehmen
Der Frage, wie der Begriff „Unternehmen“ zu definieren ist, ist u.a. die Europäische Kommis- sion nachgegangen. In einer offiziellen Veröffentlichung heißt es, als Unternehmen „gilt jede Einheit, unabhängig von ihrer Rechtsform, die eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt“5. Eine allgemeingültige und in Fachkreisen anerkannte Begriffsbestimmung von KMU und so- mit eine Abgrenzung der großen Unternehmen bzw. sogar Konzerne zum sogenannten Mit- telstand existiert nicht. Diese Tatsache findet ihre Begründung vor allem in zu vielen harten und insbesondere weichen Kriterien, die einem Unternehmen als Ganzes zugeordnet wer- den können. So lassen z.B. abweichende branchen- und regionsübergreifende Verteilungen oder große Heterogenität der KMU eine Definition nicht zu.6 Es ist nicht möglich, aus einer Vielzahl unterschiedlicher Faktoren wie der Anzahl der Mitarbeiter, der Zusammenstellung der Führungsebene, der zugehörigen Branche oder auch der Eigentümerstruktur eine einzig richtige Definition von KMU zu bestimmen. Folglich ist der Literatur auch keine einheitliche Sprachregelung zu entnehmen. Es wurde dazu übergegangen, quantitative und qualitative Wesensmerkmale festzulegen und aufzuzeigen, um auf diesem Weg KMU und große Unter- nehmen zu definieren bzw. abzugrenzen. Auf diesen Konsens konnte sowohl in der Theorie als auch in der Praxis Einigung erzielt werden. Die beiden folgenden Kapitel nehmen sich der Abgrenzung detailliert an.
2.1.1. Qualitative Abgrenzung
Die qualitative Abgrenzung mittelständischer Betriebe von großen Unternehmen bedarf der Betrachtung einer Menge Aspekte, die nicht eindeutig operationalisierbar sind. Als wichtig- stes Kriterium hat sich in der Literatur der Zusammenhang zwischen Eigentum und Leitung des Unternehmens durchgesetzt. Eine Vernetzung der Unternehmensleitung und des Tra- gens wirtschaftlicher Risiken ist unabdingbar. Das Unternehmen ist bei KMU Eigentum des jeweiligen Unternehmers (oder seiner Familie bzw. eines Partners). Er führt und trägt in na- hezu allen Belangen, insbesondere auf wirtschaftlicher Ebene, die Verantwortung für sein Unternehmen7, welches meistens in einer persönlich haftenden Rechtsform geführt wird.8 Der Weg, der Gesellschaft Eigenkapital über den Kapitalmarkt zukommen zu lassen, bleibt verwehrt. Dies zieht allerdings keinen Ausschluss von Kapitalgesellschaften als Abgren- zungskriterium nach sich, denn auch eine GmbH kann als KMU gelten, sofern der Unter- nehmer der Komplementär ist. Als weitere Abgrenzungsmerkmale gelten u.a. in einzelnen Branchen die Beschränkung auf wenige Produkte oder Dienstleistungen. Aufgrund ihrer Größe können Mittelständler nicht durch Massenfertigung im Stil eines großen Konzerns aufwarten. Häufig agieren sie in einem sehr kleinen Markt, welcher sie wirtschaftlich höchst anfällig machen kann.9 Allerdings bieten sich durch kleine Marktnischen, denen sich diese Unternehmen deutlich besser und schneller anpassen können, auch große Chancen. Schnelligkeit und Flexibilität sind insbesondere im produzierenden Gewerbe sowie im Be- reich unterschiedlicher Technologien von großem Vorteil.10 So kommt es vor, dass kleine und mittelständische Unternehmen auf ihrem Gebiet Weltmarktführer sind. Des Weiteren besteht eine qualitative Abgrenzung in einer sehr flachen Organisationsstruktur. Es existie- ren nur sehr wenige und überschaubare Hierarchieebenen, die es dem Unternehmer ver- hältnismäßig leicht machen, den notwendigen Überblick zu wahren.11
Die genannten Eigenschaften sind die wesentlichen, die in der einschlägigen Literatur auf- findbar sind.12 Sie versuchen, den deutschen Mittelstand auf qualitativer Ebene definitorisch zu erfassen. Jede für sich ist wichtig, doch eine vollständige Ansammlung ist nicht zwingend notwendig. Es gilt, eine Ansammlung möglichst vieler Eigenschaften aufzufinden. Dennoch bleibt festzustellen, dass eine genaue Begriffsbestimmung von KMU unmöglich ist. Die Fra- gen, wie viele und welche Kriterien bei einem Unternehmen vorhanden sein müssen, um aus qualitativer Sicht ein kleines und mittelständisches Unternehmen zu sein, werden in der Lite- ratur nicht eindeutig beantwortet.
2.1.2. Quantitative Abgrenzung
Neben dem qualitativen Grundlagenkatalog hat sich in den letzten Jahren ein deutlich einfa- cheres Modell zur quantitativen Abgrenzung kleiner und mittelständischer von großen Unter- nehmen etabliert. National haben sich die Kriterien des Instituts für Mittelstandsforschung (IfM) durchgesetzt, die allesamt dem jeweiligen Jahresabschluss zu entnehmen sind. Per Definition gelten somit alle Unternehmen mit einer Beschäftigtenzahl von bis zu 9 und einem Umsatz von bis zu 1 Million Euro p.a. als klein sowie mit einer Beschäftigtenzahl von 10 bis 499 und einem Umsatz von 1 bis zu 50 Millionen Euro p.a. als mittelgroß. Erst wenn diese Kriterien nicht mehr gelten, handelt es sich gemäß des IfM um große Unternehmen, die den KMU nicht mehr angehören (s. Tabelle 1).13
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: KMU-Definition des IfM Bonn (seit 01.01.2002).
[Quelle: Eigene Darstellung, in (enger) Anlehnung an das IfM in Bonn, 2002.].
Auf europäischer Ebene gelten genauer definierte Eingrenzungen als es das IfM auf nationa- ler Ebene vornimmt. Die dort geltenden Grenzen sind durch die Europäische Kommission vorgegeben, deren Kriterienkatalog über die Zahl der Beschäftigten und den Jahresumsatz hinaus geht. Hinzu kommt die jährliche Bilanzsumme. So gilt ein Unternehmen als klein und mittelständisch, wenn es maximal 249 Mitarbeiter beschäftigt und zugleich entweder einen Jahresumsatz von höchstens 50 Millionen Euro erzielt oder sich die Jahresbilanzsumme auf maximal 43 Millionen Euro beläuft. Darüber hinaus unterscheidet die Kommission noch zwischen Kleinst- und Kleinunternehmen14 (s. Tabelle 2).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 2: KMU-Definition der EU (seit 01.01.2005).
[Quelle: Eigene Darstellung, in Anlehnung an die Europäische Kommission, 2005.].
