Adornos und Horkheimers „Dialektik der Aufklärung“1 ist in einem doppelten Sinn ein Buch des Widerspruchs. Zum einen versuchen die Autoren zu belegen, dass die Aufklärung nicht realisiert, was sie zu verwirklichen verspricht – objektive Versöhnung von Geist und Natur auf dem Wege autonomer Entfaltung des vernünftigen Subjekts –, sondern das genaue Gegenteil – Selbstzerstörung des Subjekts durch rationale Herrschaft über die Natur; insofern zielt ihr Widerspruch auf eine Verabschiedung des Projekts der Aufklärung. Zum anderen ist das Buch Ausdruck des aufklärerischen Gewissens der Autoren, die Aufklärung über sich selbst aufklären zu müssen, um sie zu retten; hier führt ihr Widerspruch letztlich zur paradoxen Konstruktion einer totalen Vernunftkritik innerhalb des Mediums der Aufklärung – d.i. die vernünftige, Geltung beanspruchende Argumentation – und zur Kritik begrifflichen Denkens durch begriffliches Denken.
„Auf dem Weg von der Mythologie zur Logistik hat Denken das Element der Reflexion auf sich selbst verloren, und die Maschinerie verstümmelt die Menschen heute, selbst wenn sie sie ernährt.“ (DdA 44) Dieser Satz führt – implizit – die wichtigsten strukturgebenden Elemente von Adornos und Horkheimers „Dialektik der Aufklärung“ zusammen: den Zeitbezug zum „heute“ als Ausgangspunkt ihrer Diagnose und Kritik der Aufklärung; den dialektisch als Selbsterhaltung durch Selbstverstümmelung zu denkenden Mechanismus im mythischen und aufgeklärten Denken („... verstümmelt ... ernährt“); die negativ-geschichtsphilosophische Deutung dieser Dialektik als Tiefenstruktur des Zivilisationsprozesses, d.h. die Darstellung einer verhängnisvollen Entwicklungslinie vom mythischen Zeitalter zum wissenschaftlichen, kulminierend in der Vernichtungsmaschinerie des faschistischen Staates („Mythologie zur Logistik ... Maschinerie ...“); schließlich das auf das Postulat „Eingedenken der Natur im Subjekt“ (DdA 47) hinauslaufende Verdikt notwendig kritischer Selbstreflexivität der Aufklärung („... Reflexion auf sich selbst ...“).
Inhaltsverzeichnis
- Eingedenken - in das Widerstrebende
- Zu Adornos und Horkheimers „Dialektik der Aufklärung“
- Die Dialektik der Aufklärung als Buch des Widerspruchs
- Die Aufklärung als Selbsterhaltung durch Selbstverstümmelung
- Die „Dialektik der Aufklärung“ als zeitgeschichtliche und geistige Krise
- Der Faschismus als Herausforderung für die bürgerliche Aufklärung
- Die „Dialektik der Vernunft“ als Tiefenstruktur des Zivilisationsprozesses
- Die Urgeschichte der Subjektivität
- Die Unüberwindbarkeit von Mythos und Aufklärung
- Die „Herrschaft des Menschen über sich selbst“ als Selbstzerstörung
- Der Selbsterhaltungstrieb als Ursprung der Gewalt
- Die Kritik des begrifflichen Denkens
- Die Gefahren der formalen und instrumentellen Rationalität
- Die Herrschaft des Begriffs und die Manipulation der Wirklichkeit
- Die Verdinglichung der Natur und des Menschen
- Die Notwendigkeit einer permanenten Selbstkritik der Vernunft
- Der Verzicht auf eine integrative Theorie
- Die Kunst als Schutzraum des Nicht-Identischen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit Adornos und Horkheimers „Dialektik der Aufklärung“ und untersucht die kritische Auseinandersetzung der Autoren mit der Geschichte der Aufklärung und ihren Folgen. Ziel ist es, die zentralen Argumente und Thesen der „Dialektik der Aufklärung“ aufzuzeigen und deren Relevanz für das Verständnis der heutigen Gesellschaft zu beleuchten.
- Die Dialektik von Mythos und Aufklärung
- Die Kritik der instrumentellen Vernunft
- Die Selbstzerstörung des Subjekts durch die Herrschaft über die Natur
- Die Bedeutung der Kunst für die Kritik der Vernunft
- Die Suche nach einer „wahren“ Sprache und einer nicht-zweckrationalen Vernunft
Zusammenfassung der Kapitel
Das Buch analysiert die Dialektik von Mythos und Aufklärung und stellt die These auf, dass die Aufklärung in ihrer instrumentellen Form zur Selbstzerstörung führt. Die Autoren kritisieren die begriffliche Denkweise der Aufklärung, die die Natur und den Menschen zu bloßen Objekten der Manipulation macht. Sie argumentieren, dass die Herrschaft des Begriffs zur Verdinglichung und Entfremdung führt und die Einheit von Mensch und Natur zerstört.
Schlüsselwörter
Die „Dialektik der Aufklärung“, Mythos, instrumentelle Vernunft, Selbstzerstörung, Subjekt, Natur, begriffliches Denken, Kunst, „wahre“ Sprache, Negativität.
- Quote paper
- Magister Artium Michael Birkner (Author), 2001, Eingedenken in das Widerstrebende - Zu Adorno und Horkheimers "Dialektik der Aufklärung", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/191226