Zu Beginn des 19. Jahrhunderts machte sich mit dem Einsetzen der Industrialisierung ein in allen Bereiche des Lebens übergreifendes Problem bemerkbar: das Problem der Sozialen Frage. Verantwortlich für die Lösung des Problems sah sich zu Beginn noch niemand. Erst im Verlauf der Industrialisierung ergab sich eine Verteilung dieser Aufgabe, die zum Teil vom Staat als auch von privaten Unternehmern übernommen wurden. Als Lösung wurde die betriebliche Sozialpolitik gesehen, mit deren Hilfe es möglich sein sollte, die Gefahr der sozialen Frage einzugrenzen. Hilfsbedürftig war dabei der sogenannte „Vierte Stand“, der mit dem Einsetzen der Industrialisierung erst entstanden und auf der Suche nach Arbeit die Fabriken bevölkerte. Die Notwendigkeit einer sozialen Unterstützung war zwar mehr als dringend, jedoch in keinem Maße ausreichend genug, um nur als annähernd akzeptabel zu gelten. In den einzelnen Industriezweigen setzte die betriebliche Sozialpolitik in unterschiedlichem Maß und vor allem zu unterschiedlichen Zeitpunkten ein. In den sogenannten Montanankerzweigen, den Eisenhütten und dem Bergbau, setzte die betriebliche Sozialpolitik weit früher ein als in anderen Zweigen. Eine besondere Stellung neben den Montanriesen der Saarregion nahm jedoch der Zweig der Glas- und Keramikproduktion ein, der mit seinem Vorzeigeunternehmen Villeroy & Boch bald als einer der wichtigsten Zweige der Region galt. Die Beweggründe für das Handeln der einzelnen Unternehmenszweige bezüglich der betrieblichen Sozialpolitik, gehen dabei auf ganz unterschiedliche Ursprünge zurück. Eine der Ängste der Unternehmen war die Fluktuation ihrer Facharbeiter, die eventuell Firmengeheimnisse mitnehmen konnten. Eine weitere Angst der Unternehmer bestand darin, dass sie befürchteten, es könne zur Entstehung einer Schicht von Proletariern kommen, durch die der geregelte Ablauf in den Fabriken und Unternehmen behindert werden könnte. Ihrer Überzeugung nach konnte nur ein friedlicher Arbeiter ein guter Arbeiter sein. Welche Gründe nun wirklich ausschlaggebend für die Sozialpolitik in den einzelnen Unternehmensarten waren, kann aufgrund mangelnder Kenntnisse der heutigen Wissenschaft immer noch nicht genau bestimmt werden. Man kann zwar schon ansatzweise erkennen was diese waren, doch spielen viele Faktoren eine Rolle, die noch nicht ganz herausgefunden wurden.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Die Sozialpolitik des Staates und des Privatunternehmens Villeroy & Boch
- 2.1 Die Sozialpolitik des Staates als industrieller Großunternehmer
- 2.1.1 Die Veränderungen unter fürstlicher Administration
- 2.1.2 Die französische Verwaltung
- 2.1.2.1 Die bergmännische Sozialversicherung
- 2.1.2.2 Lohn, Arbeitszeit und Wohnverhältnisse
- 2.1.3 Der preußische Bergfiskus
- 2.1.3.1 Die Saarbrücker Knappschaft
- 2.1.3.2 Medizinische Versorgung
- 2.1.3.3 Bildung und Ausbildung
- 2.1.3.4 Siedlungspolitik, Wohnungsbau und vermögenswirksame Leistungen
- 2.1.3.5 Lohn- und Beschäftigungspolitik
- 2.2 Villeroy & Boch - die Sozialpolitik eines privaten Unternehmers
- 2.2.1 Strukturierung eines christlichen Betriebes
- 2.2.2 Die originäre Einrichtung des Unternehmens Villeroy & Boch: Die Antoniusbruderschaft
- 2.2.3 Die subsidiären Einrichtungen des Unternehmens Villeroy & Boch am Beispiel der Aus- und Weiterbildung
- 2.1 Die Sozialpolitik des Staates als industrieller Großunternehmer
- III. Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die betriebliche Sozialpolitik im Saarland im Zeitraum um 1750-1850, fokussiert auf den Vergleich zwischen staatlicher Sozialpolitik im Steinkohlenbergbau und der Sozialpolitik des Privatunternehmens Villeroy & Boch. Ziel ist es, die unterschiedlichen Beweggründe und Maßnahmen der Sozialpolitik beider Akteure zu beleuchten und die Entwicklung der sozialen Fürsorge in dieser Zeit zu analysieren.
