Der Baron Pierre de Coubertin wollte gewissermaßen den Schauplatz der Auseinandersetzungen zwischen den Nationen von den klassischen Schlachtfeldern in die olympischen Kampfarenen übertragen und somit die kompetitiven menschlichen Anlagen zivilisieren und humanisieren und sie gezielt zum Zweck der menschlichen Vervollkommnung als integrales geistig, seelisch, körperliches Wesen nutzen. Doch ganz im Gegenteil endeten die Bemühungen um die Befriedung der Welt durch die Zähmung des kollektiven Ichs in der Gestalt des Nationalen im Summum nationaler Hybris von Verdun und Stalingrad. Es hat den Anschein, dass sich das nationale Motiv auch in hohem Maße des als zivilisierend intendierten Motivs des Nationalen der Olympischen Spiele bemächtigt hat.
Inhaltverzeichnis
Teil 1
Sportkultur im globalen Kontext
1. Die Nation als geschichtsbeherrschendes Motiv:
Die kulturelle Ambivalenz der olympischen Spiele und des globalen Sports
2. Der kulturelle Imperativ des globalen Sports
3. Fußball unter wirtschaftlichem/politischen Blickwinkel
4. Fußball unter sozialpsychologischem Blickwinkel
5. Fußball unter kulturellem und strategisch-taktischen Blickwinkel
Teil 2
Die Realisierung eines universellen inter-/transkulturellen Managementwerkzeuges I: Der transkulturelle Profiler
1. Die Formulierung eines Kultur Management Gesetzes
2. Die Struktur und Kultur des Menschen
Kulturdefinition
Die Entstehung des Kulturprofils
Bewusstseinsarchitektur und Kultur
Architektur der kulturellen Ebenen in verschiedenen Tiefen
Die Beziehung zwischen expliziter und impliziter Bewusstseinsarchitektur
3. Bewusstseinsarchitektur und interkulturelle Forschung
Kulturmodelle und interkultureller Paradigmenwechsel
Geert Hofstede (achtziger Jahre)
Trompenaars und Hampden-Turner (neunziger Jahre)
Edward T. Hall and Mildred R. Hall (neunziger Jahre)
Brannen und Salk (2000)
Der transkulturelle Ansatz (2000+)
360° transkulturelle Synergie
Synopsis interkultureller Managementforschung
4. Intrapsychisches Prozess und interkulturelles Kommunikationsmanagement
Das ORJI-Modell
Der MIS-Faktor Prozess
Die PIE-Metapher
Multimodellierung intrapsychischer Prozesse
5. Visuells Systematisierung der Weltkulturen
Das Balkendiagramm der Weltkulturen
Das bipolarisierte Kontinuum der Weltkulturen
Weltkulturenkartierung
Emergente Kulturprofile im globalen Management
Epochales Bewusstseinsorientiertes (ALG)-Clustering
Das Radardiagramm
6. Interkulturelle Entwicklung und Diagnostik
Geometrisierung und Numerisierung des interkulturellen Profiling und Matching
Die Diagnostik des interkulturellen Anpassungsverlaufs
Distanzdiagnostik
Globale Mindsetdiagnostik
Spezieller interkultureller Managementkompetenzerwerb
Transnationale Manager
Das Entwicklungsprofil unter globalem Blickwinkel
Kultur und Bewusstsein: Die Bedingtheit der interkulturellen Entwicklung durch die psychologische Entwicklung
Die Entwicklung transkultureller Intelligenz
Der transkulturelle Profiler als Entwicklungsspirale
7. Globalisierungsmanagement
Transnationales Management
Teil 3
Die Realisierung eines universellen inter-/transkulturellen Managementwerkzeuges II: Eine weitere Perspektive150
1. Der Stand der interkulturellen Kunst und Wissenschaft: Von der menschlichen Bedingtheit bei der Erforschung kultureller Bedingtheit
2. Die Weiterentwicklung der interkulturellen Kunst und Wissenschaft: Quellen, Modelle und die Erlangung vollkommener Kulturerkenntnis
Teil 4
Synopsis inter- und transkultureller Managementinstrumente202
Teil 5
Bilinguales Englisch-Deutsches Inter- und Transkulturelles Managementwörterbuch221
Bibliographie
Teil 1
Sportkultur im globalen Kontext
1. Die Nation als geschichtsbeherrschendes Motiv: Das Management der kulturellen Ambivalenz der olympischen Spiele und des globalen Sports
Um 1780 prägte der Brite Bentham den Begriff „international“ im Sinne der Beziehungen zwischen souveränen Staaten. Nicht alle Völker hatten, gleich Großbritannien und Frankreich, ihre nationale Einheit bereits realisiert. Zu den Nachzüglern gehörte und gehört in mancher Hinsicht auch Deutschland, bei dem sich der das Internationale bedingende Begriff der Nation daher in der Regel weniger auf die politische Nation, als vielmehr auf die Kulturnation bezog und bezieht, weil erstere noch gar nicht existierte oder heute zwar formal, aber kulturell nur mit Caveats vollzogen ist.
Seit der Entstehung der Nationalstaaten ist der vage Begriff der Nation und somit des Internationalen die Ursache der Verkettung zahlloser intrakultureller und interkultureller Konflikte geworden und ist dies immer noch, wenn man beispielsweise an die Konsequenzen der Dekolonisierung in Afrika mit dem Konflikt zwischen tribalen und emergenten nationalen Interessen nach europäischem Vorbild oder die Emanzipation der diversen Kulturen auf dem Balkan und deren Konstitution als Nationen denkt. Der vage neue Begriff der Nation wird auch in der den USA ebenso anders interpretiert, als es in der UDSSR der Fall war. Und haben nicht die zentrifugalen Tendenzen der 130 in der UDSSR zusammengefassten Völker das Schicksal der Sowjetunion besiegelt? Und jeder kennt die extreme Sensibilität Chinas, wenn deren One China (Ein China) Politik, das heißt die Einbeziehung Taiwans in deren Nationverständnis hinterfragt wird. Hier werden die nationalen Souveränitätsinteressen Taiwans und der Volksrepublik China nur durch das Flaggezeigen der US Streitkräfte zumindest formal rechtlich geregelt. Und in der gegenwärtigen europäischen Integrationsfrage spielt die Frage der Abtretung nationaler Souveränität an supranationale Institutionen eine entscheidende historische Rolle für den Fortbestand der größten Wirtschaftsmacht des Planeten.
Hundert Jahre nach der Prägung des Begriffs „international“ hat der Baron de Coubertin als ein ehemaliger Sorbonne Student, mit deren tausendjährigen internationalen Tradition, die Idee des Internationalen in der Gestalt des Sports aufgegriffen und systematisiert. Und bereits ein halbes Jahrhundert später hatte der Begriff des Nationalen und des dadurch bedingten Internationalen wiederholt die Welt in der Gestalt zwei großer nationalistischer Weltkriege an den Rand des Abgrunds geführt. Der darauffolgende kalte Krieg zeigte, dass trotz der die Vereinten Nationen konstituierenden Charta von San Francisco von 1948, die auf politischer Ebene ähnliche Ziele der Befriedung der Welt verfolgte, wie es die Wiederbelebung der olympischen Spiele in der Neuzeit im Jahre 1896 durch Pierre de Coubertin auf sportlicher Ebene vorsah, dass das Konzept der Nation mit dem vielfachen gegenseitigen, garantierten Zerstörungspotential durch die Nuklearwaffen nun den absoluten Gipfel erreicht hatte. Die Menschheit war an einem Wendepunkt angelangt, an dem sie entweder das Kollektive Ich mit seiner schrankenlosen kompetitiven Logik in der Gestalt der Nation beherrschte oder aufgrund des totalen Zerstörungspotentials, über das die Nationen nun verfügten, irreversibel davon beherrscht würde. Die Hoffnung, dass mit der progressiven Globalisierung, sowie den regionalen Integrationsbemühungen auf allen Kontinenten, das Ende des Nationalstaates heraufdämmern würde, ist bislang nicht in Erfüllung gegangen.
