Einleitung
„Die Wurzeln der Mitbestimmungsforderung reichen für Deutschland bis zur Mitte des 19. Jh. zurück.“(1)
Diese Forderung wird besonders seit 1945 von Gewerkschaften und Kirchen laut, begründet durch das Selbstbestimmungsrecht, die Gleichberechtigung von Kapital und Arbeit, das Demokratieprinzip oder auch als „geeignetes Mittel zur Kontrolle wirtschaftlicher Macht“.(2) Doch was ist überhaupt Mitbestimmung? Wie ist sie betrieblich durchzusetzen und gesetzlich zu regeln?
Man unterscheidet im wirtschaftlichen Sinne und nach Bereichen abgegrenzt zwischen der Mitbestimmung im Montan-Bereich, im öffentlichen Dienst und im privatwirtschaftlichen Sektor. In jedem dieser Bereiche wird die Mitbestimmung durch unterschiedliche Gesetze und Gremien geregelt.(3)
Im Folgenden werde ich ausschließlich den privatwirtschaftlichen Sektor beleuchten, um die Frage zu klären, was betriebliche Mitbestimmung bedeutet und wie sie durchgesetzt wird. Auch hier ist zu beachten, daß meine Ausführungen sich nur auf das „administrative und operative System“(4), sprich die mittlere und untere Führungsebene, und somit auf die betriebliche Mitbestimmung beschränkt. Zunächst werde ich mich mit der Frage beschäftigen, wie sie innerhalb des Betriebes gesetzlich legitimiert ist, um anschließend die Zusammensetzung und die Handlungsmöglichkeiten des Betriebsrates, des wesentlichen Mitbestimmungsgremiums der Arbeitnehmer, vorzustellen. Im Weiteren werde ich zunächst
die Zusammenarbeit von Betriebsrat und Arbeitgeber näher erläutern. Abschließend stelle ich neben der Zusammensetzung und Rechtsstellung des Sprecherausschuß der leitenden Angestellten, auch dessen
Verhältnis zu Betriebsrat und Arbeitgeber dar.
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1 Bea, F.X./Dichtl, E./Schweitzer, M.: Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Band 1:
Grundfragen, 7. Auflage, Stuttgart 1997, S. 314
2 Vgl.: Bea, F.X./Dichtl, E./Schweitzer, M.: Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Band 1:
Grundfragen, 7. Auflage, Stuttgart 1997, S. 314
3 Vgl.: http://www.nrw.de/landnrw/nrwlex/lexmitbest.htm: Kleinfeld, R.: Mitbestimmung (Stichwortverzeichnis), Ausdruck
vom 11.11.2001
4 Bea, F.X./Dichtl, E./Schweitzer, M.: Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Band 1:
Grundfragen, 7. Auflage, Stuttgart 1997, S. 317
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Hauptteil:
1. Gesetzliche Legitimation der betrieblichen Mitbestimmung
1.1. Das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG)
1.1.1. Allgemeine Grundsätze des Betriebsverfassungsgesetzes
1.1.2. Der Geltungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes
1.1.3. Exkurs: Reform des Betriebsverfassungsgesetzes: die Neuregelungen und deren Ziele
1.2. Das Sprecherausschußgesetz (SprAuG)
2. Der Betriebsrat
2.1. Allgemeine Grundsätze des Betriebsrates
2.2. Wahl und Zusammensetzung des Betriebsrates
2.3. Amtszeit und Geschäftsführung des Betriebsrates
2.4. Allgemeine Aufgaben und Handlungsmöglichkeiten des Betriebsrates
2.5. Kernbereich der Mitbestimmung: Beteiligungsrechte des Betriebsrates
2.5.1. Die abgestufte Intensität der Beteiligungsrechte
2.5.2. Die sachliche Abstufung der Beteiligungsrechte
3. Die Zusammenarbeit von Betriebsrat und Arbeitgeber
3.1. Grundsätze der Zusammenarbeit
3.2. Der Wirtschaftsausschuß
3.3. Die Einigungsstelle
3.4. Die Betriebsvereinbarung
3.5. Die Betriebsversammlung
4. Der Sprecherausschuß der leitenden Angestellten
4.1. Befugnisse und Aufgaben des Sprecherausschusses
4.2. Wahl und Amtszeit des Sprecherausschusses
4.3. Die Rechtsstellung des Sprecherausschusses
4.4. Das Verhältnis zu Arbeitgeber und Betriebsrat
Schlußwort
Einleitung
„Die Wurzeln der Mitbestimmungsforderung reichen für Deutschland bis zur Mitte des 19. Jh. zurück.“1 Diese Forderung wird besonders seit 1945 von Gewerk-schaften und Kirchen laut, begründet durch das Selbstbestimmungsrecht, die Gleichberechtigung von Kapital und Arbeit, das Demokratieprinzip oder auch als „geeignetes Mittel zur Kontrolle wirtschaftlicher Macht“.2 Doch was ist überhaupt Mitbestimmung? Wie ist sie betrieblich durchzusetzen und gesetzlich zu regeln?
