„Ich verzichtete darauf, ihr mitzuteilen, dass mir der Wahnsinnige leider gar nichts gegeben hat, und zeigte ihr
bloß den Stinkefinger. Sie griff nach der Familiy-Size-Lavendelseife und warf sie mir an den Kopf. Ich brüllte:
Spinnst Du, Weib?”1 so lautet ein Zitat, welches das Verhältnis zwischen Sebastian alias „Bonsai“ und seiner
„Alleinerzieherin” wohl am treffendsten beschreibt.2 Von einem harmonischen Familienleben und einer
typischen Rollenverteilung kann in diesem Kinder- und Jugendroman, welcher 1997 erstmals erschien, nicht die
Rede sein. Aber dieses näher zu beschreiben, wird auf den folgenden Seiten meine Aufgabe sein. Um die
Kinder- und Jugendliteratur Christine Nöstlingers im Vergleich zu analysieren, ziehe ich einen weiteren
Jugendroman der benannten Autorin hinzu, der 1995 veröffentlicht wurde – „Sowieso und Überhaupt”.
„Vor allem für meinen Papa muß es eine pikante Situation gewesen sein! Mit der Ex-Frau, der fast schon Ex-
Freundin und dem Freund der Ex-Frau gemeinsam hobbyzuwerken, ist ja einigermaßen unalltäglich.”3 Sätze, die
wiederspiegeln, dass sich Familie Poppelbauer in einer nicht alltäglichen familiären Situation befindet.
Nachdem der Inhalt beider Bücher vorgestellt wurde, folgen die darauf aufbauenden Charakteranalysen der
Hauptfiguren. Es wird sich also zeigen, dass Bonsai, ein körperlich unterentwickelter pubertierender Junge mit
schwarzen Löckchen, in seinem Leben gerade ganz andere Probleme hat als seine Körpergröße. Das schlechte
Verhältnis zu seiner Mutter spielt dabei eine eher untergeordnete Rolle. Vielmehr beschäftigt ihn da sein nur
theoretisch vorhandenes Sexualverhalten, und dann ist da noch das merkwürdige Benehmen seiner
„Wippschaukel”-Cousine Eva-Maria, die eines Nachts fast nackt vor ihm steht.4
Ganz im Gegenteil dazu steht die Familie Poppelbauer, die nur die ganz „normalen” Familienprobleme hat. Von
wegen Trennung, sogar Scheidung und neue Ersatzelternteile...mit diesen und einigen weiteren Problemen haben
die Kinder der Familie Poppelbauer zu kämpfen-Ani, Karli und Speedi. Themen die in der heutigen Kinder- und
Jugendliteratur häufig aufgegriffen werden.
Im dritten Teil dieser Arbeit möchte ich eine Analyse der Inhalte und Figuren unter dem Gesichtpunkt der
realistischen Figurenzeichnung vornehmen. [...]
