“The times they are a changing” dichtete Bob Dylan in seinem berühmten Lied von 1964. Und die grammatischen Zeiten ändern sich auch, möchte man dem als Sprachwissenschaftler hinzufügen. Dylan benutzt in seiner Liedzeile eine grammatische Form, die man als Verlaufsform oder ‚progressive form‘ bezeichnet. Eine ähnliche Form existiert auch im Deutschen, gemeint ist die Konstruktion sein + am + Infinitiv, z.B. Ich bin gerade am Arbeiten.
Das vorliegende Buch befasst sich mit dieser deutschen Verlaufsform und untersucht anhand eines Vergleichs mit der historischen Entwicklung der englischen Form, in welchem Stadium der Grammatikalisierung sich die deutsche Form heute befindet. Ein Fragebogen zur Akzeptabilität einzelner Sätze, die die Verlaufsform realisieren, wurde entwickelt und an Studenten und Dozenten deutscher Universitäten verschickt. 588 Personen äußerten sich zu den grammatischen, semantischen und pragmatischen Restriktionen der Verlaufsform.
Es wird u.a. erläutert, welcher Unterschied zwischen Aspekt, Aspektualität, Aktionsarten und Aktionaliät besteht. Auch die Konkurrenzkonstruktionen wie im … begriffen sein, beim … sein, dabei sein, etwas zu tun kommen zu Wort. Eine detaillierte Analyse des deutschen Verbsystems zeigt dessen Lücken auf und ermöglicht eine Einordnung der Verlaufsform in das vorhandene System.
Das vorliegende Buch zur Verlaufsform von Ariane Slater ist eine leicht gekürzte und in der neuen Rechtschreibung verfasste Ausgabe der Dissertation aus dem Jahre 1997, die unter dem Geburtsnamen der Verfasserin, Ariane Reimann, erschienen war. Heute arbeitet die promovierte Sprachwissenschaftlerin beim Bundessprachenamt in Hürth. Ihre sprachwissenschaftlichen Schwerpunkte liegen in den Bereichen ‚kontrastive Grammatik‘ und Militärsprache.
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort
- Kapitel 1: Kategoriale und methodische Grundlagen
- 1.1 Vorbemerkungen
- 1.2 Kategorien und Kategorisierungen
- 1.3 Die Verlaufsform als Einheitskategorie der inhärenten Kategorisierung,Aspekt
- 1.4 Die Klasse der Vollverben und andere Klassen
- 1.5 Unterscheidung der Vollverben nach ihrer Valenz oder: Auf der Suche nach allgemeineren Kriterien
- 1.6 Aspektualität
- 1.7 Aktionalität
- 1.8 Aktionsarten
- 1.9 Die Verlaufsform und ihre Abhängigkeit von morphologischen, syntaktischen, semantischen und pragmatischen Faktoren
- Kapitel 2 : Die historische Entwicklung der neuenglischen Verlaufsform im Vergleich zu Partizipialkonstruktionen des Alt-, Mittel- und Frühneuhochdeutschen
- 2.1 Vorbemerkungen
- 2.2 Die Verlaufsform im Altenglischen
- 2.2.1 Das Präfix ga- (gi-, ge-): Kannte das Altenglische die grammatische Kategorisierung ,Aspekt'?
- 2.2.2 Partizipialkonstruktionen im Altenglischen
- 2.3 Vom Mittelenglischen zum Neuenglischen
- 2.4 Die Konstruktion vom Typ I am on/a-fishing
- 2.5 Die Partizipialkonstruktionen des Althochdeutschen
- 2.6 Vom Mittelhochdeutschen zum Frühneuhochdeutschen
- 2.7 Zusammenfassung: Die Entwicklung der englischen und deutschen Verlaufsform im Vergleich
- Kapitel 3: Die Verlaufsform im Deutschen: Der aktuelle Forschungsstand
- 3.1 Vorbemerkungen
- 3.2 Die Verlaufsform in der linguistischen Literatur
- 3.2.1 Einteilung der Literatur nach quantativen Kriterien
- 3.2.2 Einteilung der zitierten Aussagen nach sprachlichen Kriterien
- 3.2.3 Die Verlaufsform bei Brons-Albert (1984)
- 3.2.4 Andersson (1989)
- 3.2.5 Glück/Sauer (1990/1996)
- 3.2.6 Ebert (1996)
- 3.2.7 Krause (1996)
- 3.2.8 Bhatt (1991/1992)
- 3.2.9 Bhatt/Schmidt (1993), Bayer (1993), Schmidt (1995)
- 3.3 Die einzelnen Komponenten der Verlaufsform
- 3.3.1 Der Infinitiv
- 3.3.2 Die Präposition am
- 3.4 Die Konkurrenzformen zur Verlaufsform
- 3.5 Zusammenfassung
- Kapitel 4: Der Fragebogen zur Verlaufsform im Deutschen
- 4.1 Vorbemerkungen
- 4.2 Erläuterungen zum Fragebogen
- 4.2.1 Soziolinguistische Aspekte
- 4.2.2 Verbklassen
- 4.2.2.1 Morphologische Verbklassen