Man unterscheidet im wirtschaftlichen Sinne und nach Bereichen abgegrenzt zwischen der Mitbestimmung im Montan-Bereich, im öffentlichen Dienst und im privatwirtschaftlichen Sektor. In jedem dieser Bereiche wird die Mitbestimmung durch unterschiedliche Gesetze und Gremien geregelt.3
Im Folgenden werde ich ausschließlich den privatwirtschaftlichen Sektor be-leuchten, um die Frage zu klären, was betriebliche Mitbestimmung bedeutet und wie sie durchgesetzt wird. Auch hier ist zu beachten, daß meine Ausführungen sich nur auf das „administrative und operative System“4, sprich die mittlere und untere Führungsebene, und somit auf die betriebliche Mitbestimmung beschränkt.
Zunächst werde ich mich mit der Frage beschäftigen, wie sie innerhalb des Betriebes gesetzlich legitimiert ist, um anschließend die Zusammensetzung und die Handlungsmöglichkeiten des Betriebsrates, des wesentlichen Mitbestimmungs-gremiums der Arbeitnehmer, vorzustellen. Im Weiteren werde ich zunächst die Zusammenarbeit von Betriebsrat und Arbeitgeber näher erläutern. Abschließend stelle ich neben der Zusammensetzung und Rechtsstellung des Sprecherausschuß der leitenden Angestellten, auch dessen Verhältnis zu Betriebsrat und Arbeitgeber dar.
1. Gesetzliche Legitimation der betrieblichen Mitbestimmung
1.1. Das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG)
1.1.1. Allgemeine Grundsätze des Betriebsverfassungsgesetzes
Seit 50 Jahren bildet das Betriebsverfassungsgesetz mit anderen Mitbestimmungs-gesetzen die „gesetzliche Verankerung der Mitbestimmung der Arbeitnehmer.“5 Als oberster Grundsatz gilt gemäß §2 die vertrauensvolle Zusammenarbeit zum Wohle der Arbeitnehmer und des Betriebes.
Zu den Organen und Institutionen des Betriebsverfassungsgesetzes gehören der Betriebsrat, der Gesamt- und Konzernbetriebsrat, die Jugend- und
Auszubildendenvertretung, die Betriebsversammlung und die gemeinsamen Aus-schüsse von Arbeitgeber und Betriebsrat.
Das Betriebsverfassungsgesetz regelt im allgemeinen „die individuellen Rechte des Arbeitnehmers am Arbeitsplatz durch Unterrichtungs-, Anhörungs- und
Erörterungsrechte in den Angelegenheiten, die den Arbeitnehmer an seinem Arbeitsplatz und im Betrieb unmittelbar treffen.“6
1.1.2. Der Geltungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes
Das Betriebsverfassungsgesetz gilt gemeinsam mit dem Sprecherausschußgesetz (SprAuG) für das administrative und operative System des Unternehmens im privatwirtschaftlichen Sektor.7 Dementsprechend nicht betriebsratsfähig sind der öffentliche Dienst (§130 BetrVG), Religionsgemeinschaften und karitative und erzieherische Einrichtungen (§118 Abs. 2 BetrVG). Das Betriebsverfassungsgesetz ist gemäß §1 für alle Betriebe mit mindestens fünf ständig Beschäftigten und wahlberechtigten Arbeitnehmern geltend, von denen wenigstens drei sechs Monate dem Betrieb angehören müssen und die somit auch das aktive Wahlrecht besitzen.8
Alle Arbeitnehmer, die nicht Vorstandsmitglieder, Geschäftsführer anderer juristischer Personen oder Personengesellschaften sind und nicht den leitenden Angestellten angehören, stellen die Schutzträger des Betriebsverfassungsgesetzes dar (§5 BetrVG).9 Diese gesetzliche Regelung entspricht dem Grundsatz der Gegnerfreiheit, da sowohl Vorstandsmitglieder und Geschäftsführer, wie auch die leitenden Angestellten die Arbeitgeberrolle besetzen.
