Im Rückblick auf die behandelte Thematik des BILSPOs lassen sich einige richtungweisende Erkenntnisse zusammenfassend darstellen:
Ausgehend von relevanten Entwicklungstheorien, welche sich hauptsächlich auf die Erkenntnisse Piagets, Bruners, Wygotskis sowie der Psycholinguistik bezogen wurden anhand bestimmter Kriterien Fremdspracherwerbstheorien ausgewählt und porträtiert, welche sich auf die Maximen der Ganzheitlichkeit sowie der Bewegung stützen. Es wurde herausgestellt, dass diese teils sehr verschiedenartige Zugänge zum Fremdspracherwerb aufwiesen, welche sich aber in der Konzentration auf den Einbezug der Körperlichkeit kreuzten. Dieser Schnittpunkt wurde im Weiteren unter der Betrachtung des untrennbaren Verhältnisses von Sprache und Bewegung in erste Bezüge zum BILSPO gestellt.
Aus fächerverbindender Sicht wurde daran anschließend der bilinguale Unterricht charakterisiert, wobei eine Begriffsbestimmung und -abgrenzung des fächerverbindenden Unterrichts diesem vorausging. Nachdem theoretische Hintergründe des bilingualen Unterrichts behandelt wurden, konnten verschiedene Kombinationsmöglichkeiten von Sachfach und Fremdsprache beleuchtet werden. Resultierend daraus wurde CLIL als die Erfolgversprechendste herausgestellt, was bedeutet, dass die fachlichen Inhalte des Sportunterrichts weiter zentral bleiben, jedoch Impulse zum Fremdspracherwerb eingeflochten werden, um dadurch Fortschritte und Erfolge im Fremdsprachenlernen zu unterstützen und zu erzielen. Weiter wurden Konzepte und Modelle zur Integration von Sachfach und Fremdsprache dargestellt, welche zwar nicht exakt auf den BILSPO übertragen werden können, da sie für tendenziell kognitiv ausgerichtete Fächer konzipiert und aufgestellt wurden, aber dennoch in der Betrachtung des BILSPOs bedeutungsvoll sind.
Bevor dann der BILSPO in seiner Besonderheit, resultierend aus der Andersartigkeit des Faches Sport, thematisiert und dargestellt wurde, waren die Wirkungen von bilingualem Unterricht auf die Lernenden zentral. Bei der Betrachtung des Faches Sport wurde insbesondere herausgearbeitet, wie gerade durch das Fach Sport diese Wirkungen erzielt werden können. Der Blick auf die äußeren Gegebenheiten, die Sozialformen, den Kompetenzerwerb und die Kommunikation im Sportunterricht spielt dabei eine tragende Rolle...
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Sprache lernen
2.1 Für den Spracherwerb relevante entwicklungstheoretische Ansätze
2.2 Ganzheitliche Fremdspracherwerbstheorien und -methoden
2.3 Sprache und Sich-Bewegen als Interaktion
2.4 Zusammenfassende Bemerkungen
3 Von der fächerübergreifenden Idee zum BILSPO - eine Wegstudie
3.1 Fächerverbindender Unterricht als eine Umsetzungsmöglichkeit der fächerübergreifenden Unterrichtsidee
3.1.1 Hintergründe einer Ablösung des klassisch-strukturierten Fachunterrichts unter Berücksichtigung von Potenzialen des fächerübergreifenden Unterrichts
3.1.2 Gefährdungen in der Konzeption fächerübergreifenden Unterrichts
3.1.3 Abgrenzung des fächerverbindenden vom fächerübergreifenden Unterricht
3.1.4 Vorstellung ausgewählter Konzepte zu fächerübergreifendem Unterricht der einzelnen Bundesländer aus den jeweiligen Lehrplänen der Grundschule
3.2 Bilingualer Unterricht
3.2.1 Entwicklungen des bilingualen Unterrichts und Begriffsbestimmungen
3.2.2 Möglichkeiten der gewinnbringenden Kombination von Sachfach und Fremdsprache
3.2.2.1 Fremdsprachenlernen mit Hilfe eines Sachfaches
3.2.2.2 Sachfachunterricht im Medium der Fremdsprache
3.2.2.3 Bilingualer Unterricht zwischen sprachlichem und fachlichinhaltlichem Lernen
3.2.3 Integration von Sachfach und Fremdsprache im Rahmen des bilingualen Unterrichts
3.2.4 Wirkungen bilingualen Unterrichts auf das Fremdsprachenlernen
3.2.5 Zusammenfassende Bemerkungen
3.3 Bilingualer Sportunterricht (BILSPO)
3.3.1 Besonderheiten des Faches Sport im Hinblick auf den Fremdspracherwerb
3.3.1.1 Äußere Gegebenheiten
3.3.1.2 Kompetenzerwerb und Sozialformen
3.3.1.3 Kommunikation im Sportunterricht in Bezug auf das Fremdsprachenlernen
3.3.1.4 Zusammenfassende Bemerkungen
3.3.2 Routinen im Sportunterricht
3.3.3 Synergieeffekte der Fächer Sport und Englisch
3.3.3.1 Betrachtung der Synergieeffekte im Hinblick auf fachliche Inhalte
3.3.3.2 Betrachtung der Synergieeffekte im Hinblick auf Unterrichtsziele und Kompetenzerwerb
3.3.4 Zusammenfassende Bemerkungen
4 Auswirkungen von Bewegung auf Lernen - Chancen für den BILSPO
4.1 Bewegung als unverzichtbarer Teil des Lernens
4.2 Darstellung von Hirnfunktionen im Zusammenhang mit Sprachenlernen und Bewegung
4.3 Zusammenfassende Bemerkungen
5 BILSPO in der Grundschule - eine praktische Erprobung
5.1 Kurzdarstellung von Vorhaben und Untersuchungsdesign der Studie
5.2 Konzeption der BILSPO-Unterrichtsstunden
5.3 Präsentation der Ergebnisse
5.3.1 Analyse sprachlicher Äußerungen
5.3.1.1 Sprachanalyse seitens der Lehrenden
5.3.1.2 Sprachanalyse seitens der Lernenden
5.3.2 Reaktion der Schüler auf fremdsprachliche Instruktionen im BILSPO
5.3.3 Einschätzungen des BILSPOs durch die Schüler
5.4 Reflexion der Durchführung des BILSPOs in der Grundschule
6 Zusammenfassung und Ausblick
7 Literaturverzeichnis
8 Selbstständigkeitserklärung
Anhang
1 Einleitung
„ Ich w ü rde gerne noch weitermachen mit dem Sport auf Englisch, weil das einfach Spa ß macht “ (Interview 6).
Wenn es das ist, was Schüler1 artikulieren, nachdem sie an schulischem Unterricht teilgenommen haben, sind die Gestalter von Schule auf einem guten Weg. Denn ist es nicht das, was Schule erreichen will: emotional gestütztes, freudvolles Lernen? Lernen in einer Umgebung in der sich Schüler wohlfühlen; an einem Ort, welcher täglich gern aufgesucht wird? Sollte nicht das auch ein großes Ziel von Unterricht und Schule sein? Wie oft stöhnen und beklagen sich schon Grundschüler, dass Schule keinen Spaß macht, der tägliche Schulbesuch - sit venia verbo - „scheiße“ ist und sie folglich überhaupt keinen „Bock“ haben, diesen zu bestreiten.
Selbstverständlich werden Wissenserwerb und Lernen immer mit Fleiß, Ausdauer, Anstrengungen und Arbeit verbunden bleiben, doch warum sollen sie nicht gleichzeitig mit Freude, Begeisterung, Enthusiasmus und Arbeitseifer einhergehen?!
Ich bin davon überzeugt, dass Schule Spaß machen kann!
Es muss nicht jeder Tag, an dem ein Kind zur Schule geht, ein großer Freudentag sein; dennoch sollten Schüler diese Institution gerne aufsuchen, ohne Angst haben zu müssen, dass sie sich quälen oder langweilen müssen und der Schultag jeden Tag zum „Kacktag“ werden lässt.
Wenn Mittel und Wege existieren, den Schulalltag angenehmer zu gestalten und Lernen spaßbetonter und für den Lernenden einfacher organisierbar ist, so sollten diese definitiv genutzt werden. Dabei darf der Lernerfolg nicht gemindert werden, aber vielleicht wird er ja gerade durch die Freude am Unterricht und am Lernen erhöht.
In seiner schulischen Ausbildung ist jeder deutsche Schüler schon in der Grundschule verpflichtet, mindestens eine Fremdsprache zu erlernen (vgl. Lehrpläne der Länder). Um diesen Bildungsauftrag umzusetzen, gibt es in den Fächerkanon integrierte Unterrichtsstunden, welche die Sprache einerseits als Medium und andererseits als Gegenstand des Lernens thematisieren. Sprache ist in diesen Unterrichtsstunden somit Inhalt und Ziel gleichermaßen.