1 Nöstlinger; Christine: Bonsai. Weinheim: Beltz 2000.S.137
2 ebd. S.7
3 Nöstlinger, Christine: Sowieso und Überhaupt. Wien: Dachs 1991. S. 141
4 Nöstlinger: Bonsai. S 19
Gliederung
1. Einleitung
2. Inhaltliche Darstellung der Bücher “Sowieso und Überhaupt” und “Bonsai”
2.1. “Sowieso und Überhaupt”
2.1.1. Zusammenfassung des Inhaltes
2.1.2. Charakterisierung der Haupthandelnden
2.2. “Bonsai”
2.2.1. Zusammenfassung des Inhaltes
2.2.2. Charakterisierung der Haupthandelnden
3. Vergleichende Analyse der Haupthandelnden unter dem Aspekt des Realismus bei der Figurenzeichnung
3.1. Literaturtheoretische Betrachtung
3.2. Darstellung beider Jugendromane unter dem Aspekt des gewandelten
Familienlebens in der antiautoritären Kinder- und Jugendliteratur
4. Zusammenfassung
5. Literaturangaben
1. Einleitung
„Ich verzichtete darauf, ihr mitzuteilen, dass mir der Wahnsinnige leider gar nichts gegeben hat, und zeigte ihr bloß den Stinkefinger. Sie griff nach der Familiy-Size-Lavendelseife und warf sie mir an den Kopf. Ich brüllte: Spinnst Du, Weib?”[1] so lautet ein Zitat, welches das Verhältnis zwischen Sebastian alias „Bonsai“ und seiner „Alleinerzieherin” wohl am treffendsten beschreibt.[2] Von einem harmonischen Familienleben und einer typischen Rollenverteilung kann in diesem Kinder- und Jugendroman, welcher 1997 erstmals erschien, nicht die Rede sein. Aber dieses näher zu beschreiben, wird auf den folgenden Seiten meine Aufgabe sein. Um die Kinder- und Jugendliteratur Christine Nöstlingers im Vergleich zu analysieren, ziehe ich einen weiteren Jugendroman der benannten Autorin hinzu, der 1995 veröffentlicht wurde – „Sowieso und Überhaupt”.
„Vor allem für meinen Papa muß es eine pikante Situation gewesen sein! Mit der Ex-Frau, der fast schon Ex- Freundin und dem Freund der Ex-Frau gemeinsam hobbyzuwerken, ist ja einigermaßen unalltäglich.”[3] Sätze, die wiederspiegeln, dass sich Familie Poppelbauer in einer nicht alltäglichen familiären Situation befindet.
Nachdem der Inhalt beider Bücher vorgestellt wurde, folgen die darauf aufbauenden Charakteranalysen der Hauptfiguren. Es wird sich also zeigen, dass Bonsai, ein körperlich unterentwickelter pubertierender Junge mit schwarzen Löckchen, in seinem Leben gerade ganz andere Probleme hat als seine Körpergröße. Das schlechte Verhältnis zu seiner Mutter spielt dabei eine eher untergeordnete Rolle. Vielmehr beschäftigt ihn da sein nur theoretisch vorhandenes Sexualverhalten, und dann ist da noch das merkwürdige Benehmen seiner „Wippschaukel”-Cousine Eva-Maria, die eines Nachts fast nackt vor ihm steht.[4]
Ganz im Gegenteil dazu steht die Familie Poppelbauer, die nur die ganz „normalen” Familienprobleme hat. Von wegen Trennung, sogar Scheidung und neue Ersatzelternteile...mit diesen und einigen weiteren Problemen haben die Kinder der Familie Poppelbauer zu kämpfen-Ani, Karli und Speedi. Themen die in der heutigen Kinder- und Jugendliteratur häufig aufgegriffen werden.
Im dritten Teil dieser Arbeit möchte ich eine Analyse der Inhalte und Figuren unter dem Gesichtpunkt der realistischen Figurenzeichnung vornehmen. Hierbei wird ein besonderer Schwerpunkt auf dem Begriff des Realismus liegen. Neben anderen literaturtheoretischen Aspekten, wie zum Beispiel der Erzählsituation oder strukturellen Merkmalen beider Bücher, werden auch inhaltliche Vergleiche herangezogen. Eine besondere Position wird hier die antiautoritäre Kinder- und Jugendliteratur einnehmen, deren Auswirkungen auf die Jugendromane „Sowieso und Überhaupt” und „Bonsai” nicht zu übersehen ist. Dies hat unter anderem seine Ursache darin, dass Christine Nöstlinger zu den Hauptvertreterinnen eben dieses Genres gehört und ihre literarischen Werke auch entsprechend gestaltet. Neben diesem kritischen Gesellschaftsblick besitzen Nöstlinger-Romane meist ein hohes Maß an ironischem Humor, der den Leser auf witzige Art und Weise ans Geschehen bindet. Allen voran steht immer das Ziel die Wirklichkeit so wahrheitsgetreu wie möglich und individuell nachvollziehbar zu gestalten. Ob dies in den angesprochenen Romanen gelingt, wird auf den folgenden Seiten zu erfahren sein.
