Der Peloponnesische Krieg von Thukydides ist ein Geschichtswerk, das letztlich wegweisend für alle ihm nachfolgenden historischen Darstellungen geworden ist. Nicht ohne Grund gilt Thukydides vielen Experten als Vater der „politischen“ oder „realistischen“ Geschichtsschreibung . Für diese Einschätzung können eine ganze Anzahl von Aspekten herangeführt werden, allen voran ist wohl aber die bis dahin beispiellose Methodik in der Darstellung und Analyse der Ereignisse zu nennen. Thukydides trägt nicht nur zusammen und gibt wieder, er hinterfragt, analysiert und komponiert ein Geschichts- und Lehrwerk, das für sich selbst zu sprechen vermag, das den Autor hinter der Darstellung so weit verschwinden lässt, dass man ihn oft nur noch erahnen, aber nicht mehr eindeutig benennen und verorten kann. Objektivität scheint ihm oberstes Kriterium, und wenn er urteilt, dann urteilt er letztlich über die menschliche Natur und die Fehler, die die eine wie die andere Seite der Kriegsparteien begeht. Er hinterfragt die Dinge wie keiner vor ihm, wenn er zwischen Anlass und Ursache unterscheidet, wenn er jedem Argument ein Gegenargument, jeder Rede eine ebenbürtige gegenüberstellt, um den Leser schließlich selbst entscheiden zu lassen.
Diese Dialektik in der Darstellung möchte ich in der nachfolgenden Arbeit auch in Hinblick auf zwei wesentliche Augenmerke des thukydideischen Werkes untersuchen, die dieses wie ein roter Faden durchziehen: Die Darstellung der Macht und des Rechts und das Verhältnis und die Bedeutung in dem Thukydides diese beiden wiedergibt und gegenüberstellt.
Die Arbeit wird ein eigenständiges Urteil darüber finden, in welchem Licht Thukydides den Krieg, die Kriegsparteien Athen und Sparta, und darin verwoben Werte wie Moral und Recht sieht und welche Konsequenzen sich aus diesem Urteil für die Zukunft der Griechen ableiten lassen. In diesem Sinne erscheint das thukydideische Werk gerade heute wieder aktueller den je...
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Methodik
- Kurzer Überblick: Forschungsstand
- Macht und Recht vor Beginn des Krieges
- Der Konflikt Kerkyra – Korinth
- Zusammenfassung
- Die Reden: Korinth, Athen und Sparta
- Geschichte der 50 Jahre (Pentekontaetie, 1,89-118)
- Zusammenfassung: Macht und Recht vor Beginn des Krieges
- Der Konflikt Kerkyra – Korinth
- Macht und Recht bei Perikles
- Der Epitaphios des Perikles
- Interpretation des Epitaphios
- Die Pest
- Die Trostrede des Perikles
- Die Würdigung des Perikles
- Zusammenfassung: Macht und Recht bei Perikles
- Der Epitaphios des Perikles
- Macht und Recht nach Perikles
- Mytilene Vorgeschichte
- Exkurs Sparta / Brasidas als Befreier der Hellenen
- Die Mytilene – Debatte
- Die Rede des Kleon
- Die Rede des Diodotus
- Exkurs: Der Plataia-Konflikt
- Bürgerkrieg in Kerkyra (Pathologie des Krieges)
- Der Melierdialog
- Fazit Melierdialog
- Zusammenfassung: Macht und Recht nach Perikles
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Darstellung von Macht und Recht im Werk des Thukydides. Ziel ist es, die Bedeutung dieser beiden Konzepte für den Verlauf des Peloponnesischen Krieges und für die Entwicklung des athenischen Imperialismus aufzuzeigen. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Frage, wie Thukydides selbst das Verhältnis von Macht und Recht bewertet und welche Konsequenzen er aus der Abkehr von rechtsstaatlichen Prinzipien für die Athener zieht.
- Die Darstellung von Macht und Recht im Werk des Thukydides
- Die Bedeutung von Recht und Moral für die Entwicklung des athenischen Imperialismus
- Die Rolle der Hybris in der athenischen Politik und ihre Folgen
- Die Frage nach der ethisch-moralischen Sichtweise des Thukydides
- Thukydides und die Sophistik: Ein Vergleich
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung behandelt die Bedeutung des Werkes des Thukydides für die Geschichtsschreibung und stellt die zentrale These der Arbeit vor: Thukydides ist kein reiner Machtanalytiker, sondern zeigt, dass die Niederlage Athens mit der Abkehr von rechtsstaatlichen Prinzipien verbunden ist. Die Methodik skizziert die Vorgehensweise der Arbeit. Die Kapitel 4 und 5 untersuchen Macht und Recht vor und während der Herrschaft des Perikles. Kapitel 6 widmet sich der Entwicklung nach Perikles, wobei die Reden des Kleon und des Diodotus im Mytilene-Konflikt sowie der Melierdialog im Fokus stehen.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den Themen Macht und Recht, Imperialismus, Hybris, Geschichte, Geschichtsschreibung, Politik, Philosophie, Ethik, Moral, Sophistik und Platon.
- Quote paper
- Raoul Hansche (Author), 2010, Macht und Recht bei Thukydides, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/189965