Diese Arbeit soll zeigen, welche neuen Perspektiven der
systemische Ansatz und sein Verständnis von (sozialer) Wirklichkeit
eröffnen und inwiefern sie im Kontext der Heimerziehung nützlich sein
können. Aus der Darstellung systemischer Denk- und Handlungsweisen ergeben sich Möglichkeiten die Heimerziehung nicht mehr als letzte Station einer langen „Hilfekarriere“ zu betrachten. Die stationäre Erziehungshilfe kann nun als Übergangsphase des Einübens neuer
Verhaltensstrategien für die Eltern, als auch der Kinder- und Jugendlichen gedeutet werden. So lässt sich diese Arbeit in drei Teile gliedern:
Der erste Teil beginnt mit einer kurzen Betrachtung des Erziehungsbegriffs, bevor die stationäre Erziehungshilfe näher erläutert wird. Es folgt zunächst ein historischer Überblick über die Entwicklung der Heimerziehung. Dieser ermöglicht ein Verständnis für die lang anhaltende und noch immer nicht gänzlich überwundene negative Bewertung von Heimerziehung. Anschließend werden die rechtlichen Grundlagen für Jugendhilfe im Allgemeinen erklärt und um jene der Hilfen zur Erziehung erweitert. Die Ausführungen bezüglich der Heimerziehung beschränken sich auf die rechtlichen und strukturellen Gegebenheiten. Sie fokussieren die Möglichkeit der rechtlich geforderten aktiven Partizipation von Eltern und
von Kindern und Jugendlichen am Hilfeprozess. Zu diesem Zweck wird
auch der Prozess der Hilfeplanung eingehender betrachtet. Abschließendrichtet sich der Fokus auf die Ausbildung der pädagogischen Mitarbeiter und die Grundhaltungen, durch welche sie in ihrer praktischen Arbeit geleitet werden.
Der zweite Teil beinhaltet eine Einführung in die systemische Therapie und Beratung. Er beginnt mit einer historischen Einordnung erster systemtheoretischer Konzepte und wird anschließend um eine Vorstellung dreier grundlegender Therapiekonzepte, auf Basis der Systemtheorie, erweitert. Es schließt sich eine Einführung in die systemische Metatheorie an. Auch das Konzept der Autopoiese sowie ihre Bedeutung für soziale Systeme, wird eingehend vorgestellt.
Im dritten Teil wird die stationäre Erziehungshilfe aus einer systemischen Perspektive betrachtet. Der Fokus richtet sich hierbei zum einen auf die Triade bestehend aus Jugendamt, der Herkunftsfamilie und der Einrichtung, in der das Kind untergebracht ist. Des Weiteren ergibt sich aus systemischer Sicht eine Umdeutung des Rahmens stationärer Erziehungshilfe, welche in einem lösungsorientierten Konzept verdeutlicht wird.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Vorwort
- 2. Die stationäre Erziehungshilfe
- 2.1. Klärung von Begrifflichkeiten
- 2.1.1. Erziehung, Heimerziehung und Hilfen zur Erziehung
- 2.1.2. Erziehung und Familie - ein Risiko?
