Die beiden Zitate bezeichnen den Spannungsbogen, der sich über dem Begriff der Menschenrechte aufspannt. Goethe illustriert das normative Moment der Menschenrechte. Die „begeisternde Freiheit“ und die „löbliche Gleichheit“ sind allen Menschen gemein. Er rekurriert auf das Übergesellschaftliche der Menschenrechte. Kant hingegen erkennt, dass sich Wesen und Anlage der Menschen erst in einer “vollkommenen” Gesellschaftsorganisation entfalten können. Dicke knüpft an diese Gedanken an, denn laut ihm ist “in jede Menschenrechtserklärung die Gründung einer politischen Gemeinschaft impliziert.”3 Dicke bezieht sich hier auf die Bedeutung von Menschenrechten für die Gesellschaftsorganisation. Die Würde des Menschen verpflichtet zu einer gesellschaftlichen Ordnung im Sinne der Menschenrechte. Die Erklärung von Menschenrechten verweist auf eine letzte Legitimationsinstanz. Die Forderung, dass die Würde und die Rechte des Menschen geschützt werden ist eine Forderung an das Politische4. Der Staat ist seit dem westfälischen Frieden das dominierende politische System5. Deshalb entwickeln sich die Menschenrechte auch im staatlichen Rahmen. Im 21. Jahrhundert aber steht der Staat vor der existentiellen Bedrohung der Denationalisierung6. Ausgelöst wird die Denationalisierung durch die Globalisierung. Was aber bedeutet die Denationalisierung für die Zukunft der Menschenrechte? Die Menschenrechte sind auf den Schutz durch ein politisches System angewiesen. Die vorliegende Arbeit versucht diese Frage zu beantworten.
[...]
3 Dicke, Klaus: Menschenrechte und europäische Integration, Tübingen 1986, S.48
4 Vgl.: Ebd.
5 Vgl.: Blatter, Joachim: Zurück ins Mittelalter? Westfälische Souveränität als nationalstaatliche Monopolisierung der Außenpolitik, in: Österreichische Zeitschrift für Politikwissenschaft, 31 (2002) 2, S. 337-361 (2)
6 Zürn, Michael: Regieren jenseits des Nationalstaats. Globalisierung und Denationalisierung als Chance, Frankfurt am Main 1998, S. 15
Inhaltsverzeichnis
- ABBILDUNGSVERZEICHNIS
- EINLEITUNG
- Fragestellung und Vorgehensweise
- Theoretische Selbstverortung
- BEGRIFF UND PROBLEMATIK DER MENSCHENRECHTE
- Historische Entwicklung von Idee und Begriff der Menschenrechte
- Menschenrechte als normative Rechte
- Menschenrechte als positive Rechte
- Menschenrechte und Demokratie
- DENATIONALISIERUNG UND DIE FOLGEN FÜR DIE MENSCHENRECHTE
- Denationalisierung durch Globalisierung
- Demokratie- und menschenrechtspolitische Folgen der Denationalisierung
- REGIONALE MENSCHENRECHTSPOLITIK ALS FOLGE DER DENATIONALISIERUNG — EIN PHASENMODELL
- Die Entstehung von internationalen Organisationen — Menschenrechte als Norm und Kontrollinstrument
- Die Entwicklung von internationalen Organisationen bis zum 2. Weltkrieg
- Normenwandel in der internationalen Wahrnehmung der Menschenrechte nach dem zweiten Weltkrieg
- Zusammenarbeit in der Wertegemeinschaft — die internationale Organisation
- Die internationale Organisation — als Kontrollinstrument gegründet
- Supranationalisierung und Demokratisierung von internationalen Organisationen
- Trend des Zuwachses an Steuerkompetenz
- Politisierung der Gesellschaft
- Supranationalisierung und Demokratisierung
- Internationale Organisationen als menschenrechtspolitische Akteure
- Menschenrechte innerhalb der Grenzen von internationalen Organisationen
- Menschenrechte außerhalb der Grenzen von internationalen Organisationen
- Die Entstehung von internationalen Organisationen — Menschenrechte als Norm und Kontrollinstrument
- EUROPÄISCHE UNION UND MENSCHENRECHTSPOLITIK — ANWENDUNG DES PHASENMODELLS
- Die Entstehung der Europäischen Union — Normenwandel und Kontrollbedürfnis
- Normenwandel in der europäischen Wahrnehmung der Menschenrechte nach dem Zweiten Weltkrieg als Voraussetzung für die Zusammenarbeit
- Zusammenarbeit in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg — Kontrollmechanismus der mächtigen Staaten
- Supranationalisierung und Demokratisierung der Europäischen Union
- Trend des Zuwachses an Steuerkompetenz der europäischen Gemeinschaft
- Politisierung des europäischen Demos
- Demokratisierung der Europäischen Union
- Die Europäische Union als menschenrechtspolitischer Akteur
- Innereuropäische Menschenrechtspolitik der Europäischen Union
- Internationale Menschenrechtspolitik der Europäischen Union
- Fazit der empirischen Überprüfung
- Die Entstehung der Europäischen Union — Normenwandel und Kontrollbedürfnis
- QUELLENVERZEICHNIS
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die wissenschaftliche Prüfungsarbeit untersucht die Entwicklung der europäischen Menschenrechtspolitik im Kontext der Denationalisierung. Sie analysiert, inwiefern die Denationalisierung durch die Globalisierung die Menschenrechtspolitik beeinflusst und welche Rolle internationale Organisationen dabei spielen. Die Arbeit verfolgt das Ziel, ein Phasenmodell zu entwickeln, welches die interdependente Entwicklung von Menschenrechten und internationalen Organisationen abbildet. Dieses Modell wird anschließend anhand der Entwicklung der Europäischen Union empirisch überprüft.
