Um die Zukunft und Weiterentwicklung der nationalsozialistischen Bewegung sicherzustellen, handelte auch die Pädagogik ab 1933 nach den Vorgaben des Regimes. Die Jugendlichen wurden in verschiedenen Schultypen NS-konform erzogen und ausgebildet und die Machthaber schickten sie frühzeitig an die Front oder zu militärischen Einsätzen im Reich. Der Möglichkeit zur freien Selbstentfaltung beraubt, verloren sie nach 1945 den oftmals tief verinnerlichten Glauben an eine Welt aus kollektivistischen Werten, kritikloser Gefolgschaft und rassenideologischen Zielvorstellungen. Die Pläne der Alliierten sahen vor, dass sie radikal umerzogen werden sollten, um den demokratischen Neubeginn zu garantieren. Die Sozialisation der ca. 18-Jährigen war somit geprägt vom Bezugsrahmen der NS-Ideologie und vom biografischen Bruch nach Kriegsende.
Die vorliegende Arbeit geht der Frage nach der Ideologisierung von Erziehung und Pädagogik im Dritten Reich nach. Anhand von 16 nationalsozialistischen Fibeln soll ermittelt werden, inwiefern die ideologischen Leitgedanken auch Teil der Grundschul-arbeit waren. Das Untersuchungsmaterial stammt aus dem Georg-Eckert-Institut für internationale Schulbuchforschung in Braunschweig. Anhand dieses Samples wird untersucht, ob die ersten Lesebücher der ca. siebenjährigen Schüler die konkreten politisch-ideologischen Intentionen des Regimes widerspiegeln. Zudem werden sie auf Manipulationstechniken hin analysiert, die das Erreichen der Erziehungsziele unterstützen sollten. Auf diese Weise soll die Frage beantwortet werden, ob die Fibeln als ein Medium der totalen Ideologisierung und Indoktrination dienen konnten. Das Quellenmaterial stammt aus dem Zeitraum 1933 bis 1943 und wurde von den beiden Schulbuchverlagen Westermann und Diesterweg veröffentlicht. Neben der qualitativen Analyse der ideologischen Elemente in den kurzen Textpassagen und Illustrationen wird ein erster Vergleich zwischen den in Konkurrenz stehenden Verlagen angestrebt. Nicht untersucht wird der ideologische Einfluss auf den real stattfindenden Unterricht, sondern ausschließlich die offiziellen Verordnungen und die Fibelinhalte.[...]
Inhaltsverzeichnis
- 1. Thematische Einführung
- 1.1 Zielsetzung und zentrale Fragestellung
- 1.2 Forschungsstand, Quellen, Methodik
- 2. Vorgeschichte
- 2.1 Die Volksschule im Kaiserreich
- 2.2 Das Schulsystem in der Weimarer Republik
- 3. Leitgedanken nationalsozialistischer Ideologie
- 4. Erziehungstheorien im Nationalsozialismus
- 4.1 Hitlers Ideale
- 4.2 Ernst Krieck
- 4.3 Alfred Baeumler
- 4.4 Vergleichende Zusammenfassung
- 5. Machtergreifung und Zugriff auf die Volksschule
- 5.1 Veränderungen des Schulsystems
- 5.2 Lehrerbildung
- 5.3 Richtlinien, Lehr- und Stundenpläne 1933-1937
- 5.4 Die Reichsrichtlinien für die unteren vier Jahrgänge der Volksschule
- Exkurs: Herrschaftsstruktur im NS - eine Debatte
- 6. Fibeln im Dritten Reich
- 6.1 Funktionen und Merkmale
- 6.2 Fibelbearbeitung ab 1933
- 6.3 Merkmale der untersuchten Fibeln
- 7. Fibelanalyse
- 7.1 Hermeneutik
- 7.2 Das Führerbild
- 7.2.1 Motive des Führerbildes in der NS-Propaganda
- 7.2.2 Die Vermittlung des Führerbildes
- 7.2.3 Zusammenfassung
- 7.3 Das Führungsprinzip
- 7.3.1 Die Vermittlung des Führungsprinzips
- 7.3.2 Zusammenfassung
- 7.4 Die Volksgemeinschaft
- 7.4.1 Die Vermittlung der Volksgemeinschaft
- 7.4.2 Zusammenfassung
- 7.5 Die Rassenideologie
- 7.5.1 Die Vermittlung der Rassenideologie
- 7.5.2 Zusammenfassung
- 7.6 Lebensraumideologie
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Implementierung nationalsozialistischer Ideologie im Deutschunterricht der Volksschulunterstufe. Die Zielsetzung besteht darin, die Methoden und Strategien der NS-Propaganda in Schulbüchern (Fibelanalyse) aufzuzeigen und deren Einfluss auf die Erziehung der Kinder zu analysieren. Die Arbeit beleuchtet die Vorgeschichte im Kaiserreich und der Weimarer Republik, um den Kontext zu verstehen.
