Als Prozessmedium benutztes Wasser ist oft so stark belastet, dass es nicht ohne Behandlung eingeleitet werden darf. Das Ziel dieser Diplomarbeit besteht darin, durch Versuche herauszufinden, ob die geforderten extrem niedrigen Abwassergrenzwerte einiger Staaten eingehalten werden können. Dies soll durch eine Kopplung bestimmter Verfahren erreicht werden. Diese Grenzwerte sind mit den aktuellen Verfahren teilweise nicht einzuhalten. Der Schwerpunkt wird dabei auf zwei Verfahren gelegt: Auf der Sulfidfällung sowie auf dem Ionenaustausch mit Selektivaustauschern.
Die Fällung von Schwermetall-Ionen ist ein einfaches Verfahren, das häufig praktiziert wird. Sie wird normalerweise in Form der Hydroxidfällung angewandt. Die Fällung mit Sulfiden hat den Vorteil, dass erheblich geringere Restkonzentrationen möglich sind. Als Ionenaustausch wird der Austausch von Ionen zwischen einer Lösung und den funktionellen Gruppen eines Adsorbens bezeichnet. Diese funktionellen Gruppen befinden sich im so genannten Austauscherharz.
Die Ergebnisse zeigen, dass mit Hilfe der Sulfidfällung sowie des Selektivionen-austausches die vorgeschriebenen Grenzwerte bei optimaler Anpassung an die jeweiligen Bedingungen problemlos eingehalten werden können. Beide Verfahren besitzen Vor- und Nachteile. Eine mögliche Eignung der Verfahren muss im Labormaßstab untersucht werden. Dabei hängt vor allem der wirtschaftliche Aspekt stark von der jeweiligen Wasserzusammensetzung ab.
Bei der Betrachtung der Wirtschaftlichkeit kann festgehalten werden, dass das Verfahren des Ionenaustausches etwa um Faktor zwei günstiger ist. Die Schlammentsorgungs- und Chemikalienkosten machen dabei den Großteil der Betriebskosten der Sulfidfällung aus.
Inhaltsverzeichnis
Nomenklatur
Fachtermini
1 Problemstellung
1.1 Grenzwerte
1.2 Schwermetalle
1.3 Komplexbildner
2 Grundlagen
2.1 Verfahren zur Schwermetallentfernung
2.2 Vorbehandlung in der Metall verarbeitenden Industrie
3 Schwermetallfällung
3.1 Prinzip der Neutralisation
3.2 Prinzip der Fällung
3.2.1 Löslichkeitsprodukt und optimaler pH-Wert
3.2.2 Fällung und Flockung
3.3 Hydroxidfällung
3.3.1 Chemikalien für die Neutralisation mit der Hydroxidfällung
3.3.2 Komplexbildner
3.4 Sulfidfällung
3.5 Vergleich der Hydroxid- mit der Sulfidfällung
4 Ionenaustausch
4.1 Prinzip des Ionenaustausches
4.2 Grundlagen Ionenaustauscher
4.2.1 Harzmatrix
4.2.2 Ionenaustauschaktive Gruppen
4.2.3 Chelatbildende Kationenaustauscher
4.2.4 Dissoziationsverhalten von Iminodiessigsäure-Austauschern
4.3 Theorie Ionenaustausch
4.3.1 Gleichgewicht
4.3.2 Kinetik
4.3.3 Durchbruchverhalten
4.4 Auswahl des Harzes
4.5 Ionenaustauschverfahren
4.5.1 Einzelne Verfahrensschritte
4.5.2 Bauarten von Ionenaustauschkolonnen
4.5.3 Schaltungsmöglichkeiten von Austauschern
5 Versuchsdurchführung
5.1 Sulfidfällung
5.1.1 Metalclean-B
5.1.2 Praestol®
5.1.3 Versuchsablauf
5.2 Ionenaustausch
5.2.1 Verwendete Harze
5.2.1.1 Carbion® H
5.2.1.2 LEWATIT® MonoPlus TP 207
5.2.2 Vorberechnungen und Versuchsplanung
5.2.3 Versuchsaufbau
5.2.4 Vorbehandlung
5.2.5 Wasserzusammensetzung
5.3 Analysenverfahren
5.3.1 Theorie der Atomemissionsspektrometrie (AES)
5.3.2 Vorgehensweise bei der Analyse
6 Auswertung und Diskussion Versuche Sulfidfällung
6.1 Versuchsreihe 1 bis 3: Parameterbestimmung
6.2 Versuchsreihe 4 bis 7: Parameteroptimierung
6.3 Versuchsreihe 8 bis 10: Komplexiertes Abwasser
6.4 Versuchsreihe 11 bis 14: Abwasser aus Vorbehandlungsanlage
6.5 Zusammenfassung der Versuchsergebnisse
7 Auswertung und Diskussion Versuche Ionenaustausch
7.1 Vorversuche 1 und 2: Harzeignung
7.1.1 Berechnung der Harzkapazität am Beispiel von Versuch V1A
7.1.2 Ergebnisse Versuch V1
7.1.3 Ergebnisse Versuch V2
7.2 Vorversuch V3: Optimierung der Parameter
7.2.1 Ergebnis Versuch V3A
7.2.2 Ergebnis Versuch V3B
7.2.3 Ergebnis Versuch V3C
7.2.4 Ergebnis Versuch V3D
7.2.5 Ergebnis Versuch V3E
7.2.6 Ergebnis Versuch V3A-2
7.2.7 Ergebnis Versuch V3F
7.3 Zusammenfassung der Ergebnisse von V1 und V3
7.4 Vorversuch V4: Praxisnahes Abwasser
7.5 Versuch 5: Test auf Komplexbildner
7.6 Versuch V6: Abwasser mit hoher Schwermetall-Konzentration
7.7 Versuch V7: Abwasser mit geringerer Schwermetall-Konzentration
7.8 Versuch V8: Komplexiertes Abwasser
7.9 Versuch V9: Abwasser aus Vorbehandlungsanlage
7.10 Zusammenfassung der Versuchsergebnisse
8 Wirtschaftliche Betrachtung der beiden Verfahren
8.1 Anlagenbeispiel
8.1.1 Verfahrensschema Sulfidfällung
8.1.2 Verfahrensschema Ionenaustausch
8.2 Kalkulation der Betriebskosten
8.2.1 Sulfidfällung
8.2.2 Ionenaustausch
8.2.3 Kostenvergleich der beiden Verfahren
9 Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis
Verzeichnis der Abbildungen
Verzeichnis der Tabellen
Anhang: Messergebnisse Versuche Ionenaustausch
Nomenklatur
Formelzeichen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
griechische Symbole:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Indizes:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abkürzungen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Fachtermini
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Danksagung
Mein großes Anliegen ist es, mich an dieser Stelle recht herzlich bei allen zu bedanken, die in irgend einer Form beim Verlauf meiner Diplomarbeit mitgewirkt haben. Der Firma Eisenmann Anlagenbau GmbH & Co. KG gilt mein besonderer Dank für die Möglichkeit der Durchführung und für die Bereitstellung eines entsprechenden Arbeitsplatzes sowie des notwendigen Equipments.
Einen speziellen Dank möchte ich Frau Susanne Besserer aussprechen, die immer ein offenes Ohr für mich hatte und mir bei praktischen Fragen und Problemen stets mit Rat und Tat im Labor zur Seite stand. Gerade auch im Bereich der Analytik hat sie mir mit großer Geduld Hinweise gegeben und mir dadurch zu Beginn meiner Arbeit viel Mühe erspart.
Meinem Industriebetreuer, Herrn Dr.-Ing. Peter Börgardts, möchte ich einen besonderen Dank für die Bereitstellung von Fachliteratur und für die Hilfe bei der Planung der einzelnen Schritte der Arbeit aussprechen. Vor allem möchte ich mich bei ihm auch für die Unterstützung in theoretischen Fragen und der damit verbundenen Inanspruchnahme von wertvoller Zeit bedanken.
