Diese Bachelorarbeit setzt sich deshalb mit dem Themenfeld der Sprach(en)politik in der Ersten Tschechoslowakischen Republik auseinander und zählt daher zu dem großen Themenkomplex der Nationalitätenpolitik nach dem Ersten Weltkrieg. Die allgemeine Stimmung sowie die öffentliche Diskussion waren geprägt von Forderungen wie „Jedem Volk sein Staat!“ oder „Das ganze Volk in einen Staat!“. Die Konzepte von ‚Volk‘, ‚Nation‘ und ‚Nationalstaat‘ waren ohnehin dominan-te Paradigmen im langen 19. Jh. und die Frage der Sprache bzw. welche Sprache in Staaten mit anderssprachigen Minderheiten – quasi in multilingualen Staaten – gesprochen werden sollte, war eben eine Ausdrucksform dieser Konzepte und zugleich Anlass vieler Konflikte. Die Sprache galt zu dieser Zeit als das sichtbarste Merkmal der Volkszugehörigkeit und war somit Identifikations- und Integrationsmerkmal. Verbunden mit dem Natio-nalstaatsgedanken war das Maß der Realisierung des Sprachenrechts Ausdruck des Anteils des jeweiligen Volkes an der politischen Macht in einem Staat. Dazu wird nach dieser Einleitung das Entstehen der Ers-ten Tschechoslowakischen Republik zunächst genauer dargestellt werden, und zwar unter dem Gesichtspunkt der (verfassungs-)rechtlichen Grundlagen dieses neuen Staates. Anschließend wird die ethnische Zusammenset-zung dieses de facto Nationalitätenstaats untersucht werden. Dieser Ansatz erscheint aus mehreren Gründen sinnvoll. Zunächst einmal, weil nicht nur das Sprachenrecht ein Streitpunkt zwischen der deutschsprachigen Minder-heit und der tschecho-slowakischen Bevölkerungsmehrheit war, sondern auch die Verfassungsurkunde und die Übernahme der Bestimmungen des Minderheitenschutzvertrags. Die Beschwerden der deutschen Minderheit basierten vor allem auf den Denkschriften (Petitionen) an den Völkerbund, in denen die gewählten deutschen Abgeordneten ihre Beschwerdepunkte gegen die tschechoslowakische Regierung und deren erlassene Gesetze dar-legen. Da dieses Thema äußerst umfangreich und komplex ist und in dieser Arbeit gewisse Formalia eingehalten werden müssen wird sich diese Arbeit auf den Zeitraum von 1918 bis 1926 beschränken. Des Weiteren ist der Ausgang des Konflikts in dieser Phase noch offen, (Ver-)Änderungen des Sprachengesetzes noch möglich und die Positionen aller Beteiligten noch nicht verhärtet. Es gibt eine immense Anzahl deutschsprachiger For-schungsliteratur zu diesem Thema.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Die Geburtsstunde der Ersten Tschechoslowakischen Republik
- II.A. Die Auslandsaktion Masaryks und Beneš
- II.B. Verfassungsrechtliche Grundlagen der 1. ČSR
- II.C. Die ethnische und sozio-ökonomische Zusammensetzung
- III. Das Gesetz über die Einführung des Sprachengesetzes
- III.A. Rechtlich-normative Grundlagen
- III.B. Diskussion der Beschwerden der Sudetendeutschen an den Völkerbund
- IV. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Sprach(en)politik in der Ersten Tschechoslowakischen Republik, insbesondere mit der Behandlung der deutschen Sprache. Sie analysiert die rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen, die zur Entstehung der tschechoslowakischen Sprachgesetzgebung führten, und untersucht die Auswirkungen auf die deutsche Minderheit. Dabei werden die verfassungsrechtlichen Grundlagen, die ethnische Zusammensetzung der Republik und die Debatte um das Sprachenrecht im Kontext des Minderheitenschutzes beleuchtet.
- Die Entstehung der Ersten Tschechoslowakischen Republik und ihre verfassungsrechtlichen Grundlagen
- Die ethnische und sozio-ökonomische Zusammensetzung der Ersten Tschechoslowakischen Republik
- Die Einführung des Sprachengesetzes und seine Auswirkungen auf die deutsche Minderheit
- Die Auseinandersetzung um das Sprachengesetz und die Rolle des Völkerbundes
- Die Behandlung der deutschen Sprache im Kontext der Nationalitätenpolitik nach dem Ersten Weltkrieg
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Problematik der linguistischen Definition der "tschechoslowakischen Sprache" in der Ersten Tschechoslowakischen Republik dar und erläutert die Relevanz der Sprach(en)politik im Kontext der Nationalitätenpolitik nach dem Ersten Weltkrieg. Kapitel II beleuchtet die Entstehung der Ersten Tschechoslowakischen Republik, ihre verfassungsrechtlichen Grundlagen und die ethnische und sozio-ökonomische Zusammensetzung des neuen Staates. Kapitel III befasst sich mit der Einführung des Sprachengesetzes in der Ersten Tschechoslowakischen Republik, analysiert die rechtlich-normativen Grundlagen und untersucht die Debatte um die Beschwerden der deutschen Minderheit an den Völkerbund.
Schlüsselwörter
Erste Tschechoslowakische Republik, Sprach(en)politik, deutsche Minderheit, Sudetendeutsche, Nationalitätenpolitik, Minderheitenschutz, Sprachenrecht, Völkerbund, Verfassungsurkunde, Gesetz über die Einführung des Sprachengesetzes.
- Quote paper
- Stefan Westkemper (Author), 2012, Die deutsche Sprache in der Ersten Tschechoslowakischen Republik, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/190837