Bei der Vermittlung von Fremdsprachen kann - speziell im Anfangsunterricht - nicht auf sinnstiftende Bewegungen verzichtet werden. In diesem Kontext bezieht sich Bewegung besonders auf Aktionen, welche zusätzlich zum Sprechen ausgeführt werden, wie bspw. Pantomime und Körpersprache. Diese sind unverzichtbar, um den Unterrichtsgegenstand „Fremdsprache“ greifbarer zu machen und somit dem Ziel des Sprachenlernens näher zu kommen. Leider bleibt der alltägliche Fremdsprachenunterricht dennoch, bezüglich seiner Bewegungsanteile, ein tendenziell inaktives Fach.
Dessen ungeachtet existieren in der Fremdsprachendidaktik verschiedene Spracherwerbstheorien, welche Bewegung als förderlich beim Erlernen der fremden Sprache deklarieren. Diese weckten den Gedanken, Bewegungs- und Fremdsprachenlernen zu verknüpfen - im bilingualen Sportunterricht (BILSPO).
Durch den Impuls aus der Rezeption dieser Konzeptionen entstand in mir die Überzeugung, dass der BILSPO eine Erleichterung des Lernens ausmachen kann. Die Kinder haben dabei die Chance, fremdsprachliche Kompetenz nahezu „nebenbei“ zu erwerben. Freudvoller Sportunterricht ist zentral, während die fremde Sprache als Mittel zum Zweck für die Schüler persönlich bedeutsam wird. Die Beschaffenheit des Sportunterrichts lässt es dabei nicht zu, dass ein Schüler resultierend aus Verständnisproblemen zurückgelassen wird und keine Okkasion mehr hat, dem Unterricht zu folgen. Weiterhin wird die Sprache im Sportunterricht förmlich sichtbar und bietet somit eine großartige Möglichkeit des Verstehens und des Sich- Erschließens von Inhalten. Zusätzlich stellt der Sportunterricht das Lieblingsfach vieler Kinder dar (vgl. SPRINT-Studie); und warum also sollte dieser Bonus nicht für den Fremdspracherwerb genutzt werden? Warum sollte nicht in der Grundschule versucht werden BILSPO zu unterrichten?
Leider muss konstatiert werden, dass der derzeitige Forschungsstand nicht eine umfassende Theorie oder Konzeption zu dieser Unterrichtsform des BILSPO aufweist. Zwar wurde die Idee des bilingualen Unterrichts bereits in der Grundschule in Ansätzen verwirklich, jedoch nur in Fächern wie Musik, Sachunterricht oder Mathematik. Persönlich erscheint es mir sehr viel schwieriger, bilingualen Unterricht in diesen tendenziell kognitiv ausgerichteten Fächern zu praktizieren, als im bewegungsbetonten Sportunterricht. Somit wurde der BILSPO zum Gestand meines Interesses und der vorliegenden wissenschaftlichen Hausarbeit.
Das Eingangszitat entstammt dem Feedback eines Mädchens, welches sie nach dem Besuch der letzten BILSPO-Unterrichtsstunde äußerte. Dieses Mädchen besuchte die damals vierte Klasse der freien Evangelischen Grundschule „Apfelbaum“, in welcher über zwölf Unterrichtsstunden hinweg Sportunterricht auf Englisch gelehrt wurde. Wenn dieses Mädchen
- wie auch ein Großteil ihrer Mitschüler - der Meinung ist, dass BILSPO Spaß macht, lädt die Betrachtung dieser fächerverbindenden Unterrichtskonzeption zur Auseinandersetzung damit ein.
Die vorliegende wissenschaftliche Hausarbeit zum Thema „Bilingualer Sportunterricht und seine Wirkung auf das Fremdsprachenlernen von Grundschulkindern im fächerverbindenden Kontext“ soll die intensive Analyse der publizierten Literatur mit einer praktischen Erprobung des BILSPO verbinden, um aus der Korrelation von theoretischen und praktischen Erkenntnissen gesicherte Schlussfolgerungen im Hinblick auf das Konzept zu ziehen. Ziel dieser Arbeit ist es dabei, darzustellen warum BILSPO aus lern- und fremdspracherwerbstheoretischer Sicht erfolgversprechend, aus fächerverbindender Sicht richtungweisend und zukunftsorientiert, sowie aus Sicht des Fremdspracherwerbs von Grundschulkindern bereichernd ist, wobei in besonderem Maße Wirkungen des BILSPOs auf die Grundschüler im Fokus stehen.
Um einen angemessenen Zugang zum Gegenstand der vorliegenden Arbeit - dem Fremdsprachenlernen - gewährleisten zu können, erfolgt in Kapitel 2 zunächst die Auseinandersetzung mit dem Sprachenlernen allgemein. Hierbei fließen für das Lernen von Sprachen relevante Entwicklungstheorien, sowie die von Bleyhl beschriebenen „Kognitiven Bestände der Psycholinguistik“ ein. Da sich aus neuronaler Perspektive Fremdsprachenlernen im Kern nicht wesentlich vom Erwerb der Erstsprache unterscheidet (siehe auch 4.2).
Im weiteren Verlauf dieser Examensarbeit wird fortführend das Fremdsprachenlernen thematisiert. Im Hinblick auf den zentralen Aspekt der Bewegung werden in Kapitel 2.2 ausgewählte Fremdspracherwerbstheorien und -methoden vorgestellt.
Da Sprachenlernen eng mit Bewegung verknüpft ist, soll die Interaktion dieser beiden bedeutungstragenden Komponenten des Spracherwerbsprozesses in Kapitel 2.3 aufgegriffen werden. Diesbezüglich wird, auf wissenschaftlichen Untersuchungen basierend, dargelegt, inwieweit Bewegung in Sprache und umgekehrt Sprache in Bewegung übersetzbar ist. Auf Grund der Beschaffenheit des Sportunterrichts hat dieser doppelte Übersetzungsprozess tragenden Einfluss auf den Fremdspracherwerb im BILSPO, sodass eine Reflexion dessen notwendiger Teil dieser Arbeit sein muss.
Daran anschließend ist der fächerverbindende Unterricht im dritten Kapitel Gegenstand. In der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit selbigem hat speziell die Diversität, welche mit dem Begriff einhergeht, Schwierigkeiten. Resultierend daraus wird zur begrifflichen Eindeutigkeit der fächerverbindende vom fächerübergreifenden Unterricht abgegrenzt. Nachfolgend soll die Unterrichtsidee desselben thematisiert werden, bevor die Auseinandersetzung mit den curricularen Vorgaben der Länder zum fächerübergreifenden Unterricht erfolgt. Dabei wird die Betrachtung von Gefährdungen, welche mit der Fächerverbindung einhergehen könnten, nicht ausgespart. Auch eine diesbezügliche Literaturrecherche gestaltete sich problematisch, da einerseits wenig empirisch belegte Fakten zu dieser Form des Unterrichts vorfindbar sind und andererseits die Diskrepanz zwischen den Vorstellungen zur Beschaffenheit dieser methodischen Konzeption von Unterricht groß ist. In Kapitel 3.2 wird darauf aufbauend der bilinguale Unterricht in seinen Wesenszügen dargestellt. Es soll dabei nicht Anliegen sein, seine Entwicklung aus globaler Sicht aufzuzeigen, sondern eher einen Abriss seiner Entwicklung in Deutschland zu geben. Gleichsam werden verschiedene Vorstellungen der Beschaffenheit des bilingualen Unterrichts gekennzeichnet. „Content and Language Integrated Learning“ (CLIL) wird als die potenzialreichste und treffendste Charakterisierung herausgestellt, da hierbei durch bilingualen Unterricht sowohl Sachfach2 als auch Fremdsprache eine Bereicherung im Lernen verzeichnen können sollen. Es werden weiter drei verschiedene Möglichkeiten der Verknüpfung von Sachfach und Fremdsprachenlernen thematisiert und vorgestellt, da ein Wissen um diese für die Konzeption von BILSPO bedeutend ist. Als zentral wurde dabei herausgestellt, dass diese Form des Unterrichts nur dann gewinnbringend sein kann, wenn Sach- und Fremdsprachenlernen eng aufeinander bezogen sind.
Entsprechend des Hauptanliegens dieser Arbeit, werden darauffolgend Wirkungen des bilingualen Unterrichts aufgezeigt. Bei der diesbezüglichen Literaturarbeit musste festgestellt werden, dass viele der aufgezeigten Wirkungsweisen bislang nur hypothetisch betrachtet wurden.