Auch will ich es nicht versäumen, Herrn Ulrich Beutler für die tatkräftige Mithilfe in mechanischen Angelegenheiten zu danken.
Alle Mitarbeitenden der Abteilungen Umwelttechnik und Entwicklung haben mich während der gesamten Zeit freundlich aufgenommen und als Kollegen eingegliedert. Dies wird mir stets in guter Erinnerung bleiben.
Meinem betreuenden Professor, Herrn Prof. Dr.-Ing. Manfred Raff, gilt nicht zuletzt meine Anerkennung und mein Dank für die Betreuung im Abschlusssemester und die Korrektur dieser Diplomarbeit.
1 Problemstellung
Das Ziel dieser Diplomarbeit besteht darin, durch Laborversuche herauszufinden, ob die neuerdings geforderten extrem niedrigen Abwassergrenzwerte einiger osteuropäischer Staaten zur Einleitung von Abwässern durch eine Kopplung bestimmter Behandlungs- verfahren eingehalten werden können. Dabei ist zu erwähnen, dass der Schwerpunkt auf zwei mögliche Verfahren gelegt wurde: Sulfidfällung sowie der Selektivionenaus- tausch (siehe Kap. 2.1).
Weiterhin soll untersucht werden, welches Verfahren wirtschaftlich am sinnvollsten eingesetzt werden kann. Daher wird die Arbeit mit einer entsprechenden Kostenrechnung (siehe Kapitel 8) abgeschlossen.
In diesem ersten Kapitel soll nun zuerst auf die Problematik der vom Gesetzgeber vor- geschriebenen Grenzwerte bei der Einleitung von Abwässern eingegangen werden. Daneben soll ein Überblick über die zu entfernenden Schwermetalle gegeben werden.
1.1 Grenzwerte
Das als Prozess- oder Arbeitsmedium benutzte Wasser ist in seiner Zusammensetzung oft so verändert, dass es nicht ohne entsprechende Behandlung in den Naturkreislauf zurück gelangen darf. Die in gelöster Form oder als ungelöste Schwebstoffe vorhande- nen Fremdkörper müssen je nach Problematik entfernt oder unschädlich gemacht wer- den.
Die wichtigsten gesetzlichen Grundlagen in der Bundesrepublik Deutschland für den Schutz von Grund- und Oberflächengewässern bilden das Wasserhaushaltsgesetz (WHG), die ihm zugeordnete Abwasserverordnung (AbwV) mit branchenspezifischen Anhängen sowie das Abwasserabgabengesetz (AbwAG).
Das Wasserhaushaltsgesetz wurde nach der 1996 erfolgten grundlegenden Überarbei- tung und mehreren punktuellen Änderungen bzw. Ergänzungen 2002 nochmals neu gefasst. Diese Neufassung dient im Wesentlichen der Umsetzung einer EU-Richtlinie zur Schaffung eines gemeinsamen Ordnungsrahmens für Maßnahmen im Bereich der Wasserpolitik.
Gemäß des WHG sind Abwässer, die gefährliche Stoffe enthalten, vor der Ableitung nach dem Stand der Technik zu reinigen. Dafür werden die gefährlichen Stoffe in Was- sergefährdungsklassen (WGK) eingeteilt: Lösemittelhaltige Lacke entsprechen z.B. WGK 2 (wassergefährdend), wasserbasierende Lacke WGK 1 (schwach wassergefähr- dend).
Ergänzt wird das WHG durch die Abwasserverordnung mit Verwaltungsvorschriften für 57 Branchen, in denen die Grenzwerte für bestimmte Stoffe und Parameter festgelegt sind. Dabei ist der Anhang 40 (Metallbearbeitung/Metallverarbeitung) für einen beson- ders breiten Anwenderkreis von Interesse. Er umfasst 12 verschiedene Herkunftsberei- che.
Die Problematik der Einhaltung der vorgeschriebenen Grenzwerte besteht nun konkret darin, dass einige osteuropäische Staaten seit ein paar Jahren sehr niedrige Grenzwerte vorschreiben, die teilweise um einen beträchtlichen Faktor unter den Werten aus dem Anhang 40 liegen. Diese Grenzwerte sind daher teilweise mit den momentan vorhandenen Verfahren nicht einzuhalten.
In Tabelle 1-1 sind Grenzwerte für die Einleitung einiger Schwermetalle des Anhang 40 mit den Grenzwerten einiger osteuropäischer Staaten zusammengestellt.
Tabelle 1-1: Vergleich der Grenzwerte einiger Schwermetalle des Anhang 40 mit den Grenzwerten be- stimmter osteuropäischer Staaten (starke Abweichungen sind fett) [nach 1,2]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Da die russischen Grenzwerte die niedrigsten sind, werden diese in der weiteren Arbeit als Richtgröße definiert.
Zu den Tabellenwerten ist noch zu sagen, dass sie von Region zu Region abweichen können und diese somit nur Durchschnittswerte aus konkreten Anwendungsfällen dar- stellen. Außerdem können sich die Werte jederzeit durch neue Vorschriften ändern. Es ist zudem erwähnenswert, dass die jeweiligen Gesetzgeber oft willkürlich und ohne technisches Verständnis vorgehen, somit fehlt auch das in Betracht ziehen der techni- schen Realisierbarkeit beim Festlegen der jeweiligen Grenzwerte. Diese Willkür ist in der obigen Tabelle am Beispiel von Russland besonders gut nachvollziehbar. [1]
1.2 Schwermetalle
Mit der Bezeichnung Schwermetalle wird willkürlich eine Gruppe von Metallen zusammengefasst. Zu den Schwermetallen werden üblicherweise unter anderem die Edelmetalle sowie Bismut, Eisen, Kupfer, Blei, Zink, Zinn, Nickel, Cadmium, Chrom, Quecksilber und Uran gerechnet.
Schwermetalle werden in vielen Bereichen, zumeist aber in der Metallveredelung und in der Oberflächenbehandlung verwendet. Dadurch erhalten die ausgewählten Materialien spezielle Eigenschaften. In Tabelle 1-2 soll ein Überblick über die häufigsten Verbindungen einiger in unserem Anwendungsfall wichtiger Schwermetalle in wässriger Lösung und dem jeweiligen Milieu gegeben werden.
Tabelle 1-2: Auftretungsformen der jeweiligen Metalle in entsprechendem Milieu [nach 3]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Durch den sehr langsamen Abbau von Schwermetallen in der Natur sind Verunreinigungen auch noch nach Jahrzehnten feststellbar. Somit stellt das Eindringen von Schwermetallen ins Grundwasser ein großes Problem dar.
Manche Schwermetalle sind in kleinen Mengen lebensnotwendig für den Menschen, sie werden dann als Spurenelemente bezeichnet (z.B. Eisen). Viele Schwermetalle sind jedoch für den menschlichen Organismus gesundheitsschädlich oder wirken toxisch, da sie nicht abgebaut werden können und sich somit im Laufe der Zeit immer mehr im Körper anreichern.
