Der Begriff der Bildung hat sich von der Vergangenheit bis zur Gegenwart stark
verändert.
Ich beginne mit dem Bildungsbegriff aus heutiger Sicht, der ziemlich verengt zu sein
scheint. Als Beispiel möchte ich hier die PISA-Studie anführen. Sie beschreibt
Bildung als schulvermittelte Kenntnisse und Fähigkeiten. Sie misst Bildung am
Verständnis von Texten, mathematischem Erfassen und dem Verständnis
naturwissenschaftlicher Zusammenhänge. Obwohl im Fokus der Bildungsdiskussion
„heute zunehmend auch soziale Kompetenzen, Sprach- und
Kommunikationskompetenz, eine demokratische Grundhaltung und entsprechende
Organisations- und Problemlösungsfähigkeiten sowie eine Vielzahl weiterer
Fertigkeiten und Fähigkeiten, die zum einen der umfassenden
Persönlichkeitsentwicklung und der Lebenskompetenz dienen, zum anderen aber
auch eine Voraussetzung zum Wissenserwerb und zur sinnvollen und sozial
verantwortungsbewussten Anwendung des Wissens darstellen“, stehen, hat dieses
Verständnis von Bildung nicht viel mit dem anfänglichen Bildungsbegriff aus dem 18.
Jahrhundert gemein (www.kindergartenpaedagogik.de/766.html)
Etymologisch gesehen geht der Begriff Bildung ganz einfach auf „Bild“ im Sinne von
Abbild zurück. Bildung meint also das genaue Nachzeichnen der Welt.
„Herders Sprachbuch“ spricht sogar von Bildung als „die sichtbare Gestalt, so noch in
Körper-, Gesichtsbildung“ (1974, S.70) Also Bildung als natürliche Gestaltung aller
Menschen. Dazu zählte noch nicht unbedingt der Charakter und bestimmte
Fähigkeiten, sondern vornehmlich das Aussehen. Ähnlich wie es in Moritz` „Anton
Reiser“ beschrieben ist, von dem noch die Rede sein wird:
„Ganz an dem einen Ende des halben Zirkels stand ein Jüngling mit blassen Wangen
von ausnehmend schöner Bildung. – Reiser konnte seine Augen nicht von den
seinigen wenden“ (Moritz 1980, S.392)
Das Wort „bilden“ umschreibt Herder als „formen, sowohl nachbilden als
schöpferisch gestalten, so gebraucht von Gott, den Menschen und der Natur“
(Herder 1974, S.71) In dieser Formulierung kommt bereits zum Ausdruck, dass der
Mensch sich selbst bilden muss; dies kann kein anderer für ihn übernehmen. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Statt einer Einleitung: Versuch einer Begriffserklärung
- Bildung
- Individuum und Individualität
- Bildung (und Individualität) in Bildungsromanen
- Karl Philipp Moritz: „Anton Reiser“
- Thomas Mann: „Der Zauberberg“
- Günter Grass: „Die Blechtrommel“
- Biografieforschung
- Das Ich-Gefühl als Gefühl individuellen Seins
- Individualität und Bildung kommen zusammen:
- Wilhelm von Humboldt
- C.G. Jung
- Zusammenschau und Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht den klassischen Bildungsbegriff im Kontext von Individualität und Biografie. Sie befasst sich mit der Entwicklung des Begriffs von der Vergangenheit bis zur Gegenwart, wobei insbesondere die Sichtweise der Deutschen Klassik beleuchtet wird.
- Die Entwicklung des Bildungsbegriffs von der Vergangenheit bis zur Gegenwart
- Die Rolle der Individualität in Bildungsprozessen
- Die Darstellung von Bildung und Individualität in Bildungsromanen
- Der Einfluss von Biografieforschung auf das Verständnis von Bildung
- Die Bedeutung des Ich-Gefühls als Gefühl individuellen Seins
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel der Arbeit stellt den klassischen Bildungsbegriff und die Bedeutung von Individualität vor. Es untersucht die Veränderungen des Bildungsbegriffs von der Vergangenheit bis zur Gegenwart und beleuchtet dabei unterschiedliche Perspektiven auf Bildung.
Im zweiten Kapitel werden verschiedene Bildungsromane analysiert, um die Darstellung von Bildung und Individualität in der Literatur zu beleuchten. Es wird die Bedeutung der Bildungsromane für das Verständnis von Bildungsprozessen und die Entwicklung des Ichs untersucht.
Das dritte Kapitel bietet eine kurze Einführung in die Biografieforschung, die den individuellen Lebensweg und die Bedeutung von Bildung in diesem Zusammenhang untersucht.
Das vierte Kapitel befasst sich mit dem Ich-Gefühl als Gefühl des individuellen Seins und analysiert die Bedeutung dieses Gefühls für die Bildung und die Entwicklung der eigenen Identität.
Im fünften Kapitel werden zwei Theoretiker des Individualitätsgedankens, Wilhelm von Humboldt und C.G. Jung, vorgestellt. Es werden die Ideen dieser Denker hinsichtlich Individualität und Bildung beleuchtet.
Schlüsselwörter
Der Text befasst sich mit dem klassischen Bildungsbegriff, Individualität, Biografieforschung, Bildungsromanen, Ich-Gefühl, Wilhelm von Humboldt, C.G. Jung, und dem Vergleich zwischen dem heutigen Bildungsverständnis und dem der Deutschen Klassik.
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- Ines Lück (Author), 2003, Der klassische Bildungsbegriff, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/18847