Auf Grundlage des bis dahin Herausgearbeiteten wird der BILSPO in Kapitel 3.3 als ein Unterrichtskonzept für die Grundschule vorgestellt: Im Fokus steht dabei zuerst der Sportunterricht, welchen fachspezifische äußere Gegebenheiten, für ihn charakteristische Sozial- und Kommunikationsformen sowie spezifische Arten des Kompetenzerwerbs auszeichnen. Darüber hinaus sollen für den Fremdspracherwerb als bedeutsam gekennzeichnete Routinen im Sportunterricht dargelegt werden. Zusätzlich wird deren tragende Bedeutung für das Fremdsprachenlernen im BILSPO erläutert.
Da die „Orientierung an bestimmten Standards […] eine Grundlage für ein fremdsprachliches Schulkonzept bilden“ (Lippelt, B. 2005, S. 163) muss, wird auch der BILSPO, welcher sich in ein solches eingliedern könnte, auf curricularer Ebene untersucht, um ein rechtliches Fundament vorweisen zu können. Dabei wird, auf den Lehrplänen der Länder basierend, ein Synergieeffekt zwischen Sport- und Englischunterricht nachgewiesen. Um den Synergieeffekt beider Fächer auf Lehrplanebene greifbarer zu machen, wird dieser einerseits hinsichtlich fachlicher Inhalte und andererseits bezüglich des Kompetenzerwerbs sowie der Unterrichtsziele thematisiert.
Im sich daran anschließenden vierten Kapitel dieser Arbeit, werden Auswirkungen von Bewegung auf Lernen, welche chancenreich für das Fremdsprachenlernen sein können, dargestellt. Diese Betrachtung des BILSPOs aus neuronaler Perspektive, soll den Theorieteil abrunden. Parallelen zu den anfangs thematisierten Fremdspracherwerbstheorien und - methoden können aufgezeigt und nachgewiesen werden. Weiterhin wird aus dieser Forschungsrichtung heraus - wenn auch oftmals nur hypothetisch - bestätigt, dass die Verknüpfung von Fremdsprachenlernen und Bewegung vielversprechend und profitabel ist. Darüber hinaus wird eine Begründung dafür gegeben, weshalb es im Fremdspracherwerbsprozess im BILSPO zum intensiven Zusammenspiel rechter und linker Gehirnhälfte kommt, wodurch wiederum kognitive Prozesse begünstigt werden.
Neben der dargestellten Theorie wird im zweiten großen Teil der Hausarbeit die praktische Realisation des BILSPOs thematisiert. Wie eingangs erwähnt, wurde BILSPO über mehrere Wochen hinweg in einer vierten Klasse durchgeführt; die unterrichteten Stunden wurden auf Video aufgezeichnet. Zu den einzelnen Stunden wurden detaillierte Reflexionen von der Lehrkraft angefertigt und auch die Meinungen der Schüler zum BILSPO wurden zum Einen mit Hilfe eines Fragebogens, zum Anderen mittels Feedbacks, welches ebenfalls auf Video aufgezeichnet wurde, erfasst. Auf Grundlage dessen können - nachdem das Vorhaben und die Konzeption der BILSPO-Unterrichtsstunden präsentiert wurden - gewonnene Erkenntnisse aus dieser qualitativen empirischen Studie dargelegt werden. Untersucht wurden dabei sprachliche Äußerungen seitens der Lehrenden wie auch der Lernenden die Reaktionen der Schüler auf den fremdsprachlichen Input, wobei überraschend festgestellt werden konnte, dass dieser ihnen nahezu keine Schwierigkeiten bereitete sowie die Einschätzungen der Schüler zum BILSPO und seinen Wirkungen. Dabei wurde in den Blick genommen, inwieweit sich durch die Teilnahme am BILSPO auch die Einstellung der Lernenden zum Fremdsprachenunterricht verändert hat. Hierbei konnte herausgefunden werden, dass diese sich bei vielen Schülern zum positiven hin verändert hat. Abschließend wird die Durchführung des BILSPOs reflektiert, wobei auf Messfehler und eventuelle Verfälschungen der Ergebnisse hingewiesen wird.
Trotz der geringen Stichprobe sowie des geringen Umfangs der im Rahmen dieser wissenschaftlichen Hausarbeit durchgeführten Studie konnte festgestellt werden, dass der BILSPO Wirkungen auf das Fremdsprachenlernen der Schüler hat, welche einige Kinder bewusst zu reflektieren in der Lage waren.
Die Lernenden konnten im BILSPO erleben, dass sie sich in einer fremdsprachlichen Umgebung zurechtfinden können, konnten dadurch bestehende Ängste gegenüber der Fremdsprache abbauen und haben erlebt, dass trotz fremdsprachlichen Inputs die Freude und der Spaß am Sportunterricht nicht verloren gehen; dies bestätigt das anfängliche Zitat.
In Anbetracht der zunehmenden Verschränkung nationaler Räume des zunehmend geeinten Europas sowie der steigenden Mobilität ist es mittlerweile nahezu unumgänglich, gute Fremdsprachenkenntnisse nachzuweisen. Je einfacher und effektiver sich diese erwerben lassen, desto besser. Im BILSPO hatten die Schüler nach eigenen Aussagen die Chance, die fremde Sprache „einfach so nebenbei3 “ zu lernen, ohne dabei große Anstrengungen unternehmen zu müssen. Der BILSPO scheint demgemäß Effekte auf das Fremdsprachenlernen von Grundschulkindern zu haben. Selbstverständlich ist es im Rahmen dieser Arbeit nicht möglich, sämtliche Facetten der Wirkung des BILSPOs auf das Fremdsprachenlernen aufzuzeigen und empirisch nachzuweisen. Dennoch ließen sich durch den BILSPO herbeigeführte Veränderungen in den Einstellungen der Schüler zum Fremdspracherwerb festmachen. Weiterhin konnte gezeigt werden, dass BILSPO in der Grundschule gut realisierbar ist, sofern seitens der Lehrperson entsprechende Überzeugungen und Kompetenzen vorhanden sind.
Die vorliegende Arbeit könnte somit Berührungsängste vor dem bilingualen Lehren im Sportunterricht der Grundschule nehmen und dazu auffordern, diese Form des Unterrichts auszuprobieren und sich von seinen Wirkungen überzeugen zu lassen.
Dem getreu soll Leitgedanke dieser Arbeit die Forderung des Römerbriefs sein:
„ Gleicht euch nicht dieser Welt an, sondern wandelt euch
und erneuert euer Denken “
(Bibel: Röm 12,2a).
Sprachen lernen 11
2 Sprachen lernen
Im Zentrum dieser wissenschaftlichen Hausarbeit steht das Fremdsprachenlernen. Um zunächst eine theoretische Basis für die Weiterentwicklung desselben in Richtung des Fremdsprachenlernens mittels Bewegung im fächerverbindenden Kontext zu etablieren, werden für den Fremdspracherwerb bedeutsame Entwicklungs- und Lerntheorien kurz porträtiert, sowie Theorien und Methoden der Fremdsprachendidaktik dargestellt. Auf Grund der Tatsache, dass das Erlernen von Sprachen im menschlichen Gehirn stets analog abläuft (siehe auch 4.2), werden allgemeine, das Sprachenlernen bedingende Lern- und Entwicklungstheorien vorangestellt. Dabei werden, wo es möglich ist, schulische Bezüge hergestellt.
Wie einleitend erwähnt, werden jeweils nur am Kriterium der Angemessenheit im Hinblick auf die Fragestellung der vorliegenden Arbeit ausgewählte Aspekte Beachtung finden, da sonst der Rahmen dieser Arbeit weit überschritten würde.
2.1 Für den Spracherwerb relevante entwicklungstheoretische Ans ä tze
Kurz und prägnant sollen hier einige entwicklungstheoretische Ansätze erwähnt werden, die Einfluss auf das kindliche Fremdsprachenlernen haben können. Zusätzlich sollen Bleyhls fünf „Kognitive Bestände“ erläutert werden, um Einblick in den natürlichen Spracherwerb von Kindern zu erhalten, an welchem sich Fremdspracherwerb letztlich orientieren sollte.
Piagets Entwicklungstheorie
Der Schweizer Entwicklungspsychologe Jean Piaget (1896-1980) geht davon aus, dass Lernen in aktiver Interaktion mit der Umwelt stattfindet. Dabei geht er auf komplementäre Prozesse des Lernens ein, die im Zentrum seiner Lehre stehen. Die Assimilation einerseits beschreibt den Entwicklungsprozess als eine Erweiterung und Angleichung bereits vorhandener Schemata an neue, unbekannte Erfahrungen, während die Akkommodation andererseits die Anpassung kognitiver Strukturen an neue, unbekannte Erfahrungen beschreibt (vgl. Vorlesung Einführung Didaktik in die Mathematik mit dem Schwerpunkt Anfangsunterricht). Die kognitive Entwicklung untergliedert Piaget in vier Stufen, welche nacheinander durchlaufen werden. Die für den Grundschulkontext relevante Stufe ist das „Konkretoperationale Stadium“, welches ca. zwischen dem siebten und zwölften Lebensjahr durchlaufen wird. Charakteristisch für dieses Stadium ist, dass das Denken sich noch nicht logisch vollzieht und Abstraktionen kaum verstanden werden können. Jegliche Lernprozesse basieren auf aktiven und konkreten Erfahrungen (vgl. ebd.). In diesem Stadium können Irrtümer korrigiert werden, die Lernenden können die räumliche Invarianz von Objekten begreifen, sie sind in der Lage Gedanken rückwärts zu gehen, können Gruppen von Objekten bilden, also Dinge klassifizieren, und zudem können sie Objekte einer Reihenfolge nach ordnen (vgl. ebd).