1.3 Komplexbildner
In der weiteren Ausführung tritt häufig der Begriff der Komplexbildner auf, deshalb soll hier kurz auf dieses Thema eingegangen werden. Ein Komplex ist eine Struktur, bei der ein Zentralatom (meist ein Metall-Ion), das in seiner Elektronenkonfiguration Lücken aufweist, von einem oder mehreren Molekülen oder Ionen (den Liganden) umgeben ist, die jeweils mindestens ein freies Elektronenpaar für die Bindung zur Verfügung stellen. Dieser Bindungstyp unterscheidet sich von den anderen Formen der chemischen Bin- dung (kovalente Bindung, Ionenbindung, Metallbindung). In Abbildung 1-1 ist beispiel- haft ein oktaedrischer (Koordinationszahl 6) Cobaltkomplex dargestellt:
Abbildung 1-1: Oktaedrischer [Coi(NH3)6][3]+-Komplex [3]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
In der Metall verarbeitenden Industrie ist hauptsächlich mit folgenden Komplexbildnern zu rechnen:
Cyanide, Polyphosphate, Ammoniak, Nitrilotriessigsäure (NTA), Ethylendiamintetraes- sigsäure (EDTA; siehe Kap. 4.2.3) und Quadrol. [2, 3]
2 Grundlagen
Dieses Kapitel gibt einen kurzen Überblick über die möglichen Verfahren zur Schwermetallentfernung in Abwässern.
Anschließend wird auf die Thematik der Produktvorbehandlung in der Metall verarbeitenden Industrie und die entsprechend nötigen und auch möglichen Behandlungsverfahren bei der Abwasserreinigung eingegangen.
2.1 Verfahren zur Schwermetallentfernung
Um die im Wasser enthaltenen Schadstoffe zu beseitigen sind grundsätzlich drei Wege möglich: Zum einen können die Verunreinigungen in einer Reinigungsanlage zurückgehalten, zum anderen in unschädliche Stoffe umgewandelt werden. Die dritte Möglichkeit: Die Stoffe werden zunächst umgewandelt und dann die neuen Stoffe zurückgehalten. Alle Reinigungs- und Entgiftungsverfahren können diesen drei Grundstufen zugeordnet werden bzw. stellen Kombinationen dieser Grundstufen dar.
Schwermetall-Ionen können unter anderem mit folgenden Verfahren aus dem Wasser entfernt werden:
- Fällung (als Hydroxide, Carbonate oder Sulfide) mit anschließenden Folgeverfah- ren (Flockung, Sedimentation, Filtration)
- Membranverfahren (Nanofiltration, Umkehrosmose)
- Verdampfung
- Ionenaustausch bzw. selektiver Ionenaustausch
Fällung
Die Fällung von Schwermetall-Ionen durch den Zusatz von Neutralisationsmitteln, Lau- gen, verschiedener Carbonate oder Sulfide und Flockungshilfsmitteln ist ein einfaches Verfahren, das in vielen technischen Prozessen praktiziert wird. Die Fällung wird nor- malerweise in Form der Hydroxidfällung als erste Behandlungsstufe bei hohen Metall- konzentrationen (siehe Kap. 2.2) angewandt. Näheres zur Fällung in Kapitel 3.
Membranverfahren
Mit Hilfe von Membranverfahren (vor allem Nanofiltration und Umkehr-Osmose) können sehr niedrige Schwermetallkonzentrationen erreicht werden. Neben dem Filtrat fällt je- doch immer ein Konzentrat an, in dem die abgetrennten Stoffe (unter anderem die Schwermetall-Ionen) in entsprechend höherer Konzentration vorliegen. Neben Schwer- metallen werden auch andere Ionen (z.B. Ca[2]+) abgetrennt, so dass die Zusammenset- zung des Wassers durch diese Teilentsalzung fundamental verändert wird. Ein weiterer Nachteil der Membranverfahren sind die hohen Betriebskosten, da für einen ordnungs- gemäßen Betrieb das Abwasser hohen Anforderungen genügen muss (keine Feststoffe oder Ausfällungen). Aus diesem Grund ist oft eine Vorfiltration notwendig.
Verdampfung
Besitzen die Inhaltsstoffe des Abwassers einen wesentlich kleineren Dampfdruck als Wasser, so kann eine Aufkonzentrierung durch Verdampfung erfolgen und das Wasser als Kondensat zurück gewonnen werden. Beide Schritte - Verdampfung und Kondensa- tion - erfordern allerdings einen beträchtlichen Aufwand an Energie. Deshalb ist dieses Verfahren nur bei möglichst geringen Abwassermengen wirtschaftlich sinnvoll. Ein ge- wichtiger Vorteil der Verdampfung ist jedoch, dass auf eine wasserrechtliche Genehmi- gung verzichtet werden kann, da kein Abwasser in die Kanalisation eingeleitet wird.
Ionenaustausch
Der Ionenaustausch ist das vielseitigste Verfahren zur Wasseraufbereitung und des Wasserrecyclings.
Mit konventionellen Kationenaustauschern können Schwermetallkonzentrationen im Wasser verringert werden. Die Schwermetall-Ionen werden jedoch nicht selektiv, son- dern in einem ähnlichen Verhältnis wie z.B. Calcium-Ionen entfernt. Das heißt, um eine Verringerung der Schwermetallkonzentration zu bewirken, muss die Calciumkonzentra- tion auch in dieser Größenordnung verringert werden. Gleichzeitig wird durch den Aus- tausch die Konzentration an Natrium- bzw. Wasserstoff-Ionen erhöht, was insgesamt zu einer massiven Veränderung der Wasserzusammensetzung führt. Deshalb kommen konventionelle Kationenaustauscher zur Schwermetallentfernung nicht in Frage.
Eine Schwermetallentfernung mit Selektivaustauschern hat gegenüber allen zuvor ge- nannten Verfahren den großen Vorteil, dass diese Harze eine extrem hohe Affinität und Kapazität für Schwermetalle besitzen und dass hierbei die sonstige Wasserzusammen- setzung praktisch unverändert bleibt. Daher können extrem niedrige Schwermetallkonzentrationen erreicht werden. Näheres zum Thema Ionenaustausch in Kapitel 4.
In Tabelle 2-1 sind von der Firma Eisenmann gewährleistete Austrittskonzentrationen einiger Behandlungsverfahren zusammengestellt. Dabei bildet das Verfahren der Hydroxidfällung immer die erste Behandlungsstufe.
Tabelle 2-1: Gewährleistete Austrittskonzentrationen einiger Metalle für Abwasseranlagen [2]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Zu den Werten ist zu sagen, dass sie vom jeweiligen Anwendungsfall abhängen. Die gewährleisteten Werte mit und ohne Kiesfilter werden ohne Probleme in der Praxis er- reicht. Die Werte mit der Sulfidfällung konnten in einigen Versuchen auch schon ein- gehalten werden.
Die erwarteten Austrittskonzentrationen bei dem Verfahren des Selektivaustausches als zweite Stufe sind errechnete Werte nach Angaben des Herstellers (Lanxess) und müssen durch Versuche auf den konkreten Fall bezogen überprüft werden. Dieser Punkt stellt eine Hauptaufgabenstellung dieser Diplomarbeit dar.
In der Tabelle wird deutlich, dass bei dem Verfahren des Selektivaustausches als zwei- te Behandlungsstufe die geringsten Austrittskonzentrationen erwartet werden können. Aus diesem Grund und der Problematik der einzuhaltenden Grenzwerte kommen somit nur die Verfahren des Selektivaustausches und die nachgeschaltete Sulfidfällung zur Schwermetallelimination als zweite Stufe in Frage. [5, 6]
2.2 Vorbehandlung in der Metall verarbeitenden Industrie
Die zu behandelnden Abwässer kommen in den zu untersuchenden Fällen hauptsächlich aus der Oberflächenbehandlung (Lackierung) von Werkstücken. Werkstücke werden lackiert, um ihre Oberfläche vor mechanischen, chemischen oder atmosphärischen Einflüssen zu schützen. Als Grundlage für eine einwandfreie Lackierung ist speziell bei metallischen Werkstücken stets eine gründliche Vorbehandlung erforderlich.
