„,[I]ch muss in einer Glückshaut geboren sein’“.1 Diese Erkenntnis lässt der Erzähler den
einfältigen Protagonisten des Grimmschen Märchens Hans im Glück (KHM 83) machen.
Nicht immer wird das Glück so offen zum Thema des Märchengeschehens wie in dieser
Erzählung. Doch spätestens die formelhaften Schlusssätze der meisten Märchen aus der
Grimmschen Sammlung lassen keinen Zweifel mehr an dem Glück der Protagonisten:
„[…], und sie lebten glücklich und zufrieden bis an ihr Lebensende.“ Doch worin besteht
deren Glück? Nicht nur das Fehlen jeglicher Ausschmückung von diesem macht die
Bestimmung des Glücks im Märchen schwer, auch semantisch ist der Begriff des Glücks
im deutschen Sprachraum problematisch, da er mehrfach konnotiert ist. Wohlstand
(prosperitas), Zufriedenheit (felicitas), Schicksal (fortuna) oder Geschick – Glück hat viele
Namen und die Frage, was wahres Glück ist und wie dieses zu erreichen ist, ist älter als die
Philosophie2. Im Gegensatz zur realen Welt scheint im Märchen, wo sich Wirklichkeit und
Phantasie verschwistern, das Glück des Helden selbstverständlich, wodurch die Frage
aufgeworfen wird, inwieweit der Protagonist seines eigenen Glückes Schmied sein kann –
oder dessen Schicksal durch die narrative Struktur des Märchens vorherbestimmt ist. Ziel
der Arbeit ist es, die Bedeutung des Glücks für die Struktur und die Moral des Märchens
zu eruieren. Gegenstand der Untersuchung bilden die Kinder- und Hausmärchen der
Brüder Grimm in ihrer dritten und am weitesten verbreiteten Auflage aus dem Jahr 1837.
Im Mittelpunkt der Analyse steht dabei das Zaubermärchen, als Prototyp des
Glücksmärchens, wobei auch auf Unterschiede zu anderen Gattungen, hier ist vor allem
das Schwankmärchen zu nennen, verwiesen werden soll. Der erste Teil der Arbeit widmet sich der Frage, inwiefern das Märchenglück in
Verbindung mit der von den Brüdern Grimm intendierten „guten Lehre“ der Märchen
steht. Anschließend soll anhand ausgewählter Strukturelemente der Weg des Helden vom
Auszug bis hin zum Happy End, als Gipfel des Märchenglücks, verfolgt und hinsichtlich
der jeweiligen Funktion des Glücks untersucht werden. In einem dritten Teil gilt es die
Erkenntnisse aus den beiden vorangegangenen Gliederungspunkten an drei Märchen aus
der Sammlung Grimm zu exemplifizieren, wobei entsprechend dem mehrfach konnotierten
Glücksbegriff die Auswahl verschiedene Formen des Glücks und Wege der Helden zu diesem umfassen soll.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Der Sieg des Guten oder der Sieg des Glücks - Die Grimmschen Märchen zwischen Glück und Moral
- 3. Das Glück in der narrativen Struktur des Märchens
- 3.1 Glück und Unglück als Handlungskatalysatoren
- 3.2 Die Bewährung des Helden
- 3.3 Glück durch Helfer
- 3.4 [...] und waren alle drei so recht vergnögt [...] ― das obligatorische „Happy End“ des Märchens
- 4. Formen und Wege des Glücks in den Kinder- und Hausmärchen
- 4.1 Durch Tugend zum Glück: Aschenputtel
- 4.2 Zum Glücklichsein determiniert: Der Teufel mit den drei goldenen Haaren
- 4.3 Inneres vs. äußeres Glück: Hans im Glück
- 5. Schlussbetrachtungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Bedeutung von Glück in den Märchen der Brüder Grimm, insbesondere im Hinblick auf die moralische Botschaft und die narrative Struktur. Es wird analysiert, inwieweit Glück mit moralischem Handeln korreliert und ob das Glück der Protagonisten vorherbestimmt ist oder durch deren eigenes Handeln beeinflusst wird. Die Untersuchung konzentriert sich auf das Zaubermärchen als Prototyp des Glücksmärchens, vergleicht es aber auch mit anderen Gattungen wie dem Schwankmärchen.
- Zusammenhang zwischen Glück und Moral in den Grimmschen Märchen
- Die Rolle des Glücks in der narrativen Struktur des Märchens
- Verschiedene Formen und Wege zum Glück in den Märchen
- Vergleich von Zaubermärchen und Schwankmärchen hinsichtlich des Glücksmotivs
- Analyse ausgewählter Märchen (Aschenputtel, Der Teufel mit den drei goldenen Haaren, Hans im Glück)
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik ein und beschreibt die Problematik der Definition von Glück. Sie stellt die Forschungsfrage nach der Bedeutung des Glücks für die Struktur und Moral der Grimmschen Märchen und skizziert den Aufbau der Arbeit. Die Arbeit konzentriert sich auf die Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm (1837) und analysiert das Zaubermärchen als Prototyp des Glücksmärchens, wobei auch Vergleiche zu anderen Gattungen angestellt werden.