Im Gegenteil, ein aufkeimendes kulturelles Bewusstsein hat unter dem Impact der Globalisierung progressiv das nationale ersetzt und ergänzt und die internationalen Konflikte noch durch die interkulturellen und die intrakulturellen verschärft. Und der Trend zur Balkanisierung bei gleichzeitiger Globalisierung ist nach wie vor im Gang. Die Finnlandisierung und Isolierung der Akteure oder deren Bevormundung ist in einer technologisch bedingt interdependenten Welt nicht mehr realistisch und allerseits wird versucht, die kulturelle Identität als Hebel für weitere souveräne Nationenbildungen zu nutzen, sodass die Zahl der in der Vollversammlung der UNO vertreten souveränen Nationen weiterhin im Wachsen begriffen ist.
Nun gilt es das differenzierende und ausgrenzende Element des Nationalen mit seinen internationalen Auswirkungen integrativ zu disziplinieren. Die transnationalen und supranationalen Bewegungen und Organisationen entstanden, um dem zentrifugalen Effekt des Nationalen zentripetale Momente entgegenzusetzen und das Nationale somit zu bezähmen, da es in seiner Hybris keine Grenzen zu akzeptieren schien und scheint.
Der Baron wollte gewissermaßen den Schauplatz der Auseinandersetzungen zwischen den Nationen von den klassischen Schlachtfeldern in geläuterter Form in die olympischen Kampfarenen übertragen um damit die kompetitiven menschlichen Anlagen zu zivilisieren zu humanisieren und sie gezielt zum Zweck der menschlichen Vervollkommnung als integrales geistig, seelisch, körperliches Wesen nutzen. Durch diesen Prozess des kollektiven Lernens der Menschheit würden dann die heißen internationalen Schlachtfelder per se bezwungen und obsolet werden. Doch, ganz im Gegenteil, endeten die Bemühungen mit der Zielsetzung der Befriedung der Welt durch die Zähmung des kollektiven Ichs in der Gestalt des Nationalen im Summum nationaler Hybris von Verdun und Stalingrad. Es hat den Anschein, dass sich das nationale Motiv auch in hohem Maße des zivilisierend intendierten Motivs des Nationalen der olympischen Spiele und des globalen Sports bemächtigt hat. Die kollektive Psyche schien alles der Nation opfern zu wollen und deren Interessen ohne Selbstbegrenzung durchsetzen zu wollen. Dies führte zu einem Jahrhundert nationaler Konflikte auf globaler Ebene. Das olympische Motto citius, altius, fortius (schneller, höher stärker) scheint das nationale Motiv zu beflügeln, statt es pädagogisch zu zivilisieren. Die ideologische Sportpolitik des Führers, sowie der ehemaligen DDR sind neuere geschichtliche Beweise für diesen Sachverhalt hierzulande.
Es scheint also nach wie vor erforderlich, die komplementäre integrative Funktion des globalen Sports als Ergänzung zu seinen desintegrativen Tendenzen zu erkennen und gezielt zu fördern. Für diesen Zweck ist die nachfolgende Erörterung entstanden.
2. Der kulturelle Imperativ des globalen Sports
Das globale Sportmanagement erfordert aufgrund seiner weltweiten Dimension in zunehmendem Maße möglichst ausgeprägte interkulturelle Managementkompetenzen und zwar sowohl auf der Ebene des strategischen Managements der Akteure und ihrer internationalen Geschäfte, als auch auf der Ebene der Ausübung des Sports, insbesondere auch des Fußballs. Vereine müssen, gleich globalen Organisationen in der Wirtschaft, mit anderen Vereinen im europäischen und westweiten Rahmen Transfers aushandeln, die zwei-dreistellige Millionenbeträge involvieren. Sie brauchen also interkulturelle Verhandlungsmanagement Kompetenzen. Internationale Spitzensportevents müssen im Rahmen der transnationalen Sportorganisationen wie UEFA, FIFA und IOC unter vielen Blickwinkeln unter dem heutzutage wichtigen Gesichtspunkt der Sicherheit vor internieren und externen Bedrohungen organisiert und durchgeführt werden. Diese weltweite Koordination und Realisierung involviert naturgemäß eine große Anzahl diverser Kulturen, Nationen, Rassen, Ethnien, Sprachen, Wert- und Weltanschauungen. Und da sind auch noch beispielsweise die parallelen Behinderten Sportevents mit ihrer per se ganz eigenen Kultur. Dies bedeutet, dass ein hohes Maß and Diverstitätsmanagementkompetenz, insbesondere internationale Diversitätsmanagement Skills auf vielen Ebenen erforderlich sind.
Aufgrund der kontinentalen, interkontinentalen, sowie globalen Skalierung des Sports und nicht zuletzt des Fußballs, ist die Multikulturalität die Regel und nicht die Ausnahme und erfordert somit grundsätzlich interkulturelle Skills auf der Ebene des supranationalen strategischen Managements, des internationalen strategischen Managements der partizipierenden Akteure und Vereine an den Events, sowie auch auf der Ebene des Vereins Sportmanagements. Last but not least müssen Vereine auch ihre zunehmend multikulturellen Personalressourcen und Teams zielorientiert und erfolgreich in einem gegebenen kulturellen und berufskulturellen Kontext managen. Aufgrund der internationalen Wettbewerbszwänge befinden sich die Vereine in vieler Hinsicht in einer mit anderen Unternehmen vergleichbaren Wettbewerbssituation in der das Gold der Vereine vielleicht weniger in den Köpfen des Personals, als vielmehr, wie im Fall des Fußballs, überspitzt formuliert in dessen Beinen, aber natürlich nicht nur dort ist. Doch auf Grund der Globalisierung, Merkantilisierung und Multikulturalisierung des Sports wollen unter anderem auch kulturell diverse Mindsets zielorientgiert gemanagt werden. Und dies bringt und zur strategisch-taktischen Kulturfrage im Management der Sportpraxis.
Will ein Team erfolgreich sein, so sollten, unter der Annahme, dass die komplementäre Selbst- und Fremd(er)kenntnis der Akteure den Weg zum Erfolg in besonderem Maße bahnt, ausgeprägte kulturelle Selbst- und Fremdbewusstheit, Wissen und Kompetenzen vorhanden und aufgrund eines kulturellen Profiling und Abgleichs mit den jeweiligen gegnerischen Teams in die strategisch-taktische Planung der Teammanager, Trainer, sowie auch der Spieler einfließen. Die synergetische allgemeine, wie auch berufskulturelle Integration der Team Diversität ist eine wesentliche Voraussetzung für das Abrufen des gewinnenden Potentials, das schlussendlich den Erfolg eines Akteurs in sportlicher, wirtschaftlicher und kultureller Hinsicht ausmacht.
Die Finalität dieser Studie an der Schnittstelle von Sport und interkulturellem Management geht einer komplementären Fragestellung nach. Zum einen soll die kulturelle Diversität der involvierten Akteure, mit der der global denkende und handelnde Sport konfrontiert ist, optimal genutzt und zielorientiert gemanagt werden. Zum anderen, und dies ist eine Zivilisations- und Bewusstseinsfrage, sollen die kompetitiven Tendenzen, die inhärent im Sport vorhanden sind, integrativ gemanagt werden.
