„In dem berühmt gewordenen kleinen Häuschen in der Alchimistengasse, das sich auf
dem Hradschin an die Schlossmauer schmiegt, führt Kafka im Winter 1916/ 17 ein
inselhaftes nächtliches Schreibleben, wobei er in der parabelhaften kleineren Erzählkunst
zu den paradoxen Gleichnissen seiner Lebens- und Daseinsanschauun-gen
gelangt.“2 Zu den dort entstandenen Geschichten gehört neben dem „Kübel-reiter“, dem
„Brudermord“, dem „Schlag ans Hoftor, „Auf der Galerie“, dem „Nächsten Dorf“ und dem
„Nachbarn“ auch die Parabel „Eine kaiserliche Botschaft“.
Diese findet sich im Kontext der unvollendeten Erzählung „Beim Bau der chinesischen
Mauer“, wurde aber von Kafka herausgelöst und 1919 als Einzeltext veröffentlicht. In
der Geschichte über den Mauerbau berichtet ein Ich-Erzähler vom Bau dieser Mauer und
legt deren und dessen Bedeutung offen. Er ist als beteiligter Bauführer zugleich erzählte
und erzählende Figur und nennt die „kaiserliche Bot-schaft“ eine „Sage“, die das
„Verhältnis“ zwischen dem Kaiser und dem Volk beleuchte.3
Hier in der Parabel tauchen weder China noch der Mauerbau auf, auch weist das
„Zeichen der Sonne“ (Z. 12/ 13) weniger auf China hin, das sich als Wappentier des
Drachens bedient, sondern eher auf den japanischen Tenno. Schlingmann folgert daraus, dass Kafka mit der „Sage“ nicht so sehr die geschichtliche Wahrheit, sondern mehr
die Schaffung einer offenen Parabel intendiert habe, „deren Bildhälfte – die ihren
Empfänger nie erreichende Botschaft eines Toten – auf eine Sachhälfte verweist, welche
jeder einzelne Leser in sich selbst finden kann.“4
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1) Franz Kafka, Beim Bau der chinesischen Mauer, in: Max Brod (Hrsg.), Franz Kafka,
Beschreibung eines Kampfes, Fischer: Frankfurt/ M. o. J. (1964), S. 59 f.
und in: Paul Raabe, Franz Kafka, Sämtliche Erzählungen, Fischer: Frankfurt/ M 1970, S.
138 f.
2) Editionen für den Literaturunterricht, hg. v. Dietrich Steinbach: Peter Beicken, Franz
Kafka. Leben und Werk, Klett: Frankfurt/ M.1986, S. 106
3) Literaturwissen für Schule und Studium: Carsten Schlingmann, Franz Kafka, Reclam:
Stuttgart 1995, S.123
4) Schlingmann, S. 124
Inhaltsverzeichnis
- Der Kaiser
- Die Botschaft
- Der Bote
- Der Untertan
- Die Aporie
- Der Kontext
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Text „Franz Kafka, Eine kaiserliche Botschaft“ von Gerd Berner analysiert die gleichnamige Parabel von Franz Kafka und stellt deren Bedeutung im Kontext der Gesamterzählung „Beim Bau der chinesischen Mauer“ dar. Der Text zielt darauf ab, die Parabel „Eine kaiserliche Botschaft“ für Schüler und Studenten zugänglich zu machen und sie in ihrer komplexen Struktur und Bedeutung zu verstehen.
- Die Ambivalenz der kaiserlichen Macht
- Die Problematik der Kommunikation in der Parabel
- Die Rolle des Boten und die Unmöglichkeit der Botschaft
- Die existentielle Aporie der Situation
- Der Kontext der Parabel in der Gesamterzählung
Zusammenfassung der Kapitel
Der erste Teil des Textes befasst sich mit der Analyse der Parabel „Eine kaiserliche Botschaft“. Hierbei werden die verschiedenen Aspekte der Geschichte beleuchtet, wie z.B. die Rolle des Kaisers, die Botschaft selbst, der Bote, der Untertan und die zentrale Aporie der Situation.
Der zweite Teil des Textes analysiert den Kontext der Parabel in der Gesamterzählung „Beim Bau der chinesischen Mauer“. Dabei wird die Frage nach der Macht des Kaisers und der Funktion der Mauer behandelt. Der Text untersucht die Rolle des Ich-Erzählers und dessen Sichtweise auf das Kaisertum.
Schlüsselwörter
Die wichtigsten Schlüsselwörter und Fokus-Themen des Textes sind Franz Kafka, „Eine kaiserliche Botschaft“, „Beim Bau der chinesischen Mauer“, Kaisertum, Kommunikation, Aporie, existentielle Aporie, Botenlauf, Macht, und Kontext.
- Quote paper
- M.A. Gerd Berner (Author), 2012, Franz Kafka, Eine kaiserliche Botschaft - Ausführliche Interpretation mit Sekundärliteratur, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/189436