Carl Schmitts Bestimmungen des Feindes in Der Begriff des Politischen zeichnen sich durch eine vermeintlich hohe Trennschärfe aus. Dennoch muss die Frage erlaubt sein, inwiefern diese Schablone (heute noch) anwendbar ist. Das soll anhand des Romans 1984 von George Orwell erprobt werden, welcher von seiner Aktualität und Brisanz seit seiner Entstehung nichts eingebüßt hat. Bevor ich Schmitts Thesen am Roman erprobe, möchte ich einen kurzen Abriss über die dafür wichtigen Aspekte in 1984 geben.
Mitte des 20. Jahrhunderts zerfällt die Welt in die drei Superstaaten Eurasien, Ostasien und Ozeanien, welches gleichzeitig den Schauplatz der Handlung darstellt. Im Grunde unterscheiden sich diese drei Systeme kaum voneinander: Nach dem Muster einer Herrschaftspyramide lebt der Großteil der Bevölkerung in ärmlichen Verhältnissen. Nur etwa 2% der Bevölkerung gehören der obersten Klasse, der so genannten Inneren Partei, an. Zwischen den Staaten herrscht ein Krieg, welcher aufgrund des Mächtegleichgewichts nie gewonnen werden kann und demnach zu einem Dauerzustand geworden ist.
Für Carl Schmitt ist die Existenz des Feindes selbstverständlich. Er weist jedoch darauf hin, dass mit dem Feind ein öffentlicher und kein privater Gegenentwurf gemeint ist (Vgl. Schmitt 1963: S. 50) Der Feind stellt sozusagen die Antithese, „den äußersten Intensitätsgrad einer Verbindung oder Trennung“ (Schmitt 1963: S. 27, zur eigenen Existenz dar: Würde es keinen Feind geben, würde auch der eigene Staat nicht existieren. In diesem Sinne ist das Feindbild unerlässlich für die Herausbildung einer Grenze und damit für die Selbstbeschreibung einer Gesellschaft. Die Gemeinschaft definiert sich also erst über einen gemeinsamen, öffentlichen Feind.
Inhaltsverzeichnis
- Der Feindbegriff Carl Schmitts – ein Idealtypus?
- Einleitung
- Die Welt von 1984
- Die drei Superstaaten
- Der Krieg
- Der Feindbegriff Carl Schmitts
- Der Feind als Antithese
- Die Notwendigkeit eines Feindbildes
- Der Feindbegriff im Roman „1984“
- Der innere Feind
- Der äußere Feind
- Das künstliche Feindbild
- Die Funktion des Feindbildes
- Der Krieg
- Der Krieg als Mittel der Sicherung der eigenen Existenz
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Essay untersucht die Übertragbarkeit des Feindbegriffs Carl Schmitts auf George Orwells Roman „1984“. Ziel ist es, zu analysieren, ob und inwiefern die vom Philosophen entwickelte Theorie zur Bestimmung des Feindes in der Romanwelt Anwendung findet und welche Konsequenzen sich daraus ergeben.
- Der Feindbegriff Carl Schmitts als analytisches Werkzeug
- Die Darstellung der totalitären Gesellschaft in „1984“
- Die Rolle des Feindes in der Konstruktion der sozialen Ordnung
- Die Manipulation des Feindbildes im Roman
- Die Funktion des Krieges in der totalitären Gesellschaft
Zusammenfassung der Kapitel
Der Essay beginnt mit einer kurzen Beschreibung der Welt, wie sie in Orwells Roman „1984“ dargestellt wird, mit Schwerpunkt auf den drei Superstaaten, dem Krieg und der allgegenwärtigen Überwachung. Anschließend werden die zentralen Thesen des Feindbegriffs Carl Schmitts vorgestellt. Hierbei wird insbesondere auf die Definition des Feindes als Antithese zur eigenen Existenz und die Notwendigkeit eines gemeinsamen, öffentlichen Feindbildes eingegangen. Das nächste Kapitel beschäftigt sich mit der Anwendung des Feindbegriffs auf die Romanwelt. Es werden die Unterschiede zwischen dem inneren und dem äußeren Feind sowie die Möglichkeit der Konstruktion eines künstlichen Feindbildes analysiert. Dabei wird besonders auf die Methode des „Zwei-Minuten-Hasses“ eingegangen, der die Feindbilder in den Köpfen der Menschen festigt. Anschließend wird der Krieg in „1984“ im Kontext der Schmittschen Theorie betrachtet. Der Essay zeigt, dass der Krieg in der Romanwelt nicht der eigentlichen Sicherung der eigenen Existenz dient, sondern eher der Manipulation und Kontrolle der Bevölkerung.
Schlüsselwörter
Der Essay widmet sich dem Feindbegriff Carl Schmitts, der totalitären Gesellschaft, dem Roman „1984“, dem künstlichen Feindbild, der Propaganda, der Überwachung und dem Krieg als Instrument der Manipulation. Der Essay analysiert die Anwendung der Schmittschen Theorie auf die Romanwelt und die daraus resultierenden Konsequenzen.
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- Sven Keil (Author), 2011, Der Feindbegriff Carl Schmitts - ein Idealtyp?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/190017