Ausgehend von der Annahme, dass die Nation als kulturell geformtes Ideengebilde im Wesentlichen als „vorgestellte politische Gemeinschaft“ verstanden werden kann, die durch „erfundene Tradition(en)“ zum scheinbar objektiven und naturgegebenen Tatbestand stilisiert wird, wird sich diese Arbeit dem Ersten Weltkrieg hinsichtlich seiner Qualität als „nationalismusgeschichtliche Zäsur“ widmen.
Mit dem Fokus auf das Deutsche Kaiserreich sollen dabei weniger die innen- und außenpolitischen Ereignisse der Jahre 1914 bis 1918 im Zentrum der Darstellung stehen. Vielmehr werden die Rechtfertigung des Krieges, die sinnstiftende Deutung des ‚Sinnlosen’ vonseiten der Intellektuellen im ‚Krieg der Geister’ und die damit verbundenen Konstruktionen von nationalen Selbst- und Fremdbildern das Thema dieser Arbeit bilden. So soll dabei verdeutlicht werden, dass der ‚Große Krieg’ nicht nur aufgrund der bislang unbekannten Dimension der Inanspruchnahme der Opferbereitschaft von militärischen und zivilen Kräften und neuen Formen der Massenvernichtung, sondern auch aufgrund der „Totalisierung von Legitimation und Loyalität im Namen der Nation“ in die Nähe eines ‚totalen Krieges’ rückt: Mit Blick auf die spontane Selbstmobilisierung der kulturellen Eliten des Kaiserreiches – Akademikern, Schriftstellern, Künstlern und Geistlichen – soll dabei zunächst vor allem mit Blick auf die Jahre 1914 bis 1916, also der Zeit, in der die nationale Euphorie in diesen Kreisen noch weitgehend erhalten ist, gezeigt werden, in welchem Maße sich die damit verbundene Ideologisierung des Ersten Weltkrieg, der die Bevölkerung als „Nationsbildungskrieg“ erstmals zu einer einheitlichen Willensgemeinschaft zusammenfügen scheint, von der Deutung vorheriger Nationalkriege unterscheidet.
In einer Art Überblick werden dabei sowohl die Ursachen für die Kriegsbegeisterung der gebildeten Schichten als auch wesentliche Formen und Tendenzen des intellektuellen Engagements berücksichtigt werden.
Nach der Erläuterung der Polarisierung und Desillusionierung der Intellektuellen im weiteren Kriegsverlauf wird abschließend die langfristige Wirkungsmächtigkeit der im Zuge der ‚intellektuellen Mobilmachung’ entwickelten Deutungen des Ersten Weltkrieg besprochen werden – unter besonderer Berücksichtigung von deren verheerenden Auswirkungen auf die Nachkriegszeit.
Inhaltsverzeichnis
- DIE IDEOLOGISIERUNG DES ERSTEN WELTKRIEGES - AUFGABENSTELLUNG UND LEITFRAGEN DER SEMINARARBEIT
- AUSGANGSPUNKT, AUGUSTERLEBNIS' 1914 UND DER, GEIST VON 1914': KRIEGSBEREITSCHAFT UND KRIEGSMENTALITÄT ZWISCHEN MOBILMACHUNG UND BURGFRIEDEN
- DIE, GEISTIGE' SELBSTMOBILISIERUNG DER KULTURELLEN ELITE IM KAISERREICH (1914-16)
- Intellektuelle Eliten im „Krieg der Geister“ und die „Ideen von 1914’
- , Gott mit uns': Die Nationalisierung der Religion im Ersten Weltkrieg und die Sakralisierung des Politischen
- Kriegsdichtung im Ersten Weltkrieg: Die,poetische Mobilmachung’
- DESILLUSIONIERUNG UND POLARISIERUNG IM, KRIEG DER GEISTER' 1916-18
- ZUSAMMENFASSUNG DER, INTELLEKTUELLEN MOBILMACHUNG' IM DEUTSCHEN KAISERREICH - AUSBLICK
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Seminararbeit beschäftigt sich mit der Ideologisierung des Ersten Weltkriegs im Deutschen Kaiserreich. Sie untersucht, wie Intellektuelle den Krieg rechtfertigten und den "Sinnlosen" durch nationale Narrative bedeutsam machten. Die Arbeit analysiert die Konstruktion von Selbst- und Fremdbildern in den Diskursen der Zeit und beleuchtet die Rolle der "intellektuellen Mobilmachung" in der Kriegszeit.
- Die Konstruktion nationaler Identitäten und die Darstellung von "Feinden" im Ersten Weltkrieg
- Die Rolle der Intellektuellen in der Rechtfertigung und Ideologisierung des Krieges
- Die Entwicklung der Kriegsmentalität im Kaiserreich und die Bedeutung der "intellektuellen Mobilmachung"
- Die Auswirkungen der Kriegsdebatten auf die deutsche Gesellschaft und die Nachkriegszeit
- Die Entstehung des "totalen Krieges" und die Bedeutung der "Totalisierung von Legitimation und Loyalität im Namen der Nation"
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel stellt die Aufgabenstellung und Leitfragen der Seminararbeit vor. Im zweiten Kapitel wird der "Augusterlebnis" 1914 und der "Geist von 1914" beleuchtet, wobei die Kriegsbereitschaft und die Kriegsmentalität der Bevölkerung im Kaiserreich analysiert werden. Das dritte Kapitel konzentriert sich auf die "geistige" Selbstmobilisierung der kulturellen Elite im Kaiserreich zwischen 1914 und 1916. Es untersucht die Rolle von Intellektuellen im "Krieg der Geister", die Nationalisierung der Religion und die "poetische Mobilmachung" durch Kriegsdichtung.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den Kernthemen der Ideologisierung des Ersten Weltkriegs, der "intellektuellen Mobilmachung", der "nationalen Selbst- und Fremdbilder", der "Totalisierung von Legitimation und Loyalität im Namen der Nation" und der "Kriegsmentalität" im Deutschen Kaiserreich. Dabei werden Konzepte wie "Krieg der Geister", "Nationsbildungskrieg", "Geist von 1914" und "totaler Krieg" analysiert.
- Quote paper
- Carola Katharina Bauer (Author), 2008, Die Ideologisierung des Ersten Weltkriegs, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/195275