Neben den vorgestellten Bandbreiten gilt auf europäischer Ebene ein weiteres Kriterium. Um als klein und mittelständisch gelten zu können, muss ein Unternehmen eigenständig sein. Das bedeutet, dass nur weniger als 25% der Stimmrechte oder des Eigenkapitals an ande- ren Unternehmen gehalten werden dürfen. Zugleich darf die Vergabe des Eigenkapital- oder Stimmrechtsanteils des eigenen Unternehmens an andere ebenfalls nicht 25% erreichen oder überschreiten.
Der Grund unterschiedlicher Definitionen sind unterschiedliche Ansätze beider Institutionen. Das IfM in Bonn dient in erster Linie der Forschung. Die Aufgaben dort bestehen aus dem Sammeln von Zahlen und Fakten, welche statistisch aufbereitet und veröffentlicht werden. Auf diesem Wege sind z.B. aktuelle Entwicklungen und Probleme des Mittelstands erkenn- bar. Die Europäische Kommission hingegen setzt ihre Bestimmungskriterien überwiegend ein, um eine Vergleichbarkeit aller Unternehmen zu schaffen und um danach z.B. ihre För- dermittel und staatlichen Beihilfen angemessen und gerecht verteilen zu können. Der Schwerpunkt dieser Diplomarbeit liegt auf den kleinen und mittelständischen Unternehmen in Deutschland. Daher wird im Folgenden ausschließlich Bezug auf den deutschen Mittelstand und die Zahlen des IfM genommen.
2.2. Volkswirtschaftliche Bedeutung der KMU für Deutschland
Um die wirtschaftliche Bedeutung der KMU insbesondere auf nationaler Ebene im Vergleich zu großen Unternehmen zu verdeutlichen, werden an dieser Stelle einige Schlüsselzahlen angeführt. Diese Zahlen belegen, dass keineswegs ausschließlich die großen Unternehmen und Konzerne aus den wichtigen Indices wie dem DAX15 oder dem MDAX16 die Wirtschaft entscheidend prägen. Diese Suggestion wird durch die Medienlandschaft erweckt. Sobald Pressemitteilungen veröffentlich werden, stehen diese zumeist in direktem Bezug zu großen und sehr großen Unternehmen. Die Belange vieler tausend Mitarbeiter eines einzelnen Kon- zerns können von der Öffentlichkeit leichter nachvollzogen werden als die Belange einiger weniger Angestellter hunderter Mittelstandsunternehmen. So kommt beispielsweise der Ver- öffentlichung von Jahresbilanzen oder Quartalszahlen großer Aktiengesellschaften besonde- res Interesse zuteil. Ähnliches ist bei KMU eher selten. Sie verschwinden zumeist in der Masse vieler kleiner Unternehmen. Sie stehen als Individuum nicht im Mittelpunkt und ge- nießen überregional deutlich weniger Aufmerksamkeit. Ein wesentlicher Grund, den Aktien- gesellschaften größere Aufmerksamkeit zu widmen, liegt nahe. Ihr Eigenkapital ist zumindest zu einem Teil an der Börse handelbar. Jede Information wird genutzt, um sie zum eigenen Interesse zu nutzen und dementsprechend an der Börse zu agieren.
Die tabellarisch dargestellten Rahmendaten zeigen, welchen Stellenwert der Mittelstand als Gesamtheit in Deutschland dennoch besitzt17 (s. Tabelle 3)18 19.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 3: Wirtschaftl.Schlüsselzahlen für 2007/2008 der KMU in Deutschland.
[Quelle: Eigene Darstellung, in (enger Anlehnung) an das IfM in Bonn, 2008.].
Diese Zahlen zeigen exemplarisch, dass der deutsche Mittelstand im gesamtwirtschaftlichen Kontext einen erheblichen Beitrag leistet. Ein zusätzliches Indiz dieser Bedeutsamkeit spiegelt sich durch regelmäßige Verbesserung aktueller Rahmenbedingungen oder vielseitiger Förderprogramme seitens der Bundesregierung wider.21
2.3 Internationalisierung von KMU
Unternehmen setzen auf Internationalisierung, um sich Veränderungen an Markt- und Kos- tenstrukturen anzupassen. Vorerst in europäischen Industrieländern und den USA, werden vermehrt auch Entwicklungs- und Reformländer genutzt. Die traditionelle Form von Interna- tionalisierung ist der Export. In den letzten Jahrzehnten schritt die Internationalisierung von Unternehmen voran. Die Möglichkeiten sind vielfältiger und werden von KMU entsprechend genutzt, wie eine Studie 19 europäischer Länder aus dem Jahr 2003 zeigt.22 So nutzen 30% die Zusammenarbeit mit ausländischen Zulieferern. Der Export steht mit 18% an zweiter Stelle. Es folgen sowohl Kooperationen mit ausländischen KMU bzw. Tochtergesellschaften, Zweigniederlassungen oder Joint Ventures mit je 3%. Zudem ist eine stärkere Internationali- sierung bei mittelgroßen sowie bei kleinen Unternehmen feststellbar. Als ein Fazit der Studie wird der Drang der KMU zu weiteren Maßnahmen - z.B. Unternehmen internationaler aufzu- stellen - hervorgehoben. Ausländische Märkte erweitern die Möglichkeiten der Geschäftstä- tigkeit, vergrößern zugleich jedoch auch die daraus entstehenden Risiken (s. Kapitel. 3.2.3).
3. Risiken
Nachdem die Bedeutung kleiner und mittelständischer Unternehmen auf volkswirtschaftlicher Ebene aufgezeigt wurde, widmet sich dieses Kapitel des Risikobegriffs. Einer wirtschaftswis- senschaftlichen Begriffsklärung folgt eine Abgrenzung interner gegenüber externer Risiken. Letztere werden in die Marktpreisrisiken der Währungen, Rohstoffe und Zinsen unterteilt und spezifiziert.
Herauszustellen ist an dieser Stelle, dass dem Themengebiet finanzwirtschaftlicher Risiken bzw. dessen Management nur den Unternehmen des Industrie-, Handels- und Dienstleistungssektors s nachgegangen wird. Finanzdienstleistungsgesellschaften wie Banken oder Versicherungen werden, sofern nicht ausdrücklich herausgestellt, nicht berücksichtigt. Sie sind daher im weiteren Verlauf kein Bestandteil dieser Arbeit. Der Umgang mit finanziellen Risiken aller Art gehört für sie zum originären Kerngeschäft und unterscheidet sich daher wesentlich von Industrie-, Handels- und Dienstleistungsunternehmen.