Den Abschluss dieser Arbeit wird, wie es die Form gebietet, eine Zusammenfassung bilden.
2. Inhaltliche Vorstellung der Bücher „Sowieso und Überhaupt” und „Bonsai”
2.1 „Sowieso und Überhaupt”
2.1.1 Zusammenfassung des Inhaltes
Die mehr oder weniger normale Familie Poppelbauer, der auch die drei Kinder Ani, Karli und Speedi angehören, wohnt in einem Haus in Wien. Ani, der eigentlich Anatoll heißt und 13 Jahre alt ist, hat durch einen Zufall herausgefunden, dass sein Vater eine Affäre mit einem „Wilma-Fisch” hat.[5] Anfangs sucht er die Hilfe seiner älteren Schwester Karli, muss dann aber einsehen, dass sie eine rosarote Brille auf hat und den Ernst der Lage nicht erkennt. Ani ist sich nämlich nicht im Klaren darüber, ob er seiner Mutter etwas erzählen soll bzw. ob sie vielleicht schon vom „Wilma-Fisch” weiß. Ani kommt zu dem Schluss, dass seine Mutter eigentlich über die Affäre ihres Mannes Bescheid wissen müsste, da die Last der Indizien sehr stark gegen seinen Vater spricht. So fährt der Herr Vater angeblich jedes Wochenende mit seinen Freunden zum Angelausflug, kehrt jedoch immer mit sauberen Stiefeln und ohne Fisch nach Hause zurück. Schließlich fasst Ani den Entschluss, der Mutter nichts zu sagen, da diese schon viel zu viele Probleme mit ihren schlechtgehenden Wollgeschäft hat. So verwundert es nicht, dass das Wollgeschäft auch zu den Lieblingsstreitthemen der Eltern gehört, da das Geschäft mehr Ausgaben als Einnahmen bringt und die Mutter wegen des Verlustes ihres Co.-Partners sehr wenig Zeit für die Kinder hat. Deswegen wird der Kleinste der Familie, Speedi, auch ständig von einem zum anderen “gereicht” und ist davon gar nicht begeistert, weil er unter anderem auch bei der Großmutter landet und diese immer versucht ihre unerzogenen Enkelkinder in „Intensivtrainings” zu erziehen. Viel lieber ist Speedi da bei seiner Oma, aber die wohnt am anderen Ende der Stadt und schafft den langen Weg immer seltener.[6]
Eines Tages fasst Speedi den Entschluss zur Oma zu ziehen, weil sein Papa zum wiederholten Male ein Versprechen gebrochen hat. Glücklicherweise trifft er unterwegs seine Schwester Karli, die ihn missmutig bis zur Oma bringt. Dort angekommen muss Speedi erkennen, dass die Oma nicht daheim ist, und beschließt, über das Baugerüst ins offen stehende Fenster der Oma zu klettern, um in ihrer Wohnung auf sie zu warten. Währenddessen ruft die Nachbarin die Eltern wegen eines vermeintlichen Einbrechers an. Als die herbeigeeilten Eltern erfahren, dass Speedi über das Baugerüst geklettert ist und sie eigentlich Schuld sind, beschließen sie wegen des glücklichen Ausgangs eine kleine „See-Grill–Party” zu feiern.[7]
Allerdings ist der Frieden bei den Poppelbauers nicht von langer Dauer. Als alle drei Kinder krank sind, kommt es zwischen den Eltern wieder zum Streit und der Vater verlässt mit gepackten Koffern die Wohnung. Nachdem der Vater der Familie sich 6 Tage nicht gemeldet hat, wird auch Karli langsam wütend, obwohl sie sich eigentlich fest vorgenommen hatte, unparteiisch zu bleiben. Der einzige, der etwas gegen diese missliche Lage unternimmt ist Speedi. Dieser besucht seinen Vater