Bruners Entwicklungstheorie
Jerome Bruner (*1915) ist ein amerikanischer Psychologe, der einen entscheidenden Beitrag zur kognitiven Lerntheorie geleistet hat. Er geht davon aus, dass die Umwelt einen wesentlichen Einfluss auf das Verhalten des Lernenden hat und dass dieser durch die Umwelt entdeckend erfährt, wie er sich in ihr verhalten und zurechtfinden muss bzw. kann. Den Ansatz des amerikanischen Linguisten Noam Chomsky (*1928) zum kindlichen Spracherwerb - dem Spracherwerbsmechanismus „Language aquisition device LAD“ (Maier, W. 1991, S. 75f) - erweiterte Bruner um ein „Spracherwerbs-Unterstützungssystem - Language aquisition support system - LASS“, welches die Eltern des Kindes diesem bieten sollten.
Zudem entwickelte er Repräsentationsebenen, durch welche es dem Kind erleichtert wird, seine Umwelt zu begreifen. Diese sind die enaktive, die ikonische sowie symbolische im Sinne einer sprachlich-abstrakten Phase. Für den Fremdsprachenunterricht werden diese drei Phasen als sprachlernpsychologische Stufung von Werner Bleyhl, einem emeritierten Professor für englische Sprache und Literatur, welcher maßgebliche Grundfragen auf dem Gebiet des Fremdspracherwerbs als auch der Fremdsprachendidaktik und -methodik bearbeitete, wie folgt charakterisiert:
1. „Enaktiv - Sprache und Welt werden in der physischen Bewegung, im interaktiven Handeln verbunden erlebt.
2. Ikonisch - Sprache bezieht sich auf eine im Bild schon abstraktere Welt, auf eine abgebildete Welt“ (Bleyhl, W. 1989. S. 27).
3. Symbolisch - Es ist „eine gewisse intersubjektive Sicherheit über die sprachliche Bedeutung einer gewissen Anzahl sprachlicher Zeichen erreicht. Sie können nun als Symbol-Zeichen verwendet werden“ (ebd.).
Diese Phasen des so genannten E-I-S-Prinzips sind nicht austauschbar und sollten - laut Bruner - durchlaufen werden, um einen Sachverhalt wirklich zu verstehen und erklären zu können (vgl. Vorlesung Einführung in die Didaktik der Mathematik mit dem Schwerpunkt Anfangsunterricht).
Wygotskis Entwicklungstheorie
Der weißrussische Kunstpsychologe Lew S. Wygotski (1896-1934) erforschte den Einfluss der Kultur auf das Denken und das Bewusstsein des Menschen. Er sah dabei in der Sprache - als einem kulturellen und sozialen Element - einen der zentralen Punkte, durch welchen Wissen im Lerner entsteht. Von anfangs bloßen Wortfetzen entwickelt sich die Sprache des Lernenden, laut Wygotski, weiter und macht später einen Teil des kognitiven „Werkzeuges“ des Kindes aus. Wygotski spricht daher von sozial konstruiertem Wissen, denn nur durch die Interaktion und Kommunikation mit anderen Menschen kann es sich herausbilden. Zudem stellte er die Theorie der „Zone der nächsten Entwicklung“ auf und beschreibt damit, dass Kinder schrittweise lernen und sich Wissen auf bereits vorhandenes Wissen aufbaut.
Kognitive Best ä nde der Psycholinguistik
Aus Sicht der Psycholinguistik werden zusätzlich fünf so genannte „Kognitive Bestände“ beschrieben, welche ein Kind zum erfolgreichen Erlernen des hochdiffizilen Systems „Sprache“ benötigt. Bleyhl verbindet diese in seinen Überlegungen zu handlungsorientiertem Fremdsprachenunterricht zu einem komplexen Gefüge aus Voraussetzungen für den Fremdspracherwerb.
Als erstes benennt er „die Fähigkeit zur Gliederung oder Strukturierung der Welt“ (Bleyhl, W. 1989. S. 23). Darunter versteht Bleyhl den Drang des Menschen, alles, was er in seiner Umwelt wahrnimmt, zu kategorisieren, Muster zu bilden und alles Neue in diese Umwelt einzugliedern.
Als zweiten kognitiven Bestand kennzeichnet er „die Fähigkeit zur zeitlichen Gliederung oder Strukturierung der nichtsprachlichen, später auch der sprachlichen Akte und Verhaltensweisen“ (ebd.). Es wurde herausgefunden, dass schon Säuglinge, die Erzählungen folgen wollen, wichtige Informationen über Mimik und Gestik, den Sprachfluss der sprechenden Person und dessen Betonung des Gesprochenen erschließen können. Diese synchronisieren sie im Folgenden mit der „Zeitgestalt“ des an sie gerichteten sprachlichen Aktes und strukturieren diesen somit, um ihr Verständnis zu fördern (vgl. ebd.). Vergleichbar dazu verhalten sich Erwachsene. Zuhörende versuchen hauptsächlich durch nonverbale Kommunikationen und die stumme Interaktion mit dem Sprecher - bspw. durch Blickkontakte - diesen zu verstehen und seine sprachlichen Äußerungen in ihren Handlungsablauf einzugliedern (vgl. ebd.). Diese zeitlich-logische Aneinanderreihung von sprachlichem Material trägt laut Bleyhl einen großen Anteil zum Verstehen von sprachlich komplexen Äußerungen bei und wird meist unbewusst vollzogen (vgl. ebd.).
Als dritten kognitiven Bestand postuliert Bleyhl die Fähigkeit eines Kindes „die gegenständlich-ereignishafte und die lautlich-handlungshafte“ (ebd.) Welt miteinander in Beziehung zu bringen. Das meint, fähig zu sein, Nichtsprachlichem einen sprachlichen Ausdruck zuzuordnen. Hierzu ist es bedeutsam zu wissen, dass „Verstehen […] älter [ist], als Sprache-Verstehen“ (Verf. Bleyhl, W. 1989, S. 24. Zit. n. Hörmann, H. 1981.), d.h. dass sich ein Kind anfangs lediglich durch vor- oder nichtsprachliche Elemente erschließen kann, was sein Gegenüber meint. Es versteht folglich, was gemeint ist und aus diesem Verstehen heraus leitet es sich das sprachlich Unbekannte ab. Nur durch dieses elementare Verstehen wird es ihm möglich, sich das System Sprache zu erschließen und den sprachlichen Code zu „knacken“ (vgl. ebd.).
Die nächste von Bleyhl beschriebene Komponente ist die „Fähigkeit zur symbolischen Lokalisierbarkeit von ‚ich’“ (ebd.). Hierunter versteht Bleyhl die schlichte Organisation des Menschen in einem „ich, jetzt und hier“-Koordinatensystem (ebd.). Dieses bezieht sich auf die Auseinandersetzung des Individuums mit der Welt, welche sehr verschiedenartig stattfinden kann, letztlich aber im Zurechtfinden in der Welt mündet (vgl. ebd.). Dieser vierte Bestand hat inhaltlich Ähnlichkeiten mit Piagets Entwicklungstheorie, welche von der Assimilation sowie der Akkommodation als den Prozessen der Auseinandersetzung mit der Umwelt ausgeht.
Bleyhl nennt als letzten Bestand die Fähigkeit des kreativen Sprachgebrauchs: Aufgrund des sehr komplexen Systems „Sprache“ postuliert Bleyhl, dass es hoher „Kreativität“ bedarf, um einzelne Zeichen und Laute zu Äußerungen zusammenzufügen (vgl.ebd.).
Bezogen auf den Fremdsprachenunterricht der Schule lässt sich leicht feststellen, dass die hier für den natürlichen Spracherwerb beschriebenen kognitiven Bestände nahezu keine oder unzureichende Beachtung finden (vgl. Bleyhl, W. 1989. S. 25f). Dies resultiert aus dem früheren, rein verbal orientierten Unterricht. Bedenkenswert daran ist nicht zuletzt die Tatsache, dass es durch die Komplexität der Sprache und der vielen Worte samt ihrer Bedeutung nicht selbstverständlich ist, dass Gesprächspartner, welche das selbe Wort hören, die selbe Idee mit diesem verbinden (vgl. Bleyhl, W. 1989. S. 26). Es kann somit leicht zu Irritationen und Missverständnissen kommen. Relative Gewissheit darüber, dieselbe Idee, dasselbe Verständnis zu einem Wort zu haben, kann daher keine verbale Definition liefern, sondern einzig durch gemeinsames Handeln hervorgebracht werden (vgl. ebd.).