- Die Bedeutung der Menschenrechte als Norm und Kontrollinstrument in der internationalen Politik
- Der Prozess der Denationalisierung durch die Globalisierung und seine Auswirkungen auf die Menschenrechte
- Die Rolle von internationalen Organisationen in der Entwicklung der Menschenrechtspolitik
- Die Supranationalisierung und Demokratisierung von internationalen Organisationen
- Die Europäische Union als Beispiel für die Anwendung des Phasenmodells und ihre Rolle in der europäischen und internationalen Menschenrechtspolitik
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Fragestellung und die Vorgehensweise der Arbeit vor. Sie beleuchtet die Bedeutung der Menschenrechte als normative und positive Rechte und zeigt die Herausforderungen der Denationalisierung für den Schutz der Menschenrechte auf. Die Arbeit setzt sich mit dem Begriff der Menschenrechte auseinander und analysiert die historische Entwicklung von Idee und Begriff. Sie beleuchtet die Rolle der Menschenrechte als normative und positive Rechte sowie das komplexe Wechselspiel zwischen Menschenrechten und Demokratie.
Im Kapitel „Denationalisierung und die Folgen für die Menschenrechte“ wird der Prozess der Denationalisierung als Folge der Globalisierung beschrieben. Die Arbeit analysiert die Folgen der Denationalisierung für die Menschenrechte und diskutiert, wie sich die Machtverhältnisse im Kapital-Arbeit-Konflikt durch die Globalisierung verschieben.
Das Kapitel „Regionale Menschenrechtspolitik als Folge der Denationalisierung — ein Phasenmodell“ entwickelt ein theoretisches Modell, welches die Entwicklung von internationalen Organisationen in drei Phasen beschreibt. Die Arbeit zeigt, wie die Menschenrechte als Subjekt und Objekt die Entwicklung von internationalen Organisationen beeinflussen. In der ersten Phase wird die Entstehung von internationalen Organisationen nachgezeichnet, wobei die Bedeutung der Menschenrechte als Norm und Kontrollinstrument hervorgehoben wird. In der zweiten Phase wird die zunehmende Macht der internationalen Organisationen und die damit verbundene Politisierung der Gesellschaft beschrieben. Die dritte Phase befasst sich mit der Demokratisierung von internationalen Organisationen und deren Rolle als menschenrechtspolitische Akteure.
Das Kapitel „Europäische Union und Menschenrechtsentwicklung — Anwendung des Phasenmodells“ untersucht die Entwicklung der Europäischen Union anhand des theoretischen Phasenmodells. Die Arbeit beschreibt die Entstehung der Europäischen Union als Folge des Normenwandels nach dem Zweiten Weltkrieg und analysiert die Rolle mächtiger Staaten in der Gründungsphase. Sie beleuchtet die Supranationalisierung und Demokratisierung der Europäischen Union und zeigt, wie die EU als menschenrechtspolitischer Akteur in der europäischen und internationalen Menschenrechtspolitik agiert.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Menschenrechte, die Denationalisierung, die Globalisierung, internationale Organisationen, die Europäische Union, Supranationalisierung, Demokratisierung, und die Rolle von internationalen Organisationen in der Menschenrechtspolitik.
- Quote paper
- Markus Schäfer (Author), 2012, Menschenrechte und die Europäische Union, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/193890
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