Im Rahmen des Hauptseminars „Mittelalterliche Hermeneutik“ beschäftigten wir uns im Sommersemester 2008 mit dem Physiologus. „Der Ph[ysiologus] ist ein Zeugnis frühchr[istlicher]- m[ittel]a[lterlicher] Spiritualität, welche die geschaffene Natur als Kosmos von Zeichen verstand, durch die Gott zum Menschen spricht.“ Dieser Satz fasst jenes Werk zusammen, das im Mittelpunkt der vorliegenden Arbeit steht. Durch seine Wirkungsgeschichte, jahrhundertelange Weitergabe und reichhaltigen Handschriften hat diese Schrift eine Sonderstellung in der Geschichte der Literatur. Im Mittelalter hatte der Physiologus neben der Bibel einen sehr hohen Stellenwert und galt lange als Vorbild bei der geistlich-moralischen Exegese und Naturlehre. Die kleinen Geschichten wurden als „Berichte realer Naturgegebenheiten“ betrachtet und schon in der Spätantike wurden sie durch Augustin „als ‚unwahr‘ im naturwiss[enschaftlichem] Sinn erkannt“. Dies schränkte jedoch nicht Geltung des Physiologus ein. So behielt er lange seine Vormachtstellung als „‘Buch der Natur‘, in dem der Mensch die Offenbarung Gottes ‚lesen‘ kann“.
Die Bezeichnung Physiologus stammt von dem griechischen Wort , was Naturforscher oder Naturkundiger bedeutet. Was es aber genau bedeutet und wie dieses Werk beschaffen ist, soll in der folgenden Arbeit untersucht werden. Dafür wird zunächst über allgemeine Charakteristiken und die Entstehungsgeschichte des Physiologus informiert. Danach liegt der Fokus auf dem altdeutschen Physiologus, aber insbesondere auf der Millstätter Reimfassung, wie sie von Friedrich Maurer herausgegeben wurde. Diese ist auch Ausgangspunkt für die spätere Analyse der Tiere in dieser Arbeit. Jedoch sollen in einem weiteren Kapitel vorher noch die Grundlagen der Schriftsinne der mittelalterlichen Hermeneutik beleuchtet werden.
Den Abschluss bildet das fünfte Kapitel, das eine kurze Zusammenfassung dieser Arbeit geben wird.
Inhaltverzeichnis
1. Einleitung
2. Der Physiologus
2.1. Allgemeine Informationen und Entstehungsgeschichte
2.2. Der altdeutsche Physiologus
3. Der Vierfache Schriftsinn
3.1. Charakteristik und Funktionsweise der Schriftsinne
3.2. Bedeutung der Schriftsinne für den Physiologus
4. Tiersymbolik im altdeutschen Physiologus
4.1. Allgemeine Bemerkungen
4.2. „Lewe“ – Der Löwe
4.3. „Einhurn“ – Das Einhorn
4.4. „Helphant“ – Der Elefant
4.5. „Vipera“ – Die Schlange
4.6. „Piber“ – Der Biber
4.7. „Ar“ – Der Adler
4.8. „Sisegoum“ – Der Pelikan
4.9. „Fenix“ – Der Phönix
5. Schlussbetrachtung
6. Quellenverzeichnis
6.1. Primärliteratur
6.2. Sekundärliteratur
6.3. Internet
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