im Büro und ringt ihm das Versprechen ab, abends nach Hause zu kommen. Aber auch dieses Versprechen hält der Vater nicht, und so packt Karli die nächstbeste Gelegenheit beim Schopfe und fragt ihren Vater, wie es nun weiter gehen soll. Nach einigem hin und her gibt der Vater zu, dass es wohl auf eine Scheidung hinaus laufen wird. Nachdem Speedi herausfindet, dass das Haus der Eltern verkauft werden soll, werden die Kinder das erste Mal mit dem finanziellen Lage der Familie Poppelbauer konfrontiert und müssen erkennen, dass sie in eine kleinere Wohnung umziehen müssen. Die neue Wohnung der restlichen Familie Poppelbauer ist ein Glück im Unglück. Einerseits liegt sie genau über dem Wollgeschäft der Mutter, und so kann Speedi auch allein daheim bleiben. Andererseits muss sich Ani mit Speedi ein Zimmer teilen. Davon ist Ani alles andere als begeistert, weil er keine Ruhe mehr zum lesen hat und sich von Speedi gestört fühlt. Eines Tages will Ani seinem Vater im Büro einen Besuch abstatten. Dabei lernt er Wilma kennen, und so ergibt es sich, dass Ani trotz Widerstand seiner Mutter in die neue Wohnung des Vaters einzieht, um sein eigenes Zimmer und Ruhe zu haben. Nach einiger Zeit stellt Ani fest, dass es auch in der Beziehung zwischen Wilma und Papa Probleme gibt. Unterdessen hat Karli wiedereinmal oder immer noch Probleme in der Schule, weil sie entweder sitzen bleiben wird oder zwei Nachprüfungen zu absolvieren muss, und ihr beides erhebliche Schwierigkeiten machen wird. Währenddessen hat die Mutter eine nicht nur berufliche Beziehung zu dem Steuerberater Zwickleder aufgebaut und trifft sich nun, zum Ärgernis von Karli, immer öfter mit ihm. Aber auch bei Wilma und Papa gefällt es Ani nicht lang und er kehrt wieder zu seiner sehr gerührten Mutter zurück. Aber da ergeben sich wieder die nächsten schwerwiegenden Probleme. Der Co.-Partner vom Wollgeschäft will seine Investitionen ausgezahlt bekommen und bringt die Mama in existenzielle Nöte. Also versuchen die Kinder, leider erfolglos, das Geld beim Vater zu erbitten, weil sie befürchten, dass die Mama sich das Geld vom Zwickleder borgen möchte, und ihnen vielleicht ein neuer Vater ans Bein gebunden wird. Das Problem klärt sich auf wundersame Weise als Wilma der neue Co.-Partner des Wollladens wird. Währendessen wird Anis Verhalten zunehmend merkwürdiger, z.B. hat er sich in seinem Zimmer eine Hütte gebastelt, in der er nun tagsüber haust, und die er nur selten verlässt. Eines Tages als Ani zufällig unterwegs ist, um sich mehr Bücher zu besorgen, geht die Pappbude durch Speedi zu Bruch. Um einen „Brudermord” zu verhindern, ruft die Mutter alle Menschen herbei, die ihr in den Sinn kommen. Letztendlich versuchen Mama und Papa mit Wilma und Hr. Zwickleder den Schaden zu beheben und beschließen, im Zimmer lieber ein Trennwand zu errichten. Als Karli mit ihrem neuen und alten Freund Wuzi aus dem Freibad wieder nach Hause kommt, denkt sie, die Trennwand wäre Anis Geburtstagsgeschenk. Da bemerken alle Erwachsen erkennen, dass sie Anis Geburtstag vergessen haben, was aber nicht allzu schlimm ist, weil Ani sich riesig über seine eigenen 4 Wände freut.