- 4.2.2.2 Syntaktische Verbklassen
- 4.2.2.3 Aktionsarten
- 4.2.2.4 Wortfeld
- 4.3 Fragebogen zur Verlaufsform im Deutschen
- Kapitel 5: Ergebnisse der empirischen Untersuchung zur Verlaufsform im Deutschen
- 5.1 Allgemeines
- 5.2 Auswertungen der Fragebögen nach soziolinguistischen Gesichtspunkten
- 5.2.1 Die Bereiche UA, DA, UA&DA und NA und ihre Verteilung auf die zwölf Städte
- 5.2.2 Dialektsprecher und die Bereiche DA und UA&DA
- 5.2.3 Die Bedeutung der Kriterien UA und DA für die Bewertung der einzelnen Sätze
- 5.3 Sprachliche Analyse
- 5.3.1 Auswertung der 43 Sätze
- 5.3.2 Die Verbindungsmöglichkeiten der Verlaufsform mit den Verbalkategorien des Deutschen
- 5.3.2.1 Tempus
- 5.3.2.1.1 Präsens und Futur I
- 5.3.2.1.2 Präteritum und Perfekt
- 5.3.2.2 Infinitiv
- 5.3.2.3 Modus
- 5.3.2.3.1 Konjunktiv
- 5.3.2.3.2 Imperativ
- 5.3.2.4 Genus verbi: Passiv
- 5.3.2.5 Zusammenfassung
- 5.3.2.1 Tempus
- 5.3.4 Trennbare und untrennbare Verben
- 5.3.5 Kopula- und Modalverben
- 5.3.6 Das Verhalten der Verlaufsform in Verbindung mit direkten Objekten
- 5.3.7 Die Verbindungsmöglichkeiten mit anderen Objekten
- 5.3.8 Unpersönliche Verben
- 5.3.9 Reflexive und reziproke Verben
- 5.3.10 Adverbialbestimmungen und Modalpartikeln
- 5.3.11 Aktionsarten
- 5.3.12 Stilistische Restriktionen
- 5.4 Zusammenfassung: Kapitel 5
- 6 Ergebnisse
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Das Ziel dieser Arbeit ist es, die Entwicklung und den aktuellen Stand der „Verlaufsform“ im Deutschen zu untersuchen. Die Autorin befasst sich dabei mit der Frage, ob sich im Deutschen eine „progressive form“ entwickelt.
- Historische Entwicklung der Verlaufsform im Deutschen und Englischen
- Vergleich der Entwicklung der Verlaufsform mit Partizipialkonstruktionen im Alt-, Mittel- und Frühneuhochdeutschen
- Der aktuelle Forschungsstand zur Verlaufsform im Deutschen
- Empirische Untersuchung zur Verlaufsform im Deutschen anhand eines Fragebogens
- Sprachliche Analyse der Ergebnisse der empirischen Untersuchung
Zusammenfassung der Kapitel
- Kapitel 1: Dieses Kapitel legt die kategorialen und methodischen Grundlagen für die Untersuchung der Verlaufsform. Es werden die Kategorien Aspekt und Aktionalität sowie die Aktionsarten erläutert. Die Autorin diskutiert auch die Abhängigkeit der Verlaufsform von morphologischen, syntaktischen, semantischen und pragmatischen Faktoren.
- Kapitel 2: Dieses Kapitel analysiert die historische Entwicklung der neuenglischen Verlaufsform im Vergleich zu Partizipialkonstruktionen im Alt-, Mittel- und Frühneuhochdeutschen. Es werden die Entwicklungen im Altenglischen, Mittelenglischen, Neuenglischen sowie im Althochdeutschen und Mittelhochdeutschen betrachtet.
- Kapitel 3: In diesem Kapitel stellt die Autorin den aktuellen Forschungsstand zur Verlaufsform im Deutschen dar. Sie gibt einen Überblick über die linguistische Literatur zum Thema und analysiert die verschiedenen Ansätze zur Beschreibung der Verlaufsform.
- Kapitel 4: Dieses Kapitel beschreibt den Fragebogen, der für die empirische Untersuchung zur Verlaufsform im Deutschen eingesetzt wurde. Der Fragebogen wurde entwickelt, um die sprachliche Kompetenz der Teilnehmer in Bezug auf die Verwendung der Verlaufsform zu testen.
- Kapitel 5: In diesem Kapitel werden die Ergebnisse der empirischen Untersuchung zur Verlaufsform im Deutschen präsentiert und analysiert. Die Autorin untersucht die Verteilung der Verlaufsform in verschiedenen Regionen Deutschlands und betrachtet die sprachlichen Faktoren, die die Verwendung der Verlaufsform beeinflussen.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den Themen Aspekt, Aktionalität, Verlaufsform, progressive form, deutsche Grammatik, englische Grammatik, historische Sprachentwicklung, empirische Sprachforschung, Fragebogenmethode.
- Quote paper
- Dr. Ariane Slater (Author), 1997, Grammatik im Wandel, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/189483