In der Oberflächenbehandlung werden eine Vielzahl von Prozesslösungen mit den un- terschiedlichsten Inhaltsstoffen eingesetzt. Abwässer aus diesen Prozessen können in verschiedene Konzentrate und Spülwässer unterschieden werden. Aufgrund der Ver- schiedenartigkeit der Abwässer müssen die Inhaltsstoffe in unterschiedliche Fraktionen (Ölphase - Wasserphase, Wasserphase - Feststoff) getrennt werden. Während die Konzentrate z.B. mit Schwermetallen, Komplexbildnern und Inhibitoren (Hemmstoffe) stark belastet sind, ist der Gehalt an Schadstoffen in Spülwässern ohne Kreislauffüh- rung meist gering. Andrerseits führen moderne Spültechniken, die unter dem Aspekt der Wassereinsparung installiert werden, aufgrund der Rückführung der Spülwässer auch zu einer Aufkonzentrierung der verschiedenen Schadstoffe (siehe Abbildung 2-1).
Die Behandlung erfolgt meist in mehreren Stufen in so genannten Aktivbädern, denen Spülvorgänge zwischengeschaltet sind. Zum besseren Verständnis schließt sich hier eine Übersicht über die wichtigsten Verfahrensstufen bzw. einiger Fachbegriffe an:
[7, 8]
Reinigen/ Entfetten
Erste Stufe der Vorbehandlung bei ca. 50 bis 60 °C. Sie dient zum Entfernen von Ölen, Fetten sowie mechanischen Verunreinigungen (Fremdkörper, Staub). Die eingesetzten wässrigen Lösungen arbeiten im alkalischen (pH-Wert 9 - 12), neutralen (pH 6 - 8) oder sauren (pH 3 - 4) Bereich und können Tenside enthalten.
Phosphatieren
Ausbildung einer kristallinen Phosphatschicht durch chemische Reaktion mit dem Grundmaterial, meist auf blankem oder verzinktem Stahl. Die Phosphatierung dient zur Erhöhung der Korrosionsbeständigkeit des Endprodukts durch bessere Lackhaftung und zur Verhinderung des Unterrostens beschädigter Stellen. Die Phosphatierlösungen können neben Phosphorsäure Metalle wie z.B. Zink und Nickel und außerdem Oxidationsmittel wie Nitrat und Wasserstoffperoxid als Beschleuniger enthalten.
Spülen
Abwaschen von Behandlungslösungen nach jedem Aktivbad, gegebenenfalls mehrfach nötig. Das Spülen geschieht mit Frischwasser oder bei höheren Ansprüchen auch mit VE-Wasser häufig auch unter Mehrfachverwendung durch Kaskadenspülung.
[9]
Beispiel einer typischen Vorbehandlungsanlage
Aus der Vielzahl möglicher Verfahrenskombinationen wird hier ein typisches Beispiel einer Vorbehandlungsanlage vorgestellt. In Abbildung 2-1 ist das vereinfachte Grund- fließbild mit den relevanten Stoffströmen solch einer Vorbehandlungsanlage dargestellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2-1: Vereinfachtes Grundfließbild einer typischen Vorbehandlungsanlage [nach 10]
Die Metallteile passieren zuerst die Entfettung, dann das Spülen I, anschließend die Phosphatierung. Danach passieren die Teile das Spülen II, das Spülen III und zuletzt das Spülen mit VE-Wasser, bevor die Teile in die Lackierung gehen. Wie aus der Abbildung deutlich wird, treten hierbei drei bzw. vier verschiedene Abwässer auf:
- ölhaltige Abwässer oder so genannte Konzentrate aus dem Entfetten
- allgemeine Abwässer (sauer und/oder alkalisch) aus den Spülvorgängen
- spezielle Abwässer (gegebenenfalls chromat- und/oder cyanidhaltig)
Diese unterschiedlichen Abwässer müssen zuerst getrennt behandelt werden, bevor sie zusammengeführt, abschließend behandelt und letztendlich in die Umwelt eingeleitet werden. In Abbildung 2-2 ist das zur obigen Vorbehandlungsanlage gehörende vereinfachte Grundfließbild der Abwasserbehandlungsanlage abgebildet.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2-2: Grundfließbild einer Chargenentgiftungsanlage einer typischen Vorbehandlung [nach 2]
Wie in der Abbildung dargestellt, besteht die Anlage aus einer Chromatreduktion, einer Cyanidoxidation, der Neutralisation mit Schwermetallausfällung, einer Schlammabsetzung mit einer nachgeschalteten Kammerfilterpresse und einem Kiesfilter. Bei der Chromatreduktion wird das sechswertige Chrom in die dreiwertige Form überführt. In dieser Wertigkeit fällt es bei der Neutralisation als Hydroxid aus. Die Reduktion erfolgt mit Hilfe von Natriumbisulfit (NaHSO3) bei pH-Werten unter 3, daher wird Schwefelsäure (H2SO4) zudosiert. Die Cyanidoxidation erfolgt durch Zudosierung von Natriumhypochlorid (NaOCl) bei pH-Werten über 10, daher wird hier Natronlauge (NaOH) oder Kalkmilch (Ca(OH)2) hinzugefügt. Dabei wird Cyanat gebildet.
Das Wasser aus der Chromatreduktion und Cyanidoxidation wird anschließend in den Neutralisationsbehälter geleitet, wohin ebenfalls die ölhaltigen und allgemeinen (sauer und/oder alkalisch) Abwässer eingeleitet werden. Dort findet die so genannte Hydroxid- fällung (siehe Kapitel 3.3) statt. Dies erfolgt durch Hinzudosierung von Kalkmilch oder Natronlauge, Eisen(III)-chlorid als Fällungsmittel und einem zusätzlichen Flockungs- hilfsmittel (FHM). Der pH-Wert für die Schwermetallfällung sollte zwischen 8,5 und 9,5 liegen. Die anfallenden Schlämme gelangen über eine Kammerfilterpresse und werden abschließend auf einer Deponie entsorgt. Das Wasser passiert nun einen oder mehrere in Reihe geschaltete Kiesfilter. [2]
3 Schwermetallfällung
Die Fällung von Schwermetall-Ionen ist ein einfaches Verfahren, das in vielen techni- schen Prozessen praktiziert wird, unter anderem bei Abwässern mit hohen Schwerme- tallkonzentrationen. Die Fällung wird normalerweise in Form der Hydroxidfällung als erste Behandlungsstufe bei hohen Metallkonzentrationen angewandt. Neben der Hydroxidfällung kommen auch die Carbonat- und seltener auch die Sulfidfällung zum Einsatz.
Im folgenden Kapitel soll auf die Themen der Neutralisation und der Schwermetallfällung sowie auf die dazugehörige Theorie eingegangen werden.
3.1 Prinzip der Neutralisation
Unter dem Begriff Neutralisation versteht man zum einen die Einstellung eines pH- Wertes von 7 als letzten Schritt der chemischen Behandlung vor der Einleitung des Ab- wassers. Zum anderen wird der Begriff aber auch angewandt, um die Alkalisierung mit dem Ziel der Ausfällung von gelösten Schwermetallen zu beschreiben. Man spricht in diesem Zusammenhang oft auch von Neutralisationsfällung. In Abbildung 3-1 ist ein prinzipielles Verfahrensschema einer Neutralisation dargestellt. Der ausgefällte Schad- stoff wird anschließend in nachfolgenden Verfahrensschritten (Sedimentation, Filtration) weiterbehandelt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3-1: Prinzipielles Schema einer Neutralisationsfällung
Als Neutralisation im engeren Sinne wird im Allgemeinen die Umsetzung von Säuren mit Basen im wässrigen Milieu bezeichnet, in deren Verlauf Wasserstoff-Ionen (H+) und Hydroxid-Ionen (OH-) unter Bildung von Wasser miteinander reagieren. Der Säure- bzw.
