Der Fokus liegt auf dem psychobiographischen Pflegemodell nach Böhm. Es werden die einzelnen Interaktionsstufen, der Hintergrund der Theorie und die Übertragbarkeit auf das deutsche Gesundheitswesen geprüft.
Inhalt
1.Einleitung
2. Biographische Eckdaten
3. Theoretische Grundlagen zum Modell
3.1 Thymopsyche
3.2 Noopsyche
3.3 Die menschliche Psyche, Psychobiographie, Biographieforschung, Prägungszeit
4. Interaktionsstufen
Interaktionsstufe 1: Sekundäre Sozialisation
Interaktionsstufe 2: Mutterwitz
Interaktionsstufe 3: Seelische, soziale Grundbedürfnisse
Interaktionsstufe 4 : Prägung
Interaktionsstufe 5: höhere Antriebe
Interaktionsstufe 6: Intuition
Interaktionsstufe 7: Urkommunikation
5. Zusammenfassung/Ausblick/Kritik
6. Literaturverzeichniss
1.Einleitung
Erwin Böhm hat mit dem von ihm entwickelten Psychobiographischen Pflegemodell vor allem in Österreich eine neuen Denk- und Handlungsansatz (primär) in der geriatrischen (Langzeit)Pflege geschaffen. Doch auch über die Grenzen Österreichs hinaus erlangte das Psychobiographische Pflegemodell nach Böhm einen hohen Bekanntheitsgrad. Seine Prämisse lautet: „ Vor den Beinen mu ß die Seele wieder bewegt werden! “ ( Böhm, 2004, S.24)
Im folgenden Referat werde ich auf die zentralen Aspekte des Psychobiographischen Pflegemodells nach Böhm eingehen, angefangen bei theoretischen Begriffsklärungen zum besseren Verständnis der Theorie bis hin zu den von ihm entwickelten Interkationsstufen, die einen zentralen Stellenwert in der Böhmischen Theorie einnehmen. Böhm selber klassifiziert sein Modell als „ dynamische Systemtheorie “ (Böhm, 2004, S.49), da er die Bezeichnung Modell als zu statisch sieht, d.h. im Sinne eines Modells würde dies ja keine Weiterentwicklung zulassen. Böhm jedoch fordert eine kontinuierliche Biographieforschung, um das Psychobiographische Pflegemodell an die jeweilige Generation anzupassen.
Einen weiteren Schwerpunkt meines Referates widme ich der Psychobiographie. Hierbei nimmt vor allem die Erhebung biographischer Daten einen zentralen Stellenwert ein. Aus diesen Daten lassen sich die jeweiligen Bewältigungsmechanismen (Copings) ableiten und dadurch eine Einordnung in die anfangs kurz erwähnten Interaktionsstufen erfolgen.
Abschließend werde ich einen kleinen Ausblick und die Fragestellung einer Umsetzung der Theorie (zum Beispiel in Deutschland) diskutieren. Um aber ein etwas deutlicheres Bild von Erwin Böhm zu bekommen, möchte ich anfangs einige der wichtigsten biographischen Ereignisse behandeln.
2. Biographische Eckdaten
Erwin Böhm, geboren am 16. Mai 1940, absolvierte 1963 das Examen zum Krankenpfleger, nachdem er zuvor bereits eine Ausbildung als Karosseur abgeschlossen hatte. 1970 bildete Böhm sich zum Unterrichtspfleger weiter. Bereits zu diesem Zeitpunkt begann er erste Arbeiten an seinem psychobiographischen Pflegemodell. Als Böhm dann 1978 im Alleingang in seiner Position als Krankenpfleger und gegen den Rat der Ärzte und Kollegen einen psychogeriatrischen Patienten in dessen eigenen Wohnung re-integriert, zieht das für Böhm beinahe strafrechtliche Maßnahmen nach sich. 1979 startete dann das Modellprojekt „Wiener Übergangspflege“, diesmal allerdings mit der offiziellen Zustimmung des Wiener Stadtrats. In der Folge wird die Übergangspflege eine eigene Dienststelle im Kuratorium für psychosoziale Dienste in Wien 1980 und 1982 wird bereits der 1000. Patient in sein eigenes Zuhause entlassen. 1983 verleiht die Stadt Wien Erwin Böhm das silberne Verdienstzeichen, im selben Jahr als die re-aktivierende Pflege nach Böhm Einzug in die ersten Einrichtungen fand. 1985 erscheint Böhms Erstlingswerk „Krankenpflege- Brücke im Alltag“, im selben Jahr wird Böhm die Doktorwürde verliehen. Sein Durchbruch gelingt Böhm mit dem Buch „Verwirrt nicht die Verwirrten“, welches zum Bestseller wird. Es erschien 1988. Es folgen die Bücher „Pflegediagnose nach Böhm“ (1989), „Alte verstehen“ (1991), „Ist heute Montag oder Dezember“ (1992) und „Psychobiographisches Pflegemodell nach Böhm“ (1999). Im Jahre 2000 erhält Erwin Böhm den Professortitel (e.h.). Ein Jahr später kommt es zur Gründung der ENPP- Böhm Bildung und Forschung GmbH. Sein psychobiographisches Pflegemodell feierte im Jahre 2008 das 25- jährige Bestehen.1
3. Theoretische Grundlagen zum Modell
Bevor wir uns dem psychobiographischen Modell näher widmen, gilt es im Vorfeld einige Begriffe zu erläutern. Ein zentraler Aspekt des Modells ist die Sichtweise der menschlichen Psyche nach Böhm. Hierbei unterscheidet er die Thymopsyche von der Noopsyche.