3.1. Wirtschaftswissenschaftlicher Risikobegriff
Wirtschaftswissenschaftlich hat der Risikobegriff trotz vielfacher Versuche in der allgemein anerkannten Literatur keine ihm gerecht werdende Definition erhalten können. Unterschiedli- che Ausarbeitungen mit abweichenden Ansätzen lassen eine Allgemeingültigkeit nicht zu. Einen umfassenden Ansatz, den Begriff Risiko einzugrenzen, erarbeitete BRAUN (1984).23 Diese Eingrenzung wird dieser Arbeit als Grundlage dienen. Wird somit im Weiteren der Be- griff Risiko betrachtet, ist sein Ansatz zugrunde gelegt. Der Ursprung dieser Eingrenzung besteht aus zwei verschiedenen Blickwinkeln, die jeweils als Erklärungsansatz unterschiedlicher Autorengruppen dienen. Beide hat BRAUN miteinander verknüpft und auf eigene Art interpretiert. Die folgenden Abschnitte beschreiben die jeweiligen Ansätze und fügen sie anschließend in die für BRAUN geltende Theorie zusammen.
3.1.1. Erklärungsansatz aus Sicht der Ökonomie
Der ökonomische Ansatz veranschaulicht die Zukunftsbezogenheit jedweder Planung unter- nehmerischen Handelns. Entscheidungen zeigen demnach ihre Wirkung erst in der Zukunft. Sie unterliegen zum Zeitpunkt der Entscheidungsfindung immer einem Informationsdefizit weil eine eindeutige Vorhersage des jeweiligen Ausgangs der Entscheidung nicht möglich ist. Eine sichere Planung ist somit ausgeschlossen. Dieser Umstand gilt vielen Autoren als Ursache aller Risiken.24
Darüber hinaus wird der ökonomische Ansatz durch zwei andersartige Interpretationen des Begriffs Risiko vervollständigt. Das sogenannte reine Risiko beinhaltet ausschließlich die Gefahr, gesetzte Ziele nicht erreichen zu können bzw. erreicht zu haben25 oder unsicherer Ereignisse in Verbindung mit der Frage nach potenziellem Schaden.26 Die mögliche Zielver- fehlung ist ausschließlich negativer Art. Ergo existieren nur zwei potenzielle Ergebnisse: Entweder tritt ein Schaden ein oder nicht. Dieses reine Risiko wird als eingleisig bzw. asym- metrisch bezeichnet.27 Die zweite Interpretation ist das zweigleisige bzw. symmetrische Risi- ko.28 Es umfasst neben den negativen Risiken auch positive bzw. günstige Zielverfehlungen. Es stehen sich Ertragschancen und Verlustgefahren gegenüber. Eine Ungewissheit liegt vor, die unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten letztlich auf Gewinn oder Verlust hinausläuft29 (s. Abbildung 1). Eine Verfehlung gesetzter Ziele haben theoretisch somit beide Interpretationen gemein. Eine inhaltliche Übereinstimmung beider Risikodefinitionen ist erkennbar.30 Unter- schieden werden sie nur durch gesetzte Zielvorgaben des Entscheidungsträgers. Nur durch eine Zielvorgabe bzw. einen Plan ist ex post erfassbar, ob es zu einer positiven oder negati- ven Zielverfehlung kam.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Systematisierung des Risikobegriffs aus Sicht der Ökonomie.
[Quelle: Eigene Darstellung].
3.1.2. Erklärungsansatz aus Sicht des Informationsstands
Dieser Ansatz greift den Informationsstand zum Zeitpunkt der Entscheidungssituationen auf. Risiko wird als „messbare Ungewissheit“31 umschrieben. Zum Zeitpunkt der Entscheidungssi- tuation befindet sich das Risiko innerhalb eines Wahrscheinlichkeitsbereichs, welcher sämtli- che potenzielle Risiken abdeckt. Dieser Bereich umfasst drei Informationszustände, die jede Entscheidung beeinflussen.32 Die verantwortliche Person hat drei unterschiedliche Ausgänge seiner Entscheidung vor Augen. Der erste dieser Zustände gewährleistet unzweifelhafte Si- cherheit über den Ausgang der Entscheidung. Die stochastische Wahrscheinlichkeit für das Ereignis ist 1. Somit ist das Ergebnis unbestreitbar. Der zweite Zustand determiniert eine bekannte Unsicherheit. Sie kann sowohl subjektiv als auch objektiv sein. Es existieren ent- weder „mehr oder weniger sichere Vorstellungen über das Eintreten mehrerer möglicher Ereignisse und deren Folgen“33 oder es liegt eine feste Wahrscheinlichkeit zugrunde.34 Als dritter Zustand unterliegt die Entscheidung einer vollkommenden Ungewissheit. Es kann kei- nerlei Aussage über ein Ergebnis getroffen werden.35 Dieser Erklärungsansatz definiert Risi- ken somit als „eine Unsicherheitssituation ..., für die Wahrscheinlichkeitswerte [nur] ge- schätzt werden können“36.
3.1.3. Umfassender Erklärungsansatz des Risikobegriffs
Der Ansatz BRAUNs, den Begriff Risiko zu definieren, beschränkt sich auf eine Eingrenzung des Begriffs durch die Verknüpfung der Ansätze aus den Kapiteln 3.1.1. und 3.1.2. Einerseits gibt es die ursachenbezogene Komponente, der ein Informationszustand zugrunde liegt.
Dieser Zustand beschreibt das Risiko gegenwartsbezogen innerhalb eines dreifach abgestuf- ten Risikobereichs. Andererseits gibt es die wirkungsbezogene Komponente, die durch ein symmetrisches Risikoprofil sowohl eine positive als auch eine negative Zielverfehlung zu- lässt. Sie bildet neben Risiken auch potenzielle Chancen ab.37 BRAUN zieht das symmetri- sche Risikoprofil dem asymmetrischen vor. Seiner Meinung nach zielen unternehmerische Entscheidungen nicht nur auf die Eindämmung von Risiken ab. Allerdings ist die Frage nach einer Chance oder einem Risiko abhängig von einer subjektiven Zielsetzung. Erst ein gesetz- tes Ziel kann sowohl positiv als auch negativ verfehlt werden. Darüber hinaus sind gegen- wärtige oder zukünftige Risiken nicht zwangsläufig mit Entscheidungsprozessen verknüpft. Risikomanagement ist nicht abhängig von Entscheidungssituationen.38
3.2. Unternehmerische Risikobegriff
In der Betriebswirtschaft „stellen alle Gefahren und Unsicherheitsfaktoren, die […] den wirt- schaftlichen Erfolg gefährden, Wagnisse bzw. Risiken dar“39 und sind in der Lage, die unter- nehmerische Wertschöpfung zu verhindern.40 Diese Gesamtrisiken basieren auf unterschied- lichen Quellen, den Risikoarten, welche häufig nur schwer genau zu identifizieren und nur bedingt voneinander trennbar sind. Ihre Gründe sind in den meisten Fällen internen oder externen Ursprungs, allerdings sind auch Ursachen möglich, die nicht unmittelbar zugeord- net werden können. Eine Optimierung des Gesamtrisikos des Unternehmens ist nur durch eine Minimierung aller vorhandenen Risikoarten möglich. Im nachstehenden Abschnitt wer- den die Unternehmensrisiken analysiert und deren Einzelrisiken vorgestellt bzw. systemati- siert (s. auch Abbildung 2).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Zusammensetzung des unternehmerischen Risikos.
