Für die Verbreitung von Wissen, Religionen und Werten und die Ausbreitung von Macht sind Übersetzungen und ÜbersetzerInnen stets von größter Bedeutung gewesen. Im Alten Testament spricht Joseph mit seinen Brüdern durch einen Übersetzer, damit sie ihn nicht erkennen: „Sie wussten aber nicht, daß es Joseph verstand; denn er redete durch einen Dolmetscher“ (1. Moses 42, 23). Die Geschichte des Übersetzens als eine der komplexesten menschlichen Tätigkeiten reicht jedoch noch weiter bis ins dritte Jahrtausend vor Christus zurück. Und heute ist die Relevanz des Übersetzens unbestritten.
Im Fremdsprachenunterricht kann man jedoch nicht von einer derartig konstanten Bedeutsamkeit des Übersetzens sprechen. Die Diskussion um die Rolle des Übersetzens im fremdsprachlichen Unterricht wurde lange Zeit sehr kontrovers geführt. Nachdem der Fremdsprachenunterricht jahrelang fast ausschließlich aus Übersetzen bestand, reformierte der Marburger Sprachwissenschaftler Wilhelm Viëtor 1882 mit seinem Urteil: „Das Übersetzen in fremde Sprachen ist eine Kunst, welche die Schule nichts an¬geht.“ den fremdsprachlichen Unterricht der modernen Sprachen. Diese These bedeutete für das Übersetzen, welches man ohnehin in Form der Grammatik-Übersetzungs-Methode als didaktisch antiquiert verurteilt hatte, den Todesstoß. Erst seit den achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts erlebt das Übersetzen im fremdsprachlichen Unterricht in Form von Sprachmittlung eine Renaissance. Gründe sind unter anderem die kommunikative Orientierung der Fremdsprachendidaktik, neue Erkenntnisse über den Stellenwert der Muttersprache, die Orientierung des Fremdsprachenunterrichts am Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen (GER) und die Erkenntnis über die Relevanz von Sprachmittlungssituationen für die Lebenswirklichkeit der SchülerInnen. Sprachmittlung zeichnet sich primär durch eine neue Zielsetzung des Übersetzens aus.
Doch warum ist dies überhaupt notwendig? Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, auf der Grundlage theoretischer Aussagen über das Übersetzen und auf der Basis der Geschichte des Übersetzens im Fremdsprachenunterricht die Gründe darzustellen, warum Übersetzen Teil des Fremdsprachenunterrichts sein muss und es in der neuartigen Form der Sprachmittlung geschehen sollte.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Das Übersetzen - Annäherung an einen vielseitig verwendeten Begriff
- Was ist Übersetzen?
- Übersetzungstypen und Übersetzungsauftrag
- Der Übersetzungsprozess
- Die Übersetzungsproblematik
- Zwischenfazit - „Dem Volk aufs Maul schauen oder die Wörter genau so stehen lassen“
- Exkurs: Die Übersetzungswissenschaft und -didaktik
- Übersetzen im Fremdsprachenunterricht
- Grammatikübersetzungsmethode oder Kommunikationsfähigkeit?
- Die Geschichte des Übersetzens im Fremdsprachenunterricht
- Thème oder version? - Die verschiedenen Realisierungsmöglichkeiten des Übersetzens
- Die neusten Entwicklungen
- Zwischenfazit – “There is no point in making a translation apart from a situation involving real interlingual communication.”
- „Wie“ und „wozu“ Übersetzen im Fremdsprachenunterricht?
- Sprachmittlung - Definition und Abgrenzung vom Professionellen und vom Altbekannten
- Fertigkeit oder Kompetenz?
- Sprachmittlungskompetenz
- Sprachlich-kommunikative Kompetenz
- Interaktionale Kompetenz
- Strategisch-methodische Kompetenz
- „Interkulturelle Kompetenz“
- Der Zweck des Sprachmittelns
- Zwischenfazit - Sprachmittlung als neues Lernziel
- Konkrete Umsetzungsmöglichkeiten - Sprachmittlung als Utopievorstellung?
- Die Vorgaben - Übersetzen und Sprachmitteln in den Bildungsplänen
- Sprachmitteln im Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen
- Die Kultusministerkonferenz und das Sprachmitteln
- Sprachmittlung im hessischen Lehrplan Spanisch 8 für das Gymnasium
- Sprachmittlungsaufgaben – eine didaktische Herausforderung
- Konzeption und Durchführung
- Bewertung von Sprachmittlungsaufgaben
- Entwürfe konkreter Sprachmittlungsaufgaben
- Aufgabenbeispiel 1: ¿Que dices? ¿Un muro?