Zunächst betrachtet die folgende Studie Fußball unter wirtschaftlichem, sozialem und strategisch-taktischem Gesichtspunkt. Darauf wird der Fußball als globales Management Phänomen nicht expressis verbis, aber implizit in einen globalen interkulturellen Managementrahmen eingebettet. Werkzeige, die für das allgemeine interkulturelle Management entwickelt wurden können auch auf das interkulturelle Sportmanagement angewandt werden. Natürlich ist es erforderlich diese allgemeinen interkulturellen Managementinstrumente sport-, berufs- und vereinsspezifisch zu nuancieren. Diese spezielle Übersetzung und Anpassung der Instrumente an den einzigartigen Kontext müssen die Akteure aufgrund ihres Wissen um die Belange und Erfordernisse ihrer jeweiligen Sportorganisation oder ihren Vereins mit seinem Kontext und seiner strategischen Zielsetzung manchen oder einen interkulturellen Fachmann dafür hinzuziehen, der das soziokulturelle Know-how sport- und vereinsspezifisch anpassen kann.
3. Fußball unter wirtschaftlichem/politischen Blickwinkel
Der Fußball hat sich im Zuge der Globalisierung weit von seiner ursprünglichen Intention und Zweck einer sozial vernünftig, verträglich und förderlichen geistig und körperlich erbaulichen Freizeitgestaltung hin zu global operierenden Konzernen entwickelt, die in transnationalen Organisationen wie UEFA und Fifa supranational zusammengefasst sind, um ihre globalen Wirtschafts-, Finanz- und kollektiven ethnischen-kulturellen Identifikationsbedürfnisse und Bestrebungen zu fördern.
Clubs und ihre Humanressourcen (Spieler, Trainer und Manager…) werden gleich kostbaren Ressourcen weltweit gesucht und zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit - begleitet von gigantischen Transfers von Oligarchen und Milliardären - als strategische Investition erworben. In dieser Hinsicht kommen die Spitzenvereine metanationalen und transnationalen Organisationen, ja sogar kleinen Staaten, mit ihren vielfach noch parochial-ethnozentrischen und nationalistischen wirtschaftlichen Interessen gleich. Der strategische Wettbewerbsvorteil besteht in der weltweiten Prospektion innovativer Ressourcen (Talente) und der Geschwindigkeit mit der sie monetarisiert werden können. Das altrömische Panem et Circenses (Ludos) zur Befriedung und Inschachhaltung der Massen hat sich um die nationalkulturelle und eine finanz- und konkurrenzintensive Logik global operierender Konzerne oder Top-Clubs erweitert und dementsprechende Politisierungszüge angenommen, die auf eine Erweiterung des Diktums
Die Politik ist die Fortführung des Krieges mit anderen Mittel
um die zeitgenössische Vollendung dieses Diktums durch
Der Fußball ist die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln
schließen lassen. Soviel lässt sich den derzeitigen nationalkulturellen Reaktionen der diversen teilnehmenden Gesellschaftskulturen an der EURO entnehmen. Die nationale Wirtschaftspolitik im Kontext der EU wird auf die Ebene der EURO im Sinne der Europameisterschaft (UEFA) übertragen. „Bringt uns Merkel!“ hallt es vor dem Spiel Deutschland-Griechenland diesen Freitag im Juni von den Medien Südosteuropas herüber. Bringt uns Merkel, damit wir uns für die Aufoktroyierung harter Sparmaßnahmen rächen können. Es erinnerte mich sofort an die Geschichte des Herodes, der seiner Tochter dermaßen zugeneigt war, dass er ihr jeden Wunsch zu erfüllen versprach. Und diese verlangte, nach Absprache mit ihrer Mutter, den Kopf Johannes’ des Täufers, den ihr ihr Vater auf der Grundlage seines Versprechen – auf einem Tablett – darbieten ließ. Dies ist eine biblische, mutmaßlich reale historische Begebenheit, die gewissermaßen metaphorisch im Eurokontext, 2000 Jahre später, inszeniert wird. Sie wollen jene Person und Nation auf der sportlichen Ebene kompensatorisch für die vermeintliche politische und soziökonomische Demütigung in Zusammenhang mit der europäischen Wirtschafts- und Finanzpolitik erniedrigen und den sportlichen Sieg über die Protagonisten dieser Politik gewissermaßen als Trophäe auf einem ins Pseudosportliche verlagerten Schlachtfeld als Genugtuung für erlittene Schmach und zum Zweck der Heimzahlung derselben und der Rache dafür haben. Aus Portugal hörte man vor einigen Tagen dieselben Töne mit dem Tenor einer Revanche in der Sportsarena für als solche wahrgenommene Niederlagen in der Arena der europäischen Wirtschafts- und Finanzpolitik zur Rettung des EURO. Was die Einstellung der strategischen Akteure anbelangt, so fällt auf, das die Spitzenvereine bereits, gleich transnationalen Unternehmen, polyzentrische (auslandsorientierte) Einstellungen, ja sogar geozentrische (weltorientierte) Einstellungen, im Zuge des globalen Wettbewerbs erworben haben, während der nationalkulturelle Kontext, in dem sie operieren, immer noch ethnozentrisch (inlandsorientiert) denkt. Aus diesem Antagonismus der aus den widersprüchlichen und unvereinbaren Einstellungen der maßgeblichen Akteure entsteht, resultiert ein Kulturkonflikt, der beispielsweise das Phänomen der Ersatzschlachtfelder erzeugt. Die Professionellen des Sports bedienen zwar immer noch ethnozentrische Interessen, haben sich aber markt- und wettbewerbsbedingt längst in die polyzentrische und geozentrische Phase weiterentwickelt.
Wenn man insbesondere den Fußball mit einem politischen Empowerment ausstattet, das durch die Präsenz von Staatsmännern auf den Tribünen unterstrichen wird, so sollte man dies transparent und konsequent tun; im Bewusstsein, dass in den globalen Sportarenen immer noch kompensatorische Wettkämpfe für nationale, über die Jahrhunderte ins Unterbewusstsein eingebrannte interkulturelle Kämpfe, ausgetragen werden. Sie stellen ein Ventil und, sofern rational-emotional gesteuert, einen den natürlichen Identifikationsbedarf befriedigenden Prozess dar. Die EURO kann, über das Johannes des Täufers Syndrom hinaus, daher auch Animositäten im Bereich des EURO nicht nur schüren, sondern diese auch ventilieren und relativ destruktionsfrei, von Hooliganismus abgesehen, kanalisieren.
Zur Ausstattung des Fußballsports mit gesellschaftskulturellem und politischem Empowerment, dessen symbolträchtige sphärische Kugel ebenso die Einheit der Welt, wie mit seinem gescheckten Leder auch die globalen nationalen Antagonismen symbolisiert, würde auch ein nahtloseres und ausgewogeneres historisches Bewusstsein in dem Sinne gehören, dass - so man in Osteuropa als legitimierte Vertreter der Nation und als Botschafter auftritt - die Manager und einige Stars nicht nur symbolisch ein ehemaliges KZ in Polen besuchen und gleich Diplomaten der Opfer eines exzessiven deutschen Nationalismus gedenken, den sie missions- und funktionsgemäß, homöopathisch dosiert, in die globale Gegenwart hinein- und hinübertragen, sondern dass man auch eine angemessene Form des Gedenkens an den Klimax des militärischen Nationalismus findet, der sich in diesem Teil der Welt auf deutschnationales Geheiß zugetragen hat:
In Wolgograd, ehemals Stalingrad, unweit von den Austragungsorten der EURO in der Ukraine wurden - es sagt sich so leicht, das Unaussprechliche - einige Hunderttausend Menschen, Soldaten und Zivilisten, insbesondere in Zusammenhang mit der Vernichtung der 6. deutschen Armee unter General und Feldmarschall Paulus im Kessel der besagten Stadt vernichtet, darunter an die 300 000 deutsche Soldaten. Die Wolga und der Boden der ganzen Region im Umkreis ist von menschlichem, auf der Basis des Nationalismus vergossenen Blutes getränkt, auf dem eine Folgegeneration, genau im selben Alter und gemäßigterer nationaler Motivation, historisch-kulturell verdrängend und blind einem Lederball hinterherläuft und Millionen weltweit hier, wie dort und global, ebenso mit einem gefährlichen historischen Kurzzeitgedächtnis nach dem Panem et Ludos Prinzip der damals wie heute manipulierbaren und manipulierten Massen, jubeln.