[Quelle: Eigene Darstellung, in Anlehnung an GEBHARDT/MANSCH (2001), S. 23.].
3.2.1. Interne Unternehmensrisiken
Interne Unternehmensrisiken entstehen durch operative Entscheidungen und Maßnahmen des Unternehmers. Sie werden den „Betriebliche Risiken“ (s. Anlage 3) zugeordnet.41 In Industrie-, Handels- und Dienstleistungsunternehmen betreffen sie primär den Bereich der Realwirtschaft.42 Sie umfassen im Wesentlichen folgende Bereiche:
Die Leistungserstellung, wie z.B. die technische Einrichtung der Betriebsanlagen, die Funktionalität der EDV, die Qualität der Produkte oder die Liefertreue. Das Unternehmensmanagement, wie z.B. die Kommunikations- und Berichtswege oder die Motivation, Qualifikation und Fluktuation der Mitarbeiter.
Die Finanzwirtschaft, wie z.B. Margenreduktion durch Wettbewerbsdruck, Finanzierungsmaßnahmen und eine rationale Kapitalausstattung.43
3.2.2. Sonstige Unternehmensrisiken
Die sonstigen Risiken (s. Anlage 1) sind maßgeblich geprägt durch juristische Risiken und durch Länderrisiken. Durch Gesetzesänderungen mit Bedeutung auf rückwirkende, bereits bestehende Verträge, entsteht beispielsweise nachträglich entsprechender Handlungsbe- darf. Im Mittelpunkt der rechtlichen Risiken stehen das Arbeitsrecht und das Produkthaf- tungsrecht.44 Länderrisiken umfassen politische Risiken, die für staatliche Änderungen und Maßnahmen jeder Art stehen sowie wirtschaftliche Risiken in Verbindung mit dem Ausland gleichermaßen. Wirtschaftliche Veränderungen im Ausland beeinflussen nahezu alle Unter- nehmensbereiche. Sie stehen in Zeiten der Globalisierung mehr denn je im Mittelpunkt. Mög- liche Gefahren birgt neben der Abhängigkeit von Abnehmern im Ausland beispielsweise die Abhängigkeit von der Einfuhr von Rohstoffen.45 Weitere sonstige Risiken sind Reputationsri- siken. Reputation ist vor allem in einem engen Markt mit viel Wettbewerb und großem Kon- kurrenzdruck ein wichtiger Faktor. Zahlungsrückstände, Unpünktlichkeit oder mangelnde Qualität können zum Verlust von Kunden führen.
3.2.3. Externe Unternehmensrisiken
Externe Unternehmensrisiken liegen im Allgemeinen nicht im Einflussbereich der Unterneh- men. Sowohl Zeitpunkt als auch Stärke ihres Auftretens sind dynamisch. Sie bestehen aus Umwelteinflüssen und Rahmenbedingungen wie Wirtschaftspolitik, Wettbewerb oder Konjunktur.46 Die Literatur unterscheidet die Kredit- und die Marktpreisrisiken (s. Abbildung 2).47 Kreditrisiken (s. Anlage 2) treten bei Schuldverhältnissen in Form von vollständigen oder teilweisen Ausfällen von Forderungen oder verspäteten Zahlungseingängen auf. Forde- rungsausfälle finden Berücksichtigung im eigenen Unternehmensrating. Abschreibungen von uneinbringlichen Forderungen beeinträchtigen auf diesem Weg zukünftige Finanzierungen am Kredit- oder z.B. Anleihemarkt.48 Abschließend entstehen aus Geschäften mit Inhaber- schuldverschreibungen wie Optionsscheinen oder Zertifikaten Emittentenrisiken. Sie spie- geln eine mögliche Zahlungsunfähigkeit des Emittenten dieser Wertpapiere am Ende der Laufzeit wider.
Im Mittelpunkt dieser Ausarbeitung stehen Marktpreisrisiken. Sie sind in der Literatur im We- sentlichen unterteilt in Währungs-, Zins- und Rohstoffrisiken. Währungsrisiken spiegeln die Risiken von Devisenkursveränderungen bei Zahlungstransaktionen wider. Die Preisrisiken bei Rohstoffen umfassen die Schwankungen bei Grundstoffen wie Gold, Öl etc. Die Zinsrisi- ken stehen für die Auswirkungen von Zinsveränderungen auf die Finanzsituation eines Un- ternehmens. Ausgeklammert werden die Aktienkurs- und Immobilienpreisrisiken. Beide sind in der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur zwar aufzufinden, spielen in der Industrie-, Handels- und Dienstleistungsbranche allerdings nur eine untergeordnete Rolle, weil das Ri- sikoprofil beider Risiken überwiegend ihr Vermögensanlagerisiko widerspiegelt. Kleine und mittelständische Unternehmen dieser Branchen nutzen reine Vermögensanlagen eher sel- ten. Sie nutzen ihre finanziellen Mittel eher operativ.
Eine Auseinandersetzung mit den Risiken von Marktpreisen bedingt eine Definition des Be- griffs Marktpreis. Dieser steht in der Wert- und Preislehre von SMITH49 als Ergebnis von An- gebot und Nachfrage nach einem Gut. Er schwankt durch die natürlichen Änderungen von Angebot und Nachfrage.50 Die Risiken von Marktpreisen liegen demnach in ihren zukünftigen Veränderungen und tragen gemäß der Theorie von BRAUN51 zu Erfolg und Misserfolg von Unternehmen bei. Ihr heutiges Risikoprofil hat sich im Laufe der letzten Jahrzehnte maßgeb- lich verändert. Die fortschreitende Globalisierung seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs ist die Grundlage der heutigen Weltwirtschaft.52 Unzählige unübersichtliche Zusammenhänge und Interdependenzen von Nationen, Wirtschaftssystemen und finanzwirtschaftlichen Ver- knüpfungen an den weltweiten Börsen und Handelsmärkten sorgten und sorgen für ein äu- ßerst komplexes und schwer durchschaubares Umfeld. Technologische Entwicklungen wie Computer, Netzwerke und E-Mail, welche sich in den 70er-Jahren des letzten Jahrhunderts etablierten, beschleunigten den technischen Fortschritt und hatten wesentlichen Anteil am globalen Wirtschaftswachstum. Dieses Wachstum ist insbesondere für ein exportstarkes Land wie Deutschland zu einer tragenden wirtschaftlichen Säule geworden. Hervorzuheben sind Sektoren des verarbeitenden Gewerbes - z.B. die Bereiche Maschinen- und Fahrzeug- bau, Chemie oder Elektrotechnik. Vorleistungsimporten wie Rohstoffen folgen Verkäufe von halbfertigen oder fertigen Produkten ins Ausland.53 Diese grenzüberschreitenden Handels- und Produktionsaktivitäten sind in letzter Konsequenz auch der Grund für die Entstehung der gegenwärtigen globalen Finanzmärkte, welche durch jahrelange Deregulierung und Liberali- sierung bis heute stark expandierten.54 Globale wirtschaftliche Aktivitäten bedingen ein glo- bales Finanzsystem. Es schafft eine grenzüberschreitende Vernetzung jeglicher finanzieller und wirtschaftlicher Aktivität. Weltweit sind Änderungen von Wechselkursen, Zinssätzen oder Rohstoffpreisen in Bruchteilen von Sekunden abruf- und handelbar. Diesem immer unüber- sichtlicher werdenden Wirtschaftssystem kann sich keiner der Akteure, auch nicht deutsche KMU aus den Bereichen Industrie, Handel und Dienstleistung, entziehen.