- Aufgabenbeispiel 2: „¡Maldita sea! ¿Qué es eine Gesamtschule?“
- Aufgabenbeispiel 3: “Si me pegas no me quieres” – La violencia de género en España
- Aufgabenbeispiel 4: „¿Como? ¿Calimocho?“
- Zwischenfazit - Sprachmittlung. Viele Wege führen nach Rom, oder doch nicht?
- Die Vorgaben - Übersetzen und Sprachmitteln in den Bildungsplänen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Rolle des Übersetzens im Fremdsprachenunterricht, insbesondere die Entwicklung von der traditionellen Grammatik-Übersetzungsmethode hin zur modernen Sprachmittlung. Sie beleuchtet die theoretischen Grundlagen des Übersetzens und analysiert die Gründe für die aktuelle Bedeutung der Sprachmittlung im Unterricht.
- Theoretische Grundlagen des Übersetzens
- Historische Entwicklung des Übersetzens im Fremdsprachenunterricht
- Konzept der Sprachmittlung und deren didaktische Umsetzung
- Bewertung von Sprachmittlungsaufgaben
- Relevanz der Sprachmittlung für die kommunikative Kompetenz
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik des Übersetzens ein und hebt dessen historische und aktuelle Bedeutung hervor. Sie skizziert den Wandel der Rolle des Übersetzens im Fremdsprachenunterricht, von der dominierenden Grammatik-Übersetzungsmethode hin zur modernen Sprachmittlung, und benennt die Zielsetzung der vorliegenden Arbeit: die Darstellung der Notwendigkeit von Übersetzen im Fremdsprachenunterricht und die Argumentation für die Sprachmittlung als moderne und effektive Methode.
Das Übersetzen - Annäherung an einen vielseitig verwendeten Begriff: Dieses Kapitel bietet eine umfassende Einführung in den Begriff des Übersetzens. Es differenziert zwischen verschiedenen Übersetzungstypen und -aufträgen, beschreibt den Übersetzungsprozess und beleuchtet die damit verbundenen Problematiken. Der Exkurs zur Übersetzungswissenschaft und -didaktik erweitert den theoretischen Rahmen und liefert wichtige Grundlagen für die spätere Diskussion des Übersetzens im Unterricht. Das Kapitel betont die Vielschichtigkeit des Übersetzens und die Notwendigkeit, diese Komplexität im Unterricht zu berücksichtigen.
Übersetzen im Fremdsprachenunterricht: Dieses Kapitel behandelt die historische Entwicklung des Übersetzens im Fremdsprachenunterricht. Es analysiert kritisch die Grammatik-Übersetzungsmethode und zeigt den Paradigmenwechsel hin zur kommunikativen Orientierung auf. Die Diskussion der verschiedenen Realisierungsmöglichkeiten des Übersetzens (Thème/Version) bereitet den Weg für die detaillierte Betrachtung der Sprachmittlung in den folgenden Kapiteln. Das Kapitel unterstreicht die Notwendigkeit, den Unterricht an den kommunikativen Bedürfnissen der Lernenden auszurichten.
„Wie“ und „wozu“ Übersetzen im Fremdsprachenunterricht?: Dieses Kapitel konzentriert sich auf die didaktische Konzeption des Übersetzens als Sprachmittlung. Es definiert Sprachmittlung, grenzt sie von anderen Formen des Übersetzens ab und analysiert den Begriff der Sprachmittlungskompetenz in seinen verschiedenen Facetten (sprachlich-kommunikativ, interaktiv, strategisch-methodisch, interkulturell). Es wird der Zweck des Sprachmittelns ausführlich dargelegt und seine Bedeutung für das Erreichen kommunikativer Kompetenz im Fremdsprachenunterricht hervorgehoben. Das Kapitel liefert wichtige theoretische Grundlagen für die praktische Umsetzung im Unterricht.
Konkrete Umsetzungsmöglichkeiten - Sprachmittlung als Utopievorstellung?: Dieses Kapitel widmet sich der praktischen Umsetzung der Sprachmittlung im Fremdsprachenunterricht. Es analysiert die Vorgaben in Bildungsplänen und im Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen (GER). Es werden konkrete Beispiele für Sprachmittlungsaufgaben vorgestellt und deren didaktische Gestaltung und Bewertung diskutiert. Die Kapitel zeigt, dass die Sprachmittlung im Fremdsprachenunterricht nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch umsetzbar und wertvoll ist.
Häufig gestellte Fragen zum Dokument "Übersetzen im Fremdsprachenunterricht"
Was ist der Hauptfokus dieses Dokuments?
