Die epische Dichtung „Der arme Heinrich“ gilt als eines der letzten Werke Hartmanns von Aue, entstanden nach seiner inneren Umkehr zur Zeit der hochhöfischen Literaturepoche. Weder eine Urkunde, noch die Biographie Hartmanns liegen vor, doch er stellt sich in seiner Lyrik und Epik mehrfach vor. Zu Beginn des „Armen Heinrich“ spricht Hartmann von Aue von sich. Für den „Armen Heinrich“ gibt es keine sichere Quellen, doch die Erzählung weist auf die beiden Grundtypen der Aussatzgeschichten des Mittelalters hin: der Sylvesterlegende aus dem 5. Jahrhundert und der Freundschaftssage. Beide Geschichten besagen, dass der Aussätzige nur durch das Blut eines Kindes errettet werden kann.
Vielfältige religiöse Symbole, Motive und Bilder weisen auf die Verwurzelung des „Armen Heinrich“ im religiösen Denken des Mittelalters. Die Vermischung der Sphären des Menschlichen und des Göttlichen ist in dem ganzen Gedicht zu beobachten. Hartmann verwendet Motive aus verschiedenen literarischen Bereichen, die er künstlerisch zu einer Einheit verbindet. Legende, Märchen und religiöse Dichtung sind Muster, die sich im Verlauf der Handlung, abwechselnd und auch einheitlich, bemerkbar machen.
Hauptmotive im „Armen Heinrich“ sind Aussatz und Aussatzheilung, die im Mittelalter tabuisierte Krankheit und das magische Rezept. Der Werdegang eines Aussätzigen und die Geschichte einer opferbereiten Jungfrau - und schließlich beider Wandlung - bestimmen die relativ handlungsarme Erzählung. Das innere Geschehen, psychische Vorgänge werden in den Mittelpunkt gerückt.
In der vorliegenden Arbeit wird die Frage nach der Bedeutung, Funktion und Symbolik der schrecklichen Krankheit gestellt und untersucht. Die kontroversen Thesen einer Strafe Gottes und einer göttlichen Prüfung werden in den kritischen Blickpunkt gegenwärtiger Betrachtung gerückt. Das Mädchen spielt hierbei eine entscheidende Rolle, ihre Gestalt treibt Heinrich zu seiner Wandlung. „Der arme Heinrich“ widerspiegelt biblische Motive, die Konfrontation zwischen gut und böse, das Symbol der Liebe und Selbstaufgabe, und das zentrale Thema der Erlösung.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Hauptteil
- Die Erkrankung
- Die Wende in Heinrichs Leben (V. 1-132)
- Heinrichs Suche nach Heilung (V. 133-266)
- Handlungsantrieb: Das namenlose Mädchen
- Der Meiershof: Heinrichs Selbstdeutung (V. 267-458)
- Die Heilung
- Der Entschluß zum Opfer (V. 459-1026)
- Die Reise nach Salerno (V. 1027-1386)
- Die Genesung (V. 1387-1520)
- Die Erkrankung
- Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht die Bedeutung, Funktion und Symbolik der Krankheit im epischen Gedicht "Der arme Heinrich" von Hartmann von Aue. Dabei werden die kontroversen Thesen einer Strafe Gottes und einer göttlichen Prüfung im Kontext der mittelalterlichen Vorstellungswelt analysiert. Die Arbeit befasst sich mit der Rolle des namenlosen Mädchens als entscheidender Motor für Heinrichs Wandlung und beleuchtet die Verflechtung biblischer Motive mit den zentralen Themen Liebe, Selbstaufgabe und Erlösung im Gedicht.
- Die Rolle der Krankheit als göttliche Prüfung oder Strafe
- Die Symbolik des Aussatzes im Mittelalter
- Die Bedeutung des namenlosen Mädchens für Heinrichs Wandlung
- Die Verflechtung von biblischen Motiven und weltlichen Handlungselementen
- Die zentrale Thematik der Erlösung im Gedicht
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Werk "Der arme Heinrich" ein und erläutert den historischen Kontext der Dichtung sowie die wichtigsten Motive und Symbole. Das erste Kapitel analysiert die Krankheit des Protagonisten, Heinrich, und stellt verschiedene Deutungsmöglichkeiten vor. Hierbei werden insbesondere die Thesen der Schuld-Strafe-Theorie und der Prüfung Gottes diskutiert. Das zweite Kapitel befasst sich mit dem namenlosen Mädchen und dessen Einfluss auf Heinrichs Lebensweg. Der Fokus liegt auf Heinrichs innerer Entwicklung und seiner Selbstfindung im Kontext seiner Krankheit. Die im dritten Kapitel beschriebene Heilung Heinrichs wird im Kontext der mittelalterlichen Vorstellungswelt von Opferbereitschaft und Erlösung beleuchtet.
Schlüsselwörter
Aussatz, Krankheit, göttliche Prüfung, Strafe, Erlösung, Liebe, Selbstaufgabe, namenloses Mädchen, Heinrich, Hartmann von Aue, Mittelalter, religiöse Symbolik, biblische Motive, höfische Literatur.
- Quote paper
- Emese Farkas (Author), 2003, Die Funktion der Krankheit in Hartmanns von Aue "Der arme Heinrich", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/18990