Mittlerweile sind es auch kaum noch reine Handelspreise, die Kursänderungen der Markt- preise hervorrufen. Heutzutage sind fast ausschließlich Spekulationsgeschäfte (s. Kapitel 3.2.3.1 und 3.2.3.2) Grundlage aller Kurse.55 Insbesondere sie stellen jene mittelständischen Marktteilnehmer aus den Bereichen Handel, Industrie und Dienstleistung, die mit ihren Waren und Dienstleistungen nationalen und internationalen Handel betreiben, vor große Herausforderungen. Spekulationsgeschäfte gehören nicht zu ihren Kernkompetenzen. Trotzdem müssen auch sie sich der Herausforderung schwankender Marktpreise stellen und Planungsunsicherheiten für die Zukunft einkalkulieren. Im Folgenden werden die einzelnen Marktpreisrisiken allgemein vorgestellt und verdeutlicht.
3.2.3.1. Unternehmerische Währungsrisiken
International operierende Unternehmen tragen, bedingt durch den Umgang mit fremden Währungen, unterschiedliche Arten von Wechselkursrisiken. Sie werden unterteilt in translation risk, economic risk und transaction risc.
Das translation risk ist ein ausschließlich bilanzielles Risiko. Im Fall der Erstellung einer Bi- lanz mit integrierten Tochtergesellschaften bzw. ausländischen Unternehmenseinheiten, die in einer Fremdwährung operieren und bilanzieren, entstehen bei Konsolidierung u.U. unreali- sierte Wechselkursverluste. Dieser Umstand kann zulasten des Periodengewinns führen.56 Gleichzeitig können Wechselkursgewinne durch Erhöhung der Unternehmensgewinne einen höheren steuerlichen Aufwand und eine daraus resultierende Belastung des Cash Flows bedeuten.57
Economic risks, auch Operationsrisiken oder ökonomische Risiken genannt, stehen als Oberbegriff für zukünftige allgemeine wirtschaftliche Risiken bei Wechselkursveränderungen. Absatz- und Zuliefermärkte in fremder Währung können zu niedrigeren Einnahmen bzw. hö- heren Kosten führen. Währungsschwankungen haben großen Einfluss auf den internationa- len Handel. Wertet der US-Dollar (USD) beispielsweise gegenüber dem Euro ab, können europäische Unternehmen mit einem geringeren Absatz in den Vereinigten Staaten rechnen, weil Produkte aus dem europäischen Handelsraum schon der Währung wegen für amerika- nische Bürger teurer werden. Zugleich wird der Import aus den Vereinigten Staaten für euro- päische Bürger günstiger. Umgekehrt werden die Importe aus Europa für die Vereinigten Staaten bei einem steigenden USD zum Euro günstiger und der Absatz in Europa wird des- halb fallen. Diese Risiken haben einen ganzheitlichen Ansatz, werden nicht auf einzelne Transaktionen beschränkt. Daher sind sie latent vorhanden und schwer quantifizierbar.58
Das transaction risk bezieht sich auf einzelne Transaktionen (Transaktionsrisiko, Konvertie- rungsrisiko). Es betrifft einen geplanten, vertraglich vereinbarten oder bereits gebuchten Cash Flow. Es entsteht bei Forderungen gegenüber Kunden und Verbindlichkeiten gegenü- ber Lieferanten in fremder Währung. Wechselkursschwankungen werten die eigenen Aktiva ab bzw. die Passiva auf. Die Folge sind negative Auswirkungen auf die Ertragslage bzw. den Ertragsausweis. Je weiter die Fristigkeit der ungesicherten Zahlung in der Zukunft liegt, des- to schwerer fällt eine Einschätzung künftiger Kursbewegungen. Folglich erhöht sich das Risi- ko im Zeitablauf.
Alle drei Kategorien haben das Risiko zukünftig schwankender und unvorhersehbarer Wäh- rungskurse gemein. Der Unterschied offenbart sich erst im jeweils entstehenden Effekt. Die Schwierigkeit einer Kategorie stellt sich in der Planung bzw. Darstellung der Bilanz dar. Die beiden anderen Kategorien hinterfragen das latente bzw. das transaktionsgebundene Risi- ko.59
Die drei Risikokategorien haben eine unterschiedlich große Bedeutung. Abhängig von den Größenverhältnissen kann das translation risk durch ausländische Tochtergesellschaften und Geschäftseinheiten durchaus vorhanden sein (s. Kapitel 3.3). Die Bedeutung der Tran- saktions- und Operationsrisiken hingegen ist ungleich höher. Sowohl grundsätzliche und dauerhafte Risiken als auch Risiken auf Einzelgeschäfte sind in der Risikobetrachtung zu bevorzugen. Unternehmen, die wenige, aber dafür sehr werthaltige Waren herstellen, sind darauf bedacht, das Transaktionsrisiko abzusichern. Unternehmen mit einem Hauptabsatz- oder Beschaffungsmarkt in einer einzelnen Fremdwährung betrachten zusätzlich das öko- nomische Risiko.