Am Ende erkennt Karli, dass es nicht schlimm ist auf mehrere Ersatzelternteile zurückgreifen zu können, weil man mehr Hilfe bekommt, wenn es darauf ankommt.
2.1.1. Charakterisierung der Haupthandelnden
Anatoll Poppelbauer ist neben seinen zwei Geschwistern, einer der Hauptagierenden. Sein Spitzname ist Ani, und er ist 13 Jahre alt. Zu der äußerlichen Erscheinung der Personen wird nichts gesagt. Ani ist sehr intelligent und liest für sein Leben gerne. Er hält sich für einen bescheidenen, pflegeleichten Knaben und will eigentlich nur genug Ruhe für seine Bücher haben. Er ist das einzige Kind der Familie, dass den Ernst der elterlichen Streitlage erkennt und etwas unternehmen will. Ani findet es ungerecht, dass sich Kinder ihre Eltern nicht aussuchen können und mit den „zugeteilten” Umständen leben müssen. Daher hält er es für sinnvoll, eine Probeehe einzuführen, d. h. ein Paar sollte erst lange Zeit zusammengelebt und sich geliebt haben bevor es Kinder in die Welt setzen darf. Zu seinem kleinen Bruder Speedi hat Ani eine theoretische und eine praktische Liebe. Solange sein kleiner Bruder weit weg ist, hat Ani ihn sehr lieb, aber sobald er sich in Anis Nähe befindet und ihn nervt, verhält sich Anis Liebe eher theoretisch als praktisch. Von seiner Schwester behauptet Ani, dass sie eine rosarote Brille auf der Nase trägt und den Ernst der Lage nicht sehen will. Er hält sie für eine „mittelmäßige Durchschnittschnepfe.”[8] Neben den kleinen Streitereien mit seinen Geschwistern, legt sich Ani manchmal mit seinem Lehrer an und stellt dessen Verhalten und Grundsätze in Frage. Zu Erwachsenen hat Ani ein gespaltenes Verhältnis, weil sie die Regeln, die sie predigen, selbst nicht einhalten. Ani hat sich an die elterliche Streitlage schon gewöhnt und nutzt das schlechte Gewissen seines Vaters manchmal aus, um z.B. einen Brief für den Direktor unterschreiben zu lassen. Er kann seinem Vater schon ansehen, wenn er lügt.[9] Den Erwachsen, besonders seinen Lehrern, wirft Ani Unehrlichkeit vor, weil sie sich nicht an die Grundsätze halten, die sie den Kindern „predigen”.[10] Ani hält Kinder prinzipiell für die besseren Menschen und wundert sich, dass die Erwachsen sich ihrer Armseeligkeit nicht bewusst sind .[11]
Ani ist also in der Lage, seine Probleme selbst zu lösen. Wie alle Kinder dieser Familie ist er sehr selbständig und ehrlich und befindet sich mitunter in Gewissensnöten, weil er nicht weiß, ob er seiner Mutter von der Affäre seines Vaters erzählen soll. Als sich im Laufe der Handlung die Familie teilt, versucht Ani seinen Vater zu vergessen, um die Trennung seiner Eltern besser zu bewältigen.