- 2.2. Stationäre Erziehungshilfe im historischen Kontext
- 2.2.1. Heimerziehung zwischen Rettung und Zwang
- 2.2.2. Heimerziehung im Nationalsozialismus und der Nachkriegszeit
- 2.2.3. Die Heimkampagne und ihre Folgen
- 2.3. Struktureller Rahmen und Veränderungen durch das KJHG
- 2.3.1. Rechtliche Grundlagen
- 2.3.2. Hilfen zur Erziehung im KJHG
- 2.3.3. Heimerziehung und andere Wohnformen
- 2.3.4. Partizipation und Hilfeplanung
- 2.4. Die Ausbildung und Grundhaltungen der pädagogischen Mitarbeiter
- 3. Systemische Therapie und Beratung
- 3.1. Ein Überblick zur historischen Entwicklung
- 3.1.1. Strukturelle Familientherapie
- 3.1.2. Das Mailänder Modell
- 3.1.3. Lösungsorientierte Kurztherapie
- 3.2. Systemische Metatheorie
- 3.2.1. Der Systembegriff – Systemdenken ist ökologisches Denken
- 3.2.2. Erkenntnistheoretische Grundlagen zur Systemkonstruktion
- 3.2.3. Realität, Kausalität und die Macht der Sprache
- 3.2.4. Systemerhaltung – von Homöostase und Autopoiese
- 3.2.5. Soziale Systeme und Kommunikation
- 3.2.6. Das ökosoziale Modell der Systemebenen
- 3.2.7. Zum Problem selbst
- 3.3. Methoden systemischer Praxis
- 3.3.1. Joining, Kontrakte und Hypothesen
- 3.3.2. Systemische Fragetechniken
- 3.4. Kritische Gedanken zum systemischen Ansatz
- 4. Systemische Ideen für die stationäre Erziehungshilfe
- 4.1. Das Heim als Arbeitssystem – die Triade
- 4.2. Lösungsorientierung im Kontext der Heimerziehung
- 4.2.1. Der Heimaufenthalt als ritueller Übergang
- 4.2.2. Das Thema des Aufenthalts
- 4.2.3. Zielsetzungen und Zukunftsorientierung
- 4.3. Wie wird eine Einrichtung systemisch? – Eine Skizze
- 5. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Diplomarbeit untersucht die Integration systemischer Ansätze in die stationäre Erziehungshilfe. Ziel ist es, neue Perspektiven aufzuzeigen, die der systemische Ansatz und sein Verständnis von sozialer Wirklichkeit eröffnen und wie diese im Kontext der Heimerziehung nutzbringend eingesetzt werden können. Es wird auf die Darstellung einzelner theoretischer Konzepte verzichtet, da die Anpassung an den jeweiligen Kontext der Einrichtung im Vordergrund steht.
- Historische Entwicklung der Heimerziehung und ihre aktuelle Bewertung
- Rechtliche Grundlagen und strukturelle Gegebenheiten der stationären Erziehungshilfe
- Einführung in die systemische Therapie und Beratung
- Systemische Betrachtung der stationären Erziehungshilfe
- Möglichkeiten zur Etablierung einer systemischen Sichtweise in Einrichtungen der stationären Erziehungshilfe
Zusammenfassung der Kapitel
1. Vorwort: Das Vorwort erläutert die systemische Perspektive der Arbeit und deren Schwerpunktsetzung. Es wird die Absicht betont, neue Perspektiven aufzuzeigen, die der systemische Ansatz im Kontext der Heimerziehung bietet. Die Arbeit verzichtet bewusst auf die Darstellung einzelner Konzepte, da eine Anpassung an den jeweiligen Kontext notwendig ist. Sie gliedert sich in drei Teile: einen Überblick über den Erziehungsbegriff und die stationäre Erziehungshilfe, eine Einführung in die systemische Therapie und Beratung, und schließlich die systemische Betrachtung der stationären Erziehungshilfe selbst.
2. Die stationäre Erziehungshilfe: Dieses Kapitel bietet eine umfassende Einführung in die stationäre Erziehungshilfe. Es beginnt mit einer Klärung der Begrifflichkeiten „Erziehung“, „Heimerziehung“ und „Hilfen zur Erziehung“, gefolgt von einer Auseinandersetzung mit dem Risiko, das von Erziehung und Familie ausgehen kann. Ein historischer Überblick über die Entwicklung der Heimerziehung, inklusive der Zeit des Nationalsozialismus und der Nachkriegszeit, beleuchtet die negative Bewertung von Heimerziehung. Die rechtlichen Grundlagen der Jugendhilfe und die Möglichkeiten der Partizipation von Eltern und Kindern werden erörtert. Schließlich wird der Fokus auf die Ausbildung und Grundhaltungen der pädagogischen Mitarbeiter gerichtet.
3. Systemische Therapie und Beratung: Das Kapitel liefert eine umfassende Einführung in die systemische Therapie und Beratung. Es beginnt mit einem historischen Überblick über systemtheoretische Konzepte, präsentiert drei grundlegende Therapiekonzepte (strukturelle Familientherapie, Mailänder Modell, lösungsorientierte Kurztherapie) und erläutert die systemische Metatheorie. Der Systembegriff, erkenntnistheoretische Grundlagen, Autopoiese und das ökosoziale Modell der Systemebenen werden detailliert vorgestellt. Der Problembegriff wird diskutiert und kritische Gedanken zum systemischen Ansatz formuliert. Schließlich werden ausgewählte systemische Methoden der therapeutischen Praxis vorgestellt.
