In dem Auszug aus Szene IV, 4, aus „Iphigenie auf Tauris“, geschrieben von Johann Wolfgang Goethe, erschienen 2009 im Reclam, geht es um Pylades, der Lüge notfalls für Gebot hält und Iphigenies Zwiespalt zwischen Pflicht und Gefühl.
Nachdem Arkas Iphigenie geraten hatte, sie solle das Menschenopfer beschleunigen, um Thoas zu besänftigen, oder ihn heiraten, um Orest und Pylades zu retten, fängt Iphigenie an, am Fluchtplan von Orest und Pylades zu zweifeln. Sie gerät in einen Zwiespalt aus Gefühlen und Pflichten. In dem vierten Aufzug im vierten Auftritt tritt nun Pylades an Iphigenie heran, um diese zu überzeugen, dass ihr Fluchtplan gut sei und eine Lüge in der Not geboten wäre. Iphigenies Zwiespalt vertieft sich.
In den Versen 1633-1642 wird zunächst das Problem, welches später folgt, angesprochen. Pylades bemerkt, dass Iphigenie etwas bedrückt erscheint und spielt auf den Fluchtplan an, welcher Iphigenie Sorgen bereitet ( „[…] Auf einmal überschwebt ein stiller Trauerzug die freie Stirne“ V. 1633-1634; „Fürchte nicht! Betrüglich schloss die Furcht mit der Gefahr ein enges Bündnis; beide sind Gesellen“ V. 1638-1639) Auch versucht er durch seine Beschwichtigung Iphigenies Sorgen zu erdrücken, sodass er hofft, eine folgende Auseinandersetzung wäre überflüssig. Die Beschwichtigung ihrer Sorgen versucht Pylades durch einen Vergleich zu erreichen, in dem er „Furch und Gefahr“(V.1638) als „Gesellen“(V.1639) bezeichnet und damit die negativen Assoziationen mit Furch und Gefahr zu tilgen versucht.
Iphigenie hingegen fasst ihre Sorgen als Warnung auf und vergleicht diese mit Wolkenvor einer Sonne. Die Wolken können in diesem Falle als Warnung gelten (Regen, Schnee, etc.): „Wie leichte Wolken vor der Sonne, so zieht mir vor der Seele leichte Sorge und Bangigkeit vorrüber.“(V.1635-1637); „Die sorge nenn ich edel, die mich warnt […]“ (V.1640). Auch nennt sie hier das Problem, dass sie n ihren Zwiespalt führt:“[…] den König, der mein zweiter Vater ward, nicht tückisch zu betrügen, zu berauben.“ (V. 1641-1642). Durch die Epipher „zu betrügen, zu berauben“ verdeutlicht sie ihre Position, dass sie sich nicht mit Pylades Beschwichtigung zufrieden gibt und um sprachlich sowie positionsmäßig gleichberechtigt mit ihm zu sein.
Daraufhin folgt eine Stichomythie, in der Gegenrede auf Rede folgt, bei der Pylades und Iphigenie um eine gemeinsame Auffassung und Lösung ringen.
Inhaltsverzeichnis
- Szene IV, 4: Iphigenies Zwiespalt
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Dieser Textauszug analysiert eine Szene aus Goethes „Iphigenie auf Tauris“ und beleuchtet den Konflikt zwischen Iphigenie, Pylades und deren unterschiedlichen moralischen Standpunkten. Die Szene dient als Schlüsselmoment für die weitere Handlungsentwicklung.
- Iphigenies moralischer Konflikt zwischen Pflicht und Gefühl
- Die Rechtfertigung der Lüge in der Not (Pylades)
- Das Streben nach Harmonie und Humanität (Iphigenie)
- Die Rolle der Frau in der Gesellschaft (Iphigenie)
- Die sprachliche Gestaltung und ihre Wirkung auf die Argumentation
Zusammenfassung der Kapitel
Szene IV, 4: Iphigenies Zwiespalt: Der Auszug schildert den intensiven Dialog zwischen Iphigenie und Pylades. Pylades, der die Flucht von Orest und ihm selbst plant, versucht Iphigenie zur Zustimmung zu bewegen, auch wenn dies eine Lüge gegenüber Thoas bedeutet. Er argumentiert, dass die Not die Lüge rechtfertige. Iphigenie hingegen steht vor einem tiefen moralischen Konflikt. Sie empfindet Dankbarkeit gegenüber Thoas und zögert, ihn zu betrügen. Der Dialog entwickelt sich zu einer Stichomythie, in der beide ihre Positionen vehement vertreten, wobei Iphigenie ihre humanistischen Werte betont und das Streben nach Harmonie und Wahrheit in den Vordergrund stellt. Pylades argumentiert mit der Dringlichkeit der Situation und der Unmöglichkeit, in der gegebenen Lage moralisch einwandfrei zu handeln. Die Szene kulminiert in einem ungelösten Konflikt, wobei Iphigenies Zögern und innerer Zwiespalt als entscheidend für die weitere Handlung dargestellt wird. Die sprachliche Gestaltung, mit wechselnden Satzbauten und der Verwendung von Adjektiven mit unterschiedlichen Konnotationen, unterstreicht den emotionalen und argumentativen Verlauf des Dialogs. Iphigenies Widerstand gegen Pylades' Argumentation und ihr Festhalten an ihren moralischen Prinzipien bilden den dramaturgischen Höhepunkt dieser Schlüsselszene. Letztlich zeigt die Szene den Unterschied in ihrer Moral, wobei Pylades pragmatischer und Iphigenie humanistisch argumentiert. Der Konflikt bleibt am Ende offen.
