Die Formelsammlung gibt über "Spiegelung am Einheitskreis" wie folgt Auskunft:
Original und Bildpunkt haben das gleiche Argument: ihre Beträge sind zueinander reziprok.
Die Abbildung bildet jeden Kreis k der durch den Punkt ∞ ergänzten Gaußschen Ebene auf einen Kreis k' ab. Enthält k den Punkt z=0, so geht k' durch w=∞ und umgekehrt.
Um diese drei Sätze besser verstehen zu können, müssen einige Erläuterungen gegeben werden.
Inhaltsverzeichnis
1 De nition
1.1 Polarform einer komplexen Zahl
1.2 Einfuhrung des unendlich fernen Punktes
1.3 Art der Abbildung
2 Die Spiegelung als Funktion in den komplexen Zahlen 6
2.1 Die Funktion
2.2 Darstellung
2.3 Die Funktion auf der Riemannschen Zahlenkugel
3 Spiegelung von Geraden und Kreisen
3.1 Geraden werden zu Kreisen gespiegelt
3.2 Kreise werden zu Geraden gespiegelt
3.3 Geraden werden zu Geraden gespiegelt
3.4 Kreise werden zu Kreisen gespiegelt
4 Verhalten von Winkeln bei der Spiegelung
4.1 Steigung von Geraden
4.2 Steigung von Tangenten an Kreisen
4.3 Winkel zwischen einem Kreis und einer Geraden
5 Verhalten von Langen bei der Spiegelung
5.1 Der Umfang konzentrischer Kreise
5.2 Der Umfang reiner Kreise
5.3 Die Lange von Strecken
5.4 Die Lange von Kreisbogen
6 Verhalten von Flachen bei der Spiegelung
6.1 Die Flachen von konzentrischen Kreisen
6.2 Die Flachen von reinen Kreisen
1 De nition
Die Formelsammlung gibt uber Spiegelung am Einheitskreis1\ wie folgt Aus- " kunft: [1, Seite 74]
Original und Bildpunkt haben das gleiche Argument; ihre Betrage sind zueinander reziprok.
Die Abbildung bildet jeden Kreis k der durch den Punkt 1 erganzten Gau schen Ebene auf einen Kreis k0 ab. Enthalt k den Punkt z = 0, so geht k0 durch w = 1 und umgekehrt.
Um diese drei Satze besser verstehen zu konnen, mussen einige Erlauterungen gegeben werden.
1.1 Polarform einer komplexen Zahl
Bekannterma en kann man eine komplexe Zahl z auch als
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
schreiben. Dabei ist jzj der Betrag der komplexen Zahl z und = arc z ihr Argument (mit 0 arc z < 2 ). Somit bedeutet der erste Satz der De nition, da sowohl Orginal- als auch Bildpunkt den gleichen Winkel besitzen, und der Betrag des Bildpunktes gleich dem Kehrwert des Betrages des Orginalpunktes z ist. Bei der Spiegelung am Einheitskreis SE handelt es sich also um fogende Abbildung:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1.2 Einfuhrung des unendlich fernen Punktes
Betrachtet man [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]positiv uber alle x Grenzen nach +1 und fallt hingegen fur x ! 0 0 nach 1. Auf der- selben Zahlengerade haben wir also zwei unendlich ferne Punkte +1 und 1 eingefuhrt. Entsprechend konnte man fur komplexe Funktionen weitere unendlich ferne Punkte einfuhren.
Jedoch ist es sinnvoll, nur einen unendlich fernen Punkt in der komplexen Zahlenebene einzufuhren. Man kann sich das, besser als mit der Gau schen Zahlenebene, durch die Riemannsche Zahlenkugel\ veranschaulichen.