- Einfluss nationalsozialistischer Ideologie auf das Schulsystem
- Analyse von Schulbüchern (Fibeln) des Dritten Reichs
- Vermittlung von Schlüsselkonzepten wie Führerprinzip, Volksgemeinschaft und Rassenideologie
- Vergleichende Betrachtung verschiedener Erziehungstheorien im Nationalsozialismus
- Entwicklung und Veränderungen des Lehrplans im Zeitraum 1933-1937
Zusammenfassung der Kapitel
1. Thematische Einführung: Dieses einführende Kapitel skizziert die Forschungsfrage und die Methodik der Arbeit. Es legt die Zielsetzung dar, die nationalsozialistische Indoktrination im Deutschunterricht der Volksschule zu untersuchen und definiert den Forschungsrahmen, die verwendeten Quellen und die methodischen Ansätze.
2. Vorgeschichte: Dieses Kapitel beleuchtet die Entwicklung des deutschen Schulsystems im Kaiserreich und in der Weimarer Republik. Es analysiert die jeweiligen Strukturen, Curricula und didaktischen Ansätze, um den Kontrast zum nationalsozialistischen System aufzuzeigen und die Veränderungen nach 1933 besser zu verstehen. Es bietet einen wichtigen historischen Kontext für die spätere Analyse der nationalsozialistischen Einflüsse.
3. Leitgedanken nationalsozialistischer Ideologie: Hier werden die zentralen ideologischen Konzepte des Nationalsozialismus dargestellt, die später im Schulsystem propagiert wurden. Dies beinhaltet eine Analyse der Kernprinzipien der NS-Ideologie, ihrer zentralen Botschaften und ihrer Verbreitung. Das Kapitel liefert die Grundlage für das Verständnis der Inhalte, die in den folgenden Kapiteln im Kontext des Unterrichts analysiert werden.
4. Erziehungstheorien im Nationalsozialismus: In diesem Kapitel werden die Erziehungstheorien wichtiger NS-Protagonisten wie Hitler, Krieck und Baeumler vorgestellt und verglichen. Es wird analysiert, wie diese Theorien die Entwicklung des nationalsozialistischen Schulsystems beeinflusst haben und welche konkreten pädagogischen Ansätze daraus entstanden sind. Die Vergleichende Zusammenfassung ermöglicht eine umfassende Perspektive auf die verschiedenen Strömungen innerhalb der NS-Erziehungsideologie.
5. Machtergreifung und Zugriff auf die Volksschule: Dieses Kapitel beschreibt detailliert, wie die Nationalsozialisten nach der Machtergreifung das Schulsystem umgestalteten. Es analysiert die Veränderungen im Schulsystem, in der Lehrerbildung, in den Richtlinien und Lehrplänen, um den Prozess der ideologischen Durchdringung aufzuzeigen. Das Kapitel beleuchtet die strategischen Maßnahmen der NS-Regierung, um die Schulen für ihre Propaganda zu nutzen.
6. Fibeln im Dritten Reich: Dieses Kapitel fokussiert sich auf die Analyse von Fibeln, den zentralen Lehrbüchern der Volksschule. Es untersucht deren Funktionen und Merkmale sowie die Veränderungen in ihrer Gestaltung ab 1933. Die Analyse der Fibeln ist zentral für die gesamte Arbeit, da sie die konkrete Vermittlung nationalsozialistischer Ideologie an die Kinder verdeutlicht. Die Kapitel analysiert unterschiedliche Merkmale und Funktionen der untersuchten Fibeln im Kontext der nationalsozialistischen Ideologie.
Schlüsselwörter
Nationalsozialismus, Volksschule, Deutschunterricht, Fibeln, Propaganda, Erziehungstheorien, Führerprinzip, Volksgemeinschaft, Rassenideologie, Lehrpläne, Schulbücher, Ideologiekritik, NS-Didaktik, Hitlerjugend (HJ), Bund Deutscher Mädel (BDM).