Währungsrisiken nehmen bei international tätigen Unternehmen durch globale Lieferungs- und Zahlungsverflechtungen eine wichtige Stellung ein. Die wichtigste Währung als interna- tionale Leitwährung ist der USD. Im Jahr 2005 lag der tägliche weltweite Devisenumsatz bei ca. einer Billion USD. Die Relevanz von Wechselkursen, die durch Handelsgeschäfte zu- stande kommen, ist dabei allerdings verschwindend klein geworden. Nur geschätzte 5% des Umsatzes waren durch Handelsgeschäfte gedeckt.60 Finanzinvestoren wie Banken, Versi- cherungen oder Investmentfonds nutzen dieses Marktsegment vermehrt zu Spekulationsge- schäften. Das vermutlich berühmteste deutsche Beispiel, das die Risiken von Spekulation aufzeigt, ist das einer deutschen Bank. Im Devisenhandel spekulierte das Bankhaus Herstatt Anfang der 70er-Jahre des letzten Jahrhunderts auf eigene Rechnung zwecks Ertragssteige- rung lange Zeit auf einen steigenden USD. Als dieser aufgrund der Ölkrise im Jahre 1974 stark fiel, konnten riesige Handelsverluste nicht mehr kontrolliert werden. Es kam zur Insol- venz.61 Exemplarisch für Planungsunsicherheiten im internationalen Devisenmarkt war die Zeit von 1992 bis 1995. In diesem Zeitraum gab es weltweit große Währungsschwankungen. Insbesondere europäische Währungen werteten mit 5% bis 10% durch Spekulationsgeschäf- te stark ab, bevor es wenig später wiederum zu großen spekulativen Aufwertungen kam. Als im Frühjahr 1995 die mexikanische Finanzkrise einsetzte, gab es weltweit, u.a. im USD, der weltweiten Leitwährung, weitere Tiefstkurse. Zu dieser Zeit war es insbesondere für viele exportlastige Länder eine große Belastung, ihre Waren und Dienstleistungen an den weltwei- ten Handelsmärkten zu verkaufen. Erst die Einführung des Euros gab den Marktteilnehmern zumindest für den Handel im europäischen Raum Planungssicherheit.62
3.2.3.2. Unternehmerische Zinsrisiken
Unter Zinsrisiko versteht man die Gefahr einer nicht kalkulierten Änderung von spezifischen Zinsen bzw. des allgemeinen Marktzinsniveaus innerhalb einer Periode. Es gilt sowohl für Darlehen als auch für Anlagen, wobei die Passiva der Bilanz (passivisches Zinsrisiko) bei Unternehmen der Industrie, des Handels und der Dienstleistungen eine höhere Relevanz einnehmen. Sie spiegeln die Finanzierung des Unternehmens wider. Die Risiken der Aktiva (aktivisches Zinsrisiko) sind im Allgemeinen zu vernachlässigen. Finanzielle Anlagen werden i.d.R. nur als Liquiditätsreserve gehalten.63 Zinsänderungsrisiken werden in unterschiedliche Arten unterteilt.
Das bilanzielle Zinsänderungsrisiko hat als Grundlage die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung. Ihnen liegt nach dem Vorsichtsprinzip die Pflicht zugrunde, dass Forderungen zum niedrigsten und Verbindlichkeiten zum höchsten Wertansatz in die Bilanz aufgenommen werden. Ändern sich Zinssätze, führt das bei Finanzbeständen zu Marktwertbewegungen, die innerhalb der Laufzeit der Finanzinstrumente bilanziell erfasst werden müssen. Zinssenkungen bewirken bei Verbindlichkeiten - z.B. bei einer emittierten Anleihe - eine Kurssteigerung, die unabhängig von der Laufzeit bilanziell erfasst werden muss. Die Höhe der Verbindlichkeiten des Unternehmens nimmt zu.64 Die Auswirkungen können sich bei zukünftigen Finanzierungen in ungünstigen Marktkonditionen widerspiegeln.
Das wirtschaftliche Zinsänderungsrisiko besteht in der Prognose zukünftiger Marktzinsen in Verbindung mit den Notwendigkeiten einer Finanzierung bzw. Anlage. Entscheidungen über variable oder feste Zinssätze und über eine kurze oder lange Laufzeit unterliegen alle der Annahme der Unternehmensleitung bzw. der zuständigen Abteilung über zukünftige Bewe- gungen des Zinsniveaus am Kapitalmarkt. Sie tragen somit das wirtschaftliche Risiko.65 Das Zinsniveau wird durch die Zinsstruktur abgebildet. Die Zinsstruktur eines Unternehmens ba- siert auf den verschiedenen Zusammensetzungen der Zinspositionen der Aktiv- und der Passivseite. Die Zinsstrukturkurve am Kapitalmarkt verdeutlicht die zukünftige Erwartung aller Marktteilnehmer.66 Das Zinsstrukturrisiko eines Unternehmens lässt sich unter der An- nahme erklären, dass Zinssätze eines langen Zeitraums höher als die Zinssätze eines kur- zen Zeitraums sind. Dieser Annahme liegt die normale Zinsstruktur zugrunde (s. Abbildung 3). Anlagen werden mit längerer und Finanzierungen mit kürzerer Laufzeit getätigt. Ein län- gerer Verzicht des Gläubigers auf das Geld, der längere Zeitraum eines möglichen Forde- rungsausfalls des Schuldners und der längere Dispositionszeitraum des Schuldners begrün- den diese Annahme. Das entgegengesetzte Szenario, also höhere Zinsen bei kürzerer Lauf- zeit, hat entsprechend gegenteilige Annahmen und wird als invers bezeichnet (s. Abbildung 3). In diesem Fall haben die Marktteilnehmer die Erwartung, dass die Zinsen auf lange Sicht fallen werden. Anlagen werden mit kurzfristiger und Finanzierungen mit langfristiger Laufzeit getätigt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Grundformen der Zinsstrukturkurve.
[Quelle: Stauber (2008), S. 13.)].
Wirtschaftliche Risiken machen sich in finanzwirtschaftlichen Krisen bemerkbar. Unterneh- men der Bereiche Industrie, Handel und Dienstleistungen stehen in diesen Zeiten vor noch größeren Herausforderungen. Der Bedarf an Fremdkapital besteht weiterhin oder wird durch den Ausfall von Forderungen noch größer. Gleichzeitig erschwert sich der Bezug von Kredi- ten, der dominierenden Fremdkapitalquelle aller Unternehmen. Der Grund sind latent vor- handene Unsicherheiten am Kapitalmarkt, was mit einer wachsenden Vorsicht der Kreditin- stitute einhergeht. Das Resultat sind Liquiditätsprobleme der Unternehmen. Sie erhalten kei- ne neuen Kredite bzw. Folgefinanzierungen sind mit höherer Zinsbelastung versehen. Eine weitere Alternative sind Einschränkungen oder gar Kündigungen bestehender Kreditlinien.67 Nur Unternehmen mit angemessenen Ratings haben überhaupt Chancen, neue und mit ho- hen Zinsen versehene Fremdfinanzierungen aller Art zu erhalten. Auch die Laufzeiten der Kredite werden meist verkürzt. Ein Kriterium ist, ob es sich um Bestands- oder Neukunden handelt. Während langjährige Verbindungen zwischen Unternehmen und Bank eine Ver- trauensbasis mit sich bringt, entfällt dieser Aspekt bei Unternehmen, die erstmalig als poten- zieller Kunde Kreditwünsche äußern. Ein anderes Kriterium ist der Zweck des Kredits. Die Investition in Betriebsmittel ist in Phasen wirtschaftlicher Schwäche i.d.R. leichter zu finanzie- ren als die Übernahme eines Konkurrenten. Dafür spricht die Möglichkeit, dass die Be- triebsmittel auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten für die Aufrechterhaltung der Geschäfts- tätigkeit sinnvoll bzw. sogar unabdingbar sind.68
Fremdkapitalaufnahme gilt, insbesondere in Zeiten eines negativ behafteten wirtschaftlichen Umfelds, als schwierig. Die Emission von Anleihen oder gar ein Börsengang sind aufgrund der Größe der Unternehmen nicht sinnvoll. Die Abhängigkeit von Bankinstituten bzgl. ihrer Fremdkapitalvergabe und Zinssätze sind groß.