Basengehalt einer Flüssigkeit wird bekanntermaßen durch den pH-Wert, den negativen Logarithmus der H+-Ionenkonzentration gekennzeichnet.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Dissoziation von Wasser in H+- und OH--Ionen wird durch das Massenwirkungsgesetz beschrieben:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Wobei die Dissoziationskonstante K allein temperaturabhängig ist. Da im reinen Wasser und bei geringfügiger Zugabe von Säure oder Base die Konzentration von Wasser nahezu konstant ist, kann der Term auf die andere Seite herübergezogen werden, und es ergibt sich das experimentell bestimmbare lonenprodukt P:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Bei der Neutralisation einer starken Säure mit einer starken Base tritt eine konstante Wärmetönung (Wärmeabgabe) von 57,4 kJ/mol auf. Bei der Reaktionsführung ist deshalb auf eine kontrollierte Zudosierung zu achten, um unnötiges Erhitzen oder Überschäumen der Behälter zu vermeiden.
Der Einsatz von Neutralisationsmitteln erhöht in jedem Fall die Salzfracht der Abwässer, daher sollte der Säure- bzw. Basengehalt der Abwässer bekannt sein, um eine Überdosierung der Chemikalien zu verhindern. Es muss auch darauf geachtet werden, dass durch die Vermischung keine Problemstoffe (vor allem Komplexbildner) eingetragen werden, die eine Nachbehandlung notwendig machen.
[12]
3.2 Prinzip der Fällung
Das Prinzip der Schwermetallfällung besteht darin, dem Abwasser, in dem die Schwermetall-Ionen gelöst vorliegen (Kationen der Form Mez+), Anionen zuzugeben, mit denen diese eine Verbindung mit niedrigerem Löslichkeitsprodukt eingehen. Wird das Löslichkeitsprodukt überschritten, dann fällt die Schwermetallverbindung als Niederschlag aus. Die Fällung (hier Hydroxidfällung; siehe dazu Kap. 3.3) eines Metalls (Me) erfolgt gemäß der Reaktionsgleichung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Dabei stellt z die Wertigkeit des Metall-Ions dar. Wie auch beim Wasser, so bedingt das nur von Druck und Temperatur abhängige lonenprodukt P, dass die Zugabe von Anionen zu einer Verringerung der Konzentration an gelösten Kationen führt. Für die Dissoziation des Metallhydroxids gilt nach dem Massenwirkungsgesetz
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
wobei KH die Dissoziationskonstante und LH das Löslichkeitsprodukt des Hydroxids darstellen. Überschreitet das Produkt der Ionenkonzentrationen den Wert des Löslichkeitsproduktes, fällt Niederschlag aus.
Dem Fällungsvorgang werden üblicherweise die Grundoperationen Flockung (zur Er- zeugung eines sedimentierbaren Niederschlags), Sedimentation und Filtration (zur Phasentrennung fest-flüssig) nachgeschaltet mit dem Ziel, einen deponierbaren Fest- stoff (Schlamm) zu erzeugen. Je nach Art des eingesetzten Fällungsmittels ist das Pro- dukt ein Schwermetallhydroxid oder ein basisches Salz, ein Karbonat oder ein Sulfid.
Ein Nachteil der Fällung von Schwermetallen besteht darin, dass nach den Fällungsreaktionen noch geringe Konzentrationen an Schwermetallen vorliegen, da selten eine quantitative Fällungen aller vorliegenden Schwermetalle gewährleistet ist. Die verbleibenden Restkonzentrationen können sich in der Größenordnung von etwa 0,1 bis 10 mg/l bewegen. Außerdem verbleiben im Abwasser Salze, unter Umständen ein Überschuss an zugesetzten, löslichen Hilfsstoffen und andere Substanzen, die durch Änderungen des pH-Wertes nicht ausgefällt werden können.
[13]
3.2.1 Löslichkeitsprodukt und optimaler pH-Wert Für die Base Me(OH)2 gilt (siehe Gl. 5):
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Mit Gleichung (10) ist eine Beziehung zwischen dem Löslichkeitsprodukt LH und dem pH-Wert hergestellt. Falls LH bekannt ist, kann der pH-Wert errechnet werden, bei dem eine optimale Fällung erfolgen sollte.
[12, 13]
3.2.2 Fällung und Flockung
Die Fällung bzw. Flockung läuft in zwei Schritten ab. Zuerst werden dem Abwasser an- organische Verbindungen zugegeben, die als Koagulationsmittel wirken, indem sie die feinst verteilten Suspensa in Mikroflocken überführen. Zu diesen Chemikalien zählen Calciumhydroxid, Eisen(II)- (z.B. FeSO4) und Eisen(III)-Salze (z.B. FeCl3) sowie Alumi- nium-Salze (z.B. Al2(SO4)3 × 18 H2O). Beim zweiten Schritt werden so genannte Flo- ckungshilfsmittel (FHM; oder einfach Flockungsmittel) zugesetzt, die aus den Mikroflo- cken stabile große Makroflocken formen (siehe hierzu die Versuchsdurchführung in Kap. 5.1.2).
Dieser zweite Schritt ist notwendig, da bei der Fällung häufig ein physikalisches Problem auftritt: Feine Feststoffteilchen und Kolloide (große Moleküle) in Lösungen sedimentieren nicht mehr und bleiben daher in Schwebe, wenn ihre Größe unter einem kritischen Wert von ca. 0,5 µm liegt. Die Lösung zu diesem Problem besteht nun darin, synthetische organische Flockungsmittel hinzu zu geben, um somit die elektrostatischen Abstoßungskräfte zu überwinden und so die Zusammenballung (Aggregation) zu sedimentierfähigen Teilchen zu ermöglichen.
Ein weiterer wichtiger Grund für den Einsatz dieser Flockungsmittel besteht darin, dass diese die Sinkgeschwindigkeit der Flocken erhöhen und damit stabilisierend auf die Flockenbildung wirken. Die Sinkgeschwindigkeit ist ein gewichtiger Faktor für die Qualität des Schlammabscheidevorgangs. Bei der Flockung werden also feinste, suspendierte Teilchen und kolloidal gelöste, störende Wasserinhaltsstoffe in stabile und daher abtrennbare Flocken überführt.
Bei den Flockungsmitteln handelt es sich hauptsächlich um Polymere (z.B. Polyacrylate, Polyacrylamide; siehe Kap. 5.1.2). Durch den Einsatz von Flockungsmitteln entstehen immer mit organischen Substanzen verunreinigte Hydroxidniederschläge, wodurch die Wiederverwertung erschwert wird.
[14]
In Abbildung 3-2 ist der zeitliche Ablauf der Fällung bzw. Flockung dargestellt:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3-2: Zeitlicher Ablauf der Fällung bzw. Flockung [nach 14]
3.3 Hydroxidfällung
Die Hydroxidfällung ist die am häufigsten angewandte Form der Fällung von Schwerme- tallen. Die Fällung erfolgt - wie die Bezeichnung schon erahnen lässt - durch Überfüh- rung in die Hydroxidform. Die für die Fällungsreaktion maßgeblichen Größen Konzent- ration und pH-Wert werden in diesem Fall gleichzeitig durch die Hydroxid-Ionen (OH-- Ionen) beeinflusst.
Die Vorgänge bei der Neutralisationsfällung werden anhand von Abbildung 3-3 gut er- sichtlich.