- Vergleich der Sozialpolitik des Staates und privater Unternehmen
- Entwicklung der betrieblichen Sozialpolitik im Bergbau
- Einfluss der staatlichen Verwaltung (fürstlich, französisch, preußisch) auf die Sozialpolitik
- Sozialpolitische Maßnahmen von Villeroy & Boch
- Motive der Unternehmen für soziale Maßnahmen
Zusammenfassung der Kapitel
I. Einleitung: Die Einleitung führt in das Thema der Sozialen Frage im Kontext der beginnenden Industrialisierung ein. Sie betont die unterschiedliche Einführung betrieblicher Sozialpolitik in verschiedenen Industriezweigen, insbesondere den frühen Beginn im Bergbau und die besondere Rolle von Villeroy & Boch in der Glas- und Keramikproduktion. Die Einleitung skizziert die vielschichtigen Motive der Unternehmen für sozialpolitische Maßnahmen, von der Vermeidung von Arbeiterfluktuation bis zur Wahrung des geordneten Arbeitsablaufs, und weist auf die komplexen Forschungsfragen hin, die durch mangelnde historische Quellen erschwert werden. Der Fokus liegt auf der Periode 1750-1850, als die Grundlagen für spätere soziale Maßnahmen gelegt wurden.
II. Die Sozialpolitik des Staates und des Privatunternehmens Villeroy & Boch: Dieses Kapitel analysiert die Sozialpolitik des Staates als Unternehmer im Steinkohlenbergbau und vergleicht sie mit der Sozialpolitik des Privatunternehmens Villeroy & Boch. Es wird die lange staatliche Kontrolle des Bergbaus in der Saarregion beleuchtet und deren Einfluss auf die Entwicklung der Sozialpolitik aufgezeigt. Der Staat agierte als Vorbild und Gesetzgeber zugleich. Der Kapitelteil zu Villeroy & Boch untersucht die spezifischen sozialen Maßnahmen des Unternehmens und deren ideologische Grundlagen.
2.1 Die Sozialpolitik des Staates als industrieller Großunternehmer: Dieser Abschnitt beschreibt die Entwicklung der staatlichen Sozialpolitik im Saarländischen Steinkohlenbergbau unter verschiedenen Verwaltungsformen (fürstlich, französisch, preußisch). Es wird die Steigerung der Kohleförderung und der damit verbundene Anstieg der Belegschaft als Triebkraft sozialer Veränderungen hervorgehoben. Die Doppelrolle des Staates als Unternehmer und Gesetzgeber wird beleuchtet. Die Veränderungen unter fürstlicher Administration zeigen erste Ansätze staatlicher Sozialpolitik, während die französische Verwaltung die persönliche Freiheit der Arbeiter und die Reorganisation der bergmännischen Sozialversicherung einleitete. Die Bedeutung der "Bruderbüchse" als Vorläufer der Knappschaft wird hervorgehoben.
2.2 Villeroy & Boch - die Sozialpolitik eines privaten Unternehmers: Dieser Abschnitt konzentriert sich auf die Sozialpolitik von Villeroy & Boch, ein bedeutendes Unternehmen der Glas- und Keramikindustrie. Es untersucht die Strukturierung des Unternehmens als christlicher Betrieb und die Rolle der Antoniusbruderschaft als originäre Einrichtung zur sozialen Fürsorge der Arbeiter. Der Fokus liegt auch auf den subsidiären Einrichtungen des Unternehmens, besonders im Bereich der Aus- und Weiterbildung, um die umfassende soziale Verantwortung des Unternehmens zu zeigen.
