Gewerbliche Schutzrechte geben ihrem Inhaber die Möglichkeit, andere von der Benutzung
des Schutzgegenstandes auszuschließen und gegen dessen Nachahmung oder Ausbeutung im
Klagewege vorzugehen. Durch Einräumung von Lizenzen kann der Schutzrechtsinhaber
andere an der Nutzung seines Monopolrechts, das ihm bestimmte Leistungsergebnisse oder
Leistungssymbole ausschließlich zuordnet, teilhaben lassen. Derartige Lizenzverträge
enthalten jedoch regelmäßig eine Reihe von Klauseln, die geeignet erscheinen, den
Wettbewerb, dessen Freiheit unter dem Schutz des Kartellrechts steht, zu beschränken. Es
stellt sich somit die grundsätzliche Frage, inwieweit die Einräumung von Lizenzen mit dem
Kartellrecht vereinbar ist.
Die vorliegende Arbeit hat es sich zum Ziel gesetzt, das Spannungsfeld zwischen freiem
Wettbewerb einerseits und gewerblichen Schutzrechten andererseits zu beleuchten und einen
Überblick über die kartellrechtlichen Fragestellungen im Zusammenhang mit der Lizenz zu
geben. Um den aufgeworfenen Problemkreisen dabei wenigstens im Ansatz gerecht werden
zu können, soll die Betrachtung auf den Bereich des deutschen Kartellrechts beschränkt
bleiben.
INHALT
A. Einführung
I. Was ist Kartellrecht?
II. Das Spannungsverhältnis von Lizenzen und Kartellrecht
B. Die Behandlung von Schutzrechtslizenzen nach deutschem Kartellrecht
I. Die Regelung der §§ 17, 18 GWB
II. Das Verhältnis der §§ 17 f. GWB zu den allgemeinen Vorschriften
1. Das Verhältnis zu §§ 1 ff. GWB
a) Gegenseitige Lizenzen
b) Patentgemeinschaften (Patentpools)
2. Das Verhältnis zu §§ 14 ff. GWB
III. Anwendungsbereich der §§ 17 f. GWB
1. Lizenzverträge gem. § 17 GWB
a) Der Inhalt des Schutzrechts
aa) Historischer Ansatz
bb) Teleologischer Ansatz
cc) Stellungnahme
b) Erstreckung des Schutzbereichs auf gewerbliche andere Schutzrechte
aa) Geltung der allgemeinen Vorschriften
bb) Analoge Anwendung der §§ 17 f. GWB
cc) Berücksichtigung der Wertungen der §§ 17 f. GWB
dd) Stellungnahme
2. Verträge über Know-how und andere Schutzrechte, § 18 GWB
IV. Beschränkungen des Lizenzgebers
1. Ausschließliche Lizenzen
2. Meistbegünstigungsklauseln
A. Einführung
Gewerbliche Schutzrechte geben ihrem Inhaber die Möglichkeit, andere von der Benutzung des Schutzgegenstandes auszuschließen und gegen dessen Nachahmung oder Ausbeutung im Klagewege vorzugehen. Durch Einräumung von Lizenzen kann der Schutzrechtsinhaber andere an der Nutzung seines Monopolrechts, das ihm bestimmte Leistungsergebnisse oder Leistungssymbole ausschließlich zuordnet, teilhaben lassen. Derartige Lizenzverträge enthalten jedoch regelmäßig eine Reihe von Klauseln, die geeignet erscheinen, den Wettbewerb, dessen Freiheit unter dem Schutz des Kartellrechts steht, zu beschränken. Es stellt sich somit die grundsätzliche Frage, inwieweit die Einräumung von Lizenzen mit dem Kartellrecht vereinbar ist.
Die vorliegende Arbeit hat es sich zum Ziel gesetzt, das Spannungsfeld zwischen freiem Wettbewerb einerseits und gewerblichen Schutzrechten andererseits zu beleuchten und einen Überblick über die kartellrechtlichen Fragestellungen im Zusammenhang mit der Lizenz zu geben. Um den aufgeworfenen Problemkreisen dabei wenigstens im Ansatz gerecht werden zu können, soll die Betrachtung auf den Bereich des deutschen Kartellrechts beschränkt bleiben.