Abbildung 3-3: Verlauf des pH-Wertes bei der Hydroxidfällung [11]
Zu Beginn erfolgt die Neutralisation der anwesenden Säure, so dass es zu einem Anstieg des pH-Werts analog zur normalen Neutralisationsreaktion kommt. Ab dem Einsetzen der Fällung (Punkt A) wird ein Großteil der zugegebenen OH--Ionen bei der Fällungsreaktion verbraucht und im Niederschlag festgelegt. Dadurch fällt die pH-Wert Änderung erheblich geringer aus und die Kurve flacht ab. Durch die Fällung werden immer mehr Schwermetall-Ionen abgeschieden, wodurch im Laufe der Reaktion wieder mehr OH--Ionen für eine Erhöhung des pH-Werts zur Verfügung stehen. Nach der quantitativen Fällung des Schwermetalls (Punkt B), der auch Fällungs-pH-Wert genannt wird, geht die Kurve wieder in die normale Neutralisationskurve über.
Die Ionen fallen in einem bestimmten pH-Fenster aus. Die Fällungs-pH-Werte aus Tabelle 3-1 variieren zwischen einem pH-Wert von 3,5 für Eisen und 10,5 für Cadmium.
Tabelle 3-1: Fällungs-pH-Werte einiger Metall-Ionen in Abhängigkeit verschiedener Fällungschemikalien (N = Natronlauge, K = Kalkmilch, S = Soda) [nach 11]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Es fällt auf, dass im Allgemeinen die dreiwertigen Metalle (Al[3]+ und Fe[3]+) bei niedrigeren pH-Werten als die zweiwertigen Metalle ausfallen. Bei den meisten relevanten Schwermetallen ist ein deutlich basischer pH-Wert einzustellen. Der Fällungs-pH-Wert, der in diesem Fall den erforderlichen Anionenüberschuss beschreibt, hängt von der Basizität des Metalls ab. Je weiter das Gleichgewicht
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
in wässriger Lösung nach links verschoben ist, desto größer ist der notwendige Überschuss an Anionen.
Durch den Einsatz von Kalkmilch (Calciumhydroxid) oder Soda (Natriumcarbonat) lässt sich bei bestimmten Metallen der Fällungsbereich erweitern. Außer durch den zur Neutralisation eingesetzten Stoff wird der Fällungsbereich auch durch die Anwesenheit anderer Metalle erweitert. Man spricht dann von so genannter Simultanfällung. Bei Vorhandensein mehrerer Abwasserströme ist es deshalb meist angeraten, diese gemeinsam zu neutralisieren, da dann bei erweiterten pH-Bereichen auch niedrigere Restgehalte an gelösten Metallen erreicht werden können.
Bei der Betrachtung der Fällungsbereiche fällt auf, dass es Metalle (z.B. Aluminium, Blei oder Zink) gibt, die im stark basischen pH-Bereich wieder lösliche Verbindungen bilden (siehe Tabelle 3-1). Dabei reagieren die unlöslichen Metallhydroxide mit den zusätzli- chen Hydroxid-Ionen gemäß nachfolgender Reaktion zu löslichen Hydroxokomplexen entsprechend
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weiter. Hydroxide, die ein solches Verhalten zeigen, werden amphotere Hydroxide genannt. Auf diesen Sachverhalt muss bei der Schwermetallfällung immer ein besonderes Augenmerk gerichtet werden. Abbildung 3-4 zeigt die Löslichkeiten von Aluminium- und Eisen-Ionen in Abhängigkeit vom pH-Wert.
Abbildung 3-4: Löslichkeiten amphoterer Metallhydroxide in Abhängigkeit vom pH-Wert [11]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Ausgehend von den Fällungsbereichen in Tabelle 3-1 und Abbildung 3-4 wird die Schlussfolgerung erlangt, dass verschiedene Metalle schlecht oder gar nicht gemeinsam abgeschieden werden können. Für die Fällung von Nickel muss zum Beispiel ein pH-Wert von mindestens 9,8 eingestellt werden, bei dem jedoch bereits wieder die Auflösung des Eisens und des Aluminiums durch Hydroxokomplexbildung einsetzt. In der Praxis kommt es jedoch zur Beeinflussung der Metalle untereinander, die eine Senkung der Fällungs-pH-Werte bewirkt. Ursachen hierfür sind:
- Bildung von Verbindungen
- Bildung von Mischkristallen
- Adsorptionsphänomene (Mitfällung)
In ungünstigen Fällen, d.h. wenn die Fällungs-pH-Werte weit auseinander liegen, muss jedoch mehrstufig gefällt werden bzw. eine Sulfidfällung nachgeschaltet werden.
Die Produkte der Hydroxidfällung sind je nach Art und Menge der im Abwasser enthal- tenen und zugegebenen Anionen entweder Schwermetallhydroxide der Form Me(OH)z oder aber schwerlösliche basische Salze, z.B. in der Form MeSO4 x n Me(OH)2 für zweiwertige Metalle. Basische Salze können bei weiterer pH-Wert Erhöhung gemäß
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
zu Hydroxiden umgewandelt werden. In Abbildung 3-5 wird am Beispiel des Zinks die Zusammensetzung der Niederschläge bei der Fällung aus einer sulfathaltigen Lösung dargestellt.
Abbildung 3-5: Zusammensetzung der Niederschläge bei der Fällung des Zinks aus sulfathaltigen Lösun- gen mit Natronlauge in Abhängigkeit vom pH-Wert [11]
Die beiden durchgezogenen Kurven des löslichen Zinks und des Gesamtniederschlags, die gegengleich verlaufen, zeigen zunächst einen steilen Verlauf und flachen dann langsam ab. Die löslichen Zink-Ionen werden schnell in einen Niederschlag eingebun- den. Dieser Niederschlag besteht anfangs aus basischen Salzen, deren OH--Gehalt im Laufe der Fällung immer mehr steigt, bis fast ausschließlich reines Zinkhydroxid (Zn(OH)2) vorhanden ist. Bei pH-Werten oberhalb von 10,4 bildet sich eine lösliche Komplexverbindung, das Tetrahydroxozinkat, gemäß der Formel
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
so dass die Zinkkonzentration in der Lösung wieder steigt. Neutralisiert man im Falle des Zinks mit Kalkmilch, so tritt dieser Effekt nicht auf, da sich das schwerlösliche Calciumzinkat Ca[Zn(OH)4] bildet.
[15, 16]
3.3.1 Chemikalien für die Neutralisation mit der Hydroxidfällung
Für die Neutralisation saurer Abwässer im Zusammenhang mit der Hydroxidfällung kommen meist Natronlauge (NaOH) und Calciumhydroxid (Ca(OH)2), auch Kalkmilch genannt, zum Einsatz. Für bestimmte Anwendungsgebiete ist auch der Einsatz von Nat- riumcarbonat (Na2CO3), auch Soda genannt, möglich. Für die Neutralisation alkalischer Abwässer werden üblicherweise Salz- (HCl) oder Schwefelsäure (H2SO4) eingesetzt.
Die Vor- und Nachteile dieser Chemikalien sind in Tabelle 3-2 zusammengestellt.
Tabelle 3-2: Eigenschaften der Chemikalien für die Neutralisation im Zusammenhang mit der Hydroxid- fällung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Fällung mit Natronlauge hat den Vorteil, dass der Schlammanfall nicht erhöht wird. Jedoch sind die entstehenden Flocken bei der Fällung mit Natronlauge kleiner und leichter und daher weniger stabil als die Flocken bei der Verwendung von Kalkmilch (MNaOH: 40 g/mol; MCa(OH)2: 57 g/mol). Dies hat zur Folge, dass die Sedimentation weni- ger effektiv abläuft. Kalkmilch ist zudem billiger als Natronlauge. Als Ca(OH)2 löst es sich schnell in saurem Abwasser. Liegt aber ein basisches Abwasser vor, wie es für die Fällung vieler Metalle nötig ist, so werden aufgrund der geringeren Löslichkeit hohe Überschüsse an Kalk gebraucht. Folglich kommt es zu einem erhöhten Schlammanfall.
