Diese Arbeit erörtert den Vergleich der Unterdrückungsstrukturen, denen der fiktive Charakter Franz Woyzeck in Büchners Drama "Woyzeck" zum Opfer fiel, mit den Unterdrückungsstrukturen und Problemen der Bevölkerung in Deutschland in der heutigen Zeit.
Einleitung
In der folgenden Erörterung vergleiche ich die Unterdrückungsstrukturen und die beängstigenden Lebensumstände Woyzecks mit meiner eigenen Lebenssituation. Das Drama „Woyzeck“ von Georg Büchner aus dem Jahr 1836 handelt von der Unterdrückung des Soldaten Woyzecks , von der Affäre seiner Freundin Marie mit einem Tambourmajor und den daraus resultierenden Mord an Marie durch Woyzeck selber. Das Werk Büchners spielt ungefähr 200 Jahre vor unserer Zeit, trotzdem gibt es auch in der heutigen Zeit Unterdrückungsstrukturen, auch wenn diese anders aussehen als in der Vergangenheit. Dennoch denke ich, dass die gesellschaftliche Unterdrückung heutzutage nicht mehr so stark ist, dass eine Person, die psychisch keine Einschränkungen hat, zu seiner Waffe greift. Daher stelle ich die These auf, dass sich die Unterdrückungsstrukturen und die Angst machenden Lebensumstände Woyzecks nicht mit meiner eigenen Lebenssituation vergleichen lassen.
In der nun folgenden Erörterung stelle ich zunächst die Pro-Argumente für die Bestätigung des These dar. Anschließend widme ich mich den negativen Aspekten, um anschließend zu einer Abwägung mit dem Schlussteil zu gelangen.
Die Unterdrückungsstrukturen zur Zeit
Woyzecks im Vergleich zu denen der heutigen Zeit
Zunächst spricht einmal für meine These, dass das Drama zweihundert Jahre in der Vergangenheit spielt. Damals gab es den Vormärz. In dieser Zeit wurden zahlreiche Menschen beziehungsweise die komplette „untere Klasse“ vom Adel und vom Klerus unterdrückt. Zudem gab es einen absolutistischen Herrscher und kein Wahlrecht. Diese Person, die behauptete, von Gott eingesetzt worden zu sein, damit die religiöse Bevölkerung bliß nicht auf die Idee kam, den Fürsten anzugreifen, erhöhte häufig die Steuern für seinen Prunk und die komplette obere Schichte lebte durch die Ausbeutung der Ärmeren. So ist es auch bei Woyzeck, der von fast jeder Person im Drama schikaniert wird. Und dessen Freundin oder Geliebte ihn mit einem Ranghöheren betrügt. So kommt es durch eine große Anzahl verschiedener Unterdrückungsmechanismen schließlich zum Mord an Marie.
Heutzutage passiert es zwar auch, dass Menschen unterdrückt werden, nur geschieht dies, zumindest in der Bundesrepublik Deutschland, nicht mehr über den Staatsapparat, sondern höchstens durch Mitmenschen, sodass die Unterdrückungsstrukturen heutzutage nicht mehr so drastisch sind und es sich hierbei höchstens um Mobbing im Büro oder in der Schule handelt. Politisch gesehen gibt es wie bereits erwähnt zumindest hier in Deutschland keine Unterdrückung mehr. Staatsbürger haben ein demokratisches Wahlrecht und Geringverdiener müssen weniger Steuern bezahlen oder bekommen Transferleistungen aus öffentlicher Hand. Hierdurch muss heutzutage kaum jemand so viele Jobs wie Woyzeck annehmen und es braucht sich kaum jemand großartige Gedanken um die Zukunft beziehungsweise um die Verwaltung und den Erhalt des Geldes zu machen. Daher ist dies ein Argument dafür, dass sich die Lebenssituation Woyzecks mit der meinigen in der heutigen Zeit nicht vergleichen lässt.
Ein weiteres Argument für die Belegung der These ist, dass sich die Menschen in der heutigen Zeit über andere Gedanken sorgen. So kommt es in der Gegenwart dazu, dass man über Umweltkatastrophen wie zum Beispiel Überflutungen in Neuseeland oder Erdbeben in Japan nachdenkt. Hierdurch wurde z.B. auch in Deutschland Angst vor einem Super-GAU geschürt. Dies ist aber nur dank der fortgeschrittenen Technik, der Globalisierung und den hierdurch entstandenen Medienrummel möglich geworden, den es zur Zeit Woyzecks noch nicht gab. Somit ist dies eine weitere Stütze der These.
Zudem muss angeführt werden, dass es heute ein viel breiteres Schichtenmodell gibt als früher. Durch den weiter entwickelten Standard kommt es dazu, dass die Schichten alle voneinander abhängig sind und sich brauchen. Auch gibt es nun eine größere Zersplitterung in den Schichten, während damals Klerus Klerus war, der Adel nur aus Adel bestand und die dritte Klasse nur Bauern, Handwerkern und Kaufleuten unterteilt war.
Doch es gibt auch Argumente, die gegen die von mir aufgestellte These sprechen. So leidet Woyzeck unter psychischen Störungen, die als Teilaspekt neben der sozialen Unterdrückung und neben dem Verlust seiner Geliebten zum Mord an Marie beitragen. Wer sagt denn, dass ein Mensch in Deutschland, der auf der Arbeit oder in der Schule niedergemacht wird wird und dessen Partner ihn verlässt, nicht auch zur Waffe greift oder wehrlose Kinder misshandelt, da er vor lauter Kummer und Wut psychische Probleme in Kauf nehmen muss, die solche Taten auslösen? Doch es heißt ja nicht, dass es unbedingt zu einer Verzweiflungstat kommen muss. Menschen, die heute Himmel und Hölle durchmachen, können genauso an Halluzinationen wie Woyzeck gelangen - wenngleich durch ein anderes Motiv. Doch die Lebenssituation ist dann die selbe, denn beide haben kein schönes Leben mehr und fühlen sich die ganze Zeit überrannt - das Leben ist für sie dann nicht mehr lebenswert.
Alles in allem ist das Zustimmen oder das Ablehnen der These eine Frage der Abwägung, die nicht gerade einfach ist.
Wir haben einen Woyzeck, der unter der damaligen Zeit leidet, sozial unterdrückt und ausgegrenzt wird und der aus Eifersucht und psychischer Probleme seine Geliebte ermordet. Dies kann in der heutigen Zeit auch passieren, allerdings sind hier andere Faktoren im Spiel, wie z.B. religiöser Hass, Terror oder einfach nur Angst für Umweltkatastrophen. Fälle wie Woyzeck gibt es auch heutzutage, aber nur sehr selten. Somit sind die Lebenssituationen komplett anders, auch wenn die Resultate am Ende vielleicht die gleichen sind. Deshalb gelange ich nach Überprüfung der These und nach der Abwägung aufgrund der Stichhaltigkeit der Argumente zu der Ansicht, dass sich die Lebenssituation Woyzecks nicht mit der meinigen in der heutigen Zeit vergleichen lässt.
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- Quote paper
- Simon Winzer (Author), 2011, Die soziale und politische Unterdrückung Woyzecks im Vergleich zur heutigen Zeit, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/199070