I. Was ist Kartellrecht?
Mit dem Begriff „Kartell“ (zu italienisch cartello „kleines Schreiben“, dann „Vereinbarung“)[1] werden seit den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts Vereinbarungen von rechtlich selbständigen Unternehmen bezeichnet, die dazu dienen, ihr Verhalten auf dem Markt zu koordinieren und so den zwischen ihnen bestehenden Wettbewerb ganz oder teilweise auszuschalten.[2] Klassische Kartelle sind beispielsweise Absprachen der Unternehmen über den von ihnen künftig gemeinsam geforderten Preis, über die fortan begrenzte Abgabemenge jedes Unternehmens, sowie über die Aufteilung eines bestimmten Marktes auf die beteiligten Unternehmen.[3] Kartellrechtliche Regelungen umfassen all diejenigen Rechtsnormen, die der Bekämpfung von Beschränkungen des Wettbewerbs durch Wettbewerber dienen.
II. Das Spannungsverhältnis von Lizenzen und Kartellrecht
Bereits die Anerkennung von Immaterialgüterrechten als solches und der kartellrechtliche Schutz des Wettbewerbs innerhalb ein- und derselben Wirtschaftsordnung scheinen auf den ersten Blick in einem diametralen Gegensatz zu stehen: Während gewerbliche Schutzrechte und das Urheberrecht Exklusivrechte gewähren, die grundsätzlich jeden anderen von der Benutzung ausschließen, soll das Kartellrecht einen möglichst uneingeschränkten Wettbewerb sichern. Hierbei darf jedoch nicht verkannt werden, daß auch die Anerkennung gewerblicher Schutzrechte der Ermöglichung wirtschaftlichen Fortschritts dient:[4] Dieser soll in diesem Fall nicht durch den allgemeinen Wettbewerb, sondern durch die Einräumung von Ausschließlichkeitsrechten gefördert werden.[5] Hierdurch erhält der Schutzrechtsinhaber diejenige Monopolstellung, die zur Durchsetzung seines Schutzrechts zwingend erforderlich ist.[6] Dieses Monopol stellt jedoch keine Wirtschaftsmacht verleihende und somit schlechthin wettbewerbsgefährdende Ausschließlichkeit dar:[7] Der Inhaber des gewerblichen Schutzrechts hat zwar die Möglichkeit, anderen die Betätigung auf dem geschützten Gebiet zu untersagen, jedoch liegt in der bloßen Rechtsinhaberschaft noch kein Monopol im wirtschaftlichen Sinne.[8] Besteht für jemanden ein Immaterialgüterrecht, so gibt es für andere meist Ersatz- oder Ausweichmöglichkeiten.[9] Damit läßt sich allein aus einem immaterialgüterrechtlichen Untersagungsrecht noch keine Wettbewerbsbeschränkung ableiten, denn dieses beruht ausschließlich auf der grundsätzlichen Anerkennung eines eigentumsähnlichen Schutzes der geistigen Leistung.
Der Zielkonflikt besteht somit nicht zwischen der Wettbewerbsordnung und dem Bestand gewerblicher Schutzrechte als solchem,[10] sondern ergibt sich vielmehr erst auf einer nachgeschalteten Stufe: Dem Schutzrechtsinhaber steht es frei, durch Lizenzvertrag anderen die Benutzung des geschützten Gegenstandes zu gestatten und das gewerbliche Schutzrecht so rechtsgeschäftlich zu verwerten.[11] Dieser wettbewerbliche Umgang mit dem Exklusivrecht kann zu einer Einschränkung der Bewegungsfreiheit der Konkurrenten führen.
Im Mittelpunkt des kartellrechtlichen Interesses und damit der nachfolgenden Untersuchung stehen folglich der Abschluß sowie die Ausgestaltung von Lizenzverträgen. Es ist der Frage nachzugehen, welche Wettbewerbsbeschränkungen in Lizenzverträgen vom Kartellrecht zu akzeptieren und welche unzulässig sind.