Soweit die globalisierte, politisierte Hochfinanzversion dessen, was einst körperlich-geistig-gesellschaftliche Erbauung, Ertüchtigung und Veredelung menschlicher kultureller Tugenden war, wo zwei mal elf Multimillionäre ein Match bestreiten, während ein Teil der Welt, in dem sich die Austragungsorte befinden, vor Blut und Korruption trieft und möglicherweise eine post-Tschernobyl Strahlenbelastung besteht und während in diesen 90 Minuten zahllose Menschen, insbesondere Kinder, weltweit sterben, während andere ihr Volk in Bürgerkriegen morden, was aufgrund des weltweit herrschenden Spektakels in die zweite Linie der Aufmerksamkeit der globalen Medien und Menschheitsinteressen gerückt wird. Man ist gewiss kein Spielverderber, wenn man erkennt, dass viele dieser globalen Missstände gewendet werden könnten, wenn man die Ressourcen und die Aufmerksamkeit, die man dem Fußball widmet, gleichermaßen dem Erdball widmen würden.
4. Fußball unter sozialpsychologischem Blickwinkel
Fußball ist eine natürliche Ergänzung und Erweiterung des Gehenlernens, das in frühester Jungend stattfindet und das Spiel mit dem Ball ist zurückdatierbar bis in alte Hochkulturen. Da das Kicken als natürlicher physiologischer Reflex in unseren Breiten, insbesondere in den europäischen und europäisch geprägten Hochburgen des Fußballs, wie z. B. Südamerika, dieser natürliche Reflex ein Element der Sozialisierung, insbesondere der Knaben ist, gehört er zur Kultur im Sinne der Veredelung des Menschen und auch im Sinne des sozialanthropologischen Kulturbegriffs der Erlernens kultureller Werte. Er hat somit die komplementären Aspekte von Kultur 1 im Sinne der Freude, Ertüchtigung, der Freizeitgestaltung und Beziehungserfahrung, als auch den der sozialen Konditionierung zu gewissen Werten, Einstellungen und Verhaltensweisen im Sinne der Kultur 2.
Man könnte also sagen, dass Fußball in der ursprünglichen Form, ebenso wie das Gehenlernen, die Möglichkeit der Körper- und Umwelterfahrung und des zwischenmenschlichen Beziehungserlebens eröffnet und somit natürliche menschliche Anlagen und Bedürfnisse kultiviert. Daher wird man auch in jeder Gosse, auf jedem freien Platz und in jeder Wohnung das Medium des Balls in seinen zahllosen Ausgestaltungen finden, die aber alle die Eigenschaft haben, dass sie rund sind und einer gewissen Dimensionierung entsprechen, um ihren Zweck des eigenkörperlich-seelischen Erlebens und jenes anderer (der Mitspieler) zu erfahren. Man könnte sagen, dass der Fußball, neben den lustvollen Aspekten und jenen des physiologischen Lernens, ein Prozess des individualpsychologischen und sozialpsychologischen Lernens ist; ein Vehikel menschlicher Beziehungsschule.
Soweit ist das Kicken auf den Bolzplätzen oder deren Improvisationen natürlich und durchaus in Ordnung, ja sogar wünschenswert, da es, wie auch andere Sportarten in unterschiedlichen Graden, die geistig-körperlichen jugendlichen Energien konstruktiv kanalisiert und das Kindes- und Jugendalter zeitlich und relational mitstrukturiert.
Auf der Ebene des Kickens und Bolzens der Kindheit und Adoleszenz lernt der junge Mensch sein individualistisches Ich gesellschaftsbezogen zu relativieren, indem er ein Teamplayer wird, der erkennt, dass der eigene und der Erfolg des Teams interdependent sind. Es ist eine Sozialisierung zu gesellschaftsförderlichem und –konformem Verhalten, das Kreativität, Entscheidungsfähigkeit und Freiheit nicht ausschließt. Doch gleichzeitig wird auch das kollektive Ich und dessen Konkurrenzverhalten gefördert, da der Zweck der im Team optimierten individuellen Leistung der Sieg über ein anderes Kollektiv mit ähnlichen Werten und Verhaltensmustern ist. Während die Jungen lernen über den Individualismus hinauszuwachsen, lernen sie aber gleichzeitig dieses Positive als Waffe für die Besiegung anderer Teams einzusetzen. Diese sozialisierte Ambivalenz wird in den nachfolgenden menschlichen Entwicklungs- und Sozialisierungsphasen in die wirtschaftlichen, sozialen und politischen Arenen übertragen und fördert die individuelle und die kollektive Konkurrenz auf existenzieller Ebene: Das zwischenmenschliche, interorganisationale und internationale Konkurrenzgebaren wird gefördert und harrt einer umfassenderen Einbettung in einen integrativen menschlichen Bewusstseinshorizont, der diese desintegrativen Tendenzen integrativ kanalisiert, wie beispielsweise ein komplementäres transnationales, transkulturelles, geozentrisches Bewusstsein zum ethnozentrischen.
Ein kurzes Brainstorming über das Für und Wider des Fußballsports
Wider:
Politik ist die Weiterführung des Krieges mit anderen Mitteln;
Fußball ist die Weiterführung des politischen Konfliktes mit kulturellen Mitteln.
Kulturelle Instrumentalisierung des Sports für ethnozentrische kulturelle Selbstbehauptung und die Durchsetzung von Ansprüchen mit anderen Mitteln
Fußball Unkultur: 22 Millionäre, die einem Lederball hinterherlaufen, während tausende Kinder in den 90 Minuten eines Spiels verhungern und sterben, Wettskandale, Drogen und Doping, politische Instrumentalisierung, Kulturkrieg, der die kulturellen Antagonismen regelmäßig anfacht und somit am Leben erhält, Hooliganismus. Verschlingt anderweitig nötige soziale Ressourcen aus nationaler organisationaler und persönlicher Eitelkeit.
Being number one
Winning is not the most important thing it is the only thing
(Die beiden letzten Punkte werden in individualistischen Kulturen unter Pro, in kollektivistischeren Kulturen jedoch unter Contra verbucht)
Für:
Für die Sportler ist er eventuell Völker verbindend
Kollektivistische Kulturen fördern durch Budo den Individualismus, individualistische den Kollektivismus durch Fußball und andere Mannschaftssportarten
Gegen Vereinsamung und Abgleiten in Drogen und Perversionen
Fördert körperliche Ertüchtigung
Individual und sozialpsychologische Reifung
Beziehungs- und Teamfähigkeit
Selbstrelativierung und Anpassung
Für eine gemeinsame Sache arbeiten
Den Gegner respektieren lernen
Regeln befolgen lernen
Seine körperlichen und zwischenmenschlichen Grenzen aufgezeigt bekommen
Überwindung des Egoismus und Individualismus
Einfügung in eine Gemeinschaft
Respekt der Autorität (des Schiedsrichters) regel- und personenbasierte Autorität
Fußballkultur als sozialverträgliches Sozialisierungsinstrument
5. Fußball unter kulturellem und strategisch-taktischen Blickwinkel
Fußball ist eine fraktale Replikation und Widerspiegelung der National- und Gesellschaftskultur, sei es lokal, regional oder national; fußballtechnisch, in der gesamten nationalen Hierarchie der Ligen.