Wir legen hierzu um den Nullpunkt der Ebene der komplexen Zahlen eine Kugel vom Radius 1. Verbinden wir dann den Nordpol\ N der Ein heitskugel, der lotrecht uber dem Nullpunkt liegt, mit einem Punkt P der Gau schen Zahlenebene, so konnen wir diesem Punkt den Schnittpunkt P 0 der Geraden N P mit der Kugel zuordnen (siehe Abb. 1). Jedem Punkt der Zahlenebene entspricht dann genau ein Punkt auf der Kugel, der sogenannten Zahlenkugel\ .Den Punkten au erhalb des Einheitskreises der Zahlenebene " entsprechen Punkte auf der oberen Halbkugel, den Punkten im Inneren des Einheitskreises entsprechen die Punkte der unteren Zahlenhalbkugel.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Die Riemannsche Zahlenkugel
Umgekehrt entspricht auch jedem Punkt P 0 der Zahlenkugel mit Aus- nahme des Punktes N in eindeutiger Weise ein Punkt der Zahlenebene, als eine komplexe Zahl, namlich der Schnittpunkt des Strahls [N P 0 mit der Zah- lenebene.
Wir vereinbaren, auch dem Punkt N einen Punkt der komplexen Zah- len zuzuordnen, den wir als den unendlich fernen Punkt\ der Ebene der " komplexen Zahlen bezeichnen, und mit dem Symbol 1 versehen.
Wie im Reellen ist jedoch auch im Komplexen 1 keine Zahl im Sinne der Rechengesetze. Wir legen fest:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Ein in der De nition nicht behandelter Spezialfall ware, wenn eine Gerade bzw. ein Kreis sowohl durch den Ursprung als auch durch 1 verliefe. Dabei wird der Ursprung auf 1 gespiegelt und umgekehrt, so da wieder ein Kreis durch diese beiden Spezialpunkte entsteht, also eine Gerade. Es wird sich spater noch zeigen, da dabei Orginal- und Bildgerade identisch sind, nur der Durchlaufsinn sich andert.
An dieser Stelle kann man die Abbildung auch noch auf Fixpunkte unter- suchen. Es wird spater bewiesen, da alle Punkte des Einheitskreises selbst Fixpunkte sind. An diesen Stellen sind also Orginal- und Bildpunkte iden- tisch.
2 Die Spiegelung als Funktion in den kom- plexen Zahlen
2.1 Die Funktion
Als die beiden wichtigsten Eigenschaften der Spiegelung haben wir bisher genannt:
1. Der Abstand des Punktes zum Ursprung ist reziprok dem Abstand des Bildpunktes zum Ursprung.
2. Der Winkel zwischen der Gerade Punkt-Ursprung und der Realachse ist gleich dem Winkel der Gerade Bildpunkt-Ursprung und der Realachse.
Somit ergibt sich unmittelbar eine Funktion in der Polarkoordinatenschreib- weise:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Als Funktion der komplexen Zahlen ergibt sich demnach:
Bekanntlich ist
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
nur noch einen konjungierten Winkel. Dies erreicht man einfach durch die Verwendung der konjungierten Zahl z. Somit ergibt sich fur die Spiegelung am Einheitskreis in den komplexen Zahlen die Funktion:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Wendet man die Abbildungsvorschrift zweimal auf einen Punkt an, so verandert sich die Lage dieses Punktes nicht:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Eine Abbildung, wie diese, bei der eine zweifache Spiegelung keiner Spiegelung gleichkommt, bezeichnet man als Involution (oder involutorisch). [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]
Zur Herleitung der Funktionsgleichung wurden Polarkoordinaten benutzt, doch sind auch die karthesischen Koordinaten interessant. Setzen wir also den Punkt P an mit den Koordinaten P (a=b). Dann ist sein Bildpunkt P0(a0=b0). a bzw. a0 ist die x-Koordinate des Punktes P bzw. P0, oder der Realteil. Fur den Realteil eines komplexen Punktes gilt [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]. Somit berechnet sich a0 nach:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