2.2 Ganzheitliche Fremdspracherwerbstheorien und -methoden
Welche entwicklungstheoretischen Voraussetzungen der Lerner einer Fremdsprache erfüllen muss, bzw. welche Entwicklungshintergründe bei der Konzeption von Unterricht mit Hilfe verschiedener Methoden berücksichtigt werden müssen, wurde bereits kurz dargestellt. An dieser Stelle aber sollen spezifische Fremdspracherwerbstheorien und -methoden in den Blickpunkt gerückt werden, welche die Besonderheit des (Sprachen-) Lernens durch Bewegung nutzen.
Wie bereits einleitend angeführt, sind Sprache und Bewegung untrennbar und stehen in unmittelbarem Verhältnis zueinander (siehe auch 2.3). Daher erweist es sich als profitabel, dem Lernenden die Möglichkeit zu offerieren, den Körper ganzheitlich in (fremdsprachliche) Lernprozesse einzubeziehen. Somit wird ihm ermöglicht, das Wesen von Sprache und Interaktion möglichst effektiv für sich zu nutzen (vgl. Rottmann, B. 2006. S. 37). Ganzheitlichkeit wird dabei als „Zusammenwirken kognitiver und affektiver Aspekte“ (Rottmann, B. 2006. S. 37. Zit. n. Timm, J.-P. 1998) gesehen.
Ausgewählte Ansätze eines auf Ganzheitlichkeit basierenden Fremdsprachenunterrichts werden im Folgenden thematisiert. Birte Rottmanns (*1973) chronologische Zusammentragung dieser Ansätze, welche sich auf
Ans ä tze der Philanthropen
Bereits im 18. Jahrhundert zur Zeit der Aufklärung entwickelten die Philanthropen4 ein Lehrkonzept, welches sich besonders auf den Einbezug von Sinnen und Emotionen in das Lernen stützte. Ein erklärtes Ziel dieser Zeit war der kindgerechte Unterricht, welcher zum Streben nach Nützlichkeit und Glück anleiten sollte. Folglich sollten Inhalte ganzheitlich, vernünftig und natürlich anerzogen werden (vgl. Rottmann, B. 2006. S. 38). Die Unterrichtsmethoden der damaligen Zeit waren diesen Zielen angepasst: Es wurde versucht, Unterricht anschaulich zu gestalten und Inhalte durch vielfältige Übungen und Anwendungen zu festigen. Zudem wurde dem spielerischen Erlernen von Inhalten eine hohe Bedeutung zugesprochen (vgl. Vorlesung Schulgeschichte und Schulgestaltung). Auch der Fremdspracherwerb unterlag diesen Überzeugungen und so wurde dieser, durch ein Konzept des Pädagogen Ernst Christian Trapp (1745-1818)5, bereits zu Zeiten der Aufklärung mit aktivem Handeln in Form von Spielen verknüpft (vgl. Rottmann, B. 2006, S. 38). Spiele dieser Art sind noch heute im Englischunterricht vorfindbar, z.B. in Form des bekannten Kommandierspiels „Simon says“ (vgl. ebd.).
Die Serienmethode
Begründer der Serienmethode ist der französische Sprachlehrer François Gouin. Er stellte diese auf dem Erstspracherwerb basierende, fremdsprachliche Methode 1892 vor und erzielte damit große Wirkung (vgl. Rottmann, B. 2006, S. 38). Die Serienmethode impliziert unter anderem eine Vielzahl von spielerischen Elementen, welche in Bezug zum Alltag der Kinder stehen sollten. Dabei sollten Handlungen während der Ausführung simultan versprachlicht und beschrieben werden, um ein besseres Nachvollziehen und Erinnern zu fördern (vgl. ebd.). Das Lernen von Sprache und Vokabeln erfolgte unmittelbar gekoppelt an Bewegungen.
Die „ Action Chains “ -Methode
Im Folgenden soll die Methode „Action Chains“ kurz dargestellt werden, welche aus der „Imperative Drills“-Methode weiterentwickeltet wurde.
Die Fremdsprachendidaktiker Dorothée und Harold Palmer stellten in ihrem 1925 erstmals veröffentlichten Buch „English through Actions“ mit der „Imperative Drills“-Methode ein Konzept vor, durch welches der Lernende dazu angehalten wurde, sein Verständnis der fremden Sprache durch Handlungen auszudrücken. Während der Lehrende sprachliche Stimuli liefert, wird der Lernende dazu angehalten, auf diese zu reagieren. Dies tut er, indem er die sprachlichen Äußerungen in Handlungen übersetzt, also ausführt. Dies soll der Verinnerlichung und dem Verständnis dienen (vgl. Rottmann, B. 2006, S. 39). Bei der „Action Chains“-Methode wird ebenso ein Stimulus durch den Lehrenden gegeben. Dieser wird jedoch nicht durch den Lernenden exekutiert, sondern in der entsprechenden Fremdsprache beschrieben. Dadurch ähnelt diese Methode der Serienmethode.
Suggestop ä dische Ans ätze
Die Suggestopädie wurde durch den „bulgarischen Arzt, Psychologen und Erziehungswissenschaftler Georgi Lozanov (*1926) in den 1960er Jahren“ (Rottmann, B. 2006, S. 39) entwickelt. Er entstammt der Suggestologie, welches die Wissenschaft von unbewussten Wahrnehmungsprozessen ist. Die Suggestopädie diente mehreren Konzepten des Fremdspracherwerbs als Grundlage, in dieser Arbeit sollen jedoch nur die „klassische“ Suggestopädie und die Psychopädie Beachtung finden.
In der Suggestopädie wird - auf neurologischen Erkenntnissen aufbauend - davon ausgegangen, dass das menschliche Gehirn über verschiedene Reservekapazitäten verfügt, welche, um die verfügbaren Möglichkeiten effektiv zu nutzen, durch unbewusste Lernprozesse belegt werden müssen (vgl. ebd.). Dies kann bspw. durch Musik geschehen, da sie den Lerner in eine Art „konzentrierte Entspannung“ versetzt. Aber auch Routinen könnten selbiges bewirken, was für den Sportunterricht bedeutsam werden kann (Rottmann, B. 2006, S. 39f). Zudem hat Körperlichkeit in diesem Ansatz einen zentralen Stellenwert inne: Es wird davon ausgegangen, durch Spiele und kleine zwischenmenschliche Aktionen die Speicherung von Wissen zu fördern. Zwar wird der Körper hauptsächlich in seiner Passivität dahingehend thematisiert, dass er durch verschiedene Entspannungs- und Konzentrationsübungen im meditativen Entspannungszustand unterbewusst Informationen aufnehmen kann, doch könnte dieser Ansatz auch für den BILSPO bedeutsam werden. Zum einen sind hier - wie im weiteren Verlauf der Arbeit noch einmal aufgezeigt werden soll - Routinen sehr bedeutsam und zum anderen scheint dabei die unterbewusste Sprachrezeption ausschlaggebend zu sein (vgl. Rottmann, B. 2006, S. 40; siehe auch 3.3.2).
Die Psychop ädie
„In der psychopädischen Variante der Suggestopädie wird Körperlichkeit als Teil von Sprache in ihrer Funktion als Kommunikations- und Interaktionsmedium betrachtet und explizit in den Sprachlernprozess einbezogen“ (Rottmann, B. 2006, S. 41). Vertreter, wie der Germanist Rupprecht Baur (*1943), gehen davon aus, dass die Behaltensleistung von Lernenden vorrangig durch nonverbale Kommunikation und „stimmlich ausdrückbare emotionale Begleitelemente“ (Rottmann, B. 2006, S. 40) gesteigert werden kann und somit zu einer erheblichen Erleichterung des Fremdsprachenlernens führt. Allerdings ist der Unterricht nach diesem Ansatz auf motorische und sprachliche Imitation ausgelegt, sodass es zu keiner Zeit zum kreativen und selbstbestimmten Gebrauch des Lerngegenstands „Sprache“ kommen kann (vgl. Rottmann, B. 2006, S. 40f).
Total Physical Response (TPR)
Die vom amerikanischen Psychologen James J. Asher (*1929) in den 1960er Jahren entwickelte TPR-Methode des ganzheitlichen Fremdspracherwerbs ist wohl die bekannteste der „Alternativen Methoden“ (vgl. Rottmann, B. 2006, S. 41). Bei ihr übernehmen Bewegungsbilder die semantisierende Funktion, indem Lernende gewisse verbale Befehle erhalten, welche sie nonverbal, durch Bewegungen, ausführen oder darstellen sollen. Zudem steht zu Beginn des Fremdsprachenlernens eine Phase, in welcher Lernende nicht dazu angehalten werden, die ihnen fremde Sprache selbst zu produzieren. Dies wird von Asher als stressreduzierend, angesehen. Doch auch im Konzept der TPR ist wenig Raum für eigenaktiven, kreativen Umgang mit der Sprache vorgesehen. Auch hier nimmt die Imitation einen hohen Stellenwert ein.