B. Die Behandlung von Schutzrechtslizenzen nach deutschem Kartellrecht
Das deutsche Kartellrecht ist im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) geregelt. Ziel des GWB ist es, die Freiheit des Wettbewerbs zwischen voneinander unabhängigen Unternehmen zu gewährleisten.[12] Ihm kommt somit die Aufgabe zu, die Privatautonomie, die ihrerseits überhaupt erst die Grundlage für den Wettbewerb bildet, dahingehend zu beschränken, daß sie sich nicht selbst aufhebt. Folglich richtet sich das Recht gegen Wettbewerbsbeschränkungen gegen alle auf der Vertrags- und Vereinigungsfreiheit beruhenden Beschränkungen durch Wettbewerber.[13]
Das GWB enthält im Gegensatz zur europäischen Rechtslage[14] keine einheitliche Regelung für sämtliche wettbewerbsbeschränkenden Verträge, sondern unterscheidet traditionell zwischen horizontalen Vereinbarungen (Kartellen), §§ 1 ff. GWB, die i.d.R. dieselbe Wirtschaftsstufe betreffen, und sonstigen Verträgen zwischen Unternehmen verschiedener Wirtschaftsstufen (sog. „Vertikalvereinbarungen“), die in den §§ 14 ff. GWB geregelt sind.
Abweichend von den allgemeinen Vorschriften über Vertikalvereinbarungen enthalten die §§ 17, 18 GWB eine Regelung für einzelne gewerbliche Schutzrechte bzw. Know-how. In Anbetracht dieser Sonderregelung stellt sich die Frage nach dem Anwendungsbereich der §§ 17 f. GWB sowie nach ihrem Verhältnis zu den allgemeinen Vorschriften des GWB.
I. Die Regelung der §§ 17, 18 GWB
Wie bereits festgestellt, kann die grundsätzliche Anerkennung von gewerblichen Schutzrechten im Bereich des Kartellrechts nicht als systemwidrig gelten. Vielmehr hat erst ihre Ausübung wettbewerbliche Relevanz. Diese wird vom GWB deshalb in der gleichen Weise behandelt und beurteilt wie sonstige geschäftliche Tätigkeit. Damit sind auch Verträge über gewerbliche Schutzrechte grundsätzlich an den §§ 1 und 14 ff. GWB zu messen. Die Grenze, die das GWB der Vertragsautonomie zieht, besteht damit auch für den Schutzrechtsinhaber.[15]
Eine Durchbrechung dieses Grundsatzes findet sich in den §§ 17, 18 GWB, die das Verhältnis zwischen speziellen, insbesondere technischen Schutzrechten sowie Know-how und dem Kartellrecht in besonderer Weise regeln. Hierdurch soll einerseits dem Monopolcharakter gewerblicher Schutzrechte Rechnung getragen, andererseits aber auch ein Mißbrauch der Schutzrechte durch Ausdehnung über den gesetzlichen Rahmen hinaus verhindert werden.[16]
§ 17 GWB betrifft Verträge über die Lizenzierung oder Veräußerung von Patenten, Gebrauchsmustern, Topographien oder Sortenschutzrechten. Diese sind verboten, soweit sie dem Erwerber oder Lizenznehmer Beschränkungen im Geschäftsverkehr auferlegen, die über den Inhalt des gewerblichen Schutzrechts hinausgehen. § 17 Abs. 1 Satz 2 GWB enthält eine nicht abschließende Aufzählung[17] von Beschränkungen, die den Schutzrechtsinhalt per definitionem nicht überschreiten. Dies sind insbesondere Beschränkungen hinsichtlich Art, Umfang, Menge, Gebiet oder Zeit der Ausübung des Schutzrechts. § 17 Abs. 2 GWB beinhaltet eine Ausnahme von der Unwirksamkeit des Abs. 1 hinsichtlich bestimmter Arten von Lizenznehmerbeschränkungen, die entweder eindeutig über den Inhalt des Schutzrechts hinaus gehen oder doch jedenfalls zu Zweifeln Anlaß geben, ob sie sich im Rahmen des Schutzrechtsinhaltes bewegen; dennoch sieht das Gesetz aufgrund besonderer technisch oder wirtschaftlich bedingter Verhältnisse ausdrücklich ihre Zulässigkeit und Wirksamkeit vor.[18] Für an sich nach § 17 Abs. 1 GWB verbotene Beschränkungen bietet Abs. 3 der Vorschrift die Möglichkeit der Freistellung. Die Kartellbehörde kann hiernach auf Antrag weitergehende Beschränkungen des Erwerbers oder Lizenznehmers freistellen, wenn dessen wirtschaftliche Bewegungsfreiheit oder die anderer Unternehmen nicht unbillig eingeschränkt und der Wettbewerb auf dem Markt hierdurch nicht wesentlich beeinträchtigt wird.