Karli Poppelbauer ist die ältere Schwester von Ani und heißt eigentlich Karoline. Sie ist ungefähr 15 Jahre alt und hat starke Probleme in der Schule, weil sie sich nicht konzentrieren kann. Sie würde viel lieber handwerklich arbeiten, und z.B. Hüte machen oder Blumensträuße zusammenstellen, aber da in ihrer Familie der höhere Bildungsabschluss allgegenwärtig ist, kann sie sich in diesem Bereich kein Gehör verschaffen.[12] Karli verhält sich anfangs eher abwartend, weil sie die Streitigkeiten ihrer Eltern und die kleine Affäre für “normal” hält. Sie hält sich für weniger intelligent als Ani und kann ihm in manchen Angelegenheiten auch nicht widersprechen. Obwohl sich Karli zu Beginn vorgenommen hat sich ihren Eltern gegenüber unparteiisch zu verhalten, gerät sie durch die Entwicklung doch eher auf die Seite der Mutter. Neben diesen Schwierigkeiten, befindet sie sich auch gerade in ihrer Selbstfindungsphase, wie z.B. ihr Verhältnis zur Schminke und selbstverständlich auch zu Jungs zeigt.[13] Sie gibt ihren Taschengeldvorschuss, im Gegenteil zu Ani, eher für Kosmetik aus, bemalt sich dann zu Hause vor dem Spiegel, um sich bevor sie das Haus verlässt, schnell wieder abzuschminken. Karli ist schon seit einiger Zeit mit ihrer Sandkastenbekanntschaft Wuzi zusammen, der eine “Seele von einem Menschen ist”.[14] Im Gegensatz zu Ani hat Karli die “Durchschlagskraft” und kann sich in problematischen Situationen gegen die Großmutter oder den Vater zur Wehr setzen.[15] In solchen Momenten sieht sie sich selbst auch nur als „doppelstöckigen Zwerg” das heißt, dass sie sich zwar als großes, aber immer noch als Kind sieht.[16]
Der Kleinste in der Familie Poppelbauer ist der 7-jährige Benjamin, der von allen Speedi genannt wird und ein kleiner Quälgeist ist. Speedi hält die ständigen Streitereien der Eltern für ganz normal, weil er nichts anderes kennt. Im Buch wird er als Ergebnis eines “intensiven Versöhnungsversuchs” vor der Langzeitkrise seiner Eltern beschrieben.[17] Nur in der Schule merkt Speedi, dass es auch schöner und friedlicher in Familien zu gehen kann. Er reagiert ziemlich eigenwillig auf die gebrochenen Versprechen seines Vaters, zum Beispiel will er zur Oma ziehen, als sein Vater nicht mit ihm in den Supermarkt fährt.[18] Dennoch hat Speedi in anderen Fällen ein unerschütterliches Vertrauen in die Versprechen seines Vaters. Als dieser z. B. sein Versprechen bricht abends nach Hause zu kommen und Speedi am nächsten Morgen glaubt, dass sein Vater doch da war und seine Mutter ihm das verheimlichen will.[19] Speedi ist, wie seine Geschwister, ziemlich selbständig und direkt. Zu den Verboten seiner größeren Geschwister hat er sein, von Widerwillen geprägtes, Verhältnis. So missachtet er die Verbote zuweilen und richtet dadurch meist mehr oder minder großen Schaden an. So geht zum Beispiel der Zusammenbruch von Anis Papphütte auf sein Konto oder die Tintenflecken auf den Büchern und Heften in Karlis Zimmer.[20] Speedis liebste Bezugspersonen sind die Oma und Wuzi, weil sie ihn besser behandeln als seine Geschwister oder Eltern.
[...]
[1] Nöstlinger; Christine: Bonsai. Weinheim: Beltz 2000.S.137
[2] ebd. S.7
[3] Nöstlinger, Christine: Sowieso und Überhaupt. Wien: Dachs 1991. S. 141
[4] Nöstlinger: Bonsai. S 19
[5] Nöstlinger: Sowieso und Überhaupt, 1991. S. 11
[6] ebd. S. 63
[7] ebd. S.46
[8] ebs. S. 64
[9] ebd. S. 59
[10] ebd. S. 18 u.32
[11] ebd. S. 32
[12] ebd. S.70
[13] ebd. S. 33ff u. 67 u. 132
[14] ebd. S. 73
[15] ebd. S. 65 u.68
[16] ebd. S. 69
[17] ebd. S. 72
[18] ebd. S. 37ff
[19] ebd. S. 72ff
[20] ebd. S. 36 u.139
- Quote paper
- Jessica Karcher (Author), 2001, Realismus in der Figurenzeichnung bei Chrístine Nöstlinger, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/19233
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