4. Systemische Ideen für die stationäre Erziehungshilfe: Dieses Kapitel wendet die systemische Perspektive auf die stationäre Erziehungshilfe an. Es betrachtet das Heim als Arbeitssystem, insbesondere die Triade aus Jugendamt, Herkunftsfamilie und Einrichtung. Ein lösungsorientiertes Konzept zur Umdeutung des Rahmens stationärer Erziehungshilfe wird vorgestellt, wobei die Grundhaltungen der pädagogischen Mitarbeiter im Vordergrund stehen. Abschließend wird die Etablierung einer systemischen Sichtweise in einer Einrichtung skizziert.
Schlüsselwörter
Stationäre Erziehungshilfe, Systemische Therapie, Systemischer Ansatz, Heimerziehung, Jugendhilfe, KJHG, Partizipation, Hilfeplanung, Lösungsorientierung, Familientherapie, Autopoiese, Ökologisches Denken.
Häufig gestellte Fragen zur Diplomarbeit: Systemische Ansätze in der stationären Erziehungshilfe
Was ist der Gegenstand dieser Diplomarbeit?
Die Diplomarbeit untersucht die Integration systemischer Ansätze in die stationäre Erziehungshilfe. Ziel ist es, neue Perspektiven aufzuzeigen, die der systemische Ansatz und sein Verständnis von sozialer Wirklichkeit eröffnen und wie diese im Kontext der Heimerziehung nutzbringend eingesetzt werden können.
Welche Themen werden in der Arbeit behandelt?
Die Arbeit behandelt die historische Entwicklung der Heimerziehung, die rechtlichen Grundlagen und strukturellen Gegebenheiten der stationären Erziehungshilfe, eine Einführung in die systemische Therapie und Beratung sowie die systemische Betrachtung der stationären Erziehungshilfe und Möglichkeiten zur Etablierung einer systemischen Sichtweise in Einrichtungen der stationären Erziehungshilfe.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in fünf Kapitel: Ein Vorwort, ein Kapitel zur stationären Erziehungshilfe (inkl. historischem Kontext, rechtlichen Grundlagen und Ausbildung der Mitarbeiter), ein Kapitel zur systemischen Therapie und Beratung (inkl. verschiedener Therapiekonzepte und systemischer Metatheorie), ein Kapitel zu systemischen Ideen für die stationäre Erziehungshilfe (inkl. Betrachtung des Heims als Arbeitssystem und lösungsorientierter Ansätze) und ein Fazit.
Welche systemischen Konzepte werden vorgestellt?
Die Arbeit beschreibt drei grundlegende Therapiekonzepte: Strukturelle Familientherapie, Mailänder Modell und lösungsorientierte Kurztherapie. Darüber hinaus werden zentrale Konzepte der systemischen Metatheorie wie der Systembegriff, erkenntnistheoretische Grundlagen, Autopoiese und das ökosoziale Modell der Systemebenen erläutert.
Wie wird die stationäre Erziehungshilfe systemisch betrachtet?
Das Heim wird als Arbeitssystem betrachtet, insbesondere die Triade aus Jugendamt, Herkunftsfamilie und Einrichtung. Es wird ein lösungsorientiertes Konzept zur Umdeutung des Rahmens stationärer Erziehungshilfe vorgestellt, wobei die Grundhaltungen der pädagogischen Mitarbeiter im Vordergrund stehen. Die Arbeit skizziert die Etablierung einer systemischen Sichtweise in einer Einrichtung.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Stationäre Erziehungshilfe, Systemische Therapie, Systemischer Ansatz, Heimerziehung, Jugendhilfe, KJHG, Partizipation, Hilfeplanung, Lösungsorientierung, Familientherapie, Autopoiese, Ökologisches Denken.
Wird auf einzelne theoretische Konzepte detailliert eingegangen?
Nein, die Arbeit verzichtet bewusst auf die detaillierte Darstellung einzelner Konzepte, da die Anpassung an den jeweiligen Kontext der Einrichtung im Vordergrund steht. Der Fokus liegt auf der Anwendung systemischer Prinzipien in der Praxis der stationären Erziehungshilfe.
Was ist das Ziel der Arbeit?
Das Ziel ist es, neue Perspektiven aufzuzeigen, die der systemische Ansatz im Kontext der Heimerziehung bietet und wie diese nutzbringend eingesetzt werden können.
- Quote paper
- Thomas Lackas (Author), 2011, Exploration, Kontextualisierung und Zirkularität, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/187362