§ 18 GWB erweitert den Anwendungsbereich des § 17 GWB auf bestimmte, gesetzlich nicht geschützte Positionen, bei denen dem Lizenzgeber[19] kein absolutes Vorzugsrecht zukommt und er gegen Eingriffe in seine tatsächliche Vorzugsstellung daher nur unter besonderen Voraussetzungen (§§ 823, 826 BGB, §§ 1, 17, 18 UWG) vorgehen kann.[20] Im Gegensatz zu den von § 17 GWB erfaßten Schutzrechten verzichtet der Lizenzgeber in den in § 18 GWB geregelten Fällen nicht auf die Geltendmachung von Verbietungsrechten: Er erlaubt hier nichts, was er an sich verbieten könnte. Inhalt der Lizenzierung bei Know-how-Verträgen ist vielmehr die Nutzung des kommerziell verwertbaren Vorsprungs, der in der Kenntnis technisch hochwertigen und geheimen Wissens liegt. Um einen Schutz derartiger Wettbewerbsbeschränkungen zu rechtfertigen, muß allerdings verlangt werden, daß in dem lizenzierten Wissen eine besonders schutzwürdige Leistung liegt,[21] das Betriebsgeheimnis nach dem durch die 6. GWB-Novelle vom 26. August 1998 präzisierten Wortlaut des § 18 Nr. 1 GWB folglich wesentlich und identifiziert ist.
[...]
[1] Meyers Grosses Taschenlexikon, Bd. 11, S. 231.
[2] Rittner, Wettbewerbs- und Kartellrecht, § 5 Rn.1.
[3] Emmerich, Kartellrecht, S. 28.
[4] Hubmann/Götting, Gewerblicher Rechtsschutz, § 4 I; Kellermann, WuW 1958, 643.
[5] Kreutzmann, Lizenzkartellrecht, S. 70; Moritz, CR 1993, 257, 259.
[6] Liermann, UFITA 29, 315, 318.
[7] Ullrich, GRUR Int. 1996, 555, 556.
[8] Lieberknecht, DB 1957, 1011.
[9] Hubmann/Götting, Gewerblicher Rechtsschutz, § 6 V.
[10] Machlup, GRUR Int. 1961, 373, 376 ff., Möhring/Lieberknecht, UFITA 29, 269, 277 f.
[11] Hubmann/Götting, Gewerblicher Rechtsschutz, § 4 I und § 5 I 4.
[12] BGH NJW 1977, 804 – Transportbeton; NJW 1997, 2324 – Druckgußteile.
[13] Rittner, Wettbwerbs- und Kartellrecht, § 5 Rn.3.
[14] Vgl. Art. 81 f. EG.
[15] Kellermann, WuW 1958, 643, 644.
[16] Langen/Bunte-Bräutigam, Kartellrecht, § 17 Rn.4; Wiedemann-Groß, Handbuch des Kartellrechts, § 14 Rn. 1.
[17] Wiedemann-Groß, Handbuch des Kartellrechts, § 14 Rn. 9; Magen, Lizenzverträge, S. 27.
[18] Bechtold, Kartellgesetz, § 17 Rn. 17 ff.
[19] Auf eine Erörterung der Frage, ob es sich bei den von § 18 GWB erfaßten Know-how-Verträgen um Lizenzen i.e.S. handelt, soll an dieser Stelle verzichtet werden, da es sich hierbei im Zusammenhang mit den in dieser Arbeit zu erörternden kartellrechtlichen Problemen der Lizenz um eine Vorfrage handelt.
[20] Bechtold, Kartellgesetz, § 18 Rn. 2.
[21] BGH GRUR 1966, 576 – Zimcofot.
- Arbeit zitieren
- Inka Schwanke (Autor:in), 2001, Kartellrechtliche Fragen der Lizenz, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/19608
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