2. Der Sieg des Guten oder der Sieg des Glücks - Die Grimmschen Märchen zwischen Glück und Moral: Dieses Kapitel untersucht den Zusammenhang zwischen Glück und Moral in den Grimmschen Märchen. Es hinterfragt, ob Glück mit moralischem Handeln gleichzusetzen ist und ob tugendhaftes Verhalten zwingend zum Glück führt. Beispiele wie Frau Holle (KHM 24) und Die Gänsemagd (KHM 89) werden herangezogen, um die komplexen Beziehungen zwischen Glück, Moral, List und Betrug zu beleuchten. Der Unterschied zwischen Zaubermärchen und Schwankmärchen bezüglich der Mittel zum Erreichen von Glück wird hervorgehoben. Das Kapitel hinterfragt die oft vereinfachte Gleichsetzung von Glück und Tugendhaftigkeit.
Schlüsselwörter
Märchen der Brüder Grimm, Glück, Moral, narrative Struktur, Zaubermärchen, Schwankmärchen, Handlungskatalysator, Held, Happy End, Tugend, List, Betrug, Aschenputtel, Der Teufel mit den drei goldenen Haaren, Hans im Glück.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: Der Sieg des Guten oder der Sieg des Glücks - Die Grimmschen Märchen zwischen Glück und Moral
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit untersucht die Bedeutung von Glück in den Märchen der Brüder Grimm. Sie analysiert den Zusammenhang zwischen Glück und Moral, die Rolle des Glücks in der narrativen Struktur und verschiedene Wege zum Glück in den Märchen. Dabei werden Zaubermärchen im Vergleich zu Schwankmärchen betrachtet.
Welche Märchen werden analysiert?
Die Arbeit konzentriert sich auf die Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm (1837). Ausgewählte Märchen wie Aschenputtel, Der Teufel mit den drei goldenen Haaren und Hans im Glück werden im Detail analysiert, um die verschiedenen Facetten des Glücksmotivs zu beleuchten. Weitere Beispiele wie Frau Holle und Die Gänsemagd werden herangezogen, um die komplexen Beziehungen zwischen Glück, Moral, List und Betrug zu illustrieren.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in fünf Kapitel: Einleitung, Der Sieg des Guten oder der Sieg des Glücks, Das Glück in der narrativen Struktur des Märchens, Formen und Wege des Glücks in den Kinder- und Hausmärchen und Schlussbetrachtungen. Jedes Kapitel beleuchtet einen Aspekt der Thematik, beginnend mit der Einleitung der Problematik und endend mit einer zusammenfassenden Schlussbetrachtung.
Welchen Zusammenhang untersucht die Arbeit zwischen Glück und Moral?
Die Arbeit untersucht, ob Glück mit moralischem Handeln korreliert und ob tugendhaftes Verhalten zwingend zum Glück führt. Sie hinterfragt die oft vereinfachte Gleichsetzung von Glück und Tugendhaftigkeit und beleuchtet die komplexen Beziehungen zwischen Glück, Moral, List und Betrug anhand von Beispielen aus den Grimmschen Märchen.
Welche Rolle spielt das Glück in der narrativen Struktur der Märchen?
Die Arbeit analysiert, wie Glück und Unglück als Handlungskatalysatoren wirken, wie die Bewährung des Helden mit Glück verbunden ist und wie Helferfiguren zum Glück des Protagonisten beitragen. Das obligatorische „Happy End“ wird ebenfalls im Kontext der narrativen Struktur untersucht.
Welche verschiedenen Formen und Wege zum Glück werden dargestellt?
Die Arbeit unterscheidet verschiedene Formen und Wege zum Glück, wie z.B. Glück durch Tugend (Aschenputtel), vorherbestimmtes Glück (Der Teufel mit den drei goldenen Haaren) und das Verhältnis von innerem und äußerem Glück (Hans im Glück). Es werden Vergleiche zwischen Zaubermärchen und Schwankmärchen hinsichtlich der Mittel zum Erreichen von Glück angestellt.
Welche Schlüsselwörter beschreiben den Inhalt der Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Märchen der Brüder Grimm, Glück, Moral, narrative Struktur, Zaubermärchen, Schwankmärchen, Handlungskatalysator, Held, Happy End, Tugend, List, Betrug, Aschenputtel, Der Teufel mit den drei goldenen Haaren, Hans im Glück.
- Quote paper
- Marie Gutmann (Author), 2010, Das Glück im Märchen der Brüder Grimm, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/191723