1.1.3. Exkurs: Reform des Betriebsverfassungsgesetzes: die Neuregelungen und deren Ziele
Am 1. August 2001 trat das neue Betriebsverfassungsgesetz in Kraft. Es enthält zahlreiche Neuregelungen bezüglich der Handlungsmöglichkeiten der Betriebsräte und ihrer Zusammenarbeit mit den Arbeitgebern und der Belegschaft.
Die Reform des Betriebsverfassungsgesetzes wurde aufgrund der umfassenden Veränderungen im Arbeits- und Wirtschaftsleben zwingend notwendig. Sowohl Unternehmensstrukturen wie auch innovative Methoden in Produktion, Arbeit, Kommunikation und Informationsverarbeitung erforderten weitreichende und modernere Mitbestimmungsmöglichkeiten. Gerade auch dem umfassenden Arbeitsplätzeabbau soll mit erweiterten Mitbestimmungsrechten des Betriebsrates entgegengewirkt werden.
Im Wesentlichen umfaßt die Reform Neuregelungen im Bereich der Rechte und Strukturen der Betriebsräte
und der stärkeren Einbindung von Arbeitnehmern, insbesondere auch der Jugend und Auszubildenden. Auch gesellschaftspolitische Fragen wie Fremdenfeindlichkeit oder Chancengleichheit von Frauen und Männern werden in der Reform berücksichtigt und neu strukturiert. 10 11
In den folgenden Ausführungen über die Mitbestimmung an betrieblichen Entscheidungsprozessen werde ich allerdings aufgrund der verwendeten Literatur die Neuregelungen nicht berücksichtigen.
1.2. Das Sprecherausschußgesetz (SprAuG)
Am 01.01.1989 trat das Sprecherausschußgesetz erstmals in Kraft. Es umfaßt die gesetzlichen Regelungen über die betriebliche Interessenvertretung der leitenden Angestellten.
Das Sprecherausschußgesetz gilt innerhalb des Betriebes für alle leitenden Angestellten, die nicht unter das Betriebsverfassungsgesetz fallen. Gemäß §5 Abs. 3 Satz 2 werden leitende Angestellte dadurch definiert, daß sie „Personen mit Be-rechtigung zur selbständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb oder in der Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmern“ oder „Generalbevollmächtigte und Prokuristen mit nicht unbedeutender Befugnis im Innenverhältnis“ sind.12 Außerdem wird jeder Arbeitnehmer als leitender Angestellter abgegrenzt, der entscheidende Aufgaben in den Bereichen Unternehmensbestand und - entwicklung innehält, über besondere Erfahrungen und Kenntnisse oder über weitreichende Beeinflussung von betrieblichen Entscheidungen verfügt.13
Das Sprecherausschußgesetz wird in allen Betrieben mit in der Regel zehn leitenden Angestellten geltend (§1 SprAuG). Sein sachlicher Geltungsbereich ist mit dem des Betriebsverfassungsgesetz zu vergleichen, auch wenn ihm nicht dieselbe wichtige Bedeutung zu Teil wird.
[...]
1 Bea, F.X./Dichtl, E./Schweitzer, M.: Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Band 1: Grundfragen, 7. Auflage, Stuttgart 1997, S. 314
2 Vgl.: Bea, F.X./Dichtl, E./Schweitzer, M.: Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Band 1: Grundfragen, 7. Auflage, Stuttgart 1997, S. 314
3 Vgl.: http://www.nrw.de/landnrw/nrwlex/lexmitbest.htm: Kleinfeld, R.: Mitbestimmung (Stichwortverzeichnis), Ausdruck vom 11.11.2001
4 Bea, F.X./Dichtl, E./Schweitzer, M.: Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Band 1: Grundfragen, 7. Auflage, Stuttgart 1997, S. 317
5 Vgl.: Bea, F.X./Dichtl, E./Schweitzer, M.: Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Band 1: Grundfragen, 7. Auflage, Stuttgart 1997, S. 315
6 Vgl.: http://www.wissen.de: Stichwortsuche: „Betriebsverfassungsgesetz“, Ausdruck vom 11. 11. 2001
7 Vgl.: Bea, F.X./Dichtl, E./Schweitzer, M.: Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Band 1: Grundfragen, 7. Auflage, Stuttgart 1997, S. 316-317
8 Vgl.: Klinkhammer, H./Welsau, D.: Mitbestimmung in Deutschland und Europa, 1. Auflage, Neuwied 1995, 104-105
9 Vgl.: Bea, F.X./Dichtl, E./Schweitzer, M.: Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Band 1: Grundfragen, 7. Auflage, Stuttgart 1997, S. 343