Neben dem gleichen Reinigungsgrad bei niedrigerem pH-Wert ist die gute Kristallinität der Niederschläge ein weiterer Vorteil der Carbonatfällung. Aufgrund seiner Eigenschaften wird Natriumcarbonat häufig als Beimischung zu Natronlauge verwendet, wenn bestimmte Schwermetalle ausgefällt werden sollen.
Schwefelsäure hat gegenüber Salzsäure den Vorteil, dass sie viel günstiger ist. Ein Nachteil ist die starke Betonaggresivität des entstehenden Sulfats.
Die Menge an benötigten Chemikalien für eine optimale Fällung ist theoretisch schwer bestimmbar. Als praktische Orientierungshilfe kann Tabelle 3-3 verwendet werden.
Tabelle 3-3: Theoretischer Chemikalienbedarf in kg für die Fällung von 100 kg Metallionen [nach 16]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
In komplexen Abwassergemischen ist der Chemikalienverbrauch wenig vorhersehbar, da dort mit Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Substanzen zu rechnen ist. Er muss in der Praxis meist experimentell ermittelt werden. [16, 17]
3.3.2 Komplexbildner
Komplexbildner, die in bestimmten Prozessen eingesetzt werden, erschweren die Fällung der Schwermetalle.
Kupfer kann aus Komplexverbindungen durch Reduktion mit Natriumdithionit (Na2S2O4) abgeschieden werden. Durch Einsatz stärkerer Reduktionsmittel, wie z.B. Hypophosphite (Hypophosphit-Ion: H2PO2-), können weitere Metalle wie Nickel und Zinn reduziert werden. Metalle, die keine amphoteren Hydroxide bilden, können aus schwachen Komplexen durch Überalkalisieren entfernt werden. Bei der Fällung mit Kalkmilchüberschüssen ist Kupfer sogar aus EDTA-Komplexen und zum Teil aus NTA-Komplexen auf Werte zwischen 1 und 5 mg/l als Hydroxid fällbar.
[17]
3.4 Sulfidfällung
Neben der Fällung von Metallen mit basischen Stoffen (Hydroxidfällung) gibt es auch die Möglichkeit der Fällung mit nichtbasischen Stoffen. Speziell Sulfidschwefelverbin- dungen können mit verschiedenen Metallen Verbindungen mit deutlich geringerer Lös- lichkeit eingehen, als es die entsprechenden Hydroxide aufweisen. Der Einfluss von Fremdsalzen ist deshalb wesentlich geringer und die Fällung sowohl in Anwesenheit von Komplexbildnern als auch bei niedrigem pH-Wert möglich. Bei dieser Methode ist auch das pH-Fenster wesentlich breiter als bei der Hydroxidfällung. Da fast alle Metalle solche schwerlöslichen Verbindungen bilden, kann die Methode sehr vielseitig einge- setzt werden.
Trotz dieser Vorteile ist die Sulfidfällung aktuell in der Praxis kaum vorzufinden. Gründe hierfür sind die mögliche Entstehung von Schwefelwasserstoff (H2S), dessen Giftigkeit und dessen niedriger Geruchsschwellenwert von < 1 ppm. Außerdem sind die jeweili- gen Sulfidverbindungen der Metalle giftig und daher schwer zu handhaben. Dadurch wird eine solche Anlage apparativ aufwändig und kann nur von fachkundigem Personal betreut werden.
Sulfide bilden in wässrigem Milieu eine schwache Säure, den Schwefelwasserstoff. Dieser unterliegt einem pH-abhängigen Gleichgewicht, das in Abbildung 3-6 verdeutlicht wird.
Abbildung 3-6: Abhängigkeit des Gleichgewichtes Schwefelwasserstoff-Hydrogensulfid-Sulfid vom pH- Wert [18]
Je nach eingestelltem pH-Wert erfolgt die Sulfidfällung entsprechend folgenden Glei- chungen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Wurde die Sulfidfällung in der Vergangenheit angewandt, dann fast ausschließlich zur Fällung von Metallkomplexverbindungen. Aktuell wird jedoch aufgrund der Verschärfung der Abwassergrenzwerte der generelle Einsatz dieser Technik für die Schwermetallfäl- lung diskutiert.
Verfahren
Der Fällungsprozess läuft in zwei Stufen ab (siehe Kap. 3.2.2). Bei der Sulfidfällung besteht jedoch die erste Stufe aus der Zugabe von zwei Chemikalien: Zuerst werden dem Abwasser spezielle Fällungsmittel zugegeben. Anschließend werden nun anorganische Verbindungen zugegeben, die in Verbindung mit diesen Fällungsmitteln als Koagulationsmittel wirken. Zu diesen Chemikalien zählen je nach Fällungsmittel Eisen(II)- (z.B. FeSO4) und Eisen(III)-Salze (z.B. FeCl3). Als zweite Stufe werden wie bei der Hydroxidfällung Flockungshilfsmittel (FHM) zugesetzt (siehe hierzu Kap. 5.1.1).
[16, 18]
3.5 Vergleich der Hydroxid- mit der Sulfidfällung
Tabelle 3-4 vergleicht die Löslichkeitsprodukte von Metallsulfiden und den entsprechenden Metallhydroxiden bei einigen wichtigen Metallverbindungen.
Tabelle 3-4: Gegenüberstellung der Löslichkeitsprodukte von Metallhydroxiden und Metallsulfiden [nach 11]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Es ist zu erwähnen, dass die Zahlenwerte für die Löslichkeitsprodukte einzelner Metalle in Lehrbüchern und Nachschlagewerken nicht selten um mehrere Zehnerpotenzen differieren. Entsprechend vorsichtig sind die in der Tabelle gegebenen Werte der Löslichkeitsprodukte als Tendenzen der entsprechenden Löslichkeit zu interpretieren.
Auch wenn die der Theorie nach zu erwartenden extrem niedrigen Restmetallkonzentrationen in der Praxis durch unterschiedliche Gründe nicht erreicht werden, weisen die Sulfide erheblich geringere Löslichkeiten als die Hydroxide auf. Ausnahmen stellen A- luminium und Chrom dar, die keine beständigen Sulfide, jedoch schwerlösliche Hydroxide bilden. Dreiwertiges Eisen wird durch das Sulfid zum Zweiwertigen reduziert, das anschließend mit weiterem Sulfid als Eisensulfid (FeS) ausfällt.
Weniger gut geeignet ist die Sulfidfällung in folgenden Fällen:
- Mangansulfid (MnS) ist besser wasserlöslich als andere Metallsulfide
- bei Cadmium erfolgt die Fällung verzögert
- harte Komplexe, wie z.B. von Nickel, Zink und EDTA oder NTA sind mit Sulfi- den teilweise nicht fällbar
Dem großen Vorteil der Sulfidfällung, nämlich die Erreichbarkeit erheblich geringerer Metallrestkonzentrationen, stehen auch eine Reihe von Nachteilen gegenüber:
- Sulfid selbst ist problematisch (Geruch, Giftigkeit). Daher müssen Überschüs- se durch eine Fällung mit Eisen-Ionen entfernt werden
- Sulfidniederschläge sind sehr fein und daher schwer abscheidbar
- erhöhter Schlammanfall
- aufgrund aller oben genannter Nachteile entstehen erhöhte Kosten (Investiti- ons-, Betriebs- und Entsorgungskosten)
In Tabelle 3-5 wird noch einmal ein Überblick über die Vor- und Nachteile der Hydroxidund der Sulfidfällung gegeben.
Tabelle 3-5: Vergleich der Hydroxidfällung gegenüber der Sulfidfällung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Zieht man die Nachteile der Sulfidfällung in Betracht, bietet sie sich insbesondere zur Nachbehandlung von Abwasser an, das durch eine Hydroxidfällung bereits zum Groß- teil entfrachtet wurde. [16, 19, 20]
4 Ionenaustausch
In diesem Kapitel soll ausführlich auf das Verfahren des Ionenaustausches eingegan- gen werden. Dazu wird zunächst dessen Prinzip erklärt, anschließend werden die zu- gehörigen Grundlagen und die Theorie erläutert. Abschließend soll ein Überblick über die verschiedenen Verfahren und Bauarten beim Ionenaustausch gegeben werden.
