„El licenciado vidriera“ ist eine von 12 Novellen der Sammlung „Novelas ejemplares“ von Miguel de Cervantes Saavedra, erstmals veröffentlicht 1613. Sie ist so vielschichtig und dermaßen umstritten, dass die Auseinandersetzung mit ihr eine „Herausforderung“ darstellt und sie selbst innerhalb des Korpus eine besondere Stellung einnimmt. Ihrem Status innerhalb der Literaturwissenschaft widmet sich diese Arbeit.
Die Erzählung beschreibt auf zwar chronologische, aber auch sprunghafte Art Geschehnisse aus dem Leben des jungen Tomás Rodaja und berichtet von seiner Entwicklung, seinem Wahn und sei¬nem Tod. Als Diener kommt er nach Salamanca, macht dort dann allerdings Karriere an der Universi¬tät. Angetrieben von dem Willen, Ruhm und Ehre zu erringen, führt er einen unnatürlichen Lebenswandel. Nach einer Vergiftung verfällt er dem Wahn: Er glaubt, er sei aus Glas. In diesem Zu¬stand wird er zu einem öffentlichen Ereignis, doch nach seiner Heilung findet er kein Gehör mehr und stirbt tragisch.
Die vorgelegte Arbeit verfolgt ein doppeltes Ziel: In einem ersten Teil wird die Novelle auf In¬halt (historia) und Struktur (discurso) untersucht. In einem zweiten Teil werden anhand aus¬gewählter Meinungen aus der „Novelas“-Forschung das Diskussionspotential und die Komple¬xität des „Licenciado Vidriera“ deutlich gemacht. Dazu werden die großen Streitfelder der In¬terpretation durchleuchtet und die Uneinheitlichkeit in den jeweiligen Meinungen herausge¬arbeitet.
Aufgrund der Zielrichtung der Arbeit, die einen Einblick in die Debatten um „El licenciado vidriera“ liefert, wird hier nur kurz der Forschungsstand angesprochen. Die Forschung zu eben dieser Novelle ist besonders umfangreich. Dies liegt daran, dass sie von den „Novelas ejemplares“ den wahrscheinlich größten Interpretationsspielraum zulässt, aber auch auf eine besondere Art und Weise aufgebaut bzw. zusammengefügt ist. Diese etwas selt¬same Struktur der Novelle ist ein heftig diskutierter Gegenstand in der Wissenschaft, genau wie die Person des Tomás. Jeder Autor muss sich der Erzählung über diese zwei Parameter nähern, auch wenn Untersuchungen der letzten zehn Jahre eher spezielle Felder bearbeiten. Doch ge¬rade besagte „Groß-Debatten“ bieten Anlass zu wissenschaftlichem Streit (vgl. Kap. 4 und 5).
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung, Forschungsüberblick
- Historische Einordnung
- „El licenciado vidriera“: Inhalt und Struktur
- Inhalt (historia)
- Struktur/Handlungsschema/Motivierung (discurso)
- Kommunikationssituation
- Motivierung und Handlungsschema
- Die Schwierigkeit des Texts
- Das Leitthema
- Das Exemplum
- Streitfelder der Interpretation
- Zusammenhang der Novelle
- Die Verrücktheit
- Kontinuität oder Bruch des Protagonisten
- Resümee
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Novelle „El licenciado vidriera“ von Miguel de Cervantes Saavedra, eine der 12 Novellen der Sammlung „Novelas ejemplares“. Das Ziel ist es, die Novelle in ihrer inhaltlichen (historia) und strukturellen (discurso) Komplexität zu analysieren und die großen Streitfelder der Interpretation in der Forschung aufzuzeigen.
- Analyse der Geschichte und Struktur von „El licenciado vidriera“
- Erforschung der Kontroversen und Debatten um die Novelle in der Literaturwissenschaft
- Herausarbeitung der verschiedenen Interpretationen und deren Unstimmigkeiten
- Untersuchung der Rolle des Protagonisten und seiner „Verrücktheit“
- Einordnung der Novelle in den historischen Kontext des 17. Jahrhunderts
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Novelle „El licenciado vidriera“ ein, beleuchtet ihren umstrittenen Status in der Literaturwissenschaft und gibt einen kurzen Überblick über den Forschungsstand. Das Kapitel "Historische Einordnung" setzt die Novelle in den historischen Kontext des 17. Jahrhunderts und beleuchtet die sozialen und gesellschaftlichen Bedingungen, die die Handlung prägen.
Im dritten Kapitel wird der Inhalt und die Struktur von „El licenciado vidriera“ ausführlich analysiert. Dazu werden sowohl die narrative Kommunikationssituation als auch die Handlungsmotive und -schemata betrachtet. Die Kapitel „Das Leitthema“ und „Das Exemplum“ fokussieren auf die zentralen Themen und Motive der Novelle und beleuchten die Bedeutung des „licenciado vidriera“ als exemplarisches Figurenbild.
Im fünften Kapitel werden die großen Streitfelder der Interpretation von „El licenciado vidriera“ vorgestellt, einschließlich der Debatten um den Zusammenhang der Novelle, die Verrücktheit des Protagonisten und die Frage nach der Kontinuität oder dem Bruch in seiner Persönlichkeit.
Schlüsselwörter
„El licenciado vidriera“, Miguel de Cervantes Saavedra, „Novelas ejemplares“, „historia“, „discurso“, Interpretation, Verrücktheit, „loco discreto“, historischer Kontext, Spanien, „letrado class“, „nobleza ganada“, „homo novus“, „sociedad inepta e injusta“, Kommunikationssituation, erlebte Rede, narrative Vermittlung, Handlungsmotivation.
- Quote paper
- Florian Kuhne (Author), 2011, „El licenciado vidriera“: Komplexer Gegenstand fortgesetzter literaturwissenschaftlicher Debatte, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/189176