3.2.3.3. Unternehmerische Rohstoffrisiken
Rohstoffe werden insbesondere von Unternehmen der verarbeitenden Industrie genutzt. Sie unterliegen, wie Währungen und Zinsen auch, durch Angebot und Nachfrage Marktpreisrisi- ken und somit künftigen potenziellen Ertragseinbußen. Es existieren weltweit sehr viele Rohstoffe, u.a. sehr bekannte wie Edelmetalle (z.B. Gold, Silber), Brennstoffe (Öl, Gas) oder Industriemetalle (Eisen, Kupfer). In einem industriestarken und zugleich relativ rohstoffarmen Exportland wie Deutschland ist der Wirtschaftskreislauf des Imports, der anschließenden Verarbeitung zu einem Zwischen- oder Endprodukt und des darauf folgenden Exports sehr ausgeprägt.
Rohstoffe unterliegen, von Ausnahmen abgesehen, schon seit vielen Jahren und teilweise Jahrzehnten Preissteigerungen. Die Hintergründe sind vielschichtig. Viele Rohstoffe errei- chen durch Ressourcenknappheit in Verbindung mit stark steigender Nachfrage insbesonde- re aus Ländern des asiatischen Raums immer höhere Marktpreise. Einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln zufolge, wurden in Deutschland im Jahr 2004 für den Import von Rohstoffen 61,9 Mrd. Euro ausgegeben. Innerhalb von zwei Jahren kam es mit 106,6 Mrd. Euro zu einer Steigerung von 72%. Die Studie begründet diesen Effekt mit Preis- statt mit Mengensteigerungen.69
Eine weitere Begründung für Rohstoffrisiken liegt in der Verfügbarkeit. Es existieren geologi- sche und politische Gefahrenquellen. Zusammen mit den Staaten Iran und Irak verfügt das Gulf Cooperation Council (GCC)70 über 65% der Weltöl- und 34% der Weltgasreserven. Da- mit liegt ein sehr großer Teil der Vorkommen in als politisch instabil geltenden Ländern, die wirtschaftlich von diesen Brennstoffen abhängig sind. Zwischen 75% und 90% ihrer Staats- einnahmen resultieren aus dem Export von Erdöl.71 Grundsätzlich ist die Gefahr einer Ab- hängigkeit von Rohstoffexport stetig vorhanden. Exemplarisch ist an dieser Stelle die Orga- nization of Petroleum Exporting Countries (OPEC) zu nennen, eine Organisation der Länder, die Erdölvorkommen besitzen und exportieren. Sie bestimmt seit Anfang der 60er-Jahre des letzten Jahrhunderts die Marktpreise für Erdöl, indem sie die Angebotsmenge verknappt oder ausweitet. Die Ölkrisen Anfang der 70er-Jahre des letzten Jahrhunderts entstanden aus einer solchen Angebotsverknappung. Hier lag eine Ausnutzung der Abhängigkeit von Rohstoffen bzw. deren Export vor.72
Eine ähnliche, teils monopolartige Machtverteilung, hat sich durch das Wirtschaftswachstum der asiatischen Staaten entwickelt. Vor allem China hat sich zu einem wichtigen Staat inner- halb der Rohstoffmärkte entwickelt und ist im Sektor der Industriemetalle marktbeherr- schend. Im Jahr 2008 stellte es 40% der Weltproduktion an Rohstahl her und importierte zugleich 60% der Weltproduktion an Eisenerz.73 Seine Marktmacht spielt China derzeit durch Exportbeschränkungen, Exportverbote oder Ausfuhrsteuern aus. Ein sehr seltenes Metall wie Yttrium ist nicht substituierbar und wird zu 99% in China produziert. Ganze Industrie- zweige sind von sogenannten Gewürzmetallen wie Chrom oder Platin, ebenfalls überwie- gend aus China importiert, abhängig. Zwar sind die Kosten im Verhältnis zum Umsatz mar- ginal, trotzdem sind sie elementar für den Bau werthaltiger Zukunftstechnologien wie Han- dys, Solarzellen oder Hybridautos. Ihr Fehlen unterbricht ganze industrielle Wertschöpfungs- ketten.74 In Fällen von Abhängigkeit sind Länder oder Regionen in der Lage, Rohstoffpreise zu bestimmen bzw. zu manipulieren.
Ein weiterer Grund für Rohstoffrisiken ist der Umstand, dass viele Rohstoffe weltweit fast ausschließlich in einer Währung, dem USD, gehandelt werden. Die Wechselkursrisiken er- höhen, bedingt durch die Notwendigkeit der Konvertierung, ohnehin bereits vorhandene Rohstoffpreisrisiken. Die Sammlung risikoerhöhender Aspekte rund um den Bereich der Rohstoffe vervollständigt das steigende Interesse von Finanzinvestoren. Sie tätigen Ge- schäfte, die zunehmend wesentlichen Einfluss auf die Preise nehmen, zugleich jedoch das Vorkommen der jeweiligen Rohstoffe am Weltmarkt bei weitem übersteigen. Die Entwicklung vieler Rohstoffpreise nimmt spekulative Züge an. Beispiele wie das Industriemetall Kupfer (s. Abbildung 4)75 oder das Edelmetall Palladium (s. Abbildung 5)76 verdeutlichen wenig nach- vollziehbare Preisbewegungen. So hat eine Tonne Kupfer Mitte 2008 knapp 9.000 USD ge- kostet, fiel innerhalb eines halben Jahres auf 3.000 USD und steht ein Jahr später bereits wieder bei 7.000 USD. Auch Palladium zeigte in der Vergangenheit starke Preissprünge (z.B. von 2000 bis 2002 bzw. von Mitte 2008 bis Ende 2009). Derartige Marktbewegungen können der Industrie großen Schaden zufügen. Sie können ein Grund dafür sein, dass me- tallverarbeitende Unternehmen ihre Produkte aufgrund überhöhter Rohstoffpreise nicht mehr verkaufen können.77
[...]
1 Durch die Medien geprägter Begriff. Dieser beschreibt eine weltweite wirtschaftliche Phase wirtschaftlicher Spekulation, die ihre vermeintliche Berechtigung in den hohen Gewinnerwartungen der technologischen Unternehmen Ende des letzten Jahrtausends fand.