3.1 Thymopsyche
Unter der Thymopsyche wird die emotionale Sicht der Dinge verstanden. Den Zusammenhang zu Böhms Modell möchte ich an einem kleinen Beispiel klarmachen: Wenn ein Demenzkranker Patient/Bewohner sich gewisse Situationen durch seine rein kognitive („noopsyschiche“) Sicht nicht mehr erklären kann , so versucht er sich diese Situation durch die thymopsychische Sicht zu erklären, das heißt durch seine Instinkte, seine Intuition. Die Thymopsyche steht für die Gefühlswelt, all das was uns im Laufe des Lebens biographisch geprägt hat, wir handeln so wie wir (für uns selbst) glauben, dass es richtig wäre. Somit ist laut Böhm der Mensch nicht lediglich ein Individuum, sondern einzigartig.2
3.2 Noopsyche
Unter der Noopsyche wird der kognitive Prozess, also der Denkprozess verstanden. Dabei beruft sich die der Mensch auf die Naturwissenschaft oder die Geschichte. Also alles rational Erklärbare. Zur Noopsyche zählen auch unsere Gedächtnissleistungen. Da kein Mensch in der Lage sein kann das Ganze wahrzunehmen, kreiert jeder Mensch laut Böhm sein eigenes Menschen- und Weltbild. Auch eine interessante Interpretation des Begriffes Wahrnehmung von Böhm möchte ich hier kurz erklären: Das Wort nehmen in dem Wort Wahrnehmung symbolisiert laut Böhm das jeder Mensch sich sein
Weltbild bzw. sein Teil nimmt, welches dann dem jeweiligen Geisteszustand bzw. seiner Persönlichkeit entspricht3. Auch wird anhand eines Beispiels hier schon klar, welche Rolle das für das psychobiograpische Modell spielt: Böhm geht davon aus, das das Verhalten von Demenzkranken bzw. verwirrten Menschen sich daraus ergibt, das diese auf ein Menschenbild zurückgreifen welches sie aus der Vergangenheit kennen. Dies wirkt beruhigend und gibt Sicherheit.4
3.3 Die menschliche Psyche, Psychobiographie, Biographieforschung, Prägungszeit
Im Folgenden werde ich den Grundriss des Böhmschen Modells erklären. Es soll damit ein Grundverständniss für das Modell geschaffen werden, als Basis für eine Vertiefung dienen (bei bestehendem Interesse). Wie bereits in der Biographie angesprochen hat Böhm selber eine Vielzahl an Büchern veröffentlicht und darüber hinaus beschäftigen sich viele Forscher auch mit dem Psychobiographischen Pflegemodell nach Böhm. Aus diesem Grunde soll dieses Referat als ein grobes Fundament dienen, um einen Einstieg in das Modell zu ermöglichen. Die komplexe Thematik erlaubt es mir im Rahmen des Referates nicht, auf alle Punkte detailliert einzugehen. Von daher möchte ich nun einen vereinfachten, meiner Meinung nach aber zum Grundverständniss des Modells wichtigem Überblick geben.
Böhm sagt der Mensch lebe in einer Mischung aus thymopsychischer Empfindungen und noopsyschicher Reaktionen. Beim Fortschreiten einer dementiellen Erkrankung geht laut Böhm der noopsyschiche Anteil nach und nach verloren, d.h. die Thymopsyche tritt in den Vordergrund und wir nehmen unsere Welt in erster Linie gefühlsmäßig wahr.5 In dieser Phase sucht der Demenz-Erkrankte nach Ritualen aus seinem früheren „Daheim“ bzw. aus den in seiner Prägungszeit (die ersten 25 Lebensjahre) erworbenen Ritualen. Werden diese vom Erkrankten nicht vorgefunden entstehen sogenannte Copings (Bewältigungsmechanismen). Dafür sind in erster Linie die ersten 25
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1 Vgl. http://www.enpp-boehm.com/de/enpp-boehm-gmbh/erwin-boehm/beruflicher-werdegang.html ( zuletzt eingesehen am 05.03.2012)
2 Vgl. Böhm,2004,S.32
3 Vgl. Böhm,2004,S.33
4 Vgl. Böhm,2004,S.33
5 Vgl. Böhm,2004,S.28f
- Quote paper
- Tobias Zender (Author), 2012, Überblick und Kritik: Psychobiographisches Pflegemodell nach Erwin Böhm, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/196948
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