Die Beschäftigung mit Choderlos de Laclos’ „Les Liaisons dangereuses“ von 1782 kann als besondere Herausforderung für den Leser angesehen werden, da das Werk als Inbegriff eines klassischen Briefromans zu gelten hat, welcher unter anderem hinsichtlich seiner Struktur, seiner Figurencharakterisierung und entsprechend auch seiner Rezeption besondere Bedingungen mit sich bringt. So wird der Leser vor allem durch das Fehlen einer übergeordneten Erzählinstanz und dem damit verbundenen Mangel an Kommentierung und Bewertung des dargestellten Geschehens zu eigener Reflexion und Einschätzung gezwungen und damit ganz im Sinne Kants dazu veranlasst, sich seines eigenen Verstandes zu bedienen. Hieraus jedoch resultiert eine Annäherung des Briefromans an eine auf den ersten Blick vollkommen andere Gattung, welche jedoch bei genauerem Hinsehen mit ganz ähnlichen Mustern arbeitet, so dass sich ein Vergleich beider geradezu anbietet: die Dramatik.
Die vorliegende Arbeit setzt sich aus diesem Grund das Ziel Briefroman und Drama gegenüberzustellen, um so einerseits mögliche Parallelen beider Gattungen aufzuspüren und andererseits vorhandene Unterschiede zu beleuchten. Dabei ist es hinsichtlich der unglücklich verlaufenden Handlung von Laclos’ Roman angebracht, vor allem die Tragödie als Reverenzpunkt heranzuziehen, um so auch auf inhaltlicher Ebene möglichst viele Vergleichspunkte zu erhalten. Eine solche Gegenüberstellung bietet sich darüber hinaus auch nicht zuletzt deswegen an, weil die Tragödie im 18. Jahrhundert eine regelrechte Krise erlebte, welche die Frage nahelegt, in welcher Gattung und auf welche Weise die zweifelsfrei dennoch vorhandenen tragischen Themen der Zeit verarbeitet wurden. Für den eigentlichen Vergleich wird bezüglich der Dramen kein bestimmtes Werk ins Auge gefasst, sondern die Gruppe der klassischen französischen Tragödien des 17. Jahrhunderts insgesamt als Reverenzpunkt angesetzt, da diese zumeist eine formal recht große Ähnlichkeit aufweisen.
Zudem wird sich die vorliegende Arbeit in einer Hinwendung zur Praxis mit einer tatsächlichen dramatischen Umsetzung der Liaisons dangereuses befassen, wobei der Fokus auf einer Theaterversion des Romans von Christopher Hampton liegen soll, der auch als Koproduzent und Drehbuchautor bei einer überaus erfolgreichen Verfilmung des Romans tätig war.
So soll die vorliegende Arbeit die Frage klären, welches dramatische Potential den Liaisons dangereuses innewohnt und wie dieses sich nutzen und umsetzen lässt.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Krise der Tragödie im 18. Jahrhundert
- Drama und Briefroman im Vergleich
- Formalia
- Handlungsaufbau und Personen
- Inhalt, Themen und Funktion
- Inszenierungen der Liaisons dangereuses
- Christopher Hamptons „Les Liaisons dangereuses“ (1986)
- Handlung
- Personen
- Sprache
- Gesamteindruck der Inszenierung in Kaiserslautern (Aufführung vom 08.06.2007)
- Christopher Hamptons „Les Liaisons dangereuses“ (1986)
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit analysiert Choderlos de Laclos' „Les Liaisons dangereuses“ aus der Perspektive des dramatischen Potentials und vergleicht den Briefroman mit der Tragödie. Sie untersucht, inwiefern die strukturellen und inhaltlichen Merkmale des Romans auf eine Inszenierung auf der Bühne übertragen werden können. Ziel ist es, Parallelen und Unterschiede zwischen den beiden Gattungen aufzuzeigen und das dramatische Potential von Laclos' Werk aufzudecken.
- Die Tragödienkrise im 18. Jahrhundert
- Vergleich von Briefroman und Tragödie hinsichtlich Formalia, Handlungsaufbau und Personen
- Die Rolle der Sprache und der Figurencharakterisierung im Roman
- Analyse einer konkreten Inszenierung der Liaisons dangereuses
- Bewertung des dramatischen Potentials des Romans
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt den Roman „Les Liaisons dangereuses“ als eine besondere Herausforderung für den Leser vor und betont die Relevanz des Briefromans im Kontext der Aufklärung. Sie führt das Thema der Tragödienkrise im 18. Jahrhundert ein und erklärt die Notwendigkeit, den Briefroman im Vergleich zur Tragödie zu untersuchen.
Kapitel 2 befasst sich mit der Krise der Tragödie im 18. Jahrhundert. Es analysiert die Veränderungen des Menschenbilds und der Gefühle, die die klassische Tragödie in Frage stellen.
Kapitel 3 vergleicht den Briefroman mit der Tragödie anhand der Formalia, des Handlungsaufbaus und der Figurencharakterisierung. Es betrachtet Laclos' Roman als exemplarischen Vertreter des Briefromans und die klassischen französischen Tragödien als Referenzpunkt.
Kapitel 4 untersucht eine konkrete Inszenierung der Liaisons dangereuses von Christopher Hampton. Es analysiert die Handlung, die Personen, die Sprache und den Gesamteindruck der Inszenierung.
Schlüsselwörter
Die zentralen Schlüsselwörter der Arbeit sind Briefroman, Tragödie, „Les Liaisons dangereuses“, Christopher Hampton, Dramatisches Potential, Inszenierung, Aufklärung, Menschenbild, Gefühle, Formalia, Handlungsaufbau, Figurencharakterisierung, Sprache, Gesamteindruck.
- Citar trabajo
- Nadine Schmenger (Autor), 2007, Briefroman oder Tragödie?, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/187917