Das Dokument untersucht die Rolle des Übersetzens im Fremdsprachenunterricht, insbesondere den Wandel von der traditionellen Grammatik-Übersetzungsmethode zur modernen Sprachmittlung. Es beleuchtet die theoretischen Grundlagen, analysiert die Bedeutung der Sprachmittlung und bietet praktische Umsetzungsmöglichkeiten.
Welche Themen werden im Dokument behandelt?
Das Dokument behandelt folgende Themen: Theoretische Grundlagen des Übersetzens, historische Entwicklung des Übersetzens im Unterricht, Konzept der Sprachmittlung und deren didaktische Umsetzung, Bewertung von Sprachmittlungsaufgaben, Relevanz der Sprachmittlung für die kommunikative Kompetenz, verschiedene Übersetzungstypen und -aufträge, der Übersetzungsprozess und seine Problematiken, Sprachmittlungskompetenz (sprachlich-kommunikativ, interaktiv, strategisch-methodisch, interkulturell), Anforderungen der Bildungspläne und des GER an Sprachmittlung, konkrete Beispiele für Sprachmittlungsaufgaben.
Welche Kapitel umfasst das Dokument und worum geht es in jedem Kapitel?
Das Dokument umfasst fünf Kapitel: Einleitung: Einführung in die Thematik und Zielsetzung. Das Übersetzen - Annäherung an einen vielseitig verwendeten Begriff: Umfassende Einführung in den Begriff des Übersetzens, verschiedene Übersetzungstypen, Übersetzungsprozess und Problematiken. Übersetzen im Fremdsprachenunterricht: Historische Entwicklung, Kritik der Grammatik-Übersetzungsmethode, Paradigmenwechsel zur kommunikativen Orientierung. „Wie“ und „wozu“ Übersetzen im Fremdsprachenunterricht?: Didaktische Konzeption des Übersetzens als Sprachmittlung, Definition und Abgrenzung, Sprachmittlungskompetenz, Zweck des Sprachmittelns. Konkrete Umsetzungsmöglichkeiten - Sprachmittlung als Utopievorstellung?: Praktische Umsetzung, Vorgaben in Bildungsplänen und GER, konkrete Beispiele für Sprachmittlungsaufgaben, didaktische Gestaltung und Bewertung.
Was versteht das Dokument unter Sprachmittlung?
Sprachmittlung wird im Dokument als moderne und effektive Methode im Fremdsprachenunterricht definiert, die sich von traditionellen Übersetzungsmethoden abgrenzt. Sie umfasst verschiedene Kompetenzbereiche: sprachlich-kommunikative, interaktive, strategisch-methodische und interkulturelle Kompetenz. Der Zweck der Sprachmittlung ist die Förderung der kommunikativen Kompetenz der Lernenden.
Welche konkreten Beispiele für Sprachmittlungsaufgaben werden vorgestellt?
Das Dokument präsentiert vier konkrete Beispiele für Sprachmittlungsaufgaben mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden und Kontexten, die die Vielfältigkeit der möglichen Umsetzungsmöglichkeiten von Sprachmittlung im Unterricht veranschaulichen. Die Aufgaben fokussieren auf alltägliche Situationen und thematisieren unterschiedliche Aspekte der Sprach- und Kulturkompetenz.
Wie werden Sprachmittlungsaufgaben bewertet?
Das Dokument diskutiert die Bewertung von Sprachmittlungsaufgaben, betont aber, dass dies eine didaktische Herausforderung darstellt. Es wird empfohlen, die Bewertungskriterien an die jeweiligen Lernziele und den Kontext der Aufgabe anzupassen und sowohl den Inhalt als auch die sprachliche Gestaltung zu berücksichtigen.
Welche Rolle spielt der Gemeinsame Europäische Referenzrahmen (GER)?
Der GER wird im Dokument als wichtiger Bezugspunkt für die Umsetzung von Sprachmittlung im Unterricht genannt. Die Vorgaben des GER werden analysiert und in Bezug zu den konkreten Umsetzungsmöglichkeiten von Sprachmittlung gesetzt.
Für wen ist dieses Dokument relevant?
Dieses Dokument ist relevant für Lehrkräfte im Fremdsprachenunterricht, Lehramtsstudierende, Didaktiker und alle, die sich mit der Theorie und Praxis des Übersetzens und der Sprachmittlung im Fremdsprachenunterricht auseinandersetzen.
- Citar trabajo
- Friederike Bohle (Autor), 2011, Sprachmittlung im Fremdsprachenunterricht: Mit Anwendungsbeispielen für den Spanischunterricht, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/197418