Schlüsselwörter
Iphigenie auf Tauris, Goethe, moralischer Konflikt, Pflicht, Gefühl, Lüge, Not, Humanität, Harmonie, Stichomythie, sprachliche Gestaltung, Argumentation, Klassik, Menschenbild.
Goethes "Iphigenie auf Tauris": Szenenanalyse - FAQ
Was ist der Gegenstand dieser Textausgabe?
Diese Textausgabe analysiert eine spezifische Szene (Szene IV, 4) aus Goethes Drama "Iphigenie auf Tauris", konzentriert sich auf Iphigenies moralischen Konflikt und die unterschiedlichen ethischen Positionen von Iphigenie und Pylades.
Welche Szene wird im Detail untersucht?
Der Fokus liegt auf Szene IV, 4, in der Iphigenie mit Pylades über die geplante Flucht von Orest diskutiert. Dieser Dialog offenbart einen zentralen Konflikt der Handlung.
Welcher zentrale Konflikt wird analysiert?
Der zentrale Konflikt liegt in Iphigenies moralischem Zwiespalt zwischen ihrer Pflicht und ihren Gefühlen. Sie steht vor der Entscheidung, Thoas, ihrem Gastgeber, zu belügen, um Orest zu helfen. Dies wird im Kontrast zu Pylades' pragmatischerem Ansatz dargestellt, der die Notlage als Rechtfertigung für die Lüge ansieht.
Welche Themen werden behandelt?
Die Analyse beleuchtet Iphigenies moralischen Konflikt, die Rechtfertigung von Lügen in Notlagen, das Streben nach Harmonie und Humanität, die Rolle der Frau in der Gesellschaft und die Wirkung der sprachlichen Gestaltung auf die Argumentation.
Wie wird Iphigenies Charakter dargestellt?
Iphigenie wird als humanistische Figur dargestellt, die an ihren moralischen Prinzipien festhält und nach Harmonie und Wahrheit strebt. Ihr innerer Konflikt und ihr Zögern bilden den dramaturgischen Höhepunkt der Szene.
Wie wird Pylades' Charakter dargestellt?
Pylades wird als pragmatischer Charakter dargestellt, der die Notwendigkeit der Flucht über moralische Skrupel stellt. Er rechtfertigt die Lüge gegenüber Thoas mit der Dringlichkeit der Situation.
Welche Rolle spielt die Sprache in der Analyse?
Die sprachliche Gestaltung, insbesondere die Stichomythie und die Verwendung von Adjektiven mit unterschiedlichen Konnotationen, wird analysiert, um die emotionale und argumentative Dynamik des Dialogs zu verdeutlichen.
Wie endet die Szene?
Die Szene endet mit einem ungelösten Konflikt. Iphigenies Zögern und ihr innerer Zwiespalt bleiben bestehen und sind entscheidend für die weitere Handlungsentwicklung.
Welche Schlüsselwörter beschreiben den Inhalt?
Schlüsselwörter sind: Iphigenie auf Tauris, Goethe, moralischer Konflikt, Pflicht, Gefühl, Lüge, Not, Humanität, Harmonie, Stichomythie, sprachliche Gestaltung, Argumentation, Klassik, Menschenbild.
Für wen ist diese Analyse gedacht?
Diese Analyse richtet sich an Personen, die sich akademisch mit Goethes "Iphigenie auf Tauris" auseinandersetzen möchten. Sie bietet eine strukturierte und professionelle Analyse der ausgewählten Szene.
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- Sonja H. (Author), 2012, Johann Wolfgang Goethe - Iphigenie auf Tauris, Auszug aus Szene IV, 4. Auftritt, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/198697