Welche Werte prägen den Fußball? Vor allem der individuell und kollektiv kompetitive, sich selbst behauptende Individualismus der Akteure, also, in kulturellen Begriffen, individueller und kollektiver maskuliner Idiozentrismus und Ethnozentrismus, sowie der kulturelle Partikularismus, der sich vermittels eines universalistischen Regelwerks als Universalismus tarnt, bei dem Gewinnen alles ist, da es finanziell lukrativen Prestigegewinn in Aussicht stellt und Macht suggeriert, die über das Fußballkultur-Spezifische hinaus gesamtkulturell und politisch übersetzt wird und das obenerwähnte Dictum der vermeintlich zivilisierteren Ersatzhandlung durch die Verlagerung von Schlachtfeldern verdeutlicht.
Das Match und das afferente Training, sowie alle damit zusammenhängenden organisatorischen und zeitlich hochsystematisierten prognostizierbaren Prozesse und Abläufe können als kulturelle Rituale für die Realisierung der zugrundeliegenden Wertepräferenzen um ihrer selbst willen betrachtet werden.
Die Welt der Symbole spielt eine große marktwirtschaftlichen Rolle dabei, ebenso wie die Identifikationsrolle der nationalen und Vereinssymbolik, deren sich auch die globalen Organisationen bedienen möchten, um weltweite Absatzförderung und Imagepflege zu betreiben. Adidas und Daimler oder andere Firmen suchen sich somit in das globale Bewusstsein einzubrennen, in dem sie die gut tragende globale Sportwelle reiten und sind bereit, dafür große Investitionen mit noch größeren erhofften Renditen zu riskieren. Das globale Medienzeitalter bestärkt diesen Trend.
Würde mancher Trainer seine internationale-interkulturelle Arbeit sowohl unter intra-, als auch interkulturellem Managementblickwinkel und nicht rein intuitiv-fachlich, vom Kulturellen losgelöst, betrachten, so könnte er so manche Fettnäpfchen, insbesondere z. B. gegen vermeintlich schwächere Mannschaften, deren kulturell bedingter, strategisch-taktischer Führungsstil nicht beherrschbar ist, umgehen.
Auf der Basis der interkulturellen Forschung kann man argumentieren, dass es eine natürliche, kulturunabhängige, universelle physiologische Fußball-Skill des Menschen gibt, die dem Straßenjungen der südamerikanischen, brasilianischen Favelas, wie auch dem deutschen Dorfwiesen- und Straßenkicker gleichermaßen von vorne herein zueigen ist und auch auf den Profi zutrifft. Darüber hinaus ist dieser Zeit-Raum unabhängige fußballerische Universalismus aber kulturell geprägt und zwar in dem Sinne, das Fußball in den diversen Kulturen aber im Hinblick auf die darin zum Ausdruck kommenden Werte und Spielstile, sowie den damit einhergehenden strategisch-taktischen Aspekten kulturell sehr divers geprägt ist. Jugendfußball ist in der Tat, wie angedeutet ein Sozialisierungsprozess, bei dem nationalkulturelle Grundwerte und Wertepräferenzen internalisiert und verstärkt werden. Der Sozialisierungsprozess koinzidiert genau mit der Wiesen und Straßen Kick- und Bolzphase der frühen Jugend und die dadurch erworbenen Verhaltensmuster sind veredelbar aber kaum umkehrbar. Auch die Wahl internationaler Vorbilder vermag diesen kulturellen Determinismus nur bedingt zu neutralisieren, in dem Maße, wie ein jeder ein Kind und Mitglied seiner ihn prägenden Kultur ist.
Über der physiologischen Universal-Fußball-Skill und der darüber befindlichen kulturell geprägten Ausdruckebene der Universalskill befindet sich noch die dritte Ebene der singulär kreativen Anlage und Ausstattung des heranwachsenden Kickers, woran das singulär-individuelle Talent und der vermeintliche zukünftige Star erkenntlich ist. Diese Ebene ist Gegenstand der weltweiten Humanressourcenprospektion der weltweiten operierenden strategischen Fußballakteure und Manager. Die High Potentials werden hier schon im Kindesalter selektiert und nicht erst anlässlich der MBAs in den internationalen Top Business Schools, wie es im allgemeinen globalen Management der Fall ist.
Die Integration der drei fußballkulturellen Ebenen macht die Starteams wie ManU, Real oder Bayern aus. Sie machen das Beste aus den kulturellen Synergiepotentialen inhärent in ihren weltweit georteten, veredelten, eingesetzten und vermarkteten Humanressourcen.
Im Zeitalter der Globalisierung und Multikulturalisierung des Fußballs ist die kulturelle Diversität auf Profivereinsebene groß und scheint die nationalkulturellen Spielstiele in das zweite Glied zu rücken und vielmehr die Fähigkeit ethnisch-kulturelle diverse Spielstile und deren synergetische Integration erfolgsorientiert ins Rampenlicht zu rücken, gefragt zu sein, während man im Bereich der Nationalteams noch nationalkulturspezifischer geprägte Spielkulturen und Spielstiele beobachten kann, obwohl die Nationalspieler vieler Vereine als Expatriate Players in diversen nationalkulturellen Spielarten und Stilpräferenzen sozialisiert werden.
Viele Stars der diverser Nationalteams spielen aus finanziellen und anderen Gründen in den weltweiten Erst- und Spitzenligen, wie z. B. in der Premier League, der Bundesliga oder der Primera Division…und begegnen und finden sich mit einem erweiterten fußballkulturellen Werte- und Verhaltensmuster Repertoire in stilistischer und strategisch-taktischer Hinsicht zu den globalen Spitzenevents mit ihren monokulturellen ehemaligen nationalkulturellen Teamkollegen wieder. Gleich dem geozentrischen Unternehmen sind die Top-Ligen und Vereine aus Wettbewerbsgründen gezwungen, weltweit, unabhängig von Kultur, Rasse und Sprache, einfach das beste Personal zu verpflichten, allein aufgrund seiner Fußballfachkompetenz als Trainer, Manager oder Feldspieler, um dann eine kompromisslose Hire und Fire Politik im Sinne der Prestige und somit Gewinnmaximierung für noch umfassendere Investitionen in Humanressourcen und Infrastruktur zu praktizieren und somit den Erfolgskreislauf im globalen Wettbewerb mit stets neuem Erfolgskapital zu füttern. Dieser Kreislauf bildet einen enormen Wirtschaftssektor, dessen Transaktionen nicht nur den wirtschaftlichen Bereich, sondern auch den soziokulturellen und politischen beeinträchtigen können.