2 In dieser Arbeit werden die Begriffe Mittelstand, mittelständische Unternehmen sowie kleine und mittelständische Unternehmen (mit dem Akronym KMU) synonym verwandt.
3 Vgl. SCHERER (2003), S. 144.
4 Vgl. SCHERER (2003), S. 144.
5 Vgl. EU (2003a).
6 Vgl. GRUHLER (1994), S. 19.
7 Vgl. NAUJOKS (1975), S. 22.
8 Vgl. STEPHAN (2002), S. 8.
9 Vgl. FUEGLISTALLER et al. (2004).
10 Vgl. BMWi (2009), S. 20.
11 Vgl. STEPHAN (2002), S.8.
12 Ein sehr umfangreich zusammengetragener Katalog qualitativer Abgrenzungskriterien ist der Aufsatzsammlung von PFOHL (2006) zu entnehmen.
13 Vgl. Institut für Mittelstandsforschung in Bonn unter http://www.ifm-bonn.org/index.php?id=89 (Stand: 24.02.2010).
14 Vgl. EU (2003a), S. 32 ff.
15 DAX steht für „Deutscher Aktienindex“ und repräsentiert die 30 nach Marktkapitalisierung und Börsenumsatz errechneten größten Aktiengesellschaften Deutschlands.
16 MDAX (abgeleitet von Mid-Cap-DAX) repräsentiert die nach dem DAX folgenden 50 nach Marktkapitalisierung und Börsenumsatz errechneten größten Aktiengesellschaften Deutschlands.
17 Vgl. Institut für Mittelstandsforschung in Bonn unter http://www.ifm-bonn.org/index.php?id=99 (Stand: 24.02.2010).
18 Die Zahlen der Tabelle 3 entsprechen den folgenden Jahren:1 =2008;2 =2007.
19 Der Anteil der KMU an der „Nettowertschöpfung der Unternehmen“ ist ein Schätzwert des IfM auf Grundlage der Umsatzsteuerstatistik.
20 Der Begriff „Nettowertschöpfung“ wird u.a. erklärt in PUHANI (2003), S. 16 ff. oder HARDES/UHLY (2007), S. 277 ff.
21 Vgl. BMWi (2009), S. 49.
22 Vgl. EU (2003b), S. 14.
23 Vgl. BRAUN (1984), S. 22 ff.
24 Vgl. WITTMANN (1959), S. 55.; BRAUN (1979), S. 5.
25 Vgl. HAHN (1987), S. 137 ff.
26 Vgl. SCHNORRENBERG (1997), S. 6.
27 Vgl. FIEGE (2005), S. 46 f.
28 Vgl. FIEGE (2005), S. 46 f.
29 Vgl. BURGER/BUCHHART (2002), S. 4.
30 Vgl. BRAUN (1984), S. 23.
31 Vgl. BRAUN (1984), S. 24.
32 Vgl. KNIGHT (1921), S.19ff.
33 Vgl. BRAUN (1984), S. 25.
34 Vgl. PFOHL (1977), S. 23 ff.
35 Vgl. BRAUN (1984), S. 26.
36 Vgl. BRAUN (1984), S. 24.
37 Vgl. BRAUN (1984), S. 27.
38 Vgl. BRAUN (1984), S. 25.
39 Vgl. STIEFL (2005), S. 160.
40 Vgl. BURGER/BUCHHART (2002), S. 9.
41 Vgl. GEBHARDT/MANSCH (2001), S. 24 ff.
42 Vgl. GEBHARDT/MANSCH (2001), S. 25.
43 Vgl. ERDMANN (2006), S. 55.
44 Vgl. GEBHARDT/MANSCH (2001), S. 24 f.
45 Vgl. GEBHARDT/MANSCH (2001), S. 24 f.
46 Vgl. ERDMANN (2006), S. 55.
47 Vgl. SPINDLER (2005); GEBHARDT/MANSCH (2001), S. 23 ff.; OEHLER/UNSER (2001), S. 14 f.
48 Vgl. GEBHARDT/MANSCH (2001), S. 24-25.
49 Adam Smith (1723 - 1790) gilt als Begründer der klassischen Volkswirtschaftslehre.
50 Vgl. STAVENHAGEN (1969), S. 55.
51 Vgl. BRAUN (1979), S. 5 ff.
52 Weitere Informationen zur Grundlage der Globalisierung nach dem 2. Weltkrieg, u.a. wesentlich getragen durch die Erstellung eines Weltwirtschaftssystems auf der Konferenz von Bretton Woods, u.a. mit dem Inhalt des Abbaus der Zölle im Zuge des GATT, sind nachzulesen in DEUTSCHER BUNDESTAG (2002).
53 Vgl. HESS (2006), S. 11.
54 Vgl. DEUTSCHER BUNDESTAG (2002), S. 52.
55 Vgl. SPINDLER (2005), S. 363.
56 Vgl. LACHMANN (1981), S. 153.
57 Vgl. SCHARRER et al. (1978), S. 50.
58 Vgl. STOCKER (2006), S. 27.
59 Vgl. GANTENBEIN/SPREMANN (2007), S. 222 ff.
60 Vgl. SPINDLER (2005), S. 363.
61 Detaillierte Informationen zu dieser Bankinsolvenz u.a. in PEEMÖLLER/HOFMANN (2005), S. 80.
62 Vgl. SPINDLER (2005), S. 361.
63 Vgl. STOCKER (2006), S. 311.
64 Vgl. GEBHARDT/MANSCH (2001), S. 93.
65 Vgl. DROSSE (2005), S. 86 f.
66 Vgl. DROSSE (2005), S. 86 f.
67 Vgl. KNOCH/LÜDKE (2009), S. 16 f.
68 Vgl. KARKOWSKI/FRIEN (2009), S. 9 ff.
69 Vgl. BARDT et al. (2009).
70 „Gulf Cooperation Council” besteht aus den sechs Mitgliedsstaaten Bahrain, Kuwait, Oman, Quatar, Saudi-Arabien und den Vereinigten Emiraten.
71 Vgl. UMBACH (2003), S. 48.
72 Vgl. KNEISSL (2008), 60.
73 Vgl. HEDTSTUECK (2009), S. 8 ff.
74 Vgl. BARDT et al. (2009).
75 Vgl. http://www.markt-daten.de/charts/rohstoffe/kupfer.htm (Stand: 05.02.2010).
76 Vgl. http://www.markt-daten.de/charts/rohstoffe/palladium.htm (Stand: 19.02.2010).
77 Vgl. HEDTSTUECK (2009), S. 8 ff.
- Arbeit zitieren
- Danny Kruse (Autor:in), 2010, Risikomanagement und unternehmerisches Handeln: Die Frage nach der Notwendigkeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/200161
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