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Arbeit: "Implementierung nationalsozialistischer Ideologie im Deutschunterricht der Volksschulunterstufe"
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Die Arbeit untersucht, wie die nationalsozialistische Ideologie im Deutschunterricht der Grundschule (Volksschule) implementiert wurde. Sie analysiert die Methoden und Strategien der NS-Propaganda in Schulbüchern (insbesondere Fibeln) und deren Einfluss auf die Erziehung der Kinder.
Welche Aspekte werden in der Arbeit behandelt?
Die Arbeit deckt verschiedene Aspekte ab, darunter den Einfluss der NS-Ideologie auf das Schulsystem, die Analyse von Schulbüchern aus dem Dritten Reich (Fibeln), die Vermittlung von Schlüsselkonzepten wie Führerprinzip, Volksgemeinschaft und Rassenideologie, einen Vergleich verschiedener Erziehungstheorien im Nationalsozialismus und die Entwicklung und Veränderungen des Lehrplans zwischen 1933 und 1937. Die Vorgeschichte im Kaiserreich und der Weimarer Republik wird ebenfalls beleuchtet, um den Kontext zu verdeutlichen.
Welche Methodik wird angewendet?
Die Arbeit verwendet eine hermeneutische Methode zur Analyse der Fibeln. Sie untersucht die verwendeten Bilder, Texte und Erzählungen, um die dahinterliegenden ideologischen Botschaften zu entschlüsseln und deren Wirkung auf junge Schüler zu analysieren. Der historische Kontext wird berücksichtigt, um die Veränderungen im Schulsystem im Dritten Reich zu verstehen.
Welche Quellen werden verwendet?
Die Arbeit stützt sich auf eine Analyse von Fibeln (Schulbüchern) aus dem Dritten Reich. Weitere Quellen umfassen historische Dokumente wie Richtlinien, Lehrpläne und Texte zu Erziehungstheorien des Nationalsozialismus. Der genaue Umfang der Quellen wird im Kapitel "Forschungsstand, Quellen, Methodik" detailliert beschrieben.
Welche zentralen Konzepte der NS-Ideologie werden untersucht?
Die Arbeit analysiert die Vermittlung folgender zentraler Konzepte der NS-Ideologie in den untersuchten Fibeln: Führerprinzip, Volksgemeinschaft, Rassenideologie und Lebensraumideologie. Die Analyse untersucht, wie diese Konzepte in den Schulbüchern dargestellt wurden und welche Botschaften an die Kinder vermittelt werden sollten.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in mehrere Kapitel: Eine thematische Einführung, ein Kapitel zur Vorgeschichte im Kaiserreich und der Weimarer Republik, ein Kapitel zu den Leitgedanken der NS-Ideologie, ein Kapitel zu Erziehungstheorien im Nationalsozialismus, ein Kapitel zur Machtergreifung und dem Zugriff auf die Volksschule, ein Kapitel zur Analyse von Fibeln im Dritten Reich und ein abschließendes Kapitel mit einer detaillierten Fibelanalyse und Zusammenfassung der Ergebnisse. Zusätzlich beinhaltet die Arbeit ein Exkurs zur Herrschaftsstruktur im NS-Regime.
Welche Schlussfolgerungen werden gezogen?
Die konkreten Schlussfolgerungen der Arbeit ergeben sich aus der detaillierten Analyse der Fibeln und ihrer Vermittlung nationalsozialistischer Ideologie. Die Arbeit zielt darauf ab, aufzuzeigen, wie das Schulsystem instrumentalisiert wurde, um die nationalsozialistische Ideologie bei Kindern zu verankern. Die Ergebnisse liefern ein Verständnis dafür, wie effektiv die NS-Propaganda im Bildungssystem eingesetzt wurde.
Welche Schlüsselbegriffe sind relevant für diese Arbeit?
Schlüsselwörter umfassen: Nationalsozialismus, Volksschule, Deutschunterricht, Fibeln, Propaganda, Erziehungstheorien, Führerprinzip, Volksgemeinschaft, Rassenideologie, Lehrpläne, Schulbücher, Ideologiekritik, NS-Didaktik, Hitlerjugend (HJ), Bund Deutscher Mädel (BDM).
- Quote paper
- Alexander Hochgräfe (Author), 2012, Die nationalsozialistische Ideologie im Deutschunterricht der Volksschulunterstufe, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/194240