Dennoch spielt die Kulturkompetenz in Bezug auf Selektion und strategisch taktische Spieleinstellung und Aufstellung in Bezug auf einen Gegner, insbesondere ein Nationalteam, eine Rolle, weil aufgrund der starken gesellschaftskulturellen Interdependenz hier kulturelle Spielstile in Reinform zum Tragen kommen können. Die strategisch-taktisch-stilistische Spielart des eigenen Teams, sowie der Gegner, können sinnvoll im Interesse des eigenen Teams prognostiziert, berücksichtigt und die spielkulturellen Tendenzen des Gegners in das eigene strategisch-taktische Kalkül einbezogen werden. Eigen- und fremdkulturelle Bewusstheit, Wissen und Kompetenzen sind erforderlich und bedürfen der Übersetzung und Übertragung in den fußballerischen Kontext. Nur wer sich selbst umfassend kennt, sowie auch seinen Gegner, hat Aussicht auf Gewinn. Dieses Statement ist zweieinhalb Tausend Jahre alt und hat nichts von seiner Aktualität eingebüßt. Sich selbst (oder sein Team) nicht zu kennen oder nur dieses und nicht den Gegner zu kennen, führt zu den klassischen Fehleinschätzungen und Niederlagen, selbst gegen vermeintlich schwächere Teams, insbesondere wenn ihre Spielkultur von größerer kultureller Distanz geprägt ist.
Nationalkulturelle strategisch-taktisch-stilistische Tendenzen kann man anhand der landeskulturellen Rankings der empirischen Kulturforschung zumindest als Anker und Ausgangspunkt für die eigene strategisch-taktische Planung und Aufstellung nutzen. Schauen wir uns die fußballstrategische Übersetzung von 5 Parametern der Kulturanalyse basierend auf G. Hofstede und Trompenaars-Hampden-Turner an:
- Unsicherheitsvermeidung
- Machtdistanz
- Individualismus
- Maskulinität
- Innen- versus Außensteuerung
Das nationalkulturelle Ranking im Unsicherheitsvermeidungsindex gestattet uns grob zu prognostizieren, ob ein Team, insbesondere ein kulturell homogeneres Nationalteam, defensiv oder offensiv eingestellt ist:
In Deutschland dominiert traditionell die defensive Annahme, dass es besser ist, ein Tor zu verhindern, als eines zu erzielen. Die Panzerabwehr muss undurchlässig stehen. Aus dieser sicheren Basisposition kann man strukturiert einen systematischen Angriff nach einem erprobten sicherheitsbetonten Angriffskonzept aufbauen. Der Durchbruch über eine geschickte Flügelkombination oder über die Mitte - je nach Spielerpotential - vollendet die Strategie erfolgreich. Doch durch die starke Betonung der defensiven Strukturen werden zwangsläufig die offensiven und insbesondere die Abschlussfunktionen, Strategien und Prozesse gemindert, da man nicht im ganzen Feld die absoluten Humanressourcen gleichzeitig haben kann. Es ist also immer eine kulturrelative Priorität als unsichtbarer Stratege im Hintergrund, der Kultur heißt und die die Spielprozesse ebenso, wie die Spieler, sowie auch den Trainer, ja selbst den ganzen nationalen Kontext, inklusive der Zuschauer unsichtbar mitsteuert. Mit dieser grob umrissenen kulturbedingten deutschen Spielstil Präferenz, die natürlich im Zuge der Globalisierung und Multikulturalisierung zu relativieren ist, gibt es daher, abgesehen von individualkulturellen Spitzenkönnern wie U. Seeler und Gerd Müller traditionell ein Mangel an abschlussstarken Spielern im Offensivbereich. Signifikanterweise spielt der gegenwärtige deutsche Kapitän in der Defensive, während die drei abschlussstarken Offensivspieler Klose, Gomez und Podolsky fremdkultureller Provenienz die nationalkulturell schwächer priorisierten Abschlusspositionen besetzen. Man könnte dies als interkulturelle fußballstrategisch-taktische Synergie bezeichnen, in denen Spieler fremdkultureller Provenienz leichter die komplementären spielstilistischen Pole zur Eigenkultur übernehmen können, denn die eigenkulturellen Spieler können sich nur schwer über die kulturellen Wertepräferenzen hinwegsetzen, weil es nicht vom gesamtkulturellen Kontext honoriert wird. Dieser sicherheitsbetonte Fußball ist strukturell attraktiv, aber weit weniger virtuos und aufregend, als ein weniger sicherheitsbetonter wirbelnder Offensivfußball Brasiliens oder auch Englands, die einen entsprechend geringeren Unsicherheitsvermeidungskoeffizienten haben. Trifft ein sicherheitsorientierter Stil auf einen noch sicherheitsorientierteren Stil, wie der des gegenwärtigen Welt- und Europameisters Spanien, so entscheidet die bessere Konterfähigkeit aus der Defensive.
Der Trainer muss also die kulturelle Grundtendenz mit der des Gegners abgleichend, in seine eigene Planung einbeziehen und somit die kulturellen Stärken und Schwächen des Gegners idealerweise zu seinem eigenen Vorteil nutzen. Die kulturellen, strategisch-taktischen Spielstile Prädispositionen sind aber kulturelle Tendenzen und nicht als Stereotypen zu verstehen, sondern vielmehr als Prototypen, die eine normale, eine überdurchschnittliche und eine unterdurchschnittliche nationalkulturelle Spielkulturausprägung involvieren. Also nicht alles über einen Kamm scheren, sondern erkennen, dass die nationalkulturelle Spielstilpräferenz drei Grade der Ausprägung annehmen kann und dass letztendlich jeder Spieler noch eine singulär-individuelle Kultur und Spielkultur verkörpert, insbesondere bei Ausnahmespielern. Hier haben wir dann die Ausnahmeerscheinungen von Seeler und Müller, die vielleicht eine schwächere nationalkulturelle Prägung haben und eher einer offensiven Fußballkultur angehören oder aber einfach komplettere Spieler sind, die das ganze defensiv-offensive Kontinuum abdecken, wie vielleicht Beckenbauer seinerzeit. Oder betrachten wir etwa den Fall des derzeitigen Weltfußballstars Christiano Ronaldo: Obwohl er aus eine femininen Kultur mit extrem hohem Unsicherheitsvermeidungskoeffizienten, d.h. Portugal kommt, ist er einer der erfolgreichsten Offensivspieler der Welt. Das Supertalent hat die nationalkulturellen Werte internalisiert aber transzendiert sie und integriert synergetisch die komplementäre Spielkultur. Und dies macht ihn zu einem kompletten Spieler. Eingedenk nationalkultureller Stilpräferenzen ist aber jeglicher die letztendliche Freiheit einschränkender Determinismus zu vermeiden, da jeder an sich Zugriff auf das gesamte kulturelle Spielstilespektrum hat, wie wir im Fall kompletter Spieler sehen.
Nicht von ungefähr bewundert man beispielsweise eben jenen komplementären Spielstil zu seinem eigenen, weil er letzteren ergänzt und vervollständigt und Fußball zu einer ganzheitlichen integralen Erfahrung für Spieler und Zuschauer gleichermaßen macht. Bei der für diesen Freitag angesetzten Viertelfinalbegegnung Deutschland-Griechenland begegnen sich zwei Teams mit einem hohen Unsicherheitsvermeidungsranking, wobei Griechenland ein extrem hohes hat. Das lässt einen entsprechenden tendenziellen Spielstil, unter der Maßgabe der erwähnten Nuancierungen, prognostizieren. Indes, der aktuelle Kontext der Politisierung könnte zu erwartende Spielweisen beeinträchtigen.