Interessant an der TPR ist, dass Asher die am L1-Erwerb6 orientierte Methode nicht zuletzt durch die Hirnforschung legitimieren kann. So wurde festgestellt, dass das motorische Element rechtshemisphärisches Lernen erlaubt, während nahezu alle weiteren Fremdspracherwerbsmethoden auf linkshemisphärisches Lernen ausgerichtet sind (vgl. ebd.; siehe auch 4.2). Die direkte, physische Involviertheit - das Motorlernen - trage, durch die beidseitige Beanspruchung der Hirnhemisphären, ebenso zu einer sowohl kurz- als auch längerfristig höheren Behaltensleistung bei, was wiederum den Fremdspracherwerb vereinfacht und beschleunigt (siehe auch 4.2). Asher sieht in der Körperbewegung einen „Mediator für das Verstehen, für die Organisation und das Speichern sprachlichen Inputs“ (Rottmann, B. 2006, S. 41. Zit. n. Asher, J. 1977, S. 20). Er ist zudem überzeugt, dass das Behalten der Fremdsprache „durch die physische Aktion optimal befördert wird“ (Rottmann,
B. 2006, S. 42; siehe auch 5.3.3).
Kommunikative Methoden
Im Folgenden werden die kommunikativen Methoden, deren Ursprung in den 1980er Jahren liegt, kurz betrachtet. Der Englischdidaktiker Hans-Eberhard Piepho (1929-2004) gilt als Hauptvertreter des kommunikativen Fremdsprachenunterrichts in Deutschland.
Natural Approach
Die vom Linguisten, Erziehungswissenschaftler und Aktivisten Stephen Krashen (*1941) sowie dem Erziehungswissenschaftler Tracy Terrell ebenfalls in den 1980er Jahren begründete Methode bezieht zwar Körperlichkeit ins Sprachenlernen nicht explizit ein, bildet aber eine häufig zitierte Grundlage für den bilingualen Unterricht, weswegen sie hier auch Beachtung finden soll. Das erklärte Ziel des Fremdspracherwerbs gemäß dieser Methode in die Kommunikation und die Relevanz dieser (vgl. ebd.). Am Beginn des Fremdspracherwerbs steht die so genannte „silent period“. Während dieser „silent period“ soll der Lernende keinerlei „Output“ produzieren, d.h. er muss die Sprache noch nicht aktiv nutzen. Erklärtes Ziel dieser, noch wenig sprachlich-komplexen Phase, ist das Entschlüsseln von Lexik und Grammatik mit Hilfe von Mimik, Gestik, kleinen Aktivitäten und Spielen (Rottmann, B. 2006, S. 42f). Bedacht werden sollten hierbei auch Krashens Spracherwerbshypothesen. In diesen beschreibt er eingangs den großen Unterschied und die daraus resultierende strikte Trennung von Lernen und Erwerben (vgl. ebd.). Unter Lernen versteht Krashen dabei das bewusste Erarbeiten von Inhalt und Form, wohingegen er unter Erwerben unbewusstes Aufnehmen und Verarbeiten von sprachlichen Inhalten versteht. Besonders seine Definition von Erwerben hat große Bedeutung für den BILSPO, in welchem für die Schüler bedeutsame und verständliche sprachliche Äußerungen gebraucht werden und sich weniger auf perfekte, später relevante und ausbaufähige Wendungen konzentriert wird.
Content-based Instruction
Dieses Prinzip geht davon aus, dass Sprache am besten im Rahmen von Unterricht gelehrt wird, in welchem die Sprache als Unterrichtsmedium nicht an zentraler Stelle steht, Sprache kann daher nicht, oder nur zu sehr geringen Anteilen direkt gelehrt werden. Eher soll sie in einer „realen Situation“ Anwendung finden, welche bspw. der Sachfachunterricht, im Rahmen der vorliegenden Untersuchung speziell der BILSPO, bieten könnte (vgl. Rottmann, B. 2006, S. 43f).
Drama-Methode
Die Drama-Methode ist ähnlich wie die beiden zuvor beschriebenen Methoden vor allem auf die Kommunikation ausgelegt; dabei wird bei der Drama-Methode ein fiktiver Handlungskontext geboten, durch welchen den Schülern Identifikations- und sprachliche Handlungsmöglichkeiten geboten werden sollen (vgl. Rottmann, B. 2006, S. 44). Lernende sollen sich ästhetisch, emotional, intellektuell und in Bewegung mit Texten und Inhalten auseinandersetzen. Dies kann im Resultat sehr verschieden aussehen. Der Lehrer ist dabei Spielleiter, Regisseur und somit Impulsgeber (vgl. ebd.). Erwähnung findet diese Methode, da sie durch die Körperlichkeit, welche in die Kommunikation frei einbezogen werden kann, handlungstheoretisches und ganzheitliches Fremdsprachenlernen begünstigt und unterstützt (vgl. Rottmann, B. 2006, S. 44f).
Bei den bereits beschriebenen Methoden des kommunikativen Ansatzes wird der Körper als Kommunikationseinheit betrachtet (Rottmann, B. 2006, S. 45). Ähnlich verhält es sich bei den beiden folgenden Konzepten, jedoch rückt hier das Handeln - mit all seinen Konsequenzen - anstelle der bloßen Kommunikation ins Zentrum (vgl. ebd.).
Handlungsorientierter Unterricht
Die Erziehungswissenschaftler Hilbert Meyer (*1941) und Herbert Gudjons (*1940) entwickelten diese Form des Unterrichts in den 1980er Jahren für den allgemeinen Fächerkanon. Unterricht soll ganzheitlich und mit Kopf, Herz und Hand stattfinden. Dieses Prinzip lässt sich auf den Fremdsprachenunterricht übertragen. Der Unterricht muss folglich auf ein aufgaben- und prozessorientiertes ‚learning by doing’ abzielen (vgl. Rottmann, B.
Sprachen lernen 21
2006, S. 46), welches den Lerner sowohl affektiv als auch kognitiv anspricht und ihn somit zu ganzheitlichem Lernen anleitet. Auch der Handlungsorientierte Unterricht basiert auf „relevanten Erfahrungen, welche in authentischen, komplexen Handlungssituationen gemacht“ (ebd.) werden sollen.
Die linguistische Psychodramaturgie
Die Mainzer Französischlehrer Marie und Bernhard Dufeu entwickelten in den frühen 1990er Jahren die Methode der linguistischen Psychodramaturgie (vgl. Ortner, B. 1998, S. 70ff). Sie soll vertretend für die therapeutisch orientierten Ansätze in der Fremdsprachendidaktik thematisiert werden.
Die linguistische Psychodramaturgie hat es sich zum Ziel gemacht, Sprachenlernen durch spontan-kreative Prozesse zu einer ganzheitlichen Aktivität werden zu lassen (vgl. Rottmann, B. 2006, S. 47). Dabei ist eines der gesetzten Prinzipien die Konzentration auf das „Hier und Jetzt“. Es werden daher aktuelle Interessen und Probleme der Lernenden thematisiert, welche wiederum bedeutsam und erlebbar für die Schüler sind. Es soll intellektuell, emotional und körperlich gelernt werden, was gleichsam eine offene Haltung des „Untersuchens, Entdeckens und Experimentierens“ (ebd.) zu schaffen verspricht. Dies wiederum fördert Kreativität und Spontaneität, womit das Erinnern stark begünstigt wird. Sprache soll im direkten Gebrauch erlernt werden und damit nicht linear, sondern konnotativ, frei nach dem Motto: „[…] we all learnt how to walk by walking“ (Ortner, B. 1998, S. 76. Zit. n. Dufeu, a.a.O. 1994. S. 92). Gemäß den methodischen Grundsätzen der therapeutischen Ansätze, wird Sprachenlernen ganzheitlich verstanden (vgl. Rottmann, B. 2006, S. 47). „Eine ‚verkörperte Sprache’ begünstigt das Lernen und Erinnern, weshalb auch Sprachenlernen körperbasiert ablaufen müsste“ (ebd.). Eine entscheidende Aussage dazu formuliert die Germanistin Brigitte Ortner (*1970) in Anlehnung an Dufeu indem sie meint, „wenn Sprache mit Körperbewegungen verbunden wird, ist sie leichter erinnerbar, weil sie vom ganzen Körper erfahren und absorbiert wird (Ortner, B. 1998, S. 76).
