Dietrich Bonhoeffer wird zu jener Theologengeneration gezählt, die „zum Teil durch den Zweiten Weltkrieg um ihre Entfaltung“ gebracht wurde. Dennoch gelangte er sowohl mit seinem fragmentarischen Werk als auch mit seiner Biografie ungefähr zehn Jahre nach seinem gewaltsamen Tod zu einer weltbekannten Berühmtheit. Leben und Werk, Denken und Handeln gehören bei ihm so wesentlich zusammen, dass es Frevel wäre, dies durch eine äußere Gliederung auseinander legen zu wollen.
Seine überragende Bedeutung liegt nach Meinung des Neffen Hans-Walter Schleichers „nicht in erster Linie im Politischen, denn Bonhoeffer war kein Politiker und wollte nicht ‚politisch’ handeln, sondern als Mensch und Christ, der an der Stelle, an die ihn Gott gestellt hat, Verantwortung übernimmt.“
Allein seine von Weitsicht und Mut zeugenden Äußerungen, die zu Lebzeiten an die Öffentlichkeit gelangten, werden neben denen Karl Barths (1886-1968) zu den „klassischen Zeugnissen kirchlich-evangelischer Besinnung in dieser Zeit“ gezählt. Über Bonhoeffers Dissertation, die er als Dreiundzwanzigjähriger unter der Überschrift „Sanctorum Communio. Eine dogmatische Untersuchung zur Soziologie der Kirche“ eingereicht hatte, schrieb Karl Barth fast 30 Jahre später: „Ich gestehe offen, dass es mir Sorge macht, die von Bonhoeffer damals erreichte Höhe (...) wenigstens zu halten (...) nicht schwächer zu reden, als dieser junge Mann es damals getan hat.“
„Das Religiöse wird“, tröstete uns Heidegger, „niemals durch die Logik zerstört, sondern immer nur dadurch, dass der Gott sich entzieht.“ Was können wir Geschöpfe also dafür, wenn uns Gott verlässt oder verlassen hat? Bonhoeffer lässt uns diesen billigen Trostversuch nicht durchgehen, im Gegenteil, er peinigt uns mit dem radikalen Schlüsselsatz seiner „Nachfolge“: „Nur der Glaubende ist gehorsam, und nur der Gehorsame glaubt.“
In den Haftanstalten der Gestapo bewegte Bonhoeffer weniger das eigene Schicksal als vielmehr die Frage, wer Christus für uns heute eigentlich sei. Ihn befielen Zweifel, ob dem Menschen alles nur durch Worte zu übermitteln sei; ebenso hielt er „die Zeit der Innerlichkeit und des Gewissens“ für überholt, „und das heißt eben die Zeit der Religion überhaupt...“ Er machte sich Gedanken, wie Christus auch von den Religionslosen erkannt und anerkannt werden könne; oder er fragte sich, ob es auch religionslose Christen gebe. Seine Fragen bleiben uns also erhalten und befruchten unseren notwendigen Zweifel im Glauben.
Inhaltsverzeichnis
- Dietrich Bonhoeffer - Ein Märtyrer und protestantischer Theologe im 20. Jahrhundert
- Die Bedeutung Bonhoeffers
- Bonhoeffers Frühwerk
- Bonhoeffers Leben und Werk
- Dietrich Bonhoeffer - Ein vielseitiger Mensch
- Die Familie Bonhoeffer
- Bonhoeffers Studium
- Bonhoeffers akademische Laufbahn
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit beleuchtet das Leben und Werk des protestantischen Theologen und Märtyrers Dietrich Bonhoeffer. Sie analysiert seine theologischen Schriften und die Einflüsse, die sie auf seine Lebensgestaltung und sein Engagement im Widerstand gegen das NS-Regime hatten.
- Die Bedeutung Bonhoeffers als Theolog und Widerstandskämpfer
- Die Entwicklung seiner theologischen Ideen im Kontext des 20. Jahrhunderts
- Die Rolle von Kirche und Theologie im Widerstand gegen totalitäre Ideologien
- Bonhoeffers Auseinandersetzung mit der Frage nach dem christlichen Handeln in Zeiten der Verfolgung
- Das Verhältnis von Glaube und Welt in Bonhoeffers Denken
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel befasst sich mit der Biografie und den theologischen Grundüberzeugungen Dietrich Bonhoeffers. Es werden seine frühen Schriften und seine Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus analysiert. Das zweite Kapitel widmet sich Bonhoeffers vielfältigen Lebensbereichen, seiner Familie, seinem Studium und seiner akademischen Karriere. Hier wird auch sein Engagement in der Kirche und seine Arbeit mit jungen Menschen beleuchtet.
Schlüsselwörter
Dietrich Bonhoeffer, protestantische Theologie, Widerstand, NS-Regime, Kirche und Gesellschaft, Glaube und Welt, Märtyrer, christliches Handeln, Sozialethik, christliche Ethik, Theologie des 20. Jahrhunderts.
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- Siegmar Faust (Author), 2003, Dietrich Bonhoeffer - Ein Märtyrer und protestantischer Theologe im 20. Jahrhundert, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/19419