Schlüsselwörter
Betriebliche Sozialpolitik, Saarland, Steinkohlenbergbau, Villeroy & Boch, Soziale Frage, Industrialisierung, Staat als Unternehmer, fürstliche Administration, französische Verwaltung, preußischer Bergfiskus, Knappschaft, soziale Versicherung, Arbeiterwohlfahrt, Antoniusbruderschaft, Aus- und Weiterbildung.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Sozialpolitik im Saarland (1750-1850)
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit untersucht die betriebliche Sozialpolitik im Saarland zwischen 1750 und 1850. Der Fokus liegt auf einem Vergleich der staatlichen Sozialpolitik im Steinkohlenbergbau mit der Sozialpolitik des Privatunternehmens Villeroy & Boch. Analysiert werden die unterschiedlichen Motive und Maßnahmen beider Akteure sowie die Entwicklung der sozialen Fürsorge in diesem Zeitraum.
Welche Akteure werden verglichen?
Der Vergleich konzentriert sich auf die staatliche Sozialpolitik im Steinkohlenbergbau und die Sozialpolitik des Unternehmens Villeroy & Boch. Die staatliche Sozialpolitik wird unter verschiedenen Verwaltungsformen (fürstlich, französisch, preußisch) betrachtet.
Welche Zeitspanne wird untersucht?
Die Arbeit konzentriert sich auf den Zeitraum von 1750 bis 1850. Diese Periode gilt als grundlegend für die Entwicklung späterer sozialer Maßnahmen.
Welche Aspekte der Sozialpolitik werden behandelt?
Die Arbeit behandelt verschiedene Aspekte der Sozialpolitik, darunter Lohn, Arbeitszeit, Wohnverhältnisse, medizinische Versorgung, Bildung und Ausbildung, Siedlungspolitik, sowie die Rollen von staatlichen Institutionen wie dem preußischen Bergfiskus und der Knappschaft. Bei Villeroy & Boch wird die Antoniusbruderschaft und die Aus- und Weiterbildung im Fokus stehen.
Welche Motive werden für die sozialen Maßnahmen untersucht?
Die Arbeit untersucht die vielschichtigen Motive hinter den sozialen Maßnahmen beider Akteure, von der Vermeidung von Arbeiterfluktuation bis hin zur Wahrung eines geordneten Arbeitsablaufs und der Schaffung eines positiven Betriebsklimas. Die ideologischen Grundlagen, insbesondere der christliche Ansatz bei Villeroy & Boch, werden ebenfalls berücksichtigt.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in eine Einleitung, ein Hauptkapitel, welches die Sozialpolitik des Staates und von Villeroy & Boch vergleicht, und eine Zusammenfassung. Das Hauptkapitel unterteilt sich in Abschnitte zur staatlichen Sozialpolitik unter verschiedenen Verwaltungsformen und einen Abschnitt zur Sozialpolitik von Villeroy & Boch.
Welche Quellen wurden verwendet?
Die Arbeit weist auf die Herausforderungen durch mangelnde historische Quellen hin, die die Forschung erschweren.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Betriebliche Sozialpolitik, Saarland, Steinkohlenbergbau, Villeroy & Boch, Soziale Frage, Industrialisierung, Staat als Unternehmer, fürstliche Administration, französische Verwaltung, preußischer Bergfiskus, Knappschaft, soziale Versicherung, Arbeiterwohlfahrt, Antoniusbruderschaft, Aus- und Weiterbildung.
- Quote paper
- Sandra Johann (Author), 2008, Die betriebliche Sozialpolitik der Unternehmer in der Saarregion, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/198878