fur die Darstellung der De nitionsmenge und zwei Dimensionen fur die Wertemenge. Deshalb sind andere Verfahren entwickelt worden. Eines davon erscheint mir fur unsere Betrachtungen sehr geeignet:
Man nehme die De nitionsmenge als Menge der Gau schen Zahlen und setze darauf (als 3. Dimension) den Betrag des Funktionswertes an der ent sprechenden Stelle. Nach dieser Anleitung wurde sich fur unsere Funktion
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Bei der in Abb. 1 skizzierten sogenannte stereographischen Projektion\2 werden Geraden in Kreise durch N auf der Zahlenkugel abgebildet, da jede Ebene durch N und eine Gerade in der x; y-Ebene die Kugel in ei- nem durch N gehenden Kreis schneidet. Samtliche Geraden gehen also durch den\ unendlich fernen Punkt der komplexen Zahlenebene. Gleichgultig, ob " wir auf der reellen Achse der z-Ebene uber positive oder negative Werte nach Unendlich gehen oder auf der imaginaren Achse oder auf irgendeiner anderen Gerade nach einer der beiden Seiten uber alle Grenzen wandern, wir kommen stets in den unendlich fernen Punkt z =1, nur unter jeweils verschiedenen Richtungen, wie die Projektion auf der Zahlenkugel veranschaulicht. Im Punkt z = 1 der komplexen Zahlenebene ist daher, ebenso wie im Punkt z =0, das Argument arc z nicht de niert.
(Entnommen aus [[2], Seiten47.].)
Art der Abbildung
Nachdem in die Gau sche Zahlenebene um den Punkt erweitert wurde, lassen sich auch die letzten zwei Satze der De nition besser verstehen: Man kann davon ausgehen, da es sich bei Geraden um einen Spezialfall von Krei- sen handelt, namlich um Kreise mit unendlich gro en Radien. Ein Punkt dieser geraden Kreise\ ist also. Unter dieser Annahme kann man also sagen, da Kreise wieder auf solche abgebildet werden, die Abbildung ist also kreistreu. Ist ein einziger Punkt eines Orginal- oder Bildkreises jedoch der Ursprung, so wird dieser nach der Abbildungsvorschrift auf [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] bildet. Das bedeudet, da der entsprechende Bildkreis durch1 lauft, und
somit eine Gerade darstellt. Umgekehrt gilt dasselbe.
Darstellung
Grundsatzlich stellt sich bei Funktionen in den komplexen Zahlen (im folgen- den komplexe Funktionen\ genannt) das Problem der Darstellung. Bei den " reellen Zahlen war man es gewohnt, da man ein2 -dimensionales Koordina- tensystem schuf, wobei eine Dimension die gegebenen Werte (x-Werte) uber- nahm und die andere die entsprechenden Funktionswerte (y-Werte). Wollte man dieses System auch bei den komplexen Funktionen beibehalten, so wurde man ein 4 -dimensionales Koordinatensystem benotigen: zwei Dimensionen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Die Funktion f (z) =1 z
Jedoch soll hier noch eine zweite Moglichkeit der Darstellung gezeigt wer- den. Betrachtet man die De nitionsmenge nicht mehr als Flache sondern setzt diese aus einfachen, leicht beschreibbaren Kurven zusammen, so bildet die Spiegelung dieser einzelnen Kurven die Wertemenge. Sind beide Mengen leicht uberschaubar, so kann man sie zusammen in ein Koordinatensystem projizieren. Es hat sich oft als nutzlich herausgestellt, als De nitionsmenge ein Koordinatensystem zu wahlen (mehrere Geraden), und uber die Abbil- dungsvorschrift zu spiegeln. In unserem Fall erhalten wir ein Bild wie Abbil- dung 3 zeigt.
Die Funktion soll hier nicht weiter diskutiert werden, da dies den Rahmen dieser Arbeit sprengen wurde.
[...]
1 Unter dem Einheitskreis versteht man den Kreis, dessen Mittelpunkt mit dem Ur- sprung eines Koordinatensystems ubereinstimmt und dessen Radius genau eine Einheit betragt.
2 Stereographsche Projektion (gr.) ist eine kreistreue Art der Darstellung raumlicher Objekte.