4.1 Prinzip des Ionenaustausches
Als Ionenaustausch wird der Austausch von Ionen zwischen einer wässrigen Lösung und den funktionellen Gruppen eines Ionenaustauschers bezeichnet. Diese funktionellen Gruppen befinden sich im Austauschmaterial, dem so genannten Harz. Dieses Harz befindet sich in einer Kolonne oder wie in unserem Versuchsaufbau in einer Säule. Zum schematischen Aufbau eines Ionenaustauschers siehe Abbildung 4-1.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4-1: Schematischer Aufbau einer Ionenaustauschersäule (Festbettverfahren)
Beim Ionenaustausch werden gelöste Ionen durch „Reaktion“ mit den fest gebundenen ionischen Gruppen des Harzes zurückgehalten, wobei hier die Bindungskräfte wesentlich stärker sind. Die zuvor an diese Gruppen gebundenen Ionen werden abgegeben und somit ausgetauscht. Dabei werden höher geladene Teilchen stärker angezogen. Zum Beispiel wird ein Natrium-Ion im Ionentauscher durch ein Calcium-Ion verdrängt, aber auch das Calcium-Ion durch ein Aluminium-Ion.
Der Ionenaustausch ist im Allgemeinen reversibel. Die Möglichkeit der Regeneration beruht auf der Tatsache, dass der Vorgang des Ionenaustausches, wie die meisten chemischen Reaktionen, umkehrbar ist. Tatsächlich findet gleichzeitig die Hin- und die Rückreaktion statt (chemisches Gleichgewicht). Beim Einsatz des Ionentauschers ü- berwiegt allerdings die Hinreaktion, sie findet freiwillig statt. Die Erzwingung der Rück- reaktion, also die Regeneration, ist nur möglich, indem ein Überschuss an "schwäche- ren" Ionen zugegeben wird, denn viele schwächere Ionen verdrängen die stärkeren Io- nen (Prinzip von Le Chatelier). Die Einstellung elektrochemischer Gleichgewichtszu- stände hängen von der Selektivität des jeweiligen Ionenaustauschmaterials (siehe Kap. 5.2.1.2), von der Ionenkonzentration des zu behandelnden Wassers und von physikalischen Einflussgrößen (z.B. Temperatur, pH-Wert) ab.
Der Austauschvorgang läuft stöchiometrisch ab. Als Beispiel soll hier ein Austausch von Calcium (in Lösung) gegen Natrium (Ionenaustauscher) dienen. Dieser Austausch wird formal als chemische Reaktion formuliert:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
oder allgemein
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
A und B können entweder Kationen oder Anionen sein, z steht für die Ladungszahl der Ionen. Die überstrichenen Größen ( A, B ) bezeichnen die an den Austauscher gebun- denen Ionen.
[20, 21]
4.2 Grundlagen Ionenaustauscher
Ionenaustauscher - genauer gesagt deren Harze - sind körnige Filtermaterialien haupt- sächlich auf Kunstharzbasis (zumeist vernetzte Polystyrole) mit erheblicher chemischer Reaktivität. Diese Reaktionsfähigkeit ist funktionellen Gruppen (Kap. 4.2.2) zu verdan- ken, die fest in das Harzgerüst (Kap. 4.2.1) eingebaut sind und dem Harz spezielle Ei- genschaften geben. Die wichtigsten Eigenschaften von Ionenaustauschern sind:
- Reaktivität
- Kapazität
- Selektivität gegenüber den gewünschten Elementen
- Regenerierfähigkeit
- chemische, mechanische und thermische Stabilität
- hohe Adsorptionsfähigkeit für Ionen bis zu deren Nachweisgrenze und unabhän- gig davon, in welcher Verdünnung die lonen in der Lösung vorliegen
Diese interessanten Eigenschaften, gepaart mit entsprechend durchdachter Verfahren- technik, ergeben vielfältige und praktikable Verfahren und vorteilhafte Anwendungen. [21]
4.2.1 Harzmatrix
Im Gegensatz zu den gebräuchlichen thermoplastischen Kunststoffmassen haben die lonenaustauscher durch Vernetzung eine elastische, dreidimensionale Struktur erhal- ten. Sie sind dadurch nicht mehr durch Wärme verformbar, frei von Weichmachern oder sonstigen chemischen Zusätzen und geben somit keine löslichen Anteile ab. Bei den zur Wasser- und Trinkwasseraufbereitung eingesetzten Ionenaustauschern handelt es sich in der Regel um synthetische organische Polymere, die aus einem hochmolekula- ren, dreidimensionalen Trägergerüst (Matrix) mit funktionellen Gruppen (so genannte Ankergruppen) bestehen.
Niedrig vernetzte Harze haben eine größere, höher vernetzte und somit eine engere Maschenweite. Da diese Maschenweite sich in relativ engen Grenzen bewegt und der Gelcharakter unverändert bleibt, nennt man diese Art von Porosität Mikroporosität und die sich davon ableitenden lonenaustauscher gelförmige oder Gel-Harze. Makroporöse Harze haben zusätzlich zum mikroporösen System ein makroporöses System, wobei der mittlere Porendurchmesser je nach Herstellungsweise wählbar ist. Ein solches mak- roporöses Porensystem, mit der Struktur eines Schwammes vergleichbar, wird erzielt durch Polymerisation in Gegenwart von flüchtigen Kohlenwasserstoffen oder höheren Alkoholen. Diese in dieser Art hergestellten Harze verleihen den damit ausgestatteten Ionenaustauschern folgende wichtigen, zusätzlichen Eigenschaften und Vorteile:
- bessere Adsorption organischer Substanzen wie Huminsäuren, Glanzbildner und Farbstoffe und folglich höherer Reinheitsgrad der behandelten Lösungen
- vollständige Desorption der vorher vom Harz aufgenommenen organischen Sub- stanz im Rahmen der - zeitlich relativ kurzen - Regenerierung. Daraus folgen ei- ne Iängere Lebensdauer der Ionenaustauscher und somit eine Senkung der Kos- ten der Abwasseraufbereitung
Dank der Eigenschaften der makroporösen Harze können auch schwierige Abwässer gereinigt werden. Vor allem aber können die aggressiven, giftigen und verdünnten Abwässer der Metallindustrie vollentsalzt und wieder verwendet werden. Ein wichtiger Beitrag zur Wirtschaftlichkeit und vor allem auch zum Umweltschutz.
[22]
4.2.2 Ionenaustauschaktive Gruppen
Bei den Polymerisationsharzen auf Polystyrolbasis werden durch verschiedene chemi- sche Reaktionen die ionenaustauschaktiven Gruppen an die fertige Matrix angefügt. Im Wesentlichen sind dies bei den Kationenaustauschern Carboxyl- oder Sulfosäuregrup- pen mit abdissozierbarem Kation und bei den Anionenaustauschern Stickstoffgruppen unterschiedlicher Basizität, die ihr Gegenion austauschen können. In Abbildung 4-2 ist jeweils die Struktur eines Kationen- und eines Anionenaustauschers dargestellt:
Abbildung 4-2: Struktur eines Kationenaustauschers mit Sulfosäuregruppe (oben) und eines Anionenaustauschers mit tertiärer Stickstoffgruppe [22]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
[...]
- Quote paper
- Dipl.-Ing. (FH) Thomas Kommer (Author), 2008, Verfahrensentwicklung zur Schwermetallabscheidung durch selektive Fällung und Selektivionenaustauscher, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/186658
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