Der Kulturparameter Machtdistanz bedeutet eine, wie gesagt, nicht stereotype, sondern vielmehr prototypische Tendenz der kulturellen Erfordernis der Zentralisierung und Hierarchisierung des Spiels um eine starke Spielführerfigur. Trotz gegensätzlicher empirischer kultureller Forschungsdaten sucht die deutsche Spielkultur den weisunggebenden Kapitän - man denke an Ballack - , der die Mannschaft implizit steuern kann. Auch in Ländern wie Brasilien und Frankreich, mit einer relativ großen Machtdistanz sind die Teams immer hierarchisch um eine zentrale Spielerpersönlichkeit (z. B. Zidane in der früheren Équipe Tricole) konfiguriert, mit deren Performance der Erfolg oft steht und fällt. Daher versuchen manche gegnerische Teams durch die Neutralisierung dieser zentralisierten Figur das gesamte gegnerische Team zu beherrschen. Der rein kooperative Spielstil Skandinaviens, ohne Hierarchien, kann somit bisweilen ein schwieriger Gegner sein, obwohl die Länder demographisch gesehen keine so große Reserven haben. Wie sich die neue deutsche Spielergeneration diesbezüglich entwickelt, bleibt abzuwarten.
Der Kulturanalyse Parameter Individualismus-Kollektivismus ist sehr charakteristisch für den Fußball da dieser Mannschaftssport eine systematische Integration der einzelnen Spieler in ein Team erfordert. Und dieser Grad der Integration des individualistischen und des kommunitaristischen Pols ist der eigentliche Erfolgsgarant. Indes, manche Kulturen akzentuieren den Individualkönner. Dies trifft auf die Anglokulturen, z. B. England zu: - Man denke an Beckham in jüngerer Zeit. – und die europäischen Nachbarn Holland, Italien, Frankreich und die skandinavischen Teams. Deren individualistische Stars sind immer eine unkalkulierbare Bedrohung des deutschen Spiels.
Der Kulturvergleichsparameter Maskulinität bedeutet, dass Teams mit einem höheren nationalkulturellen Maskulinitätsranking wie Österreich, die Schweiz, Italien, Mexico und auch Großbritannien und Deutschland sich, etwa in dieser Reihenfolge, als Individuen und Teams in hohem Maße selbstbehauptend durchzusetzen trachten, unter Umständen ihren Stil aufzwingen wollen, während das femininere Spiel der skandinavischen Teams, der Niederlande, Jugoslawiens oder Portugals viel kooperativer, teamorientierter und charmanter für den Zuschauer herüberkommt. Begegnen sich zwei femininere Teams, wie gestern Jugoslawien und Portugal, so kann man bisweilen eine attraktive Teamleistung bewundern, die jedoch auf Grund dieser internen Energienverteilung und Konfiguration von einer gewissen Zögerlichkeit und Abschlussschwäche gekennzeichnet sein kann, da man bisweilen die Team Kooperation vor dem kompromisslosen Abschluss valorisiert. Das feminine und kooperative, hochsicherheitsbewusste spanische Spiel mit Individualisten und Konterstärke wird z. Zt. von hier aus als schwierig betrachtet. Eine wichtige Frage ist also die der kulturellen Distanz des gegnerischen Spielstils und dessen Wechselwirkung mit dem eigenen.
Außen-gesteuerte Kulturen, wie die sogenannten konfuzianischen Kulturen Ostasien, werden im Gegensatz zu vergleichsweise innen-gesteuerten westlichen Kulturen, entsprechend dem strategischen Denken dieser Kulturen, den Sieg über die Defensive suchen, falls sie nicht durch westliche Trainer kulturell umprogrammiert wurden. Sie werden vielmehr reagieren, statt initiativ zu attackieren. Alles wird ein Lernprozess für sie sein, auch das Verlieren und sie werden die besten Techniken kopieren und solange emulieren, bis sie deren Autoren darin überflügeln.
Diese fünf Kulturparameter sind nur beilspielhaft und müssen als wechselwirkend und nicht nur isoliert betrachtet werden. Es sind einige, durch weitere Parameter (siehe interkulturelles Profiling in der weiteren Erörterung) zu ergänzende und spielstilistisch zu verfeinernde Eckdaten, die das strategische Planen flexibel leiten können. Wenn die eigenkulturellen Kulturprofile in Bezug zu den fremdkulturellen gesetzt werden, kann man diagnostisch und somit prognostisch an die strategisch-taktische Planung herangehen. Sieg ist nicht monokausal bedingt und die Weichen sind häufig schon im Vorfeld durch die Wechselwirkung vieler interdependenter Kontextfaktoren interner und externer, geistig, körperlicher, kultureller, personeller, psycho-physischer Art und deren integrativem Management in eine optimale strukturell-funktionelle Einheit gestellt, die vielleicht das Geheimnis ist, das die Summe der Elemente transzendiert. Mit der Transzendierung beginnt die Virtuosität.
Teil 2
Die Realisierung eines universellen inter- transkulturellen Managementwerkzeuges I:
DER TRANSKULTURELLE PROFILER
1 Die Formulierung eines Kultur Management Gesetzes
Unsere globale Ära erfordert ein auf soliden Prinzipen basierendes Werkzeug für das globale, transkulturelle Management, sowie für das Management der Kultur in ihren individual- und sozialpsychologischen Erscheinungsformen. Der Realisierung eines derartigen Instrumentes, das ich transkultureller Profiler nenne und das aus transkulturellen und transdisziplinären Quellen hervorgeht, ist diese Studie gewidmet:
Mit diesem Abschnitt möchte ich hinführen zum integrierten, ganzheitlichen Transkulturellen Management Modell, dessen bildliche Form einem Dom ähnlich ist. Daher bezeichne ich es als Dome Transcultural Management Model/Profiler, der gewissermaßen eine architekturale Semiotik für die Summe all der Variablen und ihrer Steuerung ist, die im globalen Management eine Rolle spielen. Im folgenden Kapitel ist dieses Modell abgebildet.
Die DOME-Sakralmetapher vereinigt semantisch die beiden Pole, die in der Etymologie des lateinischen Stammwortes dessen, was wir als KULTUR im kulturanthropologischen Sinn bezeichnen, vorprogrammiert sind. Die beiden Pole, die Erde kultivieren und der Kult, versinnbildlichen die Anbindung an die Erde als Quelle des biologischen Lebens einerseits und den anderen Pol, die Anbindung an die geistige Dimension andererseits. Die tiefere Bedeutung von Kultur wäre somit die Verbindung dieser beiden Pole in der Existenz der Menschen. Alle Menschen müssen eine Lösung für dieses Dilemma finden, aus der die Weltanschauung resultiert, die Art und Weise der Selbst-, Welt- und Fremdwahrnehmung. Während die prinzipielle Herausforderung für alle Menschen gleich ist, werden sie, entsprechend ihrer raumzeitlichen Diversität diverse Lösungsansätze finden, die aber alle dieselbe Grundfrage der Synergie der beiden Pole darstellen. Dies ist insofern eine existenzielle und kulturelle Herausforderung, als dass der Mensch selbst gewissermaßen die Synergie aus den beiden Polen, bewusst oder unbewusst, verkörpert. Zumindest wird sie eine wesentliche Komponente seiner Struktur und Identität als Mensch sein. Die terrestrisch-kosmologische Synergie die den Menschen ausmacht, diese Trinität findet ihre Spiegelung in der internen Trinität der noetisch (geistig), psycho-somatischen Trinität. Die Kultur als Konvergenz und Transmutationsbereich der beiden Pole ist selbstverständlich vor allem in der Psyche, im Mentalbereich angesiedelt. Neben den universellen und individuellen Programmen enthält sie die gruppenspezifischen Programme, die Art und Weise wie eine Gruppe von Menschen die Verbindung möglichst synergetisch gelöst hat. Das ist dann eine Kulturgruppe, eine Kultur.
Die Kultur selbst wäre somit schon eine mehr oder wenig bewusste Lösung eines Dilemmas, der Integration der konstitutiven Pole des Menschseins mit der Kosmologie als oberem Pol, der Natur als entgegengesetztem Pol. Die vertikale Integration bedingt auch die horizontale, die Beziehung zu anderen Menschen und Kulturen. Aus diesem Fadenkreuz resultiert der Kern der Kultur, das fünfte Element, die Quintessenz der Kultur. Wenn dieses Element gefunden wird, ist die Kultur im Lot, integer, zentriert, konsistent. Somit gibt es keinen Anlass kulturelle Konflikte zu externalisieren, intrakulturelle Konflikte in interkulturelle zu verwandeln, was deren Interdependenz verdeutlicht. Die Lösung der interkulturellen Fragen hängt somit stark mit der vertikalen Integration ab. Da die vertikale an einem Pol kosmologisch geprägt ist, wird die Re-ligio (Rückverbindung), die Anbindung an diesen Pol deutlich. Das verdeutlicht auch die große Bedeutung der Religion als Kulturvariable zu Beginn der 21. Jahrhundert. Mit der fortschreitenden Bedeutung des physischen Poles, ja sogar des physischen Überlebens in Bezug auf die menschliche Natur - Klima, Gentechnik und Atomenergie -, gewinnt der interdependente geistige Pol an Bedeutung. Wenn die Herausforderung am physischen Pol zunimmt, reagiert der andere Pol, und aufgrund der Interdependenz des Vertikalen und Horizontalen verändern sich auch die interkulturellen Beziehungen: Die starke Prägung des zweiten vertikalen Poles durch die Re-ligo (Rückverbindung), die religiöse Anbindung, führt dann zu einem Religionskrieg unter dem Begriff Kulturkampf. Wenn der Mensch einen Pol ignoriert, verliert er seine konstitutiven Komponenten, seine Mitte, das spezifisch Menschliche und aufgrund der Interdependenz des Vertikalen und des Horizontalen reagieren die zwischenmenschlichen und interkulturellen Beziehungen.
Die Sakralmetapher, insbesondere die architekturale Sakralmetapher bietet sich an, weil sie naturgemäß eine geistig-materielle Konvergenz darstellt, eine Vereinigung der beiden Pole der Fundamentierung in der Erde als Basis des materiellen Lebens und des geistigen Poles. Der Mensch als geistig-körperliches Wesen ist ein Spiegelbild dieser bipolaren irdisch-kosmischen Anbindung. Die Vereinigung der beiden Pole ist die ureigene menschliche Natur, die somit kultureller Natur wäre. Somit ist der Mensch ein Kulturwesen. Und Kultur, sowohl individuell als auch kollektiv ist eine ganzheitliche Sichtweise des Menschen, die Konvergenz in der Mitte, die Konvergenz der Peripherie der Pole: Kultur ist Ganzheit und Mitte.
Wenn man den Menschen als Resultat der Matrix Erde-Kosmos und deren Synergie betrachtet, entsprechend der Etymologie und dem östlichen und westlichen Kulturmodell, so wird deutlich, dass Kultur zumindest eine wichtige Komponente der mentalen Architektur ist. Architektur involviert Struktur. Die Neurophysiologie des Menschen bildet die Hardware dieser Architektur. Die Neurophysiologie hat strukturelle und funktionelle Prinzipen dieser Neuroarchitektur formuliert, insbesondere das Prinzip der Hierarchie und der strukturellen Integration und funktionellen Subordination, das heißt, dass höhere Ebenen der Struktur tiefere Ebenen steuern und integrieren. Das führt zu einer wiederum trinitären geistig-psychisch-physischen Steuerungshierarchie. In der Psychosomatik geht man ja davon aus, dass die Psyche eine Steuerfunktion für die hierarchisch sich darunter befindliche somatische Ebene haben kann. In der östlichen Psychologie hat man erkannt, dass auch die psychische Ebene eine ihr übergeordnete Steuerfunktion hat, das Bewusstsein, die noetische, in der Terminologie der westlichen Kultur. Die Kultur ist also vor allem im Mentalbereich, in der psychischen Ebene gespeichert. Das heißt, wenn man Kultur verstehen und beherrschen möchte, muss man den Mentalbereich insgesamt verstehen und steuern lernen. Um diesen zu steuern, bedarf es einer übergeordneten Steuerungsfunktion, entsprechend dem formulierten Prinzip der Neurophysiologie. Natürlich wird hier eine Analogie zwischen der Neurophysiologie und den psychischen Prozessen postuliert, eine Konkomitanz der neurophysiologischen und psychischen Prozesse. Die Psychosomatik scheint dies ja zu bestätigen. Die westliche duale Architektur des Menschen bestehend aus Psyche und Soma stellt eine Steuerbare der psychosomatischen Prozesse bereit, aber keine Steuerfunktion für die psychische Ebene. Wenn diese nicht gesteuert werden kann, so können auch die in ihr enthaltenen kulturellen Programme nicht gesteuert, Kultur nicht in die Gesamtheit der menschlichen Konstitution integriert werden. Die östliche und altgriechische Philosophie gehen von einer dritten strukturellen Ebene aus, einer Bewusstseinsebene, die die darunter befindlichen psychophysischen steuert und integriert. Die architekturale Semiotik der Kultur im DOME-Modell hilft uns vor allem hierarchische Strukturen zu verstehen. Die Neurophysiologie klärt uns darüber hinaus auch noch über die Steuerungsdynamik innerhalb der menschlichen Architektur im allgemeinen und der geistigen Natur im besonderen auf. Die Psychosomatik bestätigt die strukturellen und dynamischen Prozesse einer zweistufigen menschlichen Architektur. Das 'missing link' ist eine dritte Steuerungsebene der Kultur im Mentalbereich, dem Speicher der gesamten kulturellen Konditionierungen und Prozesse. Was Psychosomatik und Neurophysiologie nahelegen, wird in der altgriechischen und östlichen Kosmologie bestätigt, die Existenz einer die Psyche und somit ihren Inhalt steuernden Dimension, die in der Kultur und Zivilisation des alten Griechenlands mit noetischer Ebene, in einigen Kulturen und Zivilisationen Asiens mit reinem Bewusstsein, Bewusstsein-Zeuge etc. gleichgesetzt werden kann.
Die Identifikation, Exploration und Reintegration dieser natürlichen Ebene und ihrer Potenzialität als übergeordnetes Kultursteuerungsprinzip sind der Tenor des Buches.
2 STRUKTUR UND KULTUR DES MENSCHEN
Kultur entsteht in der Wechselwirkung zwischen Individuen und ihrem Umfeld in der Zeit – der primären, sekundären und tertiären Sozialisierung - deren Produkt im Gedächtnis gespeichert wird und daher sowohl die Wahrnehmung der Gegenwart als auch die Erwartungen hinsichtlich der Zukunft bedingt.
Kulturdefinition
Über meine obige Kulturdefinition hinaus gibt es hunderte von Definitionen des Wortes Kultur. Zeitgenössische und inbezug auf das globale Management relevante prägnante Kulturdefinitionen sind unter anderen
1. Hofstedes Definition der Kultur als „mentale Software“ oder „kollektive mentale Programmierung, die eine Menschengruppe von einer anderen unterscheidet“ („software of the mind“ oder „collective mental programming that differentiates one group of people from another“)
2. Trompenaars und Hampden-Turners Definition der Kultur als „Problem- und Dilemmalösungsstrategien einer Gruppe von Menschen“ („the way in which a group of people solves problems and reconciles dilemmas“)
3. Halls Definition der Kultur als „Kommunikation“ (communication)
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- Quote paper
- D.E.A./UNIV. PARIS I Gebhard Deissler (Author), 2012, OLYMPIADE - Das Management des globalen Sports im Spannungsfeld organisationaler, nationaler und supranationaler Interessen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/197131
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