Der verk ö rperte Fremdsprachenunterricht
Inge Christine Schwerdtfeger (*1945) lieferte in einem 1997 in der Zeitschrift Info DaF erschienenen Artikel ähnliche Argumente. Sie spricht sich darin gegen ein Fremdsprachenlernen aus, welches einzig und allein auf Kognitionen ausgerichtet ist und fordert den Einbezug von Emotionen in das Sprachenlernen. Sie sieht im Mittelpunkt des Fremdsprachenlernens den Lernenden „in seiner Leiblichkeit, in der seine emotionalkognitiven Narrationen verankert sind, die sein Selbst immer wieder neu konstituieren“ (Rottmann, B. 2006, S. 48. Zit. n. Scherdtfeger, I. C. 1997, S. 598). Ihr Ideal ist also ein „ganzer“ Fremdsprachenlerner.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die hier präsentierten Spracherwerbstheorien und methoden in Bezug auf die Lerntheorien und -konzepte, auf welchen sie basieren, deutliche Unterschiede aufweisen. Während die frühen Konzepte auf Reproduktion und Imitation vertrauen und dadurch tendenziell als instruktivistisch zu charakterisieren sind, weisen die neueren verstärkt dem eigenen Handeln und Erleben eine Rolle zu. Kreative und eigenaktive Lernprozesse nehmen Vormachtstellung ein, wodurch hier von konstruktivistischen Konzepten gesprochen werden kann.
Jedoch haben sie alle den zentralen Aspekt des Einbezugs von Körperlichkeit in das Fremdsprachenlernen gemeinsam; dieser repräsentiert das verbindende Strukturelement. Zwar nimmt dieser nicht in jedem der Ansätze denselben Stellenwert ein, doch wird ihm im Allgemeinen ein entscheidender Anteil am Sprachlernerfolg beigemessen. Die aufgezeigten Theorien begründen dies teils mit biologischen, teils mit psychologischen, auf Emotionen konzentrierten Argumenten sowie teilweise auch mit sozial-affektiven Komponenten, welche Sprachenlernen als Kommunikation und damit Interaktion postulieren. Bleyhl beschreibt daher das Sprachenlernen als bio-psycho-sozialen Prozess, welcher durch die benannten Faktoren beeinflusst wird (vgl. Rottmann, B. 2006, S. 49).
Trotz dieser theoretischen Befunde muss konstatiert werden, dass die „meisten auf Körperlichkeit, Bewegung und Handlung rekurrierenden Methoden und Ansätze […] in der Begründung und Wirksamkeit des körperlichen Einbezugs hypothetisch“ (Rottmann, B. 2006, S. 49) bleiben, da häufig empirisch-aussagekräftige Nachweise fehlen.
2.3 Sprache und Sich-Bewegen als Interaktion
Nachdem verschiedene Methoden und Theorien zum Fremdspracherwerb vorgestellt wurden, welche sich vor allem in einem Punkt, dem Einbezug des ganzen Körpers in das Fremdsprachenlernen, dem ganzheitlichen Sprachenlernen, ähneln, soll an dieser Stelle noch einmal explizit der bedeutende Zusammenhang zwischen Sprache und Bewegung thematisiert werden. Es soll gezeigt werden, dass die zuvor präsentierten Theorien jeweils auf einzelnen Aspekten des hier thematisierten grundlegenden Zusammenhangs aufbauen. Im Folgenden werden bereits einige konkrete Parallelen und Ansätze für den BILSPO aufgezeigt.
Wie Sprache und Bewegung zusammenspielen und interagieren, wurde bereits von mehreren Fachleuten erforscht, thematisiert und konkretisiert (u.a. Butler, Krämer, Langer). Für den Sportunterricht aus dieser Forschungsperspektive bedeutend sind Ansätze aus der Pragmalinguistik, welche sich mit spezifischen Handlungsschemata beschäftigt, auf denen das Zusammenspiel beider Komponenten fußt (vgl. Vorlesung Textlinguistik). Pragmalinguisten postulieren, dass es ein wechselseitiges Zusammenwirken von Sprache und Bewegung gibt, da beide grundsätzlich den gleichen Regeln, der gleichen „Grammatik“ folgen (vgl. Vorlesung Textlinguistik). „Grammatik“ meint in diesem Kontext, die Verfügbarkeit eines bestimmten Schemas, an welchem sich orientiert wird und welches dadurch Bezugsgrundlage für die Interpretation der Sprach- oder Bewegungshandlung bietet. Diese Tatsache impliziert, dass sich Sprache in Bewegung, und Bewegung in Sprache, übersetzen lässt (vgl. Vorlesung Textlinguistik; siehe auch 2.2).
Übertragen auf den BILSPO lassen sich sprachliche Anweisungen wie „Please run from the red line to the blue line“, „Please jump on your left leg“ oder „Please sit down“, in Bewegungen übersetzen, indem diese nach Anweisung ausgeführt werden. Umgekehrt funktioniert dies auch. Hat bspw. ein Spieler einer Mannschaft bei einem Staffelspiel um ein Mal dieses nicht vorschriftsmäßig umrundet, so heißt es „This doesn’t count - you have to run again“ oder „This wasn’t right - the point goes to the other team“. In diesem Fall würde die Bewegung kommentiert werden und gleichzeitig sprachlich ein neuer Bewegungsauftrag erteilt werden, welcher wiederum in sportliche Handlungen überführt werden kann.
Zudem kann stattfindende Bewegung im Bewegungsfluss sprachlich begleitet werden. Ein anschauliches Beispiel hierfür ist das Tanzen; für den BILSPO speziell die Aerobic. Tanzschritte können ausgeführt werden, ohne dazu zu sprechen, es kann begleitend zu den Tanzschritten gesprochen werden, oder die Tanzschritte werden nicht ausgeführt, aber beim Hören der Musik benannt um den Tanz kognitiv zu verinnerlichen.
Diese paralellele „Grammatik“ der Sprache und der Bewegung ist für den BILSPO von Bedeutung, da so nicht jede Bewegung durch sprachliche Ausführungen erklärt werden muss, sondern sie gleichsam auch vorgemacht werden kann. Demzufolge eröffnet sich die Möglichkeit, mit der Aufforderung „Look here“ eine erfassbare Erklärung einzuleiten, welche aus dem Demonstrieren dieser besteht. Dies gestaltet sich - gerade im Anfangsunterricht - viel einfacher als eine Versprachlichung der Erläuterung mit komplizierten Worten.
2.4 Zusammenfassende Bemerkungen
Zusätzlich zu den zuvor dargestellten Spracherwerbstheorien und -konzepten wurde der Zusammenhang zwischen Sprache und Bewegung nun auch aus Sicht der Pragmalinguistik dargestellt. Dabei wurde bündig präsentiert, dass Sprache und Bewegung der gleichen „Grammatik“ folgen und damit ineinander übersetzbar sind. Dies wiederum wurde im Hinblick auf BILSPO als Chance der Erklärung und Unterstützung der Bedeutungserschließung der fremden Sprache herausgestellt.
3 Von der fächerü bergreifenden Idee zum BILSPO - eine Wegstudie
3.1 Fächerverbindender Unterricht als eine Umsetzungsmöglichkeit der fächerübergreifenden Unterrichtsidee
Trotz anhaltender Unstimmigkeiten und großer Diversität der teils gegensätzlich, teils synonym verwendeten Begriffe des fächerübergreifenden bzw. fächerverbindenden Unterrichts wird der bilinguale Sportunterricht in dieser wissenschaftlichen Hausarbeit auf der Grundlage des fächerverbindenden Unterrichts betrachtet. Um diesen jedoch für die Vollständigkeit dieser Arbeit hinreichend beschreiben zu können, ist es erforderlich, auch den fächerübergreifenden Unterricht zu charakterisieren, um somit eine - nicht nur begriffliche - Abgrenzung dieser beiden Termini voneinander vornehmen zu können. So wird im folgenden Teil dieser wissenschaftlichen Hausarbeit der vom altbewährten Fach gelöste Unterricht thematisiert und dargestellt. Dabei sollen die Notwendigkeit dieser Form des Unterrichts, Potenziale, aber auch gewisse Risiken aufgezeigt werden. Zudem soll ein Überblick über Einstellungen bzw. Umsetzungen verschiedener Bundesländer zum fächerübergreifenden Unterricht anhand von kurzen Lehrplanbetrachtungen gegeben werden.
3.1.1 Hintergründe einer Ablösung des klassisch-strukturierten Fachunterrichts unter Berücksichtigung von Potenzialen des fächerübergreifenden Unterrichts
Durch die anhaltende wirtschaftliche und technische Progression und den damit verbundenen Wandel unserer Gesellschaft in den letzten Jahren hat sich auch das Leben der Jüngsten in diesem System stark verändert. Wissenschaftler der Kindheitsforschung und Pädagogen sprechen von „veränderter Kindheit“, welche mit Schlagworten wie „Verhäuslichung der Kindheit“ (Zinnecker), „Verinselung der Kindheit“ (Zeiher/Zeiher), „Terminkindheit“ (Fuhs), „Medienkindheit“ (Fuhs) und „Individualisierung der Kinder- und Jugendphase“ (vgl. Vorlesung Schulische Sozialisation im Kinder- und Jugendalter) umrissen werden kann. Diese „veränderte Kindheit“ hat unzweifelhaft Auswirkungen auf die Beschulung dieser „veränderten“ Kinder. Die „Schule hat […] ihre traditionelle Aufgabe keineswegs verloren.
Es sind aber für sie und damit für die Lehrerinnen und Lehrer durch die Veränderungen der Kindheit und Gesellschaft viele neue Anforderungen hinzugekommen, die zum Teil sogar im Widerspruch zueinander zu stehen scheinen“ (Verf., Fölling-Albers, M. 1989, S. 15). Auch die Pädagogin Susanne Petersen (*1949) macht auf diese „Veränderte Kindheit“ aufmerksam und thematisiert die neue Rolle der Schule. Dabei spricht sie unter anderem von Veränderungen in der Familienstruktur, vom „Auf-sich-selbst-gestellt-Sein“ der Kinder, welches auch zuvor durch die zunehmende „Individualisierung“ Erwähnung fand (s.o.), von mangelhaften Erlebnissen des „Sich-Erprobens“ und „Sich-Ausprobierens“, von der veränderten Einstellung zu Dingen durch das Heranwachsen in einer „Wegwerf-Gesellschaft“ und dem nicht zuletzt damit verbundenen Werteverlust, sowie begrenzter Sozialerfahrung vieler Kinder (vgl. Petersen, S. 1996, S. 7). Laut Petersen fehlt es vielen Kindern folglich an Toleranz und Offenheit für das Fremde und Neue, da sie es im familiären Umfeld nicht gelernt haben Dinge zu erkunden, zu erforschen und Fragen zu stellen. Des Weiteren scheint für den Großteil der Kinder die Anwesenheit von anderen Kindern und das Zusammenwirken in einer Gruppe tendenziell als Konkurrenzkampf anstatt als partnerschaftliche Hilfe angesehen zu werden (vgl. Petersen, S. 1996, S. 7). Das Bild der „Ellenbogengesellschaft“, in welcher man weder auf seinen Nächsten noch den Wert der Dinge achtet, würde dementsprechend auch unter Kindern große Validität haben. Weiterhin seien viele Kinder vom Druck der Gesellschaft, der Eltern, der Schule, der Peers, etc. überfordert und hätten große Probleme sich in dieser Welt - oftmals allein - zurechtzufinden. Damit verbundene neue Aufgaben für die Schule als „Lebens- und Lernort“ thematisiert Petersen ebenfalls. Im System der Schule sollten sich Kinder untereinander in ihrer Verschiedenartigkeit und Individualität intensiv kennen lernen können, wobei nicht nur die multikulturelle Zusammensetzung vieler Klassen, sondern auch die verschiedensten Begabungen der Kinder große Chancen bieten (vgl. Petersen, S. 1996, S. 7f).
Lernen wird immer mit Arbeit verbunden bleiben, doch es muss sich dabei nicht um das so genannte ‚Drucklernen’ handeln. Kinder sollten dazu befähigt werden, selbst Fragen zu stellen, lernen zu wollen und in dem sich einstellenden Erkenntnisgewinn eine Bereicherung für ihre Persönlichkeit entdecken zu können (vgl. Petersen, S. 1996, S. 8). Doch dies ist im herkömmlichen frontalen Fachunterricht oftmals nicht in ausreichendem Maße möglich. „Lernangebote müssen schülerorientiert sein“ (Petersen, S. 1996, S. 8), d.h., dass Interessen und Probleme der Schüler als Impulse für das Lernen dienen sollen und versucht werden soll, ihre Belange in den Mittelpunkt zu stellen, nicht aber, dass die Schule als fremdbestimmende Institution erfahren wird (vgl. Petersen, S. 1996, S. 8).
Gleichsam fordert Petersen: „[d]as Lernangebot muß (sic) fächerübergreifend sein“ (Verf., Petersen, S. 1996, S. 8). Kategorisierter Fachunterricht entspreche nicht dem Denkansatz von Kindern. Er sei „eine künstliche, nicht- kindgerechte Konstruktion“ (Petersen, S. 1996, S. 8). Zudem konterkariere ein Nebeneinander von fachlichem Lernen „ein Denken im Zusammenhang, […] erschwer[e] forschendes Lernen und beeinträchtig[e] in seinen schülerunabhängigen Geboten die Motivation, Kreativität und Phantasie der Kinder“ (Verf., Petersen, S. 1996, S. 8). Ähnliches postuliert auch Moegling, indem er vom „undurchsichtigen Dschungel aus teilspezialisierten Wissensbeständen“ (Moegling, K. 1998, S. 11) spricht, welchem sich die Schüler aussetzen müssten und welcher keinen „sinnvoll strukturierten Wirklichkeitsbezug“ (Moegling, K. 1998, S. 11) eröffnen könne. Des Weiteren würden Schüler dadurch „die Fähigkeit zu entfremdetem Lernen“ (Moegling, K. 1998, S. 11) erwerben, welche letztlich zu „[e]rfahrungsgeleertem Papierwissen“ (Verf., Moegling, K. 1998, S. 11) führe. Dieses wiederum würde nach dem „Schwammprinzip aufgesaugt [und] zur Klassenarbeit […] ausgedrückt“ (Verf., Moegling, K. 1998, S. 11) werden. Selbiges bestätigt der Philosoph und Pädagoge John Dewey (1859-9152) indem er aussagt: „Solange das Reproduzieren des Gelernten als höchstes Ziel (bewusst oder unbewusst) angesehen wird, bleibt Denkschulung eine nebensächliche und untergeordnete Aufgabe“ (Holacher, R. 2002, S. 43). Infolgedessen werde nachhaltiges Lernen verhindert und auch Lernen im Zusammenhang sei durch die Fächerstruktur nicht möglich (vgl. Moegling, K. 1998, S. 11). Doch gerade nachhaltiges, lebenslanges Lernen sollte es sein, was Schule anstreben muss um wahre Bildung und kein bloßes Faktenkennen zu vermitteln (vgl. Moegling, K. 1998, S. 11f). „Lernen in einem tieferen Sinne“ (Moegling, K. 1998, S. 12) kann nur eintreten, „wenn der Mensch als Ganzes“ (vgl. ebd.) betrachtet wird. Dazu müsste er jedoch „in seinen biografischen und sozialökonomischen Bezügen“ (ebd.) bedacht werden, was laut Moegling unter Berücksichtigung der Ganzheitlichkeit und der Leiblichkeit des Lernenden, sowie des fächerübergreifenden Lernens geschieht (vgl. ebd.). Dabei sollte die Chance des Lernens mit allen Sinnen nicht unbedacht bleiben. Es fehlt gerade in der heutigen Zeit vielen Kindern an einigen fundamentalen Sinneserfahrungen, während sie an anderen Sinneseindrücken übersättigt werden (vgl. Petersen, S. 1996, S. 8). Somit würden wichtige Körpererfahrungen nicht gemacht und das eigene Selbst ganz anders erlebt werden. Hier sollte die Schule kompensierend einwirken, besonders, weil durch den Verlust von verschiedensten Sinneseindrücken die Selbst-, aber auch die Fremdwahrnehmung der jungen Menschen gefährdet ist (vgl. ebd.). Zu den dargelegten Ausführungen der zitierten Autoren fehlen jedoch zumeist empirische und wissenschaftlich belegte Studien, welche die hypothetischen Vermutungen, welche sicherlich zu einem gewissen Grad stimmig sind, belegen.
[...]
1 In dieser Arbeit wird der Begriff „Schüler“ ohne Rückschlüsse auf das jeweilige Geschlecht verwendet. Erschließt dabei sowohl Mädchen als auch Jungen ein. Auch alle Berufsbezeichnungen des Lehrers sollen keinen Rückschluss auf das jeweilige Geschlecht des Lehrenden geben.
2 Der Begriff Sachfach wird von Experten verwendet, um den fremdsprachlichen Fachunterricht von Unterricht in allen weiteren Fächern abzugrenzen.
3 Dieses Empfinden der Schüler kann äußerst positiv bewertet werden, da es förderlich wirken kann. Selbstverständlich unterliegt der Fremdsprachenerwerb dennoch komplexen psychosozialen Lernprozessen.
4 Philanthropen sind Anhänger einer deutschen Reformbewegung der Aufklärung. Sie verfolgten die Erziehung zur Vernunft, zur Natürlichkeit und zur Menschenfreundlichkeit.
5 Trapp folgte 1779 dem Ruf der Universität Halle und wurde der Inhaber des ersten Lehrstuhls für Philosophie und Pädagogik auf